Moderne Zeiten (Kurzgeschichte)

  • Die Idee zu dieser Kurzgeschichte ist mir gekommen, als ich den Schreibwettbewerb zum Thema Kommunikation gesehen habe.


    Leider habe ich noch keine 50 Posts und werde diese bis zum Ende des Wettbewerbs auch nicht zusammen bekommen. Da die Geschichte aber schon in meinem Kopf war, wollte sie auch aufs Papier. Ich hoffe, es ist für euch i.O., wenn ich sie dafür hier jetzt poste.


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    „Haben Sie mal einen Moment für mich Zeit?“
    Zum wievielten Mal hörte er diese Frage heute? Zum dritten, vierten Mal?
    Nein, er hatte keine Zeit, woher auch? Aber was nützte es? Schlimm genug, dass er selbst nicht voran kam, dann musste er wenigstens seinen Mitarbeitern helfen.
    „Eigentlich nicht, aber ich nehme sie mir. Worum geht’s denn?“, rutschte er mit seinem Stuhl zu dem kleinen Besprechungstisch neben seinem Schreibtisch rüber.
    Erleichtert ließ sich die Mitarbeiterin ihm gegenüber nieder und begann ihr Problem zu schildern.


    Das Zuhören fiel ihm schwer. Gedankenverloren fasste er sich an die Stirn und stieß dabei mit dem Ellbogen an die Maus. Der Bilderschirmschoner verschwand und dahinter verriet Outlook in fetten Lettern die Zahl ungelesener mails: 21. Seit heute morgen. Während er am linken Rand seines Blickfeldes die Zahl der roten Ausrufezeichen abzuschätzen versuchte, musste er im Vorschaufenster darunter entsetzt feststellen, dass ein 200-seitiges Fachkonzept darauf wartete, bis übermorgen von ihm geprüft zu werden.
    „Hallo? Hören sie mir noch zu?“
    „Ähm ja, natürlich.“
    Nun klingelte auch noch das Telefon. Die Rufnummernanzeige verriet, dass eine Kollegin aus dem Vertrieb nach ihm verlangte. Nicht jetzt. Wohltuend, das Klingeln verstummen zu hören. Weniger angenehm dagegen die Anzeige im Display: Elf entgangene Anrufe. Wieder einer mehr.
    Die Mitarbeiterin war mit seiner Auskunft zufrieden und verließ das Büro, als Outlook mit einer Terminerinnerung auf das schon vor fünf Minuten begonnene Meeting hinwies. Auch das noch.
    Eine Präsentation, was auch sonst. Wenigstens schön ruhig, dachte er sich. Der Raum war abgedunkelt, die Klimaanlage säuselte leise vor sich hin, der Vortrag war –wie nicht anders zu erwarten- langweilig. Eigentlich wäre ihm danach gewesen, die Augen zu schließen und ein wenig vor sich hinzudösen. Doch da waren noch die 21 ungelesenen mails.
    Also holte er seinen BlackBerry raus und begann zu lesen. Die Unhöflichkeit gegenüber dem Vortragenden störte ihn schon lange nicht mehr. Machte ja jeder so. Wie sollte man der Informationsflut sonst auch Herr werden?
    Irgendwann ging das Licht wieder an und die Zahl der ungelesenen mails war auf neun gesunken. Halt, nein, ein kurzes Aufblinken und es waren wieder zehn. Konnte nicht einmal Schluss sein?
    Das Meeting war reine Zeitverschwendung. Auf dem Weg zurück ins Büro bimmelte der BlackBerry in seiner Sakkotasche. Es gab einfach kein Entkommen.


    Zwölf ungelesene mails, 15 unbeantwortete Anrufe und schon blickte wieder ein Mitarbeiter um die Ecke seiner Bürotür. „Wann hätten sie denn mal einen Augenblick Zeit für mich?“
    Er atmete tief durch und versuchte ruhig zu bleiben. „In einer halben Stunde, ja? Ich komme auf sie zu.“
    Genervt zog er den BlackBerry aus der Sakkotasche und knallte ihn auf die Schreibtischplatte. Dabei zog er einen kleinen weißen Zettel mit heraus. Er war leicht zerknüllt, sein Rand zackig, als wäre er von einem größeren Stück Papier abgerissen worden.


    Gedankenverloren faltete er das Papier auseinander.
    13 ungelesene mails und das Telefon klingelte. Doch das war jetzt nicht wichtig. Wichtig war nur die krakelige Kinderhandschrift auf dem Zettel:


    Papa, ich habe dich lieb...

  • Gute Idee, (noch) etwas holprige Umsetzung.


    Solche Sätze wie
    zu dem kleinen Besprechungstisch neben seinem Schreibtisch
    solltest Du überarbeiten. Zweimal -tisch liest sich unelegant, hemmt den Fluß.


    Auch "BlackBerry" kommt im letzten Abschnitt deutlich zu oft vor. Hier könnte man mit anderen Begriffen arbeiten, Smartphone oder ähnliches, um die Wiederholungshäufigkeit einzudampfen.


    Die Textformatierung, besonders die Abschnittaufteilung finde ich nicht sehr geschickt gewählt. Da würde ich einige Abschnitte zusammenlegen und dabei deutlich straffen. Das Gehetztsein des Protagonisten kann man auch anders deutlich machen, als immer wieder auf ungelesene Mails zu verweisen.


    Wie gesagt, an sich schon stimmig, aber noch mit viel Verbesserungspotential.


    Gruss,


    Doc

  • Wow, Doc, solche Worte aus deinem Munde (ich kenne ja deinen Anspruch), das ist ja fast... ein Lob :-) Zumindest betrachte ich es mal als solches ;-)


    Du hast recht, da sind zwei Absätze beim Übertragen reingeraten, die da nicht reingehören (EDIT: Habe sie jetzt mal rauseditiert). Und der doppelte Tisch ist mir auch aufgefallen, aber keine rechte Alternative eingefallen.


    Ansonsten... nu ja, es ist ein wenig autobiographisch und mich hetzen halt besonders die mails... Ich mag grundsätzlich auch keine Produktbezeichnungen in Geschichten... aber die Schwarzbeere... o.k. die Bezeichnung ist vielleicht noch nicht ganz so in den täglichen Sprachgebrauch übergegangen wie Fön oder Tempo.