Was wäre passiert hätte die Wiener Kunstakademie über Hitlers Aufnahme damals anders entschieden ?
Dieses Gedankenexperiment ist die Basis von Schmitts Roman Adolf H.
“Adolf H., bestanden”. Kurz: Er wird Student an der Kunstakademie, arbeitet an sich, erfährt Anerkennung, macht eine Psychotherapie und lernt die Liebe kennen. So gewappnet kann er auch das Leid und die schweren Prüfungen seines Lebens unbeschadet überstehen, bleibt eine normaler Mensch.
Parallel dazu erzählt Schmitt die reale Geschichte Hitlers, seinen Werdegang, literarisch aufgearbeitet. Natürlich nimmt er sich auch hier einige künstlerische Freiheiten, bleibt aber doch im Rahmen relativ nahe bei den Fakten. Die beiden Handlungsstränge wechseln sich stets ab, so das Hitler und der fiktive Adolf H., die natürlich anfangs noch sehr ähnlich sind, Stück für Stück auseinanderdriften und in völlig unterschiedliche Richtungen gehen. Das macht den Spannungsbogen des Buchs aus und diese Entwicklungen wurden auch von Schmitt sehr gekonnt in Szene gesetzt. Besonders hervorzuheben die Beschreibungen des ersten Weltkriegs aus beiden Perspektiven, die doch sehr nahe gehen. Hier entwickelt sich Hitler zu dem Monster Hitler. Auch Adolf H. kehrt nicht als der selbe Mensch von der Front zurück…
An der Person Hitlers wurde nichts beschönigt, oder verharmlost, wobei ich mir sicher bin, dass dies ein Punkt ist an dem sich die Geister scheiden werden. Es ist ja immer quasi ein Tabubruch von Hitler als Menschen zu sprechen, was er aber nun mal einfach war. Er symbolisiert hier allgemein das Böse, das in jedem Menschen wohnt. Natürlich möchte man diese Seite des Menschen lieber als einmalige Perversion, als Unfall der Natur darstellen, der nicht mehr wiederholbar ist und weist das Monster weit von sich. Doch das jeder Mensch unter gewissen Umständen ein Hitler hätte werden können, das wollte Schmitt vermitteln. Und: nur vor dem was man verstanden hat, vor dem ist man wirklich gefeit.
Mit Adolf H. wollte Schmitt quasi das Gegenstück zum Evangelium nach Pilatus schreiben. Ein Buch über das Böse. Er hat sich beim Schreiben sehr glaubhaft in die Psyche Hitlers hineinversetzt auch wenn er ihn nach eigenen Angaben nach einer gewissen Zeit kaum noch ertragen konnte und seinen Tod herbeisehnte. Mit Adolf H. jedoch rührt er an die Menschlichkeit und einige starke Momente des Buchs lassen einen schon sehr emotional werden.
Für mich eine tolle Idee und eine gelungene Umsetzung. Vielleicht mit kleineren Mängeln im Aufbau der Story, die Schmitt aber mit vielen wertvollen Gedanken wieder wett macht.