Nehmen wir mal an, Kurt Beck ließe sich morgen zum Kanzler krönen

  • :wave  Tom :


    Ich denke das hat was mit der Ebene zu tun auf der gearbeitet wird. Man kann es sicher nicht wirklich vergleichen, aber ich sehe es hier in der Firma, wie der kleine Angestellte versucht seinen Job gut zu machen und ab einer gewissen Ebene hat man das Gefühl, daß die Herren und Damen morgens auf den Briefkopf schauen, bei welcher Firma sie gerade angestellt sind.
    Manchmal hat man das Gefühl, daß das Gespür für das Ziel des Jobs mit dem Erreichen höherer Hierachieebenen verloren geht, auch bei Politikern. Aber das ist wieder ein anderes Thema....


    Ich denke in der Lokalpolitik sind sehr viele Parteimitglieder mit viel Engagement bei der Sache, ich hab das jetzt erst bei uns im Ort erlebt, als die Grünen von Haustür zu Haustür gelaufen sind und ihre freien Abende damit verbracht haben, politisch aktiv zu sein, für eine Sache, die relativ aussichtslos schien (aber immerhin haben sie es geschafft, daß wir jetzt einen anderen Bürgermeister haben :-))


    Aber ich will mich da auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, ich kann schlecht den Job eines Menschen, bzw. einen Menschen selbst einschätzen, wenn ich a) den Menschen nicht kenne und b) seinen Job noch nie gemacht habe.


    Wie war das sinngemäß bei den Indianer: Du kannst einen Menschen nicht beurteilen, bevor Du nicht eine Weile in seinen Schuhen gelaufen bist.


    Den Spruch fand ich immer schon sehr passend.....

  • Zitat

    Original von Whisky
    Muss denn eine Partei unbedingt regieren wenn sie über keine Mehrheit verfügt?


    Nicht unbedingt, aber wenn sie eine Mehrheit zusammenbringt, sollte sie es tun.

    Zitat

    Original von Whisky
    Ist denn eine gute Oppositionsarbeit nicht genauso wichtig?


    Nein.

    Zitat

    Original von Whisky
    Muss man sich prostituieren um jeden Preis, nur um am Futtertrog der Macht sich fett und rund zu fressen?
    Sollte sie sich nicht besser der Mitte, statt dem Rand, öffnen?


    Den polemischen ersten Teil beantworte ich nicht, zum zweiten Teil der Frage: Meiner Meinung nach: Nein. Lieber eine klare Richtung und eine anständige Opposition dagegen als dieses Wischiwaschi in der großen Koalition.


    Zitat

    Original von Whisky
    Ich setze sie nicht gleich.
    Ich halte sie für weitaus schlimmer und gefährlicher.


    Ich nicht.


    Zitat

    Original von Whisky
    In anderen Ländern steht die Linke auch nicht für diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
    Nur weil ein Anderer wonders eine Dummheit macht, muss ich sie nicht auch begehen, ich bin kein Lemming.
    Vergessen so viele in Deutschland so schnell die Unterdrückung, die Morde?? Das wäre nicht lächerlich, sondern fatal.
    Haben wir wirklich nichts gelernt? Mir graut davor!


    In der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik ist dieses schnelle Vergeben und Vergessen bereits praktiziert worden. Hat die Demokratie dadurch einen ernsthaften Schaden genommen? Der Sinn von Vergangenheitsbewältigung besteht aus meiner Sicht auch nicht darin, rückwärtsgerichtet den Übeltätern von damals ans Zeug zu flicken, sondern für Bedrohungen sensibel zu werden, die durch das Aufkommen antidemokratischer Tendenzen entstehen. Diese Gefahr sehe ich nicht, wenn die SPD mit der Linken zusammenarbeit. Es gibt andere Tendenzen in der Politik, die ich beobachte, vor denen es mir graut.

  • Hallo, Arter.


    Zitat

    Der Sinn von Vergangenheitsbewältigung besteht aus meiner Sicht auch nicht darin, rückwärtsgerichtet den Übeltätern von damals ans Zeug zu flicken, sondern für Bedrohungen sensibel zu werden, die durch das Aufkommen antidemokratischer Tendenzen entstehen.


