Thematik Jörg Haider

  • Viele werden sich die Frage gestellt haben: Wie kann ein kleiner Mann aus dem Kärnter Bärental nicht nur eine Schwarz-Blaue-Regierung kurzfristig stürzen und damit Neuwahlen auslösen, nur weil sie ihm nicht passt? Wie kann dieser nur durch ein Wort wildeste Demonstrationen auslösen, internationale und nationale Verstimmungen auslösen, ich erinnere nur an den "Wesentaschennapoleon" gegen Chirac, wie kann jemand noch soviel Macht in einer angeblich gefestigten Demokratie haben. Tja, das ist der gefährliche und allseits bekannte Jörg Haider, der letztlich durch seine 3. Reich-ordentliche-Beschäftigungspolitik sogar EU-Sanktionen herbeigebracht hat.


    Wie kann das sein? Das frage ich mich heute - und euch.
    Letztens im Urlaub, war ich auf einem harmlosen Salamifest in Kärnten. Und wer kam daher - ja, er. Und er hielt eine Rede. Seitdem weiß ich etwas mehr. Haider ist ein reiner Populist. Ein Großreder. Er ist - ohne seine Ideologie zu betrachten - ein guter Rhetoriker. Er redet frei, und ohne Zettel, oft stundenlang. Er hat immer einen Witz auf die Lippen, die oft Menschen persönlich betrifft, aber die unbetroffenen anscheinend belustigt.
    Jedenfalls bin ich um eine Erfahrung reicher.


    Deshalb mein Diskussionsvorschlag:


    1) Warum bekommen Rechtspopulisten immer mehr Zulauf? Haben wir nichts über unsere Geschichte gelernt?


    etc.

  • Eine interessante Frage, His. Aber sie ist auch relativ leicht zu beantworten. Das hat nichts mit aus "der Vergangenheit lernen" zu tun. Wenn das Volk verunsichert ist durch dubiose Machenschaften der Regierenden, zuviele Veränderungen auf einmal über sie hereinbrechen und das Volk an der Regierung einfach nicht mehr beteiligt wird, dann sucht es Schutz bei einer Person, die altbekannte und eingefahrene Strukturen produziert. Die ihnen einen Halt vorgaukelt, der nicht zu versprechen ist und die gleichzeitig Ventile für den Frust öffnet.
    Warum waren Hitler und Göbbels so erfolgreich bei ihren Reden? Sie verstanden es, Massen zu begeistern und den Herdentrieb des Menschen zu befriedigen. Selbst Skeptiker konnten sich dieser Massenpsychose nicht entziehen und schrien "Ja" im Sportpalast auf die Frage nach dem Totalen Krieg. Und Jörg Haider versteht es ebenso, auf den Tasten dieses Klavieres zu spielen.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Hi Demosthenes,


    richtig, Rechtspopulisten sind meiner Meinung nach für das Volk Nutzmittel zur Ausdrückung der eigenen Unzufriedenheit. Nur wenige wählen sie aus Ideologiegründen.


    Aber egal aus welchen Gründen, wenn jene Zulauf haben, ist dies immer sehr gefährlich.


    Zitat

    Warum waren Hitler und Göbbels so erfolgreich bei ihren Reden? Sie verstanden es, Massen zu begeistern und den Herdentrieb des Menschen zu befriedigen.


    Ja. Wenn man den Inhalt ihrer Reden liest, "Mein Kampf" kennt, weiß man, welch unsinniger Schwachsinn da oft drin stand. Doch der Inhalt war oft nicht wichtig ...


    mfg

  • Ach bitte, nicht schon wieder dieses leidige Thema, wie oft habe ich schon darüber diskutiert?


    Zitat

    Warum bekommen Rechtspopulisten immer mehr Zulauf? Haben wir nichts über unsere Geschichte gelernt?


    Zunächst muß ich diesen Konnex ad absurdum führen. Du hast Glück, daß du hier noch so glimpflich formuliertest, für ungestümere Sätze und Behauptungen kanns auch mal eine Anzeige geben, wenn die falschen Leute einen Blick ins Forum erhaschen. Solange eine Partei verfassungskonform ist, besteht doch kein Problem, deshalb spreche ich auch einem Haider, einem Schill oder dem Vlaams-Block ihr Recht nicht ab, an der öffentlichen Meinungsbildung aktiv mitzuwirken und sich für ihre Ideale einzusetzen.


