Nicht die ganze Wahrheit - Dirk Kurbjuweit

  • Kurzbeschreibung:


    Der Privatdetektiv Arthur Koenen erhält einen schier unmöglichen Auftrag: Er soll herausfinden, ob der Vorsitzende einer großen Partei eine Affäre hat. Koenen hat Erfolg - und erfährt die Geschichte einer jungen Frau, eine Abgeordnete, die leidenschaftlich für ihre Überzeugungen und um eine hoffnungslose Liebe kämpft. Kurbjuweit ist mit Nicht ganz die Wahrheit ein fesselnder Berlin-Roman gelungen über eine große Liebe im Schatten der Politik, über drei Menschen in einem Gespinst aus Sehnsucht, Lügen und der Angst vor Entdeckung.


    Über den Autor:


    Dirk Kurbjuweit, geboren 1962, von 1990 bis 1999 Redakteur der ZEIT, leitet heute das Hauptstadtbüro des Nachrichtenmagazons Der SPIEGEL. Drei seiner Rmane wurden fürs Kino verfilmt.


    Egon-Erwin-Kirsch-Preis 1998 und 2002


    Meine Meinung:


    Dies ist eine Liebesgeschichte.


    Privatdetektiv Arthur Koenen, der sich als Detektiv im Berliner Zoo ein Grundeinkommen verschafft, soll für die Ehefrau des Parteivorsitzenden einer großen deutschen Volkspartei herausfinden, ob ihr Mann sie betrügt. Koenen macht sich an die Arbeit und greift im Laufe der Zeit, in der er das sichere Gespür, aber keine Beweise für die außereheliche Affäre hat, zu einem letzten Mittel und bricht in die Wohnung der vermeintlich Geliebten, einer rebellischen Abgeordneten, ein. Auf ihrem Computer befindet sich die gesamte Korrespondenz mit dem Parteivorsitzenden, die Koenen nun zusammen mit dem Leser liest und somit Stück für Stück ein Bild der Beziehung, aber auch der Beteiligten selbst entblättert. Die Personen erwachen durch ihre Zeilen zum Leben und reißen den Leser mit in einen Strudel aus den verschiedensten Emotionen wie Wut, Angst, Sehnsucht, Hoffnung und nicht zuletzt Liebe. Die drei Protagonisten sind fiktiv und überzeugen durch ihre Authentizität, die sie vor dem ganz und gar nicht fiktiven gesellschaftlichen und politischen Hintergrund entwickeln. Denn schon wenn von dem Kanzler („Fred”) als dem Mann die Rede ist, der Kohl abgelöst hat, werden Assoziationen geweckt, die durch die detaillierten Beschreibungen dieser Figur, ihrer Gestik und Persönlichkeit (und nicht zuletzt der Tatsache, dass er sich bereits in vierter Ehe befindet), zur Gewissheit werden und der ganzen Geschichte eine pikant-würzige, aber keineswegs unangenehme Note geben. Auch in anderen hier auftauchenden Polit-Prominenzen findet man schnell den ein oder anderen realen Genossen wieder. Doch in jeder Beschreibung bleibt der Autor distanziert sachlich, auch wenn die leisen Untertöne beim aufmerksamen Lesen nicht überhört werden können - vorausgesetzt man ist hierfür offen. Trotz der intimsten Gedanken und Gespräche, denen wir im Laufe der Geschichte lauschen, bleibt dennoch vieles ungesagt und der Fantasie des Lesers überlassen, und vielleicht ist ja auch einiges „Nicht die ganze Wahrheit”…


    Dies ist eine Liebesgeschichte. Wie sie beginnt und wie sie endet und vor allem, wer wen liebt, sei hier nicht verraten. Nur so viel: Mich hat sie überzeugt - deshalb 8 Punkte! :-]

  • Danke für die Rezi, Milla. :wave


    Ich habe bereits eine andere poitive Besprechung des Buches gelesen (ich glaube es war beim WDR) und nun ist das Buch endgültig auf meiner Wunschliste gelandet.

