'Galgentochter' - Kapitel 22 - Ende

  • Zitat

    Original von Sabine_D
    Und war es wirklich so, dass in dieser Zeit Homosexualität nicht skandalös war? Wurde das wirklich toleriert?


    Homosexualität unter Männern fiel unter den Begriff Sodomie und wurde ab dem 13. Jahrhundert mit dem Tode bestraft.


    Sodomitenverfolgung


    EDIT:


    Hat sich mit Ines Post überschnitten.

  • Eben, ich war jetzt verunsichert weil du ein paar Beiträge vorher geschrieben hattest, dass Homosexualität kein Skandal mehr wäre.


    In der heutigen Zeit natürlich nicht mehr, das ist klar. Aber in deiner Geschichte wäre es einer.

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Ich bin zudem der Meinung, das würde auch gar nicht in die damalige Zeit passen. Jutta ist zwar eine aufgeschlossene Frau, aber das wäre einfach zu viel für die damalige Zeit.


    ?( Als wenn es das nicht gegeben hätte- gerade weil es heimlich gelebt werden musste war es Quell von Kriminalität, sei es Erpressung, Mord oder schlichteres.

  • Ich hab nicht geschrieben, dass es das nicht gegeben hat. Würden zur Figur Jutta Hinterer Heimlichkeiten passen? Nein. Zudem wollt ihr, wenn ich Euren Beiträgen folge, lieber einen handfesten Skandal ;-)
    Und das wäre für meinen Geschmack zu fortschrittlich für die damalige Zeit.
    Ich möchte Jutta Hinterer weder am Pranger noch mit einem Brennstab in der Backe sehen. Ich glaube nicht, dass es mit einfachem Meiden oder Rauswurf aus der Stadt getan wäre.

  • Die Idee, ihr einen jüngeren Mann an die Seite zu schreiben, finde ich richtig gut.
    Gegeben hat es das ja - wenn auch meist in höheren Kreisen als Verbindung - aber in ihrem Fall wäre es natürlich der gewünschte Skandal.


    Ich kann sie mir richtig vorstellen, in der einen Minute schimpft sie noch herzzerreissend über alle Kerle und kurz danach trifft es sie wie einen Blitz und flugs hat sie sich verliebt - in den Jüngeren :grin


    Doch, das klingt richtig gut.



    Und Gustelies einen Mann?
    Warum nicht, gönnen würde ich es ihr. Allerdings noch nicht gleich heiraten, lieber erst mal eine heimliche Liebe, die sie wieder "in einen Backfisch" verwandelt und sie demenstsprechend handlen läßt.

  • Zitat

    Original von Ines
    Über Jutta Hinterer haben wir ja schon gesprochen. Hey, Wolke, was sagst du denn zu dem Vorschlag, dir einen zehn Jahre Jüngeren an die Seite zu geben? Wie findste das? Oder magste lieber was anderes?


    Huhu Ines,
    ein paar Jährchen jünger ist schon okeh. Es darf aber kein Milchbubi sein, ich erwarte einen Mann der etwas auf dem Kasten hat, zu dem man aufsehen kann und mit dem vernünftige Gespräche möglich sind. Du kennst mich ja und weißt, was mir dann so vorschwebt... :winkt

  • Yep. Jutta könnte eine Affäre vertragen. So ein bißchen jünger, auf keinen Fall ein spießiger Bürger, sondern auch seiner Zeit voraus mit ein paar knackigen nicht ganz zeitgemäßen wissenschaftlichen oder theologischen Ansichten wäre schon prima und würde zur Figur passen. Eine gleichgeschlechtliche Affäre wäre dagegen too much und würde auch nicht zur Figur passen.


    Pater Nau, der vielleicht aus Versehen in ein Mordgeschehen hineinstolpert, wäre auch stimmig, als Mörder kann ich ihn mir nicht vorstellen. Er muss sich auch für meinen Geschmack nicht zu sehr verändern, mir würde sein Jammertal schrecklich fehlen. Es gehört schon zu ihm und ich gebe zu, dass ich beim Lesen immer schon mitgeflüstert habe, dass die Welt ein Jammertal und das Leben ein Graus sei.


    Gustelies und Heinz können so bleiben. Zu Hella hatte ich ja schon was geschrieben. Ich finde das interessant, dass die Figuren auf die ein oder andere Weise lebende Vorbilder haben.

  • Ich finde nicht, dass Gustelies mit der Liebe abgeschlossen hat, hat sie ja zu Hella auch ganz deutlich gesagt, dass sie nicht nur Mutter, sondern auch Frau ist. Ich würde ih rdas Glück gönnen.


    Pater Nau als Mörder? Vielleicht, um jemanden, den er liebt zu schützen, aber ansonsten - nein.

  • Die Auflösung hat mir gefallen und auch das Ende fand ich passend. Für mich war irgendwie klar, dass sie sie selbst richtet, denn eine Verurteilung durch einen Richter hätte nicht zu ihrer Persönlichkeit gepasst. Sich nocheinmal demütigen zu lassen, das lässt sie sich nicht gefallen, sondern bringt die Sache lieber selbst zu Ende.