    Was mich an dieser Frage stört:


    a) zu plakativ, suggestiv


    b) was haben Haider ["Rechtspopulist"] und sein politisches Ideal denn genau mit unserer speziellen Geschichte zu tun? Ich hätte gerne ein konkretes Beispiel.


    c) liegt das Problem weder bei Linkspopulisten oder Rechtspopulisten, sollte die Bevölkerung mal nicht den Einheitsbrei wählen, sondern bei jenen, die diesen Unmut in der Bevölkerung durch schlechte Politik auslösen. Für eine Demokratie ist es umso begrüßenswerter, je mehr Interessen vertreten sind. Daß das manchen nicht passt, ist klar.


    :fetch

    »Wer die Dummköpfe gegen sich hat, verdient Vertrauen.«
    Sartre

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  • Zitat

    Ach bitte, nicht schon wieder dieses leidige Thema, wie oft habe ich schon darüber diskutiert?


    Dann finde doch ein besseres Thema, um die Diskussions-Weltgeschehenrubrik zu beleben. Sonst reagiere einfach nicht darauf, wenn dich das Thema stört. ;-)


    Zitat

    Du hast Glück, daß du hier noch so glimpflich formuliertest, für ungestümere Sätze und Behauptungen kanns auch mal eine Anzeige geben, wenn die falschen Leute einen Blick ins Forum erhaschen.


    Sind wir denn in einer Diktatur? :bruell
    Hier herrscht freie Meinungsäußerung, und viele Aussagen von Haider und seinen Helden kannst du überall nachlesen ...


    Zitat

    b) was haben Haider ["Rechtspopulist"] und sein politisches Ideal denn genau mit unserer speziellen Geschichte zu tun? Ich hätte gerne ein konkretes Beispiel.


    Was daran verwerflich ist?


    In der FPÖ gibt es rund um Haider immer noch Menschen, die den 2. Weltkrieg als unglückliche Niederlage bezeichnen. Die Menschen wie Bernadis, ein österreichischer Wiederstandstandskämpfer des 20 Juli 1944, als Vaterlandsverräter bezeichnen. Die die Beschäftigungspolitik im 3. Reich vorbildlich finden. Die Antisemitismus gar nicht so schlimm finden, und Faschismus verharmlosen.
    Sorry, aber das ist sehr wohl Teil unserer Geschichte.


    Es hat leider in den letzten 20 Jahren kein anderer Mensch für Österreich so viel Image-Schaden angerichtet wie Haider und seine Komparsen. Das sollte mal verinnerlicht werden. Haider ist keine Kleinigkeit.


    Ich finde, ÖSterreich könnte ganz ruhig ohne solche Ansichten leben. Das hat mit politischer Vielfalt nichts mehr zu tun.


    Zitat

    sollte die Bevölkerung mal nicht den Einheitsbrei wählen, sondern bei jenen, die diesen Unmut in der Bevölkerung durch schlechte Politik auslösen.


    Ohne Haider mit seinen Leuten mit diesem Schema vergleichen zu wollen, denn da sind ja noch ziemlich harmlos dagegen aber:


    Mit deinen vorgelegten Prinzip sind schon viele Despoten an die Macht gekommen, die anschließend die halbe Welt in Asche gelegt haben.




    mfg

  • Hallo, His.


    Mir ist Haider auch mal im Urlaub begegnet, vor acht oder neun Jahren beim Villacher Fasching, da enterte er als Wilhelm Tell verkleidet die Kneipe, was alle Anwesenden - auch diejenigen, die meiner Meinung nach eher zu einer differenzierte(re)n Auffassung neigten - zu nachhaltig kritikloser Begeisterung hinriß.


