ZitatOriginal von Booklooker
War heute morgen schon so müde, weil ich einfach nicht aufhören konnte...
Tschuldigung ...
:keks, also ich meine: Kaffee?
ZitatOriginal von Booklooker
War heute morgen schon so müde, weil ich einfach nicht aufhören konnte...
Tschuldigung ...
:keks, also ich meine: Kaffee?
Zur Aufmachung des Buches wurde schon alles gesagt, was ich nur unterschreiben kann. Das Buch ist sehr ansprechend gestaltet - hätte ich mich nicht aufgrund des Leserunden-Threads hier zum Lesen entschieden, wäre mir das Buch sicher auch so in einer Buchhandlung ins Auge gesprungen. Und ja, ich hätte es gekauft (tatsächlich habe ich schon ein Exemplar verschenkt, obwohl ich das Buch noch gar nicht bis zum Ende gelesen habe).
Die Karte vorn ist eine tolle Idee. Dass sie etwas klein geraten ist, wurde ja auch schon angemerkt. Vielleicht hätte eine "Ausklapp-Seite" geholfen (Fachausdruck fällt mir grad nicht ein, ich hoffe, es kapiert trotzdem jemand, was ich meine). Aber das finde ich nicht tragisch. Sie reicht so wie sie ist allemal, um einen Eindruck zu bekommen.
Schon die Anfangsszene ist sehr lebendig. Die Protagonistin kommt auf Anhieb sehr sympathisch rüber. Indem Sympathie aufgebaut wird und gleichzeitig schon Schwierigkeiten aufgezeigt werden, mit denen die Sympathieträgerin kämpfen muss, wird gleich zu Beginn Spannung erzeugt. Man möchte wissen, wie es weitergeht, fiebert schon früh mit. Sehr schön!
Zwei Dinge haben mich in diesem ersten Abschnitt schon besonders beeindruckt:
- die Figurendarstellung
- die Art, Informationen einzuflechten
Die Figuren sind vielschichtig, keine zweidimensionalen Pappkameraden. Das gilt auch für Juliane, die in manchen Situationen wider Willen vor dem Meister kuscht (es bleibt ihr dann auch nichts anderes übrig), sich aber auch hier und da ihre Freiheiten stiehlt. Sie ordnet (fast) alles dem großen Ziel unter, selbst die Goldschmeidekunst auszuüben. Sie ist fleißig, eifrig, zielstrebig - nur scheinbar ein Widerspruch zu dem, was manche Vorredner hier als Naivität bezeichneten. Schließlich ist auch sie den Zwängen der damaligen Gesellschaft unterworfen, hat viele Regeln und Normen permanent eingetrichtert bekommen und kennt es gar nicht anders. Insofern ist sie - trotz überwiegendem Gehorsam - mutig und fast schon rebellisch.
Auch Friederike sucht sich ihre Möglichkeiten des Protestes und der kleinen persönlichen Siege. Sie leidet unter ihrem Mann, ja, aber ich sehe keine Frau, die nur klaglos duldet und schwach ist. Sie gibt auch schon mal Widerworte, sie gibt an Bedürftige, obwohl sie weiß, dass ihr Mann dagegen ist, ... Diese Frau ist nicht schwach, auch wenn sie viele Träume begraben hat.
Und auch Drentwett ist vielschichtig und nicht nur ein gefühlskalter Grobian. Das dringt immer mal wieder ganz zart durch. Und zeigt sich auch darin, dass viele Leser hier trotz seiner durchaus hassenswerten Art Mitleid mit ihm empfinden.
Kurz und gut: Die Figuren sind lebendig. Ganz dicker Pluspunkt!
Wie schon erwähnt gefällt mir ebenfalls besonders gut, wie Hintergrundwissen und Informationen zu Orten oder Figuren eingeflochten werden. So etwas finde ich persönlich extrem schwer. Die Gefahr ist, dass man lange Beschreibungen einbaut, die aus der Handlung und dem Lesefluss reißen. Das hat Sina Beerwald definitiv nicht gemacht. Die Informationen schwingen fast beiläufig mit oder Hintergründe ergeben sich zwangsläufig aus der Handlung. Was auf diese Art an Wissen über die Zeit, die Gesellschaft, die Stadt und das Goldschmiedehandwerk transportiert wird, ist erstaunlich. Man taucht wirklich ein, sieht die Straßenzüge, die Häuser, die Kleidung der Menschen förmlich vor sich. Man sieht Juliane mit einem feinen Hämmerchen im Licht des Feuers Silberplatten bearbeiten, bis sich nach und nach die Formen eines Trinkbechers herauskristallisieren. Zu jeder Zeit hat man das Gefühl, dabei zu sein, "dran" zu sein. Toll!
