Zeit der Eisblüten, Kitty Sewell, Orig. titel „Ice Trap“, Übersetz. Anita Krätzer, Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach, 2008
Zur Autorin: (lt. Klappentext)
Kitty Sewell, 1951 in Schweden geboren, lebte als Jugendliche mehrere Jahre in Spanien, emigrierte dann nach Kanada, und lebte später in England und Wales. Nachdem sie als Immobilienmaklerin im eisigen Norden Kanadas gearbeitet Hatte, absolvierte sie eine Ausbildung zur Psychotherapeutin und später zur Bildhauerin. Seit 1991 schreibt sie als Kolumnistin für verschiedene britische Zeitungen. Sie lebt als freie Schriftstellerin und Bildhauerin in zweiter Ehe mit einem Arzt im walisischen Cardiff und in Spanien.
Meine Meinung:
Der Alltag des 45-jährigen Arztes Dafydd Woodruff verläuft in geregelten Bahnen. Im Beruf ist er gefestigt und routiniert, sein Privatleben mit seiner Frau Isabel ist wohl geordnet. Nur ihre Beziehung wird etwas getrübt durch den bislang unerfüllten Kinderwunsch von Isabel. Eines Tages erhält Dafydd einen Brief aus Moose Creek, einem kleinen Ort im arktischen Norden Kandas, in dem ihm die 13-jährige Miranda mit, dass sie von ihrer Mutter Sheila Hailey erfahren hat, dass er der leibliche Vater von ihr und ihrem Zwillingsbruder sei. Dafydd war zwar tatsächlich vor Jahren auf der Flucht vor einem schrecklichen Ereignis einige Monate in Moose Creek, kann sich aber nicht erinnern, mit Sheila eine intime Beziehung gehabt zu haben. Als die DNA - Analyse den untrüglichen Beweis für seine Vaterschaft zu liefern scheint, holt ihn die Vergangenheit ein und bedroht die Beziehung zu seiner Frau Isabel. Dafydd sieht nur die Möglichkeit, nach Moose Creek zu reisen, um dort der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Im weißen Land der Arktis begegnet er alten Bekannten, schmerzhaften Erinnerungen und dunklen Geheimnissen, aber auch dem Zauber der Kultur der Inuit und einer alten Liebe...
Der Originaltitel „Ice Trap“ passt aus vielerlei Gründen wesentlich besser zu Kitty Sewells Roman als der deutsche Titel „Zeit der Eisblüten“. Die Menschen in Moose Creek haben eines gemeinsam: sie sind alle gefangene der Eisfalle, ob sie dort aufgewachsen sind oder ob es sie aus irgendeinem Grunde meist einer Flucht vor der Vergangenheit oder sich selbst nach Moose Creek verschlagen hat.
Kitty Sewell erzählt ihre Geschichte im Wechsel in der Gegenwart und in der Rethrospektive. Die größte Stärke ihres Romans ist die differenzierte Ausgestaltung der Charaktere, die Kitty Sewell zu Lasten des Erzähltempos langsam vorantreibt. Leider erahnt der Leser spätestens ab dem Beginn des zweiten Drittels die Lösung des Geheimnisses. Dies wäre dem Lesegenuss nicht abträglich, wenn der Leser mehr Einblick in Kultur und Welt der Inuit gegeben worden wäre, ein Part des Romans, der meines Erachtens mehr Länge und Tiefe verdient gehabt hätte.
Dass mich die Lektüre von „Zeit der Eisblüten“ etwas enttäuscht zurückgelassen hat, liegt wohl auch daran, dass für mich der eigentliche Anreiz das Buch zu lesen, das ungewöhnliche Setting des Romans war, von dem ich mir eine atmosphärische Schilderung von Land und Kultur versprochen hatte. Diese Erwartung wurde leider nur in Ansätzen erfüllt. Dennoch überzeugte mich die Zeichnung der Charaktere so, dass ich weitere Bücher von Kitty Sewell sicher im Auge behalten werde.