    Das gesamtgesellschaftliche Regulativ, der moralische Konsens, stellt eine Beschränkung der Individualinteressen dar. Anders gesagt: In vielen - allen? - Menschen steckt der Wunsch nach Dominanz, Beherrschung, auch nach Gewalt und Macht. Könnten wir, wie wir wirklich wollen, sähe es auf der Welt anders aus. Deshalb findet der Versuch, den Konsens auszuweiten, zu dehnen und zuweilen auch zu brechen, durchaus Anklang. Der Hang zum Rassismus, zum Elitarismus und dergleichen ist m.E. latent, das ist kein deutsches und/oder österreichisches Phänomen, sondern ein menschliches. Alleine der Konsens, ohne den die Sozialstrukturen nicht funktionieren würden - oder auf andere Art - beherrscht diese Bestie im Menschen. Und das ist gut so. Vielleicht wird es eines Tages so sein, daß er verinnerlicht ist. Alleine, mir fehlt der Glaube.


    Viele Menschen suchen einfache Lösungen für komplexe Probleme - oder für Probleme, deren Komplexität ihnen nicht bewußt ist. Solche Lösungen lassen sich leicht verkaufen.

  • Zitat

    Geschrieben von Historikus:


    Sind wir denn in einer Diktatur?
    Hier herrscht freie Meinungsäußerung, und viele Aussagen von Haider und seinen Helden kannst du überall nachlesen ...


    Nein, keine Diktatur, Beleidigungen und Verunglimpfungen werden trotzdem geahndet, unabhängig des Grundrechts der freien Meinungsäußerung.


    Zitat

    In der FPÖ gibt es rund um Haider immer noch Menschen, die den 2. Weltkrieg als unglückliche Niederlage bezeichnen.


    Und? Diese Menschen gibt und gab es auch in anderen konservativen Parteien. Muß die Partei jetzt verboten werden, weil einige Unbelehrbare ein verqueres Verhaltnis zu unserer Geschichte haben? Dann müßtest Du den Grünen geanuso erbittert gegenüberstehen, zumal sie Menschen beherbergen, wie zum Beispiel unseren Außenminister Josef Fischer [Stichwort: Putz-Truppe; 1982: "Deutsche Helden müßte die Welt, tollwütigen Hunden gleich, einfach totschlagen."], die vor dreißig Jahren an der Zersetzung der FDGO aktiv mitgewirkt haben.


    Zitat

    Sorry, aber das ist sehr wohl Teil unserer Geschichte.


    Etwas anderes habe ich nie behauptet.


    Zitat

    Ich finde, ÖSterreich könnte ganz ruhig ohne solche Ansichten leben. Das hat mit politischer Vielfalt nichts mehr zu tun.


    Doch hat es, und daran ändert die Correctness-Keule herzlich wenig. Solange eine Partei nicht gegen die Auflagen des Parteiengesetz und die Verfassung verstößt, sehe ich keinerlei Veranlassung, eine Partei zu verbieten, warum auch? Parteien sind Zusammenschlüße aktiver Bürger, die an der öffentlichen Meinungsbildung teilnehmen und ihre Interessentengruppe erfolgreich im Parlament vertreten wollen.


    Zitat

    Mit deinen vorgelegten Prinzip sind schon viele Despoten an die Macht gekommen, die anschließend die halbe Welt in Asche gelegt habe


    Welches vorgelegte Prinzip? Ich schreibe es nochmal ausdrücklich: ist eine Partei in ihrer Zielsetzung, in ihrem Handeln und ihrer Darstellung verfassungskonform, so darf kein Zweifel an ihrem Daseinsrecht bestehen.


    Es sollte möglich sein, in einer Demokratie auch über den eigenen Schatten zu springen. Ich bin ganz gewiß kein Freund konservativer Parteien, aber ich handhabe es wie Voltaire:


    Zitat

    Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können.
    Voltaire

    »Wer die Dummköpfe gegen sich hat, verdient Vertrauen.«
    Sartre

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  • Ich teile Grizzlys Meinung, His. Eine Demokratie kann nur dann funktionieren, wenn auch widersprüchliche und extreme Meinungen zum Tragen kommen. Betrachte mal eine Demokratie als Hantelstange. Ganz außen hast du die kleinen Gewichte, die aber ebenso auf die Mitte einwirken wie die großen, die näher an der Mitte sitzen. Wenn du ganz links außen tolerierst, mußt du auch ganz rechts außen haben, denn sonst gerät alles ins Ungleichgewicht. Andererseits vergessen die angeblichen Mitteparteien oft, daß zu einem Staat auch ein Staatsvolk gehört und nicht nur eine gehörnte Masse. :grin Da ist es schon gut, wenn das von rechtsaußen ab und an in Erinnerung gerufen wird. Linksaußen steht mehr auf Internationalität.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Hallo, Grizzly.


