Klappentext:
Ein Baracken- und Glasscherbenviertel in Islands Hauptstadt Reykjavik. Wilde Säufer, verarmte Bauernsöhne, angejahrte Nutten: das hört sich nach einer dieser trübsinnigen Sozialreportagen an, die es darauf abgesehen haben, unserem schlechten Gewissen auf die Beine zu helfen. Stattdessen geht es hier ziemlich verrückt zu. Dicht unter dem Polarkreis treibt die Anarchie üppige Blüten. Statt Selbstmitleid und Resignation herrschen dort trotzige Ironie, brutale Lebensfreude und bedenkenlose Liebe.
Über den Autor:
Einar Karason, 1955 in Reykjavik geboren, studierte Literaturwissenschaft. Nachdem er im Jahre 1983 die „Teufelsinsel“, den ersten Teil seiner erfolgreichen Romantrilogie schrieb, wurde er zu einem der wichtigsten isländischen Autoren der Gegenwart.
Meine Meinung:
Von 1941 bis 1947 stationierten in Island amerikanische Truppen. Die Isländer blicken auf diese Zeit mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits hat das Land einen enormen Wirtschaftsaufschwung erlebt. Die Amerikaner ließen Kasernen und Barracken als militärische Unterkünfte bauen, wobei viele Isländer Beschäftigung fanden. Andererseits sahen sich die Menschen den Einflüssen aus dem Westen wehrlos ausgesetzt. Nach dem Krieg zogen die Amerikaner zurück. Die von ihnen gebauten Baracken blieben und dienten von nun an den ärmeren Teilen der isländischen Bevölkerung als Wohnunterkünfte. Der Roman erzählt die Geschichte einer in einem solchen Barackenviertel lebenden Familie. Die Handlung dreht sich vorrangig um die sieben wichtigsten Familienmitglieder: Lina (Oma), deren Ehemann Tommi, und die Enkelkinder Dolli, Baddi und Danni.
Das Buch erscheint auf den ersten Blick als eine leichte, amüsante Familiengeschichte, die man innerhalb von ein paar Stunden durchlesen kann. Der erste Eindruck täuscht. Es liest sich nicht leicht. Ich brauchte Zeit um mich an den exotischen, an die isländischen Saga erinnernden Erzählstil von Karason zu gewöhnen. Vieles erscheint fremdartig und kurios. Aber spätestens nach den ersten zwei Kapiteln merkt man, dass man hier etwas ganz besonderes in den Händen hält, einen kleinen -großen Schatz der nordeuropäischen Literatur.
Der Autor beschreibt das Leben der Protagonisten, indem er über Geschichten aus ihrem Alltag am Rande der Gesellschaft berichtet.
Im Laufe der Lektüre wird man immer wieder mit nahezu unmenschlichen Lebensbedingungen in den Barackenviertel und der Gleichgültigkeit und Überheblichkeit der wohlhabenden Mitteklasse konfrontiert. Es drängt sich einem die Frage auf: Werden sich die die eigenartigen aber eigenen Traditionen der Isländer gegen die fremden Einflüsse aus Amerika durchsetzten oder ist die alte isländische Kultur dem Untergang geweiht?
Spannung, große Liebesdramen - wer danach sucht wird es hier nicht finden. Dennoch ist die Geschichte unglaublich rührend und herzergreifend. Hier werden kleine und große Tragödien, so wie sie jeden von uns treffen können, gelungene und weniger gelungene Liebesverhältnisse, die Zeit vor und nach der Arbeit, Älterwerden und Tod zu einem mitreißendem Ganzen verwoben. Man fühlt mit den Protagonisten mit, die allen Schwierigkeiten zum Trotz ihre Lebensfreude und Gelassenheit nicht aufgeben. Ich hab gelacht, gestaunt, und wie ganz nebenbei einiges über die isländische Geschichte und Gesellschaft gelernt.
Man muss nicht unbedingt ein großer Islandfan sein, um dieses Buch genießen zu können. Das einzige wofür man sich interessieren muss , ist das Leben, in allen seinen Fassetten.