Rowohlt, 2008, 192 Seiten
Handlung (Rückseite):
Spätaufsteher des Lebens. Das ist die Geschichte eines Mannes um die 30, der auf dem Weg aus der westdeutschen Provinz in die Szene-Quartiere der Hauptstadt wenig tut, aber viel mitmacht. Der seine Umwelt beobachtet, sie bissig kommentiert und im übrigen an sich und der Welt leidet: So einer passt nach Berlin, denn Berlin heißt: endloses Gerede, viel Durst, vager Durchblick, kein Plan. Keine Arbeit, sowieso, dafür ab und zu Altbau-Parties, bei denen auch schon mal jemand vom Dach fällt. Doch dann widerfährt unserem Helden ein Missgeschick: Er verliebt sich. Leider nicht in ein blondes Sonnenscheinchen. Eher im Gegenteil.
Zum Autor:
Wolfgang Herrndorf, geboren 1965 in Hamburg, ist ein deutscher Schriftsteller, Maler und Illustrator. 2002 erschien sein Debütroman In Plüschgewittern. 2004 nahm er mit der Erzählung Diesseits des Van-Allen-Gürtels am Wettbewerb zum Ingeborg-Bachmann-Preis teil, wo er den Publikumspreis gewann.
Meine Rezension:
Dieser Roman erschien 2002 das erste Mal und liegt jetzt als Taschenbuch vor. Damals wurde er von der Kritik größtenteils der Popliteratur zugerechnet. Das halte ich für etwas zu vereinfachend und einschränkend für dieses Buch.
Mir ist der Autor das erste Mal im Fernsehen beim Ingeborg Bachmann Wettbewerb in Klagenfurt aufgefallen.
Es stellt sich die Frage, ob In Plüschgewittern heute, 6 Jahre nach dem ersten Erscheinen immer noch wichtig ist. Ich denke, ja, wenn man es nicht überbewertet.
Obwohl es keine große Handlung gibt, ist die Sprache etwas Besonderes.
Auf fast jeder Seite gibt es einen oder mehrere Sätze, der etwas Außergewöhnliches ist. Witzig oder skurril, immer originell.
Stilistisch ist der Roman so gut in Szenen gesetzt, dass es Schade ist, dass außer einzelnen, pointierten Abschnitten keine Handlung entwickelt wird. Somit bleiben immer nur einzelne Bilder, die isoliert betrachtet vielleicht nicht so lange in Erinnerung bleiben werden oder dass Interesse langfristig Aufrecht erhält.
Der Ton vermittelt das Gefühlsleben des namenlosen Protagonisten und Ich-Erzählers, der an Nick Hornbys Helden erinnert ohne ähnlich sympathisch zu sein.
Die meiste Zeit des Buches verbringt er nach der Trennung von seiner Freundin Erika zu Beginn des Romans in Berlin bei seinem Freund Desmond und verliebt sich schließlich in Ines. Aber auch diese Beziehung wird für den passiven Helden nicht einfach.
Durch seinen ungewöhnlichen Blickwinkel werden viele Details anders betrachtet und damit der altbekannten, gewohnten Sichtweise entzogen.
Es gibt aber auch viele Anspielungen, die Assoziationen wecken. Besonders durch die in Dialogen erwähnten Filme (Bad Lieutenant, Perdito Durango, Pulp Fiction, Coen Brothers, Takashi Miike, Wim Wenders) oder Bücher, sogar durch die Art der geführten Dialoge selbst, die fast schon wieder antiquiert wirken. Ein zu großer Zeitbezug schadet einer lang anhaltenden Wirkung.
Das im letzten Kapitel überraschenderweise ein Wechsel des Erzählers erfolgt, verhindert nicht das (wohl gewollte) ins Nichts Verlaufen des Endes.