    Zitat

    Es sollte möglich sein, in einer Demokratie auch über den eigenen Schatten zu springen.


    Es sollte in einer Demokratie Pflicht sein, die Schatten wahrzunehmen und bis in die kleinsten Ecken mit megawattstarkem Licht auszuleuchten.


    Zitat

    Ich bin ganz gewiß kein Freund konservativer Parteien, aber ich handhabe es wie Voltaire:


    Konservatismus ist nicht mit Rechtsradikalität gleichzusetzen. Die Idee hinter dem Konservatismus besteht darin, "das Gute zu bewahren und das Schlechte zu verändern". Alles, was tendentiell in Richtung Rechtsradikalität geht, beschränkt sich i.d.R. darauf, das Schlechte zu bewahren bzw. wiederherzustellen. Übrigens halte ich Herrn Haider nicht für einen Rechtsradikalen.


    Ich bin auch dafür, jeder Meinung ihr Recht auf Geäußertwerden zu verschaffen und dafür ggf. zu kämpfen, selbst, wenn man nicht dieser Meinung ist - vorausgesetzt, sie genügt bestimmten Maximen, etwa der Achtung der Menschenrechte und vergleichbarer.

  • Hallo, Demosthenes.


    Zitat

    Eine Demokratie kann nur dann funktionieren, wenn auch widersprüchliche und extreme Meinungen zum Tragen kommen.


    Das sehe ich, mit Verlaub, nicht so. Die Meinungen, die tatsächlich zum Tragen kommen, sollten sich innerhalb des gesamtgesellschaftlichen Konsens bewegen, sonst funktioniert vielleicht die Demokratie (oder eine Idee davon), aber die Gesellschaft nicht mehr.


    Wir haben inzwischen erkannt, welche Meinungsauswüchse eine große, große Gefahr darstellen, und es gehört zum sozialisierenden Prozeß innerhalb einer Demokratie, solche Fehler für die Zukunft zu vermeiden versuchen. Das nennt man dann "wehrhafte Demokratie", m.E. ein guter Kompromiß aus "alles ist erlaubt" und "so weit und nicht weiter."

  • So etwas wie eine "wehrhafte Demokratie" gibt es nicht, es ist der Anfang einer Diktatur der Mehrheit. Jeder Mensch hat ein Anrecht auf seine eigene Meinung und darauf, die auch zu artikulieren, auch wenn ich nicht diese Meinung teilen kann. Jede Art von Zensur ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte, die ja die Grundlage jeder Demokratie sein sollen. Ob es dir paßt oder nicht, jeder mit einer extremen Meinung hat ein Recht darauf, sie zu äußern, solange er nicht gerade mit geltenden Gesetzen kollidiert. Das ist die einzige Einschränkung, die gelten darf.
    Alles andere hat nichts mit Demokratie zu tun, sondern mit Diktatur. Punkt

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Hallo Demosthenes! Hallo tomliehr!


    Zitat

    Geschrieben von tomliehr


    Es sollte in einer Demokratie Pflicht sein, die Schatten wahrzunehmen und bis in die kleinsten Ecken mit megawattstarkem Licht auszuleuchten.


    Das ist in der Regel die Sache von Staatsschutz und Verfassungsschutz.


    Zitat

    Konservatismus ist nicht mit Rechtsradikalität gleichzusetzen. Die Idee hinter dem Konservatismus besteht darin, "das Gute zu bewahren und das Schlechte zu verändern". Alles, was tendentiell in Richtung Rechtsradikalität geht, beschränkt sich i.d.R. darauf, das Schlechte zu bewahren bzw. wiederherzustellen.


    Richtig, ich habe 'Konservatismus' nicht mit "Rechtsradikalismus' gleichgesetzt, FPÖ, REP oder PRO waren und sind in meinen Augen konservative Parteien; wäre es anders, hätte der Parteien letztes Stündlein längst geschlagen. Die NPD hatte Glück, daß der VS über seine eigenen Füße stolperte.


