Sonntagnachmittag

  • Sonntagnachmittag. Sie liegt in ihrem Bett und liest eine Mädchenzeitschrift. Ihr war langweilig, also hatte sie sich für diese Beschäftigung entschieden. Bravo. Sie fühlte sich den ganzen Tag schon unwohl, ein Gefühl, welches von dem schwülen Wetter noch unterstützt wurde. Eine kleine silberne Dose in Herzform steht neben ihr, die hat sie zu ihrem fünften Geburtstag bekommen, von ihrem Vater. Gelangweilt spielt sie daran herum während sie die gleiche Textpassage zum dritten, zum vierten, zum fünten Mal durchliest. Was stimmt nicht mit dem Tag?
    Sie hört jemanden die Treppe hinaufrennen, sie sieht ihre Türe aufschwingen. Ihr Bruder steht in der Tür, er sieht geschockt aus, erschrocken, gar nicht so wie sonst. Keine Selbstsicherheit, kein Fels in der Brandung. Was stimmt nicht mit dem Tag?
    Er redet auf sie ein. In der Schweiz sei es passiert, ganz plötzlich, erzählt er. Sie fängt an zu zittern, sie presst das kleine silberne Herz an sich. Es ist kalt. Wo ist die Hysterie, wo sind die Tränen? Sie weiß jetzt, was mit dem Tag nicht stimmt. Wozu ist denn der Vater Arzt, wenn er sich selbst nicht helfen kann? Aber das ist die Tücke an Herzinfarkten, sie kommen plötzlich, manchmal ohne sich anzumelden, manchmal am Sonntagnachmittag.

    "Statt dessen wollten sich alle, die Flügel hatten, und die, die keine hatten, ins Unendliche erheben, über die Wolken, um zu suchen was dahinter lag.
    Die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren, nach dem, was hinter dem Leben verborgen war."

  • Ich freue mich natürlich auch über Kommentare. :rolleyes

    "Statt dessen wollten sich alle, die Flügel hatten, und die, die keine hatten, ins Unendliche erheben, über die Wolken, um zu suchen was dahinter lag.
    Die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren, nach dem, was hinter dem Leben verborgen war."

  • also ich fands gut.
    Kurz und aussagekräftig
    aber irgendwie hab ich mir das ganze schon gedacht als du die Herzdose erwähnt hast, weil ich schon mehr von dieser Art Kurzgeschichten gelesen habe. Aber ansonsten gut! ;-)

    Einmal fragte die Liebe die Freundschaft:
    Für was bist du da,wenn es mich gibt?
    Sie antwortete: Um dort ein Lächeln zubringen, wo du eine Träne hinterlässt

  • Ich finde die knappen Andeutungen reizvoll. auch am Ende kommst du nicht mit dem Holzhammer, sondern lässt es vage.
    Wenn ich dir allerdings einen Tip geben darf: es liest sich angenehmer, wenn du dich für eine Zeitform entscheidest und diese konsquent nutzt. (Sie liegt im Bett und ihr war langweilig)
    Liebe Grüße,
    Antje