Leon de Winter - Place de la Bastille

  • Titel: Place de la Bastille
    Autor : Leon de Winter
    Verlag : Diogenes
    Erschienen: März 2008
    Seitenzahl: 160
    ISBN-10: 3257236697
    ISBN-13: 978-3257236699
    Preis: 8.90 EUR


    Der Klappentext schreibt folgendes zu diesem Buch: „Paul de Wit hat eine Obsession. Er möchte die Geschichte korrigieren. Vor allem die seiner Familie. Ausgerechnet auf der Place de la Bastille meint er seinen totgeglaubten Zwillingsbruder entdeckt zu haben. In ihm flammt die wahnwitzige Hoffnung auf, sich doch noch mit seiner Geschichte versöhnen zu können.“


    Viel sagt der Klappentext nicht über das Buch aus. Er wird diesem Buch nicht gerecht. Die 160 Seiten dieses Buches sind eine literarische Kostbarkeit. Für mich eines seiner besten Bücher, wenn nicht sogar sein bestes Buch. Immer wieder beschäftigt sich Leon de Winter mit seiner jüdischen Vergangenheit und mit der Deportation der holländischen Juden. Seine Hauptperson Paul de Wit, Sohn deportierter und in Auschwitz ermordeter Juden macht sich auf die Suche nach seinem vermeintlichen Zwillingsbruder, es ist aber mehr eine Suche nach sich selbst, nach den Gründen seiner Unzufriedenheit, nach den Wurzeln seiner Vergangenheit.


    Leon de Winter schreibt sehr einfühlsam ohne jedoch in peinliche Kuschelprosa zu verfallen. Als Leser hat man den Eindruck, als gebe der Autor hier ein Stück von sich selbst. Er öffnet sich, er gestattet den Lesern einen tiefen Einblick in seine Seele. Wiedereinmal hat der Diogenes-Verlag ein beeindruckendes Buch herausgebracht und ist auf der nach oben hin offenen Qualitätsskala wieder ein gewaltiges Stück nach oben gerutscht.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Der geschichtsträchtige Platz in Paris, der an die französische Revolution erinnert, spielt metaphorisch wie mittelbar eine wesentliche Rolle in de Winters frühem Roman, der 1981 entstanden und erst vor kurzem in Deutschland veröffentlicht worden ist. Das recht kurze Buch erzählt von Paul de Witt, einem Erdkundelehrer in Amsterdam, der auf der Recherchereise für ein Buchprojekt Pauline begegnet, einer jungen Französin, mit der er eine intensive Affäre beginnt. Während der zwei Wochen in Paris entsteht auf dem Place de la Bastille ein Foto, auf dem Paul später seinen verloren geglaubten Zwillingsbruder zu erkennen meint. Fortan ist Paul nicht mehr der selbe. Seine Frau Mieke regt ein halbes Jahr später, als der Ehemann sein Leben erkennbar schleifen lässt, an, er möge die Reise doch wiederholen, um das Buchprojekt beenden zu können. Wieder begleitet ihn Pauline, und Paul wird von dieser Reise nicht zurückkehren.


    Ich bin ein großer Verehrer von de Winters Romanen, aber diesem Frühwerk fehlt so gut wie alles, was seine späteren Bücher ausgezeichnet hat. Die Geschichte wirkt verfahren, nachgerade verheddert, kann sich nicht entscheiden, erzählt zuweilen an der eigenen Thematik - was wäre passiert, wenn - weit vorbei. Das Buch müht sich um Reife, um reflektierende Distanz, wirkt aber immer nur larmoyant, manchmal aufgesetzt, dann unstrukturiert und ist insgesamt, leider, ziemlich langweilig. Muss man haben, um die Sammlung zu vervollständigen, aber alle anderen de-Winter-Bücher sind deutlich besser.