Die Sprache passt zum Thema und der Zeit. Auch das gefällt mir sehr gut. Nur zwei Mal hatte ich das Gefühl, dass ein Bruch vorliegt, dass die Sprache zu modern und umgangssprachlich ist. Das betraf aber nur jeweils ein bis zwei Sätze, beide Male im Dialog zwischen Juliane und Friederike (zwei verschiedene Dialoge). Aber zwei Sätze auf etwa 100 Seiten ... Wahrscheinlich stolpert kaum jemand drüber.
Fazit bis jetzt: Absolut lesenwert, ein toller Roman, interessant, spannend, lebendig. Ich freue mich sehr auf die nächsten Seiten.
Ich hinke wohl ein klein wenig hinterher...
Die Aufmachung des Buches ist toll. Auch wenn ich es etwas schwierig finde, einen Stadtplan mit einem Knick in der Mitte zu lesen.
Von Anfang an war ich von der Geschichte gefesselt. Interessant finde ich diese kursiven Passagen am Ende eines Kapitels. Ich überlege schon die ganze Zeit, von dem die stammen könnten
Das ist wirklich ein Punkt, den die Autorin für spätestens für weitere Bücher klären sollte, solch ein Plan gehört hochauflösend auf die eigene Homepage, damit man ihn studieren kann.
ZitatAlles anzeigenOriginal von Sina
Tschuldigung ...
:keks, also ich meine: Kaffee?
Jaja - lach du nur...
Heute morgen war ich wieder müde... Alles klar?
ZitatOriginal von Tanzmaus
Auch wenn ich es etwas schwierig finde, einen Stadtplan mit einem Knick in der Mitte zu lesen.
Auf die Qualität des Stadtplans hatte ich leider keinen Einfluss ... Die Vorlage war sehr gut und ich ahnte nicht, dass die Qualität durch die Verkleinerung so leidet. Als Trost kann ich dir, wie eingangs schon mal irgendwo erwähnt, nur anbieten, einen heutigen Stadtplan von Augsburg zur Hand zu nehmen, wenn du magst. Denn die Straßenführung hat sich im Stadtkern so gut wie gar nicht verändert - ich bin mit einem Stadtplan aus dem 18. Jahrhundert durch die Gassen gelaufen und habe das überprüft, auch wenn mich ahnungslose Passanten dabei schief angeschaut haben
ZitatOriginal von Booklooker
Heute morgen war ich wieder müde... Alles klar?
Kam ein guter Film im Fernsehen?
ZitatOriginal von katzano
Und ja, ich hätte es gekauft (tatsächlich habe ich schon ein Exemplar verschenkt, obwohl ich das Buch noch gar nicht bis zum Ende gelesen habe).
Das ist ein tolles Kompliment, vielen Dank!
Herzlich willkommen in der Leserunde, liebe katzano! Dein Feedback ist professionell geschrieben, ich freue mich, dass du dir die Zeit dafür nimmst und noch mehr, dass dir die Goldschmiedin bislang so gut gefällt! Jetzt schleiche ich mich mal wieder ganz verlegen aus dem Fred ...
ZitatOriginal von Sina
Kam ein guter Film im Fernsehen?
Wer sagt, denn dass ich nicht vom fernsehen müde war...
Nee, ich verkneif mir das Fernsehgucken zur Zeit... Irgendwie läuft da immer das gleiche - ausser Dr. House, den muss ich gucken...
Ich bin nicht verloren gegangen und unterdessen natürlich schon einige Tage weiter. Jetzt geht es aber erstmal durch meine gelben Zettel. Historisch sehr interessant fand ich die „Stadt wie im Spiegel“ (S. 54), also die Doppelbesetzung der Ämter nach Religionen und später die Sache mit den Winkeltaufen. Man könnte einfach darüber lächeln, aber als meine Oma (evangelisch) Anfang des letzten Jahrhunderts meinen Opa (katholisch) geheiratet hat, gab es einen Riesenaufstand.
Sehr schön und vor allem treffend finde ich die Beschreibungen, dass Philipp Drentwett, während er immer schlechter sieht, immer besser hört.
ZitatUnd doch hatte er gerade zum ersten Mal den schabenden Klang wahrgenommen. Ein feines Zischeln wie beim Schleifen eines Messers.
Julianes Widersacher bringt ganz schön Spannung in die Sache. Ein Satz, wie der folgende, ist doch einfach gruselig:
ZitatAlles, worüber du dich freust, werde ich mit einem Lächeln im Gesicht
zerstören.