    Insgesamt ein nachdenklich machendes aber auch unterhaltsames Buch :-)


    Danke Ines, dass du bei der Leserunde dabei warst. Ich freue mich schon auf die nächste :knuddel1


    Rezi folgt noch :wave


  • Ich hab das Buch auch gerade beendet. Mein Verdacht hat sich bestätigt, und ich finde auch, dass eine Hinrichtung nicht gepasst hätte.


    Auch von mir vielen Dank für die Begleitung der LR. Wenn ich auch sehr wenig mitbekommen habe. Aber da bin ich ja selbst schuld. :rolleyes

  • Zitat

    Original von churchill
    Ich kann mir Pater Nau zwar schwer als Mörder vorstellen, wohl aber eine Verwicklung in einen Mord, die es ihm schwierig macht, sein Schwarz-Weiß-Denken durchzuhalten. So könnte er einen Menschen welchen Geschlechts auch immer lieb gewinnen, einen Menschen, der einen Mord (oder besserer mehrere) begangen hat. Nau findet den Täter heraus, das sollte aber nicht in der Beichte geschehen, sondern in einem Zusammenhang, bei dem sich Nau nicht auf das Beichtgeheimnis berufen kann. Hella und Gusteliese ahnen, dass er etwas weiß und setzen ihn unter Druck. Er muss sich entscheiden, ob er der persönlichen Beziehung den Vorrang einräumt oder "pflichtgemäß" zur Aufklärung beiträgt ... :gruebel


    Die Idee finde ich genial. :-) Pater Nau im Gewissenskonflikt. Dann wäre die Welt ja noch viel schlechter. :grin Ich glaube schon, dass er zur Aufklärung eines Mords das Beichtgeheimnis brechen oder zumindestens "dehnen" würde. Als er mit Hella über ihren Kinderwunsch sprach, wirkte er auch liebevoll-realistisch, statt abgehoben und zu bibeltreu.


    Gustelies gefällt mir so, wie sie ist. Die Reihe ist auf mehrere Bände ausgelegt, als könnte sie im nächsten Band jemanden kennenlernen und evtl. in einem der späteren Bände heiraten. Kommt natürlich auch drauf an, wie groß der zeitliche Abstand zwischen den Büchern sein soll.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Ich habe das Buch nun auch zu Ende gelesen. Es wurde eigentlich schon alles reichlich diskutiert, wie ich gerade hier gelesen habe.


    Dass die beiden Handlungsstränge zeitlich nicht ganz parallel gelaufen sind hat mich nicht gestört. Mit meiner Vermutung, dass Agnes = Mädchen ist, habe ich ja richtig gelegen, aber dass sie auch die Mörderin ist, wollte ich ja erst nicht so recht wahr haben. Dass sie zur Mörderin geworden ist ist aus meiner Sicht verständlich.


    Ich freue mich auch schon auf den nächsten Band mit Gustelies, Heinz und Hella.


    Dies war erst mein 2. Buch von Ines, aber definitiv nicht mein letztes. Das erste war Die Kaufmannstochter und daher wusste ich jetzt auch nicht vorher, dass dies der erste Ausflug in das Krimi-Genre war, aber auch ich hoffe, dass es nicht der letzte war.


    Wenn die Wahrsagerin sagt, dass Hella zwei Kinder bekommt, dann sollte das 1. Kind am Ende des 2. Bandes oder im 3. Band kommen.


    Warum ist Pater Nau denn so griesgrämig? Eigentlich geht es ihm ja nicht so schlecht. Gustelies kümmert sich gut um ihn. Vielleicht konvertiert er doch noch zum evangelischen Glauben und heiratet? Ich muss da an die Kaufmannstochter denken, wo das Hin und Her zwischen Katholisch und evangelisch sehr ausgeprägt war. Hmm, vielleicht war Pater Nau aber auch evangelisch, hatte mal etwas mit einer Frau und plötzlich steht ein Kind vor seiner Tür und teilt ihm mit, dass er der Vater ist...
    Die Sache, dass Pater Nau vielleicht in einen Kriminalfall hineingezogen wird, weil der Mörder bei ihm beichtet, gefällt mir auch sehr gut.


    Ines, ich glaube da gibt es viele Möglichkeiten Pater Nau mal in den Mittelpunkt rücken zu lassen. In diesem ersten Band erscheint er ja fast immer nur zum Essen und wir wissen nur wenig von ihm, daher finde ich es eine sehr gute Idee, ihm mal mehr Aufmerksamkeit zu schenken.


    Ein Jahr noch bis der 2. Band erscheint? Wie sollen wir das denn aushalten?

