Thierry Cohen - Ich hätte es vorgezogen zu leben

  • OT: J'aurais préfére vivre


    Über den Autor
    Thierry Cohen lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Lyon, wo er eine Werbeagentur leitet.


    Kurzinhalt
    Du hast immer nur einen Tag für dein ganzes Leben und für deine Liebe ...

    Und irgendwann wachst du auf ... ... und freust dich, weil du mit der Frau zusammen bist, wegen der du dich umgebracht hast ... ... und wunderst dich, weil jemand Anderer dein Leben auf eine Weise führt, die dir nicht gefällt ... ... und merkst, wer dieser Andere ist: dein größter Feind - du selbst!


    Eine erfüllte Liebe und ein geglücktes Leben: zu schön, um wahr zu sein? An seinem 20. Geburtstag bringt Jeremy sich um, weil ihn seine große Liebe Viktoria nicht erhört. Doch er wacht wieder auf, Viktoria weckt ihn zärtlich und gratuliert ihm zu seinem 21. Geburtstag. Jeremy ist glücklich: Zwar kann er sich an das vergangene Jahr nicht erinnern, doch ist er mit der Frau zusammen, die er liebt. Ist das das Paradies? Als er das nächste Mal aufwacht, sind zwei Jahre vergangen, an die er sich nicht erinnern kann. Und er muss feststellen, dass sein anderes Ich, das diese zwei Jahre gelebt hat, anscheinend kein besonders angenehmer Zeitgenosse ist. Jeremy wird in immer größeren Abständen aufwachen. Und er nimmt den Kampf gegen den "bösen" Jeremy auf, der mittlerweile drauf und dran ist, seine Liebe zu Viktoria zu zerstören. Er hat für diesen Kampf genau einen Tag Zeit. Immer wieder. Ein ganzes Leben lang. Wird es Jeremy gelingen, wenigstens seinen Traum von einem glücklichen Leben mit Viktoria zu retten? Eine Liebesgeschichte der ganz besonderen Art


    Meine Meinung
    Jeremy ist unglücklich in Viktoria verliebt. Aus Verzweiflung darüber, dass sie seine Liebe nicht erhört, begeht er an seinem 20. Geburtstag Selbstmord. Doch er wacht wieder auf – an seinem 21. Geburtstag. An seiner Seite: Viktoria. Jeremy ist überglücklich, doch an das zurückliegende Jahr hat er keine Erinnerung mehr. Als er das nächste Mal aufwacht, sind wieder zwei Jahre vergangen, an die er keine Erinnerung hat und er muß feststellen, dass der Jeremy, der den Alltag mit Viktoria verbringt, ein anderer Kerl zu sein scheint als er. Einer, den er nicht besonders mag. In den nächsten Jahren kommt der „echte“ Jeremy immer nur sporadisch an seinen Geburtstagen zurück – und was er sieht, erfüllt ihn mit Entsetzen: Er ist zu einem rücksichtslosen A…. geworden, der Frau und Kinder schlecht behandelt. Doch wie kann er, der Viktoria über alles liebt, seine Frau vor seinem Alter Ego beschützen? Vor allem, wenn er nicht weiß, wann er das nächste Mal aus den Tiefen seines Bewusstseins erwachen darf? Eine schwierige Mission, für die Jeremy jeweils nur einen einzigen Tag Zeit hat.


    Ich wollte das Buch eigentlich schon nach den ersten drei Seiten entnervt wegwerfen. Ich habe keinen Zugang zu dieser seltsamen Schreibe bekommen und mir gedacht, ich sollte doch endlich meine Pfoten von französischsprachigen Autoren lassen. Zu oft schon hat mir die Sprache der Übersetzungen nicht gefallen.


    Doch ein wenig schummeln und diagonal lesen – ich war ja doch neugierig – und das Buch hat mich dann doch in seinen Bann gezogen und zwar so sehr, dass ich es in einem Rutsch durchgelesen hatte.


