Joyce Carol Oates - Zombie

  • Zombie von Joyce Carol Oates Roman :fingerhoch


    Handlung:


    In diesem Roman nimmt Oates sich der wahren Geschichte des Serienmörders Jeffrey Dahmer an, der seine Opfer bekanntermaßen sorgsam zerlegt hat und sich sogar als Menschenfresser versuchte. In Zombie erhält der Leser Einblick in das Gehirn eines vergleichbar "entarteten" Menschen. Ein einziger dramatisierter Monolog erzählt die Geschichte des 31-jährigen Quentin P., der als Sohn einer Akademikerfamilie in einer Universitätsstadt in Michigan aufgewachsen und gerade wegen eines homoS.e.x.uellen Vergehens zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist.


    Nicht alle seelischen Nöte Quentins sind ungewöhnlich und gesellschaftlich teilweise durchaus akzeptabel: Er mogelt sich um diverse Therapieversuche herum und verbringt sein Leben in einem Nebel aus Alkohol und Drogen. Eine weit verbreitete Verhaltensweise von Großstadtbewohnern erhebt er zur Religion: Schau nie jemand in die Augen. Doch dann treibt er es zu weit. Er richtet sein ganzes Streben darauf, einen Zombie zu erschaffen, ein geistloses, ihm völlig ergebenes Wesen, dass sowohl seine sadistische Ader wie auch sein Bedürfnis nach Liebe befriedigt. Zu diesem Zweck greift er schon einmal zum Eispickel, und Oates seitenlange Schilderungen können es an Unbarmherzigkeit problemlos mit American Psycho aufnehmen.


    Meine Meinung: :yikes


    Super und genial abartig. Das richtige für SerienkillerFans wie mich. Liebe es in die Abgründe von kranken Seelen zu schauen. Und dies ist im dem vorliegenden Buch zweifelsohne möglich. Man erlebt mit Quentin mit, wie in ihm der Gedanke eines ihm hörigen Zombies Gestalt annimt und ich muss ehrlich sagen, man spürt beimLesen wirklich seine Erreung und fiebert fast seinem Ziel mit entgegen.Er wirkt nicht unsymphatisch, was sicherlich durch den kindlichen Schreibstiel und seine teilweis obszöne Sprache geschieht. Ich schüttelte den Kopf nicht über diesen kranken Menschen sondern mochte ihn nach ein paar Sätzen sogar. Die Gedanken die in seinem Kopf schwirren sind sicherlich krankhaft, keine Frage, aber es ist einfach interessant wie seine Denkvorgänge entstehen. Es ist nix für schwache Nerven, da auch geschildert wird, was mit Leichen anstellt. Die Sätze sind kurzgehalten und somit nicht zu langezogen so dass es einen nerven könnte. Sehr angenehm zu lesen.
    Da so etwas wirklich heutzutage geschieht ist es sicherlich nicht schlecht es in so einer Romanform zu verarbeiten und zu veröffentlichen.

  • Joyce Carol Oates ist eine vielseitige Autorin, die schon eine Menge an Themen behandelt und oft über die amerikanische Gesellschaft geschrieben hat. Ich habe Zombie noch nicht gelesen, aber wenn ich es günstig finde, werde ich es mir zulegen.
    Ich hoffe schon seit langen auf eine Joyce Carol Oates-Leserunde.

  • Die Banalität des Bösen


    “Nicht, dass Junie MICH kennt. Nicht, dass irgendwer im Universum MICH kennt.“


    Quentin P. ist ein Sadist. Ein Serienmörder. Ein moralisch verwerfliches, nicht tragbares Mitglied einer Gesellschaft. Er ist einfach nur ein böser Mensch, lebt isoliert, zurück gezogen, hemmungslos seinen homosexuellen Neigungen fröhnend als Hausmeister in einem Mietshaus. In den Augen seiner Großmutter ist er der liebe, nette Junge, der ihr einmal pro Woche den Rasen mäht. In den Augen seiner Mutter ist er immer noch der kleine Junge, der an ihrer Brust trinkt. In den Augen seines Vaters ist er ein Versager.
    Quentin kann jede Rolle einnehmen, jede. Er bezieht selbst keine. Er agiert nie moralisch, nie emotional. Dargestellt ist er fast nur als Triebwesen, rastlos, immer auf der Suche nach einem jungen Mann, den er zu seinem Zombie machen kann, abhängig von ihm, von seinen Gelüsten und Wünschen, ohne eigene Meinung, eigenes Leben, eigene Träume und Gedanken. Nur für ihn lebend, atmend, denkend. Quentin sucht sich diese Menschen, er betäubt sie, missbraucht sie, tötet sie, unterzieht sie grausamen Operationen, Lobotomien, um ihnen die Fähigkeit zu nehmen eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Die ‚Versuchspersonen‘ sterben immer; er beschäftigt sich nur mit ihrer Entsorgung, um sich kurz darauf ein neues Opfer zu suchen.