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Ich habe gestern den letzten Abschnitt in einem Rutsch gelesen und habe einige Anmerkungen zum Ende zu machen:


    Das Ablaufen mehrerer Zeitebenen war anfangs sehr durchdacht und es war leicht zu hinterfragen, warum dies als Stilmittel eingesetzt wurde.
    Es ging ja darum den Charakter von Agnes so darzustellen, dass sie nur ein Ergebnis ihrer eigenen Vorgeschichte ist. Schwer gedemütigt unter ihrer eigenen Mutter, dazu die (geduldete) Vergewaltigung durch den Gewandschneider, die nachfolgende Schwangerschaft, Aufnahme in einem Priesterhaus, der ihr das Kind tötet, weil er denkt, er habe ihr den Teufel ausgetrieben und schluss endlich Sebastian, der ihr eine Liebe vorspielt, nur um an den von ihm heiß begehrten Mohnsaft zu bekommen.


    Ihre Suche nach Reinheit (Allein ihr Name ist dafür ja schon ein Synonym: "Die Keusche" oder "Die Reine"), ihre Suche nach einem selbstbestimmtem Leben, all das steht unter keinem guten Stern, und somit war es wichtig die Vorgeschichte mit einzubeziehen. Nur, zum Ende hin wurde es aufgedröselt und irgendwie fand ich es fast ein wenig verwirrend zwischen dem Jetzt wieder ins Jetzt zu springen und nicht in eine etwas längere Vergangenheit. Zumal mir das Ende zu schnell abgehandelt wurde... Natürlich macht ihr Selbstmord Sinn, aber gehört zu einem Leben in Reinheit nicht auch sich den Dingen zu stellen, die man als seine schlimmsten Sünden bezeichnet?


    Im übrigen, die Verarbeitung von historischen Elementen war teilweise sehr gelungen, ich habe mir viele Dinge zu diesem historischen Roman angelesen in der Bibliothek, u.a. dass ein Jahr nach dem in Roman angepeilten Datum 1536 der Stadtrat von Frankfurt dem Schmalkaldischen Bund beitrat - mich würde der weitere Verlauf auch in den nachfolgenden Büchern interessieren; gerade, weil mir auch diese zeit-politischen Gegebenheiten gut erläutert erschienen.


    Ich habe noch eine Frage an Ines: War dieses vom Pfarrer eingesetzte "Tugendhaus" ein Keuschheitsgürtel? Ich bin über diesen Begriff gestolpert, weiß ich doch noch, dass der Keuschheitsgürtel niemals zu einer Anwendung genutzt wurde, weil er (ein Professor erwähnte so etwas in einer Mittelalter-Vorlesung) die Schwangerschaft stören würde. Wobei ich nicht ganz weiß, ob ich damit dasselbe assoziiere, weil eigentlich sind Keuschheitsgürtel aus Metal...


    Was ich wiederum sehr gelungen fand, war das Einsetzen von Rezepten in der Figur der Gustelies. Am liebsten würde ich die ganzen Rezepte abtippen und selbst einmal ausprobieren - außer das Kalbshirn... *hust*


    Die Figur der Hella wurde am Ende sehr sympathisch, die kleineren Konflikte mit Gustelies haben dazu beigetragen; ich kann das Gefühl sehr gut nachvollziehen seine Mutter nicht mehr als Frau, sondern eben "nur" als Mutter zu sehen - ohne Sexualität, ohne eigene Wünsche. Meiner eigenen Mutter werfe ich so was nicht vor, aber ich verstehe den Konflikt sehr gut, der dahinter steht.


    Am Ende bleibt zu sagen: Ein sehr schöner, gut und flüssig zu lesender Roman. Einziger Wehrmutstropfen: Viel zu abrupt beendet und mit der plötzlichen Veränderung der Zeitebenen etwas verwirrend.

    „Die Literatur greift immer dem Leben vor.
    Sie ahmt das Leben nicht nach, sondern formt es nach ihrer Absicht.”

    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller und Aphoristiker

  • Zitat

    Original von Ines
    Liebe Nightfall,


    das "Tugendhaus" war kein Keuschheitsgürtel, sondern eher eine Art Leibchen aus festem Leder. So etwas gab es damals nicht in Serie, sondern ist reine Fiktion.
    Hab Dank für deine Anmerkungen.


    Gruß Ines


    Als ich den Namen "Tugendhaus" gelesen habe, assoziierte ich sofort einen Keuschheitsgürtel und selbst, wenn weder der real Existierende eingesetzt wurde noch Deiner existierte, so war so oder so klar, was damit dargestellt werden sollte. Ich muss einmal sagen, die Figur von Agnes war so verständlich in ihren Taten und so nachvollziehbar in dem, was sie tat, dass man manchmal vor sich selbst erschreckt, wenn man denkt: "Irgendwo kann ich ihre Rache Gelüste nachvollziehen." - Und deswegen muss ich dir recht geben, eine Situation, nicht vorhersehbar oder einfach nur in ihrer Art grausam, kann aus jedem einen, zumindest erst einmal "denkenden" Mörder machen.

    „Die Literatur greift immer dem Leben vor.
    Sie ahmt das Leben nicht nach, sondern formt es nach ihrer Absicht.”

    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller und Aphoristiker