    Es ist eine ganz und gar ungewöhnliche Geschichte, die uns hier erzählt wird: wie schafft es der Protagonist jeweils innerhalb eines Tages, seine Familie vor sich selbst zu schützen? Gibt es einen Weg, den „wahren“ Jeremy wieder ins Leben zurück zu bringen? Es ist spannend, dies zu verfolgen, Jeremys Kampf um Vertrauen mitzuerleben und seine Bemühungen, Licht ins Dunkle zu bringen – und man möchte natürlich auch wissen, wie die Geschichte ausgeht.


    Nun, die Geschichte hat natürlich auch eine Moral. Und ein interessantes, wenn auch – für mich zumindest – halbwegs vorhersehbares Ende. Dennoch war das Buch übberraschend gut, besonders nach dem für mich missglückten Einstieg.


    Auf dem Klappentext steht, dass der Autor diesen Roman nach dem Selbstmord eines guten Freundes geschrieben hat und ihn dabei die Intention „Was hätte man dem Freund zurufen können, was hätte man tun können, um ihn von seiner Tat abzuhalten“ antrieb - wobei ich mir nicht sicher bin, ob dieses Dahintreiben zwischen zwei Welten jemand wirklich von so einem Schritt abhalten könnte. Ob da nicht noch mehr das Aufzeigen dessen, was man an schönen Dingen im Leben verpasst, helfen könnte. Aber dies an dieser Stelle zu diskutieren ist müßig und der falsche Ort.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Meine Meinung:


    Es ist eine ungewöhnliche Geschichte, die Thierry Cohen erzählt und um es vorweg zu nehmen: Es gibt bestimmt Leser, denen sie zu kitschig ist. Zu diesen Lesern gehöre ich nicht (!), denn mich hat die Geschichte um den 20-jährigen Alexander, der sich an seinem Geburtstag das Leben nimmt, weil ihn seine große Liebe nicht erhört hat. Und der seitdem in unregelmäßigen Abständen immer wieder an seinem Geburtstag aufwacht und mit ansehen muss, was in der Zwischenzeit passiert ist und was er selbst durch sein Handeln - an das er sich jedoch nicht erinnern kann - angerichtet hat. Auf wenig Raum gelingt es dem Autor eine intensive Atmosphäre zu schaffen, die einen Lesesog auslöst, dem ich mich nicht entziehen konnte. Alexanders Emotionen, seine Hilflosigkeit und Verzweiflung und sein Kampf gegen die vergessenen Zeiten sind auf jeder Seite spürbar und haben mich von Beginn an mitfiebern lassen. Wenn man der Geschichte etwas ankreiden möchte, dann wäre es höchstens, dass sie in manchen Situationen zu überfrachtet wirkt - zu gut und zu böse, aber das ist Geschmackssache. Mir hat Cohens Debüt auf jeden Fall spannende und nachdenkliche Lesestunden bereitet und einen dicken Kloß im Hals verschafft, der sich auch nach der letzten Seite noch nicht aufgelöst hat.


    Dafür gibt es von mir 9 Punkte! :wave

  • :danke


    und schon auf meiner Suchliste! :grin













    :lesend Bill Bryson - Eine kurze Geschichte von fast allem

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Och nee ...
    Jetzt hab ich es bisher erfolgreich um dieses Buch herum geschafft und jetzt muss ich es doch noch haben :fetch
    Ich habe ja zugegebener Maßen eine etwas merkwürdige Faszination für alles, was mit dem Thema Selbstmord zusammenhängt ...
    Nachdem die Meinungen hier so positiv ausfallen, komme ich nicht mehr vom Haken.

  • Ich habe es mir heute morgen ertauschen können! :-]




    :welle

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Und mein Senf dazu: :grin



    Die Geschichte erinnert ein bißchen an den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ :-)
    Hier geht es zwar auch um eine Liebesgeschichte, allerdings fällt diese viel düsterer aus. Mich hat die Geschichte von der ersten Seite an in ihren Bann gezogen. Wer ist der wirkliche Jeremy? Der, der alle paar Jahre an seinem Geburtstag aufwacht oder der, der in der Zeit dazwischen sein Leben lebt? Leidet Jeremy an Amnesie oder an einer Geisteskrankheit? Oder ist er doch gestorben und alles nur ein merkwürdiger Traum? Es ist eine spannende und wirklich faszinierende Geschichte: wer trickst wen aus?