    :write


    Der Sinn von Strafverfolgung besteht auch nicht, obwohl viele Menschen das so verstehen oder sogar glauben, darin, den Tätern eine Strafe zukommen zu lassen, die im Verhältnis zur Tat steht, also die Tat "angemessen zu sühnen". Das war früher so, und es ist in einigen Ländern immer noch so, etwa in Teilen der USA - die Todesstrafe ist eine "Maßnahme", die diesem Prinzip genügt, Auge um Auge usw. Viele Nationen sind dazu übergegangen, Bestrafung nicht mehr zuvorderst als Sühnemaßnahme zu verstehen, sondern als erzieherische, die eben auch (re-)sozialisierenden Charakter haben soll. Straftätern wird dieserart - häufig allerdings zum Ärger der Opfer und/oder deren Angehöriger - eine zweite Chance eingeräumt.


    Ähnlich gehen Gemeinschaften vor, die einen Abschnitt ihrer Geschichte als falsch erkannt haben und versuchen, sich vor der Wiederholung dieses Fehlers zu schützen. Das tun sie nicht, indem sie alle "Mittäter" aussondern und bestrafen, sondern auf anderer Ebene, durch Prävention und die Veränderung von gesellschaftlichen Strukturen - wozu auch das Verbot von Parteien gehört, aber auch das Recht der Betroffenen, sich zu ändern. Das ist natürlich auch problematisch und nicht immer von Erfolg gekrönt, trägt aber dem Umstand Rechnung, das mancher Mensch nicht über den Willen, die Stärke und moralische Kraft verfügt, sich "richtig" zu verhalten, wofür die Ursache häufig nicht nur bei diesem Menschen, sondern auch in den Umständen zu suchen und zu finden ist. Im Rahmen der Wiedervereinigung hätte es wenig genützt, alle auch mittelbar "Tätigen" in Sippenhaft zu nehmen und dieserart einen Teil der Bevölkerung der ehemaligen DDR zu ächten. Zudem war die Nuß, die die ehemaligen DDRler zu knacken hatten, hart genug.

  • Sorry, aber wenn einer meiner Angehörigen durch einen feigen Schuss in den Rücken getötet worden wäre, würde ich ALLES daransetzen, auch noch dem kleinsten Rädchen im System ans Zeug zu flicken.


    Es geht nicht nur um Sühne; es geht auch darum, den Hinterbliebenen und Geschädigten das Gefühl zu geben, ihr Leiden wird respektiert.

    Receive what cheer you may- the night is long that never reaches the day (Willy Shakespeare)

  • Hallo, Lisbonlioness.


    Wir haben in einem etwas älteren Thread darüber gesprochen, wie intensiv sich Opfer von Straftaten (oder "ungerechten" Systemen) oder deren Angehörige wünschen, daß die Täter angemessen bestraft werden. Natürlich gibt es Menschen, die nach einem solchen Erlebnis von Haß und Zorn beherrscht werden und sich nichts sehnlicher wünschen, als ein möglichst hartes Schicksal für den/die Täter. Nach meiner eigenen Erfahrung - direkt (mein kleiner Bruder ist von einem betrunkenen Autofahrer überfahren worden) wie indirekt (ich bin seit dreieinhalb Jahren Schöffe - hält sich dieses Verhalten in der Realität aber in Grenzen, gilt bestenfalls für eine kleine Minderheit. Die meisten Opfer wollen einfach überhaupt nichts mit dem Täter zu tun haben, sie haben genug Probleme damit, die Folgen der Taten zu bewältigen. Nicht selten gehen Opfer langfristig geschädigt aus Straftaten hervor, haben mit Ängsten zu kämpfen und ganz allgemein damit, ihr Leben wieder zur Normalität zu führen. Was mit den Tätern geschieht, ist den meisten nicht so wichtig, denn was auch immer ihnen als Strafe zuteil wird - es ändert nichts am Geschehen, heilt keine Wunden, macht nichts wieder besser. Dieser Rachgedanke wird vor allem von Leuten gedacht, die dieses "Problem" abstrakt angehen und - glücklicherweise - noch keine diesbezüglichen Erfahrungen gemacht haben.


    Davon abgesehen. Es gibt bei gesellschaftlichen Vorgängen immer Kollateralschäden. Natürlich ist nicht angemessen mit den Opfer des DDR-Regimes umgegangen worden. Das liegt auch an den sehr praktischen Entscheidungen, die vor siebzehn Jahren getroffen wurden. Fraglos war einiges, was im Rahmen der Wiedervereinigung geschehen ist, schreiend ungerecht.