Weil ich zu spät kam - Vendela Vida

  • Originaltitel: Let the northern lights erase your name
    Übersetzt von Almuth Carstens


    Btb, März 2008, Gebundene Ausgabe: 224 Seiten


    Klappentext:
    Aus der brodelnden New Yorker City ins kalte Herz des Nordens: Auf der Suche nach ihrem wahren Vater und den Gründen für das einstige Verschwinden ihrer Mutter macht sich die junge Clarissa Everton auf den Weg nach Lappland. Was sie dort, wo das Licht klar ist und die Kälte unerträglich schneidend, über ihren Vater, ihre Mutter und sich selbst erfährt, stellt ihr ganzes bisheriges Leben ebenso in Frage wie ihre Ziele und Wünsche für die Zukunft. Clarissa trifft die schwerste Entscheidung ihres Lebens. Und die leichteste. Ein bewegender Roman, der davon erzählt, dass man sich in seinem Leben, ganz gleich wie schlecht die Ausgangsbedingungen sind, immer entscheiden kann. Und wie man auch wählt, man hat einen Preis zu zahlen. "Wenn ich Leute sagen höre, man könne nicht von vorn anfangen, man könne der Vergangenheit nicht entfliehen" sagt Clarissa zum Schluss des Romans, "weiß ich doch: Man kann. Man muss."


    Zur Autorin:
    Vendela Vida, geboren 1971, ist Herausgeberin der amerikanischen Literaturzeitschrift "The Believer" und in San Francisco. "Und jetzt können Sie gehen" gehörte zu den literarischen Ereignissen des Jahres 2003.

    Meine Rezension:

    Vendela Vidas zweiter Roman trägt als deutschen Titel die Überschrift eines Kapitels.
    Viele Kapitelüberschriften sind originell und lassen ungewöhnliche Bilder entstehen, zum Beispiel: Leerer Stuhl, an einen Baum hängend oder Zunge an Eis.
    Schade, dass der tolle Originaltitel „Let the northern light erase your name“ in der deutschen Version entfällt. Die Autorin hatte sich durch eine samische Lyrikerin zu diesem Titel inspirieren lassen.


    Dieser Roman ist dem ersten Roman „Und jetzt können Sie gehen“ sehr ähnlich. In beiden Büchern geht es um eine junge Frau, die durch ein Ereignis aus der Spur und in ein Gefühlschaos gerät.
    Die Hauptfigur Clarissa wuchs zusammen mit ihren behinderten Bruder in New York auf, ihre Mutter hat sie lange schon verlassen. Als ihr Vater stirbt, erfährt sie, dass sie in Lappland geboren wurde und ihre Mutter dort schon einmal verheiratet war. Ihr Dad war also nicht ihr leiblicher Vater. In Wut über die lange Täuschung verlässt sie ihren Verlobten und reist auf der Suche nach ihren Ursprüngen in den finnischen Teil von Lappland, in denen die Samen leben. Clarissa Reise wird spannend beschrieben und sie wird auf einige Überraschungen stoßen.
    Obwohl der Roman nicht in den USA spielt (außer einigen Rückblicken) ist er doch sehr amerikanisch geschrieben. Es gibt ihn also doch, den weltoffenen amerikanischen Roman.
    „Weil ich zu spät kam“ könnte Leser interessieren, die auch Amanda Eyre Ward oder Heidi Julavits mögen.


    Der Stil ist ähnlich wie Vidas erster Roman, aber vielleicht noch ausgefeilter und noch besser strukturiert. Er ist immer noch frisch und doch verspielt.
    Nur ganz wenige Sätze sind etwas dick aufgetragen, zum Beispiel auf Seite 20 „Ich stellte einen Gartenstuhl unter den Baum und nahm das Vogelhaus ab, und Samenkörner rieselten auf mich herab wie Reis bei einer Hochzeit.“
    Ansonsten funktionierten die bildhafte Sprache und der etwas schräge Wortwitz sehr gut.
    Ich kann den Roman mit 10 von 10 Punkten sehr empfehlen.


    ASIN/ISBN: 3442752035

  • Oh, das hört sich toll an - kommt sofort auf die Wunschliste...
    Warum kenne ich so viele Autoren noch gar nicht? :cry


    Edit: Der englische Titel ist viel besser...
    Aber wie hätte man es auf deutsch übersetzen können ohne, dass der Sinn verfälscht ist?

  • Oui, mal wieder ein Buch, was ich ohne Eulen nicht mal angeschaut hätte! :wow Diesen Roman gibt es zwar nicht in er Bücherei (nur das Erstlingswerk), aber irgendwann werde ich ihn lesen können. :grin Ist nur eine Frage der Zeit und des SuBs. :lache

  • Zitat

    Original von Seestern
    Zukünftig werde ich Herr Palomars Rezis nicht mehr lesen. Mein SUB wächst sonst noch ins Unermessliche ;-)


    *zustimm* Ich hasse Herrn Palomars Rezis auch ;-)

  • Ich fand das Buch auch ganz gut - muss aber sagen, dass ich den Spannungsbogen nicht so gut fand - auf jeden Fall nicht so, wie der Klappentext verspricht - Klappentexte sollte man einfach nicht mehr lesen, denn meistens sind sie es, die eine Enttäuschung produzieren.


    Dies hier: "Doch was jene Frau, kalt wie die Schneekönigin, Clarissa schließlich über ihren Vater zu sagen hat, zwingt die junge Frau, eine Entscheidung zu treffen, die ihr bisheriges Leben für immer verändern wird." - Das stimmt so eigentlich nicht, oder höchstens in einer abgeschwächten Form. Also: Mal wieder nicht auf Klappentext oder Amazon verlassen in dieser Hinsicht, und dann ist das Buch durchaus wert, gelesen zu werden. Es ist gut geschrieben und auch auf seine Art spannend.


    8 von 10 Punkten

    "Ich bin dreimal angeschossen worden – was soll man da machen." (Robert Enke)


    "Accidents" happen in the dark.

  • In einem unaufgeregten, schlichten Schreibstil schreibt Vida über Clarissa und ihre Geschichte, ihre Reise und ihre Entdeckungen.
    Gerade diese Unaufgeregtheit, mit der auch große Ereignisse abgehandelt werden, ist es, die ich immer wieder in Romanen suche und die mich begeistert oder zumindest angetan zurückläßt.
    Von Vendela Vida hatte ich bislang nichts gehört, doch "Weil ich zu spät kam" gefiel mir ausnehmend gut, sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Der Klappentext ist ja tatsächlich fehlerhaft, so folgte ich den tatsächlichen Wendungen interessiert und bis zum Ende gefesselt.
    Und auch die Kapitelbenennungen sind originell, wie Herr Palomar ja schon ausführte.