    Allerdings gibt es zwei Dinge, die mich gestört haben: zum einen sind die Charaktere entweder zu gut oder zu schlecht. Der eine Jeremy ist lieb und naiv, der andere das personifizierte Böse. Und Viktoria ist das arme, leidende Opfer. Ich hätte die Charaktere da lieber etwas differenzierter gehabt, das hätte die Handlung sicher glaubwürdiger und noch interessanter gemacht.
    Zum anderen nimmt am Ende die Religion überhand. Es ist sicher eine interessante Frage, ob Selbstmord wirklich eine Todsünde ist und man Gott ungestraft herausfordern kann. Zwar hat mir die Auflösung als solches gut gefallen, aber ich frage mich doch, ob weniger hier nicht mehr gewesen wäre.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Zitat Nell:

    Zitat

    Allerdings gibt es zwei Dinge, die mich gestört haben: zum einen sind die Charaktere entweder zu gut oder zu schlecht. Der eine Jeremy ist lieb und naiv, der andere das personifizierte Böse. Und Viktoria ist das arme, leidende Opfer. Ich hätte die Charaktere da lieber etwas differenzierter gehabt, das hätte die Handlung sicher glaubwürdiger und noch interessanter gemacht.



    Dem kann ich mich anschließen. :-)


    Ich habe das Buch heute fast in einem Rutsch durchgelesen und es hat mir schon gefallen - bis auf das oben Erwähnte.


    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Jeremy bringt sich an seinem 20. Geburtstag um, weil ihm Victoria ihre Liebe versagt. An seinem 21. Geburtstag wacht er jedoch plötzlich auf, merkt, dass er gar nicht tot ist und erfährt, dass er wohl seit seinem Selbstmordversuch ein glückliches Leben mit Victoria führt. Erst glaubt er an Amnesie, doch bald stellt sich heraus, dass es etwas Anderes sein muss. Jeremy erlebt nämlich nur den einen Tag mit Victoria und bis zu seinem nächsten "Aufwachen" vergehen zwei Jahre. Immer wieder erlebt er - in unterschiedlichen Abständen - für jeweils einen Tag so ein Aufwachen und sieht, wie sein Leben ohne ihn, aber mit "einem anderen" Jeremy weitergeht - einem Jeremy, der sein Leben zu zerstören scheint und das Leben seiner Mitmenschen ebenso. Und Jeremy kann nicht viel tun, außer zu hoffen, dass dieser Alptraum ein Ende findet.


    Ich muss sagen, dass mich das Buch sehr ergriffen hat. Die Entwicklung des "anderen" Jeremy und der Einfluss seine Taten auf seine Mitmenschen hat mich teilweise sehr mitgenommen und ich habe mit den Figuren mitgelitten und diesen anderen Jeremy fast schon gehasst. Sein Verhalten und dessen Folgen fand ich im Verlauf des Buches immer erschreckender und habe gehofft, dass dies bald ein Ende nimmt. Ich konnte kaum aufhören zu lesen. Allerdings hat mich das Ende ein wenig enttäuscht - sicher, bei so einer Geschichte kann ich nicht viel Realität am Ende erwarten. Und so ganz genau kann ich auch nicht sagen, was mich an der Auflösung gestört hat - außer, dass sie mich etwas unbefriedigt zurückgelassen hat. Die Botschaft des Buches - das Leben als ein Geschenk, welches man nicht wegwerfen sollte - hat mir zwar an sich gefallen, aber erstens hab ich zu der Selbstmordthematik so meine Meinung und zweitens kam diese Botschaft für mich doch nicht so ganz rüber, was sicherlich an dem mich etwas störenden Schluss liegen kann.


    Alles in allem bekommt das Buch von mir 8 von 10 Punkten.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*