Verlag: Dva (Februar 2008)
Originaltitel: Seven Types of Ambiguity
Aus dem Englischen von Matthias Jendis
Handlung:
Seit zehn Jahren kommt Simon nicht über den Verlust seiner großen Liebe hinweg - und begeht eine aberwitzige Tat: Er entführt den kleinen Sohn seiner ehemaligen Freundin. Die Entführung, vielleicht nur ein Akt der Verzweiflung, löst einen Skandal aus und zwingt alle Beteiligten, ihr Leben auf den Prüfstand zu stellen. Ein großer Roman über die Gründe und Abgründe der Liebe; über emotionale, politische und moralische Konflikte, und über die hoffnungslose Suche nach der Wahrheit, die immer mehr als eine Seite hat.
Zehn Jahre liegt ihre Trennung zurück, und sie haben sich nie wiedergesehen. Aber Simon, der Intellektuelle, der Getriebene, der Literaturliebhaber, der Romantiker, kann seine große Liebe nicht vergessen. Anna indessen hat längst ihre eigene Familie. Sich in die unerwiderte Liebe hineinsteigernd, schleicht Simon immer öfter um Annas Garten und ihr Haus - bis er eines Nachmittags auf die aberwitzige Idee verfällt, ihren kleinen Sohn zu entführen. Ist es die aus Verzweiflung geborene Tat eines Liebeswütigen? Der Wunsch, Aufmerksamkeit zu erregen? Obwohl die Entführung bereits nach wenigen Stunden glimpflich endet, hat sie tiefgreifende Folgen und zwingt alle Beteiligten zu einer grundlegenden Neubewertung ihres Lebens und ihrer Welt. Sieben Figuren kommen in diesem »unbedingt lesenswerten« Roman (The New York Times) zu Wort: Simon, sein Psychotherapeut Alex Klima, Anna, ihr Mann Joe, eine Prostituierte namens Angelique, ein Kollege Joes und schließlich die Tochter Alex Klimas. Sieben Blickwinkel, sieben Versionen: sieben Seiten der Wahrheit.
Über den Autor:
Elliot Perlman wurde 1964 geboren. Er praktizierte als Anwalt, bis er sich nach dem Erfolg seines ersten Romans („Drei Dollar“, DVA 2009) ausschließlich dem Schreiben widmete. Perlmans literarisches Werk erhielt zahlreiche Preise; sein erster Roman wurde verfilmt. Perlman wurde von der französischen Literaturzeitschrift „Lire“ als einer der zukünftigen Klassiker der Weltliteratur ausgezeichnet. „Sieben Seiten der Wahrheit“ ist sein zweiter Roman; der dritte ist in Arbeit. Elliot Perlman lebt heute in Melbourne.
Zum Übersetzer:
Der 1959 geborene Übersetzer Matthias Jendis hat schon Patrick O´Brian, Patricia Highsmith, Alice McDermett, Herman Melville u.a. übersetzt.
Meine Meinung:
In diesem Roman des australischen Autors Elliot Perlman wird in 7 Teilen in ebenso vielen Perspektiven die Geschichte des sensiblen, arbeitslosen Lehrers Simon erzählt, der sich in die Liebe zu einer verheirateten Frau so hineinsteigert, dass er ihren kleinen Sohn entführt. Schnell wird er gefasst, es geht im folgendem um die Auswirkungen der Entführung auf die Beteiligten wie den Eltern, Simons Haft und die Verhandlung vor Gericht.
Ein unspektakuläres Buch, das vom Leser zunächst Durchhaltevermögen fordert. Doch die Dialoge und der leise, unpathetische Stil sind gut gemacht. Nach einigen hundert Seiten kommt man besser in das Buch hinein und wird von der Handlung gefangengenommen.
Die werbeträchtige Floskel, Perlman sein der nächste Klassiker halte ich für etwas übertrieben, da der Erzählstil schlicht gehalten ist.
Andererseits erlaubt gerade dieser gewählte Stil dass der Leser Zugang zu den seelischen Verfassungen der Menschen in diesem Roman gewinnt. Die Wahrnehmungen der geschilderten Ereignisse sind in der Tat sehr unterschiedlich bei den vielen Personen, sei es Simon selbst, Anna, die Mutter des entführten Jungen oder sein Vater. Eine der stärksten Perspektiven ist die der Prostituierten Angelique, die mit Simon befreundet war und von der Polizei im ungerechtfertigten Verdacht der Beihilfe zur Entführung steht und sehr hart verhört wird.
Simons Gerichtsverhandlungen, bei der er von einer guten Anwältin vertreten wird, sind realistisch und doch spannend geschildert.
Auch viele literarische Diskussionen, die der belesene Simon mit vielen Personen des Romans führt, sind gelungen, oft sogar witzig und zeigen nebenbei auf einfache Art und Weise die Probleme, die Simon besitzt und ihn in Konflikte mit seinen Bekannten bringt. Im Gefängnis liest Simon Gedichte eines türkischen Lyrikers, die der Autor geschickt in den Roman eingebracht hat.
Die sieben Seiten der Wahrheit ist ein leises, wunderbares Buch, manchmal sperrig und mit 860 Seiten viel zu lang und dennoch faszinierend zu lesen.