(S. 78)
Spaß machen mir Sätze, wie „trat all ihre Wut in den Boden“ oder „Ihre Unsicherheit formte zitternde Linien um ihre Mundwinkel.“ Das ist kurz und sehr treffend, wie ich finde.
LG
Kirsten
ZitatOriginal von Solas
Man könnte einfach darüber lächeln, aber als meine Oma (evangelisch) Anfang des letzten Jahrhunderts meinen Opa (katholisch) geheiratet hat, gab es einen Riesenaufstand.
Das war bei meinen Großeltern auch so, noch dazu kamen sie aus zwei miteinander verfeindeten Dörfern. Gibt es derart ausgeprägte Dorf-Rivalitäten heutzutage eigentlich auch noch?
Ich weiß nicht. Davon gehört habe ich.
Mein Vater ist übrigens damals ganz rasch von seiner katholischen Verwandtschaft aus dem Kindbett entwendet und getauft worden, damit Oma nicht auf dumme Gedanken kommt.
ZitatOriginal von Sina
Das war bei meinen Großeltern auch so, noch dazu kamen sie aus zwei miteinander verfeindeten Dörfern. Gibt es derart ausgeprägte Dorf-Rivalitäten heutzutage eigentlich auch noch?
Oh, ich kenne ein Dorf (dort wohnen meine Eltern), in dem es ganze zwei Straßen und etwa 30 Häuser gibt. Die Alteingesessenen unterscheiden selbst in diesem winzigen Nest zwischen Ober- und Unterdorf. Und sogar zwischen diesen beiden Dorfteilen herrscht Rivalität ...
Edit: Bisschen viel "sogar" ...
zum Thema "König Philipp":
ZitatOriginal von Primavera
Ich dachte zuerst, dass nur seine Ehefrau ihn heimlich so nennt. Aber anscheinden fühlte er sich selbst auch so bzw. gefiel ihm die Rolle ganz gut.
ZitatOriginal von Booklooker
NATÜRLICH gefällt ihm das gut. Erst dachte ich, er wäre sauer, aber dann hat er sich diesen Diwan gekauft.... DAS passt ja wie die Faust aufs Auge.
Ich bin da etwas unschlüssig, wie Drentwett selbst das empfindet.
Einerseits fühlt er sich wohl zweifelsfrei geschmeichelt, das glaube ich bei ihm zu spüren. (Männliche Eitelkeit eben! :chen)
Hört er den Spott dabei gar nicht raus? Oder tut er das sehr wohl, schluckt's aber runter, ist dabei aber etwas bitter, gerade angesichts seines Erblindens?
Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt, aber es beschäftigt mich irgendwie...
ZitatOriginal von Solas
Historisch sehr interessant fand ich die „Stadt wie im Spiegel“ (S. 54), also die Doppelbesetzung der Ämter nach Religionen und später die Sache mit den Winkeltaufen.
Das war mir total neu, aber ich fand's sehr spannend, darüber zu lesen!
ZitatMan könnte einfach darüber lächeln, aber als meine Oma (evangelisch) Anfang des letzten Jahrhunderts meinen Opa (katholisch) geheiratet hat, gab es einen Riesenaufstand.
So lange ist das je nach Region noch nicht her.
Als meine Tante (Katholikin aus Kroatien) meinen Onkel (protestantischer Schwabe) in den 1960ern heiratete, wollte sie das unbedingt katholisch tun. Mein Onkel dachte aber nicht daran, zu konvertieren - was den katholischen Kirschenmenschen derart erboste, dass er die beiden nur dann trauen wollte, wenn sie ihm hoch und heilig versprachen, die geplanten Kinder katholisch taufen zu lassen.
(ich weiß nicht genau, ob die Geschichte stimmt, das war doch einige Jahre vor meiner Ankunft; zumindest wurde sie so kolportiert und so habe ich sie auch aufgeschnappt).
ZitatOriginal von Sina
Gibt es derart ausgeprägte Dorf-Rivalitäten heutzutage eigentlich auch noch?
ZitatOriginal von katzano
Die Alteingesessenen unterscheiden selbst in diesem winzigen Nest zwischen Ober- und Unterdorf. Und sogar zwischen diesen beiden Dorfteilen herrscht Rivalität ... Wow
auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt abschweife: yep, kenne ich auch. Ich komme aus so einer.
Villingen - immer badisch und katholisch.
Schwenningen - immer württembergsich und evangelisch.
Beide haben über die Jahrhunderte gestritten, sich bekriegt und einander die Kirchenglocken geklaut.