    Zitat

    Übrigens halte ich Herrn Haider nicht für einen Rechtsradikalen


    Zustimmung. Haider mag Populist sein, sein Wirken ist streitbar und höchst umstritten, aber den Boden der Legitimität verläßt er meiner Meinung nach selten bis gar nicht [ausgenommen der Irakbesuch]. Ein kleiner Tipp an jene, die hier an der Diskussion mitwirken: im spiegel.de-Archiv müsste ein sehr lesenswerter Artikel über den Politik-Talk "Sabine Christiansen" sein, der mit dieser Vorgaukelei und dem Schmierentheater aufräumt und beweist, daß Bundespolitik über weite Strecken doch nur 'Populismus' ist. Eben dieses Schlagwort, das von den medien gerne mißbraucht wird.


    Zitat

    Ich bin auch dafür, jeder Meinung ihr Recht auf Geäußertwerden zu verschaffen und dafür ggf. zu kämpfen, selbst, wenn man nicht dieser Meinung ist - vorausgesetzt, sie genügt bestimmten Maximen, etwa der Achtung der Menschenrechte und vergleichbarer.


    Zustimmung.


    Demosthenes :


    Zitat

    Geschrieben von Demosthenes


    Betrachte mal eine Demokratie als Hantelstange. Ganz außen hast du die kleinen Gewichte, die aber ebenso auf die Mitte einwirken wie die großen, die näher an der Mitte sitzen. Wenn du ganz links außen tolerierst, mußt du auch ganz rechts außen haben, denn sonst gerät alles ins Ungleichgewicht.


    Das trifft den Nagel auf den Kopf.

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    Sartre

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  • Hallo, Demosthenes.


    Du machst einen Rekursionsfehler. Denn auch die Gesetze und Menschenrechtsdeklarationen sind von Mehrheiten geschaffen worden. Sie werden sich vielleicht ändern, sowohl die Mehrheiten, als auch die Gesetze und Deklarationen. Aber es gibt keinen Ursprungspunkt für Recht, es gibt keine seligmachende absolute Wahrheit; Rechte, Moral und Ethik sind nur Variablen im Spiel der gesellschaftlichen Veränderung. Insofern müßte man noch viel weiter gehen, als Du forderst. Das Recht auf individuelles Leben, Grundfeste fast aller sog. Demokratien, ist auch nur eine - möglicherweise temporäre - Maxime, die jederzeit einer Veränderung anheimfallen kann, könnte. Würdest Du das wirklich wollen? Es gibt Leute, die das wollen.


    Was ich sagen will. Grundgesetz(e) und Menschenrechte stellen einen Konsens dar, fußen auf Erfahrungsschätzen, im Rahmen dieser "Erfahrungsgewinnung" hat es viel Leid gegeben, dessen Wiederholung durch diese Regelungen vermieden werden soll. Die allermeisten radikalen Ideologien und Theorien verneinen explizit zumindest Teile dieses Konsens'. Deshalb sind sie m.E. innerhalb der Struktur nicht hinnehmbar (durch die Struktur), wenn ich auch dagegen bin, sie zu verbieten bzw. zu bestrafen (ich halte den "Volksverhetzungsparagraphen" für problematisch). Man muß ihnen entgegentreten und verhindern, daß sie in die Organe der Machtausübung gelangen.

  • Hallo Grizzly,


    Zitat

    Nein, keine Diktatur, Beleidigungen und Verunglimpfungen werden trotzdem geahndet, unabhängig des Grundrechts der freien Meinungsäußerung.


    Dann möchte ich mal wissen, wo ich in deinen Augen beleidigt und verunglimpft habe?


    Zitat

    Und? Diese Menschen gibt und gab es auch in anderen konservativen Parteien. Muß die Partei jetzt verboten werden, weil einige Unbelehrbare ein verqueres Verhaltnis zu unserer Geschichte haben?


    Ungeachtet der diffusen Grenzen der Parteien, bin ich der Meinung, dass allzu rechtes Gedankengut kritisiert, und damit bekämpft werden sollte. Haider ist zwar kein Rechtsradikaler, sondern ein Rechtspopulist, aber man sollte doch Aussagen wie über die ordentliche Beschäftigungspolitik im 3. Reich kritisieren dürfen.


    Stillschweigen ist zustimmen - und somit wäre nicht nur unsere Gesellschaft, sondern unsere Demokratie gefährdet.


