Ich habe das Buch vor ein paar Tagen ausgelesen und muss sagen, es hat mich ein wenig verwirrt zurückgelassen. Ich lese schon gerne ab und zu mal erotische Literatur und es darf darin auch gerne härter zur Sache gehen. Nach dem ersten Abschnitt des Buches handelte es sich für mich auch noch um ein Buch, dass auf gewisse Weise erregend wirkt (und "zur Sache" ging es in jedem Fall sehr heftig, auch wenn dieses Buch frei von bösen Wörtern ist, so ist diese normale, fast schon nüchterne Sprache doch viel aussagekräftiger als in den anderen Büchern dieses Genres, die ich bisher gelesen habe). Dann aber wandelte es sich mehr und mehr zu einem Buch, dass mich viel mehr bewegt als erregt hat. Die erotische Handlung als solche trat in den Hintergrund und O's Gefühlswelt nach vorne.
Ich habe dann ein bisschen über Pauline Réage und über die Geschichte um dieses Buch recherchiert und habe dort die Traurigkeit, Verlustangst und die (gewollte) Abhängigkeit wiedergefunden, bzw. konnte verstehen, warum sie O so handeln und denken lässt. Trotzdem hat es mich vor allem das Ende...das gestrichene Kapitel, sowie der alternative Schluß... in trauriger Grundstimmung das Buch schließen lassen. (Der Film von 1975 hat übrigens ein "Happy End", das mir fast besser gefiel als die beiden alternativen Enden des Buches, allerdings wohl eher deshalb, weil ich O das Glück gegönnt habe, ihre Verlustangst ablegen zu können.)
Der nachträglich geschriebene Schluß "Rückkehr nach Roissy" hat mir dann gar nicht mehr gefallen, es passt überhaupt nicht zum ursprünglichen Buch. Vor dem Text stand in meiner Ausgabe des Buches ein Kommentar von Pauline Réage, dass es sich absichtlich um einen Abstieg handeln würde und dieses Ende niemals mit in die "Geschichte der O" einzubeziehen wäre. Sie hat dieses Ende auch erst geschrieben/veröffentlicht als Jean Paulhan, dem das Buch als Liebesbrief gewidmet war, bereits tot war. Ich habe mich dann ehrlich gefragt, warum? Vielleicht hätte mir da die arte-Dokumentation weitergeholfen, die ich sehr gerne gesehen hätte. Schade, ich bin ja auch immer an Hintergrundfakten interessiert.
Punkte möchte ich für das Buch keine verteilen, obwohl es mich berührt und bewegt hat. Ebenso fand ich es streckenweise durchaus erotisch und kann mir ebenso lebhaft vorstellen, dass es 1954 einen Skandal ausgelöst hat, aber mich hat hier mehr der Hintergrund hinter dem Buch beschäftigt als die Geschichte selbst, deshalb geht mir eine Bewertung hier völlig ab.