1972 wurden sie gegen erheblichen Widerstand in der Bevölkerung administrativ zur Doppelstadt zusammengefasst. Doch spitze Bemerkungen der jeweilis anderen Seite und die mit lauerndem Unterton vorgebrachte Frage "kommen Sie nun aus Schwenningen oder aus Villingen?" gibt's bis heute. Eigentlich unglaublich
Hochinteressant, was ihr da berichtet, sowohl was die gemischt-konfessionellen Eheschließungen betrifft, als auch die bis heute existierenden Dorf-Feindschaften.
Zitatein Onkel dachte aber nicht daran, zu konvertieren - was den katholischen Kirschenmenschen derart erboste, dass er die beiden nur dann trauen wollte, wenn sie ihm hoch und heilig versprachen, die geplanten Kinder katholisch taufen zu lassen.
Da hat sich wohl seit dem 18. Jahrhundert nichts verändert ... Zu diesem Thema übrigens ein sehr interessantes Buch, das auf Quellenstudien beruht:
François, Etienne: Die unsichtbare Grenze. Protestanten und Katholiken in Augsburg 1648-1806 (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg, Bd. 33) , Sigmaringen 1991
ZitatNicole
wenn sie ihm hoch und heilig versprachen, die geplanten Kinder katholisch taufen zu lassen.
Nun ja, das mußte er sich lt. Kirchenrecht wohl auch versprechen lassen. Das hat sich erst als Folge des Konzils geändert. Auch heute ist das m. W. noch so, daß der katholische Partner zusagen muß, daß die Kinder katholisch erzogen werden. Allerdings - und jetzt kommt das Wesentliche - gibt es einen Zusatz der da lautet: "soweit das in Ihrer Ehe möglich ist." Sowas würde ich "Gummiparagraph par Exzellence" nennen. Denn wenn es nicht möglich ist, geht es eben nicht, und das das Versprechen wurde dennoch nicht gebrochen.
@ Sina
Danke für den Literaturhinweis!
Wenn ich so sehe, was Historiker so alles zusammentragen und zusammenfassen, möchte ich immer nur: machen!
@ SiCollier
das hätte ich jetzt nicht gedacht, dass das bis heute so ist!
Mir kommt das so - unzeitgemäß vor...
Danke für die Erläuterung!
@ Nicole
Nun ja, ich bin von diesem Passus ja auch betroffen, drum hatte ich mich (allerdings vor etlichen Jahren, als das Thema für mich aktuell war) damit befaßt.
Wenn man die Sache mal nüchtern und unvoreingenommen betrachtet, muß eine Religion/Konfession gewisse Ansprüche, Behauptungen und Wahrheits- und Ausschließlichkeitsansprüche stellen, sonst wird sie in sich unglaubwürdig. ("Mein Glaube ist der wahre, aber eventuell ist Deiner auch wahr" - das funktioniert nicht, weil man damit seine eigene Position soweit infrage stellt, daß sie in sich zusammenfällt. Letztlich kommt es auf das praktische Leben an. Und eben auf so kleine, aber feine und wichtige "Nebensätze" wie: soweit das in ihrer Ehe möglich ist.)
Ufff, jetzt habe ich erst mal alle Postings gelesen und es wurde ja wirklich schon alles beleuchtet.
Ich habe das Buch als WB bekommen - Sina hat es auch schon signiert - und finde es von der Aufmachung her als TB auch wirklich toll und gelungen.
Sehr gut finde ich auch die Bibelzitate zum Kapitelbeginn.
Die Geschichte selbst fesselte mich von Anfang an. Die einzelnen Personen sind sehr gut dargestellt, so daß man sich gleich mittendrinim Geschehen fühlt.
... und sogleich zurück zum Buch
ZitatOriginal von Richie
Ufff, jetzt habe ich erst mal alle Postings gelesen und es wurde ja wirklich schon alles beleuchtet.
Ja, wir waren schon eine etwas größere Wohnzimmerrunde - ich musste mich vor allem erst einmal an den Unterschied zu einer realen Lesung gewöhnen. Normalerweise liest nur einer und die anderen hören bestenfalls zu
Aber so ist es um so interessanter und ich freue mich, dass du auch noch dazu gekommen bist
Mittlerweile ist mit den Postings ein zweiter Roman entstanden, den du hier zur Goldschmiedin vorfindest Ich werde mir das alles am Ende der LR ausdrucken und nochmal in Ruhe und am Stück durchlesen, dann habe ich eine tolle Bettlektüre
ZitatOriginal von Richie
... und sogleich zurück zum Buch
Viel Spaß ...