Gerade eben geschrieben, in bester Urlaubsstimmung, endlich eine Woche relaxen, im Hintergrund Vangelis "Best in Space" und das kam dabei heraus. Bitte um Kritiken, Anregungen, Beschimpfungen und Meinungen aller Art.
Die Angst des Zeichners
Sie kamen mit einer Selbstverständlichkeit herein, die auf Routine hinwies. Archibald ließ den Zeichenstift aus den Fingern fallen und starrte mehr verblüfft als erschrocken auf die drei Gestalten vor seinem Zeichentisch.
Als Illustrator von Science-Fiction-Büchern, Comics und Erfinder eigener Storys war er an alle möglichen Arten von galaktischen Wesen gewöhnt. Aber diese drei, eindeutig keine Menschen, hätten auch ihm nicht einfallen können. Alles alt bekannte war zwar vertreten, Tentakel, Schuppen, zwei Nasen in einem Gesicht, ein Mehräugiger, aber die Zusammenstellung war einfach ungewöhnlich.
„Prim pa Arschibald,“ sagte das Wesen mit den vielen Augen. Archibald erkannte zwar seinen Künstlernamen, aber ansonsten konnte er nur annehmen, es wäre eine Begrüßung.
Er stand auf und streckte seine Hand aus. „Guten Tag, meine He.., äh, außerirdischen Wesen,“ stotterte er.
Das Wesen neben Vielauge schlug seine Hand mit einem Tentakel zurück. Anscheinend kein Freundschaftsbesuch wurde Archibald klar. Vielauge drückte einen Knopf auf einem kleinen Gerät in seinem Greifarm.
„Bist Du Arschibald?“ ertönte seine Stimme wieder. „Äh ja, das bin ich, ich bin Archibald, was kann ich für sie tun?“ fragte er ängstlich.
„Sie sind angeklagt, unsittliche und pornografische Bilder unbescholtener galaktischer Bürger zu verbreiten. Was haben sie dazu zu sagen?“
Archibald verschlug es die Sprache. Er hätte, also wirklich, so eine Unverschämtheit, er war ein bekannter Künstler in der Szene und niemals hätte er sich solcher Themen angenommen. „Ich weise diesen Vorwurf auf das heftigste zurück, ich erfinde diese Bilder doch nur, es gibt keine realistischen Vorlagen dafür. Alles nur meine eigene Kreativität und Fantasie.“ Nun, da er seine Stimme wieder hatte, wurde er mutiger. „Also ich muss schon sagen, sie können einem ganz schön Angst einjagen, sind das vielleicht doch nur Kostüme?“
Bevor er Tentakel anfassen konnte, packte der ihn mit einem seiner schlangenähnlichen Glieder und presste ihn unter die Decke.
„Glauben sie, was sie sehen, so wie wir glauben, war wir von ihnen gesehen haben.“ Vielauge trat an eine Wand mit vielen Zeichnungen. Er tippte auf ein Bild. „Das ist eindeutig Qua Paradus, eindeutig deshalb, weil er an dem gelben Zeichen hier zu erkennen ist, es gibt nur einen Qua mit diesem gelben Zeichen und sie zeigen ihn, wie er gerade, nein, das ist unaussprechlich, das ist unerhört!“ Er trat einen Schritt weiter und tippte auf das nächste Bild. „Das ist eine Weibliche der Konfiger, sie hat sich erkannt und sofort Anzeige erstattet, denn niemals würde sie sich so zeigen und entblößen, dann hier, das ist...!“ „Hören sie auf,“ rief Archibald, „das ist ein Riesenirrtum. Wie könnte ich jemanden zeichnen, den ich überhaupt nicht kenne?“ Angstschweiß rann ihm ins rechte Auge und brannte. Trotzdem fuhr er fort: „Mir ist klar, auf was sie sich beziehen. Sie meinen die Sendung “Galaktische Abenteuer“ die jede Woche auf TBCTV läuft und das seit den Fünfziger Jahren. Anscheinend können sie die inzwischen empfangen aber glauben sie mir, das ist alles nur Fantasie und keine Provokation oder ein Verbrechen.“
Tentakel setzte ihn wieder ab und die drei Wesen berieten sich in für Archibald unverständlichen Sätzen. „Hast du noch etwas zu deiner Verteidigung vorzutragen?“ Vielauge sah ihn an. Archibald rieb sich endlich den Schweißtropfen aus seinem Auge. Er, der schon so viele galaktische Begegnungen erfunden hatte, musste doch einen Weg finden, aus diesen Schwierigkeiten heraus zu kommen. Plötzlich fiel ihm etwas ein. „Kennen sie die irdischen Gesetzbücher?“ fragte er. „Ja,“ antwortete Tentakel, „wir haben sie studiert und sie sind zum Teil den unseren erstaunlich ähnlich.“ Archibald seufzte auf. „Nun gut, dann müssen sie zugeben, dass vor jedem ausgestrahlten Film dieser galaktischen Abenteuer ein Hinweis erfolgt, auf dem zu lesen ist, dass alle handelnden Personen frei erfunden sind und eine Ähnlichkeit mit lebenden Personen rein zufällig und nicht beabsichtigt ist!“ Er hatte diesen Hinweis seines Vorgängers zwar als überflüssig, aber überaus witzig gehalten und deshalb an dieser Tradition festgehalten.
Nun mischte sich zum ersten Mal Zweinase ein. „Also hör mal, du kannst doch nicht erwarten, dass alle galaktischen Wesen, die diese Bilder sehen, auch noch die irdischen Texte...!“ „Nein, erwarte ich auch nicht,“ erwiderte Archibald, „aber zumindest erwarte ich, dass das jemand macht, der einen anzeigt oder von der Behörde, die diese Anzeige überprüft und verfolgt.“
Wieder berieten sich die drei Aliens. Archibald klopfte das Herz.
Vielauge wandte sich ihm endlich zu. „Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass du Recht hast, möchten Dich aber trotzdem auffordern, mitzukommen.“
„Bin ich verhaftet,“ wollte Archibald wissen. „Nein, wir nehmen dich auf eine Rundreise mit, stellen dir alle Wesen der galaktischen Union vor in der Hoffnung, dir fallen dann andere Bilder ein.“
Ein überaus glücklicher Archibald verschloss sein Atelier und hatte bereits jetzt das Gefühl und die Vorahnung eines überaus schönen Urlaubs.