    “Sieh zu, dass das Licht in dir nicht Finsternis sei“ (Lukas 11, 35)


    Das Erschreckende an diesem Szenario ist nicht der Mord, ist nicht die Beschreibung der ablaufenden „Operationen“, die Joyce Carol Oates dem Leser durch ihre präzise und sehr direkte Sprache nahe bringt, ohne ein Detail auszusparen, sondern die Banalität der Idee hinter Quentins Plan: Die Suche nach einer Person, die nur für ihn lebt und liebt. Eine Person, die ihm zuhört, ihn Wünsche erfüllt, ihn als das nimmt was er ist. Nicht als Geschichte eines Versagens, wie sein Vater. Nicht als bloßes Kind, noch finanziell abhängig vom Elternhaus wie seine Mutter. Als kleines Brüderchen ohne viel Zukunft wie seine Schwester. Es soll eine Persönlichkeit sein, die ihn als menschliches, emotionales Wesen wahrnimmt, ohne ihn aufgrund seiner Sexualität und seines Charakters abzuwerten. Dass dafür eine Lobotomie notwendig ist, fest verankert in den Gedanken Quentins, um ihn als liebenswertes und gutes Mitglied einer Gesellschaft anzuerkennen, könnte man als die eigentliche Tragik dieser Figur beschreiben. Und doch… Mitleid kann man nicht empfinden.
    Er handelt als Täter geplant, überlegt, scharfsinnig und unmoralisch. Seine Figur ist ohne emotionale Tiefe, was die Autorin beachtlicher weise durch die Form des Monologes darzustellen weiß. Quentins Notizen sind lapidar, auf das Wesentliche konzentriert, ohne viel Schnörkelei direkt und ehrlich. Er reflektiert weder sein Handeln noch wird er durch eine dritte Instanz von Außen in Form einer anderen Sichtweise zu ihm verurteilt. Er ist eine auf Handlung ausgelegte Figur, keine denkende oder fühlende.


    Und das macht dieses Buch spannend. Der Leser wird zum Voyeur der Taten; er verurteilt Quentin. Man wirft in Unmoralität vor, Grausamkeit und Sadismus gegenüber seinen unschuldigen Opfern. Man wirft ihn vor das Leben anderer zu zerstören, ihnen das Allerheiligste zu nehmen: Ihr Recht auf Leben. Und hierin liegt die ganze Stärke dieses Buches. Der Stil von Joyce Carol Oates ist nicht emotional, nicht leidenschaftlich, geradezu abgehackt und trocken. Sie moralisiert nicht, das überlässt sie dem Leser. Sie verurteilt nicht, das überlässt sie dem Leser. Sie stellt dar, sie referiert förmlich über das gescheiterte Lebend des Quentin P., aber bei aller Beschreibung bleibt sie doch als moralische Instanz immer im Hintergrund und ermöglicht dem Leser so einen Einblick in die Gedankenwelt eines Sozipathen. Dieser Einblick lässt einen das Blut in den Adern gefrieren, wenn man sich drauf einlässt. Bei mir haben die Beschreibungen nicht nur Ekel ausgelöst, wenn Quentin P. seine Opfer einen Eispickel unter das Augenlid stieß, um den Bereich des Gehirns zu verletzen, der für die Gefühle zuständig ist; ich habe mich auch als strenger Beobachter empfunden, als Zuschauer, als Voyeur ohne Stimme, der am liebsten schreien, helfen, abhalten würde, aber es nicht kann. Mit dieser Hilflosigkeit ist man konfrontiert. Eine der Stärken dieses Buches, aber auch etwas, was mich abstößt, was mich ehrlich gesagt etwas zitternd zurück lässt.


    Joyce Carol Oates weiß Charaktere darzustellen, mit denen man fühlen kann, obwohl sie nicht fühlen. Mit denen man reuen kann, obwohl sie nicht reuig sind. Dieses Buch entwickelt geradezu einen Sog aus Spannung, Unterhaltung, aber auch Angst und einen Gefühlsaufschwung. Und das bei einer sehr lapidaren, prägnanten, emotionslosen Sprache.

    Nicht nur der Mensch sollte manches Buch,
    auch Bücher sollten manchen Menschen öffnen.
    (Martin Gerhard Reisenberg, *1949)

  • Originaltitel: Zombie
    210 Seiten



    Meine Meinung:
    Ein Psychogramm, wie ich es bis jetzt noch nicht gelesen habe. Auf der einen Seite unvorstellbar, aber auf der anderen Seite leider auch wieder sehr realistisch.


    Es ist in der Ich-Form geschrieben aus der Sicht des Serienmörders Quentin. Er ist 31 Jahre alt und möchte sich einen Zombie schaffen, der nur auf ihn hört und das macht, was er sagt. Dazu sucht er sich immer wieder Jünglinge aus, die ihm ganz besonders gut gefallen. Da ihm der Zombie aber nicht so gelingt, wie er es gerne hätte, ist der Verschleiß an Jünglingen dementsprechend groß.


    Faszinierend finde ich, dass er trotzdem noch so gescheit ist und bewusst alle an der Nase herumführen kann. Er weiß genau wie er es anstellen muss, um nicht aufzufallen und alle in seiner Umgebung würden bezeugen, dass er ein lieber, gefälliger und hilfsbereiter Mensch ist. In Wirklichkeit aber ist er ein brutaler Serienkiller.


    Es ist natürlich auch harter Tobak, also zart besaitet sollte man nicht sein, weil es teilweise doch heftig zur Sache geht, aber es ist ja ein dünnes Büchlein mit etwas größerer Schrift und kurzen Kapiteln, welches sich rasch lesen lässt. Auf jeden Fall ein interessantes Psychogramm.

  • Ich habe das Buch heute innerhalb von ca. eineinhalb Stunden gelesen.
    Die Kapitel sind sehr kurz, das Buch hat nur 210 Seiten und die Schrift ist relativ groß.
    Es war interessant, hinter die Fassade eines Serienkillers zu schauen! Allerdings fand ich es jetzt nicht unbedingt so grausam, wie es in den vorangegangenen Rezis geschrieben wurde.
    Das Buch hat meiner Meinung nach auch keinen wirklichen Sinn bzw. keinen tiefsinnigeren Hintergrund.
    Ein schnelles Buch für Zwischendurch.


    Von mit gibts 7 Punkte!