    Zitat

    Solange eine Partei nicht gegen die Auflagen des Parteiengesetz und die Verfassung verstößt, sehe ich keinerlei Veranlassung, eine Partei zu verbieten, warum auch?


    Wie kommst du darauf, dass ich will, dass diese Partei verboten wird? Vor einigen Jahren waren in der FPÖ Ries Passer und Grasser an der Macht, und die haben sich so weit zur guten Mitte bewegt, dass sogar ich überlegt habe, sie zu wählen ...


    Doch man darf einfach zu extremen Aussagen und Vorbehalte über die Vergangenheit nicht schweigen - und gerade im rechten Flügel in der
    FPÖ befinden sich einige Herrschaften, über die ich mich ehrlich gesagt als Österreicher ziemlich schäme.


    Zitat

    Welches vorgelegte Prinzip? Ich schreibe es nochmal ausdrücklich: ist eine Partei in ihrer Zielsetzung, in ihrem Handeln und ihrer Darstellung verfassungskonform, so darf kein Zweifel an ihrem Daseinsrecht bestehen.


    Na, weil du es einfach so darstellst, dass Rechtspopulisten genau deshalb gewählt werden, wenn die Bevölkerung mit den anderen Politikern unzufrieden ist, oder gleich gar nicht zur Wahl gegangen ist.


    Da sind dann die Grenzen der Demokratie erreicht, wenn durch offensichtliche "Demokratie" Menschen wie Hitler an die Macht kommen - einen Hitler hätte es nicht gegeben, wäre die Wahlbeteiligung nicht so aus Protest gering gewesen.


    - ohne - ich betone es ausdrücklich, alle Rechtspopulisten, da ja gegen diesen Irren noch harmlos sind, mit ihm vergleichen zu wollen.


    Zu locker darf man das nicht sehen - Einfach zu sagen, das ist halt Demokratie, finde ich deshalb nicht richtig.


    mfg

  • Hi Tom,


    Zitat

    Deshalb sind sie m.E. innerhalb der Struktur nicht hinnehmbar (durch die Struktur), wenn ich auch dagegen bin, sie zu verbieten bzw. zu bestrafen (ich halte den "Volksverhetzungsparagraphen" für problematisch). Man muß ihnen entgegentreten und verhindern, daß sie in die Organe der Machtausübung gelangen.


    100 % Zustimmung.

  • Jeder, absolut jeder Bürger, ist dazu verpflichtet, die Werte der Demokratie aufrechtzuerhalten und zu schützen.


    Wir dürfen nicht über rechtsextreme Äußerungen, rassistische, antisemitische Art, hinwegsehen, und sagen "das ist halt Demokratie" und ist doch Sache des Staates ...


    Sonst ist die wahre Demokratie nicht mehr intakt.

  • Hallo Historikus!


    Zitat

    Dann möchte ich mal wissen, wo ich in deinen Augen beleidigt und verunglimpft habe?


    Nirgendwo. Ich sagte, daß man mit dem was man sagt, sehr vorsichtig sein muß, gerade wenn es um die Geschichte geht und ihren Bezug zur täglichen Politik.


    Zitat

    Ungeachtet der diffusen Grenzen der Parteien, bin ich der Meinung, dass allzu rechtes Gedankengut kritisiert, und damit bekämpft werden sollte. Haider ist zwar kein Rechtsradikaler, sondern ein Rechtspopulist, aber man sollte doch Aussagen wie über die ordentliche Beschäftigungspolitik im 3. Reich kritisieren dürfen.


    Ja, sollte und muß man.


    Zitat

    Stillschweigen ist zustimmen - und somit wäre nicht nur unsere Gesellschaft, sondern unsere Demokratie gefährdet.


    Wo gefährdet die fragwürdige Aussage über die nationalsozialistische Beschäftigungspolitik unsere Demokratie? Das ist weder Relativierung
    noch Revisionismus, nur ein Pamphlet eines senilen, verklärten Senioren. Bedenklich finde ich es, daß unserer Polizei bei Aussagen wie "Bomber Harris, do it again" oder "Deutschland muß zerstört werden", scheinbar die Hände gebunden sind, gleichwohl es sich bei diesen, auf jeder AntiFa-Demo nachzulesenden Aufforderungen ganz klar um einen Strafbestand handelt, da das Fortbestehen der Bundesrepublik und ihrer Wertestruktur infrage gestellt wird. Die gespaltene Zunge läßt grüßen, derartige Aussagen sind nicht minder bedenklich. Wen schert's? Niemand.


