Little Miss Undercover, Lisa Lutz, Originaltitel „The Spellman Files“, Übersetz. Patricia Klobusiczky, Kiepenheuer Verlag, Berlin, 2008, ISBN 978-3-378-00685-0, 16,95 €
Zur Autorin: (lt. Klappentext)
Lisa Lutz ist Anfang dreißig, wuchs im Süden Kaliforniens auf und studierte in Leeds und San Francisco. Neben verschiedenen Gelegenheitsjobs arbeitete sie auch für ein Detektivbüro (das nicht ihren Eltern gehörte) und schrieb Folgen der populären Comedy-Serie „Plan B.“ Momentan lebt sie in Seattle.
Meine Meinung:
Sie sind eine eigenartige Familie, die Spellmans. Und das liegt sicher nicht daran, dass die Eltern, Olivia und Albert Spellman, eine Detektei betreiben. Aber es hat zumindest etwas damit zu tun. Die Spellmans haben drei Kinder: Sohn David, hat es vorgezogen nicht im elterlichen Gewerbe zu arbeiten, ist Anwalt geworden, mischt sich aber trotzdem immer wieder ein, die ältere Tochter Isabel, Ende zwanzig, konnte sich noch nicht von Elternhaus und Detektei trennen und arbeitet im Familienunternehmen, die 14-jährige Tochter Rae ist mit dem Familienunternehmen so verwachsen, dass sie schon kräftig mitmischen will, obwohl sie noch zur Schule geht. Daneben gibt es auch noch Onkel Ray, der nach einer überstandenen Schwersterkrankung sein Leben mit Alkohol- und Spielexzessen feiert und durch gelegentliches Verschwinden seine Lieben immer wieder in Sorge stürzt und beschäftigt. Den Spellmans ist aufgrund ihres Berufes nichts mehr heilig – und schon gar nicht das Intimleben der eigenen Familie. Beschattungen sind zu ihrer zweiten Natur geworden und so schrecken die Geschwister Spellman schon in jungen Jahren vor nichts zurück, wenn sie die eigentlich normalen Streitigkeiten zwischen Geschwistern austragen. Als Olivia und Albert Spellman jedoch ihre Jüngste Rae beauftragen, ihre Schwester Isabel und deren aktuellen Freund auszuspionieren, ist für Isabel der Gipfel erreicht und sie will aus dem elterlichen Unternehmen aussteigen – doch sie hat die Rechnung ohne Rae, Ray und ihre Eltern gemacht...
Lisa Lutz ist mit „Little Miss Undercover“ ein wunderbar schräges, höchst amüsantes Buch gelungen. Wenn sich die Spellmans gegenseitig das Leben schwer machen, ist das komisch, und auch wenn ihre Einfälle bösartig klingen, sind sie alles andere als bösartig gemeint, sondern sind Ausdruck einer tiefen Liebe und Verbundenheit zueinander. Dennoch ist zweifellos jeder froh, nicht in dieser Familie aufgewachsen zu sein.
Lisa Lutz Roman trägt auf dem Titel die Klassifizierung „ein Familienroman“. Ich würde eher sagen, es ist ein witziger, teils absurder Roman über eine Familie; die klassischen Erwartungen an einen Familienroman erfüllt Lisa Lutz schräge Komödie sicher nicht. Erzählt wird die Geschichte der Spellmans von Isabel in Szenen, zum Teil in Retrospektiven, die mit witzigen, schlagfertigen Dialogen durchsetzt sind.
Der deutsche Titel „Little Miss Undercover“ weckt zu Unrecht Erinnerungen an den Film „Miss Undercover“ mit Sandra Bullock, meines Erachtens passt der Originaltitel „The Spellman Files“ sowohl besser zum Inhalt als auch zur Erzähltechnik des Romans.
„Little Miss Undercover“ ist eine Komödie voller schrägen, schwarzen Humors, bei der ich mich herrlich amüsiert habe. Die liebenswerten, aber abgedrehten Spellmans erinnerten mich an eine Mischung aus Addams Familiy, aber weniger morbid, John Irvings Familie Berry und Al Bundys Familie, aber deutlich intelligenter. Zum Lachen bin ich beim Lesen dennoch nicht gekommen: ich hatte einfach keine Zeit dazu, ich musste doch lesen, um zu wissen wie es weiter geht... Ich freue mich schon auf den nächsten Band, der im amerikanischen Original unter dem Titel "Curse of the Spellmans" im März 2008 erscheinen wird.
10 von 10 Punkten