Es war einmal ein junges Mädchen. Ein mittelmässiges Mädchen, etwas plump im Körperbau und auch etwas langsam im Geiste. Dafür konnte es nichts, es kam schon so zur Welt.
Aber eine einzige, eine starke, eine herausragende Gabe hat es mitbekommen auf seinen Lebensweg, es hatte eine wunderbare Stimme. Dafür wurde es von allen Lehrkräften, ja selbst von Pfarrer gelobt. Es sang im Kinderchor mit und durfte manchmal sogar als Solistin auftreten.
Das Mädchen träumte davon, dass es später ein ganz berühmter Schlagerstar sein werde, und wenn gerade mal niemand zuhause war, übte es für seine späteren Auftritte. Alle Puppen und der "Zotty", ein Plüschbär, wurden auf der Kommode in Reih und Glied gesetzt. Die grosse Haarbürste aus dem Badezimmer diente als Mikrofon. Es sang alle Lieder die es gerade kannte, Lieder aus der Schule, Kirchenlieder. Und mit den Jahren kamen dann nach und nach auch die gängigen Schlager dazu: Ciao ciao Bambina, Tom Dooley, Die Gitarre und das Meer......Das kleine Zimmer wurde zum Konzertsaal, das Publikum tobte vor Begeisterung.
Es war gut, dass das Mädchen diese Träume hatte, denn es gab auch eine ganz andere Seite im Leben dieses Kindes. Es gab Vorkommnisse, die schwere, dunkle Schatten auf seine Seele warfen.
Da waren grosse Aengste, die es zu erdrücken drohten, Gefühle der Verlassenheit und der Einsamkeit waren seine ständigen Begleiter. Es gab viele schlaflose Stunden in den Nächten. Dann betete es zu Gott, zu seinem Schutzengel, und manchmal auch zum hl. Franz von Assisi, den es sehr verehrte, weil dieser Heilige die Tiere so liebte, ebenso hilflose Geschöpfe wie es selbst.
Es betete immer und immer wieder dasselbe Gebet: "Lieber Gott, mach dass ich morgen tot bin."
Heute ist jenes kleine Mädchen bald 60 Jahre alt und sein Name ist Joan! Und "Zotty", der Plüschbär aus dem damaligen Publikum, den gibt es auch noch, und er erinnert mich hin und wieder an jene Zeiten, die mich für mein ganzes Leben geprägt haben.