    Zitat

    Na, weil du es einfach so darstellst, dass Rechtspopulisten genau deshalb gewählt werden, wenn die Bevölkerung mit den anderen Politikern unzufrieden ist, oder gleich gar nicht zur Wahl gegangen ist.


    Ist es denn verwunderlich, daß es den Leuten stinkt? Ist es verwunderlich, daß die Menschen nach 'Hartz IV', PSG, PDS und WaSG wählen? Ist es verwunderlich, daß es den Leuten gegen den Strich geht, wenn Minister, die übrigens nebenher in den Vorständen großer Unternehmen sitzen, von 42 - 50-Stunden-Wochen sprechen? Ist es verwunderlich, daß die Bürger alternativ wählen, wenn sie aus ihrem Betrieb geschmissen werden, keine Arbeitsmöglichkeiten bekommen und am nächsten Tag in der Zeitung lesen, daß die Manager wieder fett abkassiert haben? Ist es verwunderlich, daß die Menschen protestieren, wenn Clement von 'zivilen Ungehorsam' spricht und damit, zumindest auf theoretischer Grundlage das freie Versammlungsrecht hinterfrägt? Ist es verwunderlich, daß die Menschen alternativ wählen, wenn sie von den Einheitsparteien gleichermaßen ausgesaugt werden? Nein!


    Deshalb frage ich nochmal: liegt der Fehler beim Rechts- oder Linkspopulisten oder bei den etablierten Parteien?


    Zitat

    Da sind dann die Grenzen der Demokratie erreicht, wenn durch offensichtliche "Demokratie" Menschen wie Hitler an die Macht kommen - einen Hitler hätte es nicht gegeben, wäre die Wahlbeteiligung nicht so aus Protest gering gewesen.


    Eine Diksussion über die Machtergreifung verliefe zu müßig. Gesagt sei nur, daß Hitler einige Verfassungsschwächen konsequent ausgenutzt hatte und die Vertreter der Großindustrie hinter sich scharen konnte, von den Fehlern der Deutschnationalen will ich erst gar nicht sprechen [Zähmungskonzept]. Geschichte ist ein Kind ihrer Zeit, der Unmut über den Pariser Vorortfrieden ist nachvollziehbar, auch wenn das den Verlauf der Geschichte nicht rechtfertigt. Ungerecht, daß Hitler die nachträglichen Erfolge Brünings auszehren konnte. Ein Vergleich zwischen Weimar und der Bonner beziehungsweise Berliner Demokratie ergibt sich, da wir einen völlig anderen verfassungsrechtlichen (ausgebügelte Fehler), gesellschaftlichen, geschichtlichen und wirtschaftlichen Hintergrund haben.


    Zitat

    Jeder, absolut jeder Bürger, ist dazu verpflichtet, die Werte der Demokratie aufrechtzuerhalten und zu schützen.


    Wir dürfen nicht über rechtsextreme Äußerungen, rassistische, antisemitische Art, hinwegsehen, und sagen "das ist halt Demokratie" und ist doch Sache des Staates ...


    Sonst ist die wahre Demokratie nicht mehr intakt.


    Es ist Sache des Staates. Als Bürger hat man einzig die Möglichkeit, sich für oder gegen die Partei auszusprechen, zu engagieren (Gegendemos). Mehr nicht! Verbieten kann nur der Staat, was man allerdings nicht verbieten kann, ist das Recht, das zu wählen, was man wählen will.

  • Zitat

    Es ist Sache des Staates. Als Bürger hat man einzig die Möglichkeit, sich für oder gegen die Partei auszusprechen, zu engagieren (Gegendemos). Mehr nicht! Verbieten kann nur der Staat, was man allerdings nicht verbieten kann, ist das Recht, das zu wählen, was man wählen will.


    Das halte ich nicht für richtig. Wenn nötig, würde ich die Demokratie mit Haut und Haaren verteidigen. Das Volk hat die Macht ... denn um das Volk läuft Angebot und Nachfrage.


    mfg