  • Vielen lieben Dank für die Rezi, milla! :wave


    Meine Bücherei hat es, ich werde es also leihen und lesen können, es ist nur eine Frage der Zeit.
    Eine Frage hätte ich aber noch: Die Briefe, von denen du schriebst, wie viel Anteil haben sie am Buch? Ich meine, besteht das Buch nur aus diesen Briefen oder wird auch noch viel "normal" erzählt? Ich hoffe du verstehst, was ich meine. :-(

  • Zitat

    Original von Wiggli
    Vielen lieben Dank für die Rezi, milla! :wave


    Meine Bücherei hat es, ich werde es also leihen und lesen können, es ist nur eine Frage der Zeit.
    Eine Frage hätte ich aber noch: Die Briefe, von denen du schriebst, wie viel Anteil haben sie am Buch? Ich meine, besteht das Buch nur aus diesen Briefen oder wird auch noch viel "normal" erzählt? Ich hoffe du verstehst, was ich meine. :-(


    Prima, ich bin gespannt auf eine zweite Eulen-Meinung! :-]


    Zu deiner Frage:
    Die E-Mails haben schon einen großen inhaltlichen Anteil, weil eigentlich alles, was Detektiv Koenen über die Vergangenheit (also die Zeit, bevor er anfing zu ermitteln) der beiden erfährt, eben aus dieser Quelle stammt. Damit wird praktisch ihre Geschichte erzählt. Allerdings kam es mir persönlich nicht so vor, als würden sie im Hinblick auf die Seitenzahlen viel Raum einnehmen, zumal sie immer wieder von Koenen (teils laut, teils in Gedanken) kommentiert werden. Er interpretiert das Geschriebene und das Nicht-Geschriebene und macht sich so seine Gedanken, z.B. wenn ER oder SIE mal längere Zeit nichts geschrieben hatten. Also sind die E-Mails sozusagen die Grundlage der Geschichte, das schon. Vom Lesefluss her sind sie direkt in den Text eingebunden, also nicht als E-Mail (mit dem typischen Absender/Empfänger oben im Kopf) abgedruckt. Für mein Empfinden hat es wunderbar gepasst! :-)

  • Wird leider noch etwas dauern, bis ich das Buch in meinen Händen halten und lesen kann. :-( In der Bücherei gibt es nur ein Exemplar, und das ist natürlich entliehen.


    Danke, dass du meine Frage so gut beantwortet hast. Es ging mir darum zu erfahren, ob das ganze Buch in Briefform (mit Anrede, Grußformel u.ä.) geschrieben ist. Das man Koenen Gedanken und Meinungen erfährt und somit quasi mit ihm liest macht das Buch für mich sehr interessant. :-]


    Ich schreibe dann hier meine Meinung, wenn ich denn mal das Buch lesen darf. :grin

  • Ich habe das Buch gestern als Beitrag zum Welttag des Buches gekauft :grin


    Anschließend hatte ich zwei Ausschusssitzungen des Stadtrats und nahm es als "Pausenlektüre" mit. Neben mir saß ein Landtagsabgeordneter, nahm das Buch, runzelte die Sirn und meinte: "Sowas liest du?".


    "Ich fange erst an", antwortete ich in der Hoffnung, dass es sich nicht als verkitschter Roman herausstellt ;-)


    Jetzt bin ich immerhin schon auf Seite 60 und denke, dass ich dem Landtagsabgeordneten irgendwann anbieten werde, es ihm auszuleihen :grin


    Wenn ich durch bin, schreibe ich hier etwas dazu ...

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Mir hat das Buch auch ganz gut gefallen. Ich fand es nicht nur als Liebesgeschichte interessant, auch wenn die sehr anrührend ist, sondern vor allem auch als Einblick in das Innere von Politik. Unglaublich, wie dtark die Protagonisten mit dem Nachtgewinn an persönlicher Freiheit verlieren!