Agnes Desarthe - Mein hungriges Herz

  • OT: Mangez-moi


    Über den Autor
    Agnès Desarthe ist 1966 in Paris geboren, wo sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt und als Übersetzerin arbeitet. Sie hat mehrere Romane sowie zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht. In ihrer Familie wurden viele Sprachen gesprochen - Arabisch, Russisch, Jiddisch -, und sie hat früh gelernt, mit Wörtern zu spielen.


    Kurzbeschreibung
    »Die Frau, die ich heute bin, ist entwurzelt, entfremdet, unbegreiflich einsam. Ich war sehr beliebt. Ich war sehr umgänglich. Ich war schüchtern. Ich war zurückhaltend. Ich war vernünftig. Ich war verrückt.«
    Einst wurde Myriam von ihrer Familie verstoßen. Seitdem sucht sie nach Erlösung und nach ihrem Weg. Zu lange musste sie sich verstellen, um den Ansprüchen anderer gerecht zu werden. Zu lange war sie nur Zuschauerin ihres eigenen Lebens. Nach Jahren zielloser Wanderschaft eröffnet sie in Paris ein Lokal, das Chez moi heißt. Ihr Restaurant ist klein und von der Eigenwilligkeit und Phantasie der Besitzerin geprägt: Viel wichtiger als Vorschriften zu beachten ist es für Myriam, dass jeder sich bei ihr wohl und ungezwungen fühlt. Schon bald wird das Chez moi zum Lieblingstreffpunkt des Viertels, und sie findet in ihren Nachbarn und Gästen eine neue Familie. Doch kann man die Vergangenheit einfach so hinter sich lassen?


    Meine Meinung
    Das Buch erzählt die Geschichte Myriams, einer Frau die gefallen ist und langsam wieder auf die Füße kommt. Eine spröde Frau ist sie und lange bleibt auch unklar, was eigentlich genau vorgefallen ist, warum sie nicht mehr mit ihrer Familie vereint ist. Doch sie gibt sich nicht auf und mit dem „Chez moi“ beginnt sie, langsam wieder Fuß zu fassen.


    Ich bin hin und hergerissen, was dieses Buch angeht. Schreiben kann die Autorin zweifelsohne und alles, was sie über das Chez moi, die Gerichte und vor allem die Zubereitung derselben schreibt, hat mich allein beim Lesen 3 kg zunehmen lassen.


    Dennoch ist der Funke nicht auf mich übergesprungen. Myriam ist eine spröde und sperrige Frau mit Verhaltens- und Denkweise, die mir völlig fremd sind. So kam es, dass mich die Protagonistin des Buches letztendlich ziemlich kalt gelassen hat. Schade, denn die Beschreibungen des Essens waren durchaus lebendig und sehr, sehr anschaulich *dahinschmelz*.


    So kann ich das Buch aber letztlich nicht reinen Gewissens ohne Einschränkungen weiterempfehlen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Das gibt es doch nicht!! :wow


    ich schwöre, ich habe das Buch vorhin in der Hand gehabt, mich über das schöne Äußere gefreut und gedacht, das es nett vom Verlag ist, mal so ein nettes kleines Format herzustellen. :-]
    Inhaltlich fand ich, hat der Klappentext nicht allzuviel verraten und ich hatte keine Zeit, es aufzumachen und mich näher damit zu beschäftigen.


    Vielen Dank für diesen Einblick, ich schau dann morgen nochmal gründlicher rein.


    dankbare Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Da wollte ich mich gerne davor drücken, wenn ich ehrlich bin. :chen


    Also, die kulinarischen Beschreibungen sind sehr liebevoll, opulent und man sollte das Buch nicht hungrig lesen.


    Aber die Protagonistin ließ mich kalt.


    7 Punkte, mehr kann ich beim besten Willen nicht geben.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Oh Batty, ich sehe grad, die Geschmäcker sind doch verschieden :wave



    Meine Rezension


    Bei manchen Büchern habe ich das Gefühl, ich würde anstatt zu lesen etwas Köstliches essen. Das ist nur bei sehr wenigen Büchern so und dieses gehört auf jeden Fall dazu. Irgendwie kam ich mir beim Lesen vor, als würde ich ganz langsam und genussvoll eine dieser sündigen Schokoladentartes, wie es sie so zart und so schmelzend nur in Frankreich gibt, genießen. Agnes Desarthe erzählt die Geschichte von Myriam, einer Außenseiterin, einer Frau, die, wie sich später herausstellt, so unglaublich schwer verletzt ist, dass sie meint, nichts mehr fühlen zu können. Deren Herz erstarrt ist und die niemanden mehr hat, als sie ihr kleines Restaurant eröffnet. Schon bald locken ihre Gerichte die unterschiedlichsten Menschen an und es dauert nicht lange, und ihr Lokal „Chez moi“ wird zum Treffpunkt des Viertels. Ohne es zu wissen gewinnt sie die Herzen der Menschen in ihrer Umgebung, doch immer und immer wieder holt sie die Schuld ein, die sie meint, in der Vergangenheit auf sich geladen zu haben. Man fühlt sich als Leser irgendwie als Gast in ihrem kleinen Restaurant, erfährt, wie sie ihre Gerichte zubereitet, wie sie manchmal chaotisch, manchmal beherzt auf die unterschiedlichen Herausforderungen reagiert und fühlt sich zuweilen schon einmal als Störenfried, denn immer sind da die leisen nachdenklichen Momente, die manchmal auch ein wenig an den Film „Chocolat“ mit Juliette Binoche erinnern. (Vielleicht ist das der Grund weshalb ich mir Myriam so fragil und verletzlich vorgestellt habe, wie die Binoche in diesem Film auf mich gewirkt hat, vielleicht aber auch, weil auch sie die Gabe besaß, ohne viele Worte und nur durch ihr Zuhören und die Genüsse, die sie den Menschen verschaffte, alle in ihrer Umgebung für sich einzunehmen.)


    Die Autorin fängt viele kleine Augenblicke ein, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, und malt damit ein Bild des Lebens – Traurigkeit und Hass, Verlust aber auch Liebe, Einsamkeit und Lebenslust sind in diesem üppigen Gemälde zu finden, das auf mich so unglaublich sinnlich wirkte. Zugegeben, am Anfang hatte ich meine Probleme mit der Person der Myriam, denn selbst dem Leser scheint sie sich zu verschließen, um ihr trauriges Geheimnis nicht preiszugeben, doch die Art, wie man sie ganz langsam kennen lernt, wie Frau Desarthe sehr behutsam ahnen lässt, was diese Frau so sehr verletzt hat, ist so sanft, dass man spürt, wie sorgsam sie beim Schreiben mit ihrer Protagonistin umgegangen ist. Ich habe das Buch an einem verregneten Nachmittag gelesen (fast möchte ich sagen verschlungen) und da es mir soviel Wärme gebracht hat, kann ich nur 10 Punkte geben und es denen empfehlen, die von dem Film „Chocolat“ begeistert waren.


    Edit: Tippselfehler

  • Das Cover finde ich auch total schön und die Inhaltsangabe verheißt eine ganz warme, positive Geschichte. Nach Deiner Rezi hat sich der Drang, es unbedingt lesen zu müssen, allerdings verflüchtigt. :-]

  • Ich bin auch zwiegespalten, was das Buch angeht. Die Autorin kann schreiben, da besteht kein Zweifel. Die Beschreibungen vom Essen, Kochen und vom Restaurant waren sehr gelungen.


    Nur die Protagonistin und ich - wir wollten halt so gar keinen Draht zueinander finden. :grin

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich lese das Buch zur Zeit und es gefällt mir bisher gut.


    Ich habe nur Probleme damit:


    1. Kann man seine Mutterliebe verlieren, weil der Mann sie kurz nach der Geburt geohrfeigt hat?


    2.Kann es wirklich vorkommen, dass ein ihr vollkommen unbekannter Mann - Ben - auftaucht und ihr völlig unentgeltlich helfen will?


    Das kommt mir ein wenig unglaubwürdig vor.


    :wave



    edit: ergänzt habe ich "bisher"

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Conor ()

  • Ich bin fast fertig und muss sagen, dass das Buch im letzten Drittel nachgelassen hat.:(

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf