Geisterfahrer – Tom Liehr

  • Verlag: Aufbau Tb, Februar 2008, 330 Seiten


    Handlung laut Rückseite:
    Das Leben kommt immer von vorn.


    Als der frühere DJ Tim Köhrey endlich zu sich kommt, ist es fast zu spät – Berlin ist weit weg, die große Liebe längst vorüber, und seine Zukunftsaussichten sind trübe: Provinzleben, Reihenhaus, zerrüttete Ehe. Doch dann kehrt er zurück in die neue Hauptstadt und sucht nach dem Glück seiner Jugend.


    Eine rasante Geschichte über verpasste Chancen, Liebe, Freundschaft und die goldenen Achtziger – frei nach dem Motto:
    Das Leben ist zu kurz, um einfach davor wegzulaufen.



    Über den Autor:
    Siehe Büchereulen-Autorenportrait:
    Liehr, Tom [mit Interview]
    Autorenhomepage: www.tomliehr.de


    Meine Meinung:
    Die Geschichte Tim Köhreys beginnt mit dem Tod seiner Eltern, als er sechs Jahre alt war und anschließend zu Pflegeeltern kam. Dieser Bruch in seinem Leben wird auch seine künftige Entwicklung prägen, denn obwohl seine Pflegefamilie nett zu ihm ist, empfindet er doch eine deutliche Distanz, die ihn ausgrenzt und mehr zum Beobachter werden lässt. Nach ein paar Jahren erfolgt ein Umzug von Hannover nach Berlin, eine Stadt die Tims wahre Heimat werden könnte. Er trifft mit Kuhle einen Freund fürs Leben und erlebt mit Melanie die erste Liebe. Diese Nebenfiguren, konsequent aus Tims Blickwinkel dargestellt, sind beeindruckende Nebenfiguren.


    Tims Entwicklung steht im Einklang mit den Zeiten, den späten Siebzigern und die Achtziger Jahre, voller Matchboxautos, Donald Duck, Neue Deutsche Welle usw. Zum Glück wird diese Methode der Erzeugung von Zeitkolorit nicht übertrieben.
    Mir gefällt, wie Tom Liehr die Merkwürdigkeiten dieser Zeiten betont ohne sie zu verhöhnen oder das damalige Lebensgefühl der Lächerlichkeit preiszugeben.
    Viele Kapitel schließen mit dem Nennen der jeweiligen Nummer 1 Hits zu der Zeit, die einen wirklich erschütternd fragwürdigen Musikgeschmack Deutschlands in den Achtzigern erinnern lassen, aber auch meistens einen inhaltlichen Bezug beinhalten.


    Tom Liehr schont seine Figuren nicht. Die Mitglieder von Tims Pflegefamilie verändern sich nicht gerade zum positiven,


    Nach gut 100 Seiten erreichen wir 1989 und damit wird fast eine andere Welt eingeleitet.
    Tim wirkt desillusioniert. Die Schauplätze wechseln schnell von Bordellen zu Discos mit Auftritten als DJ.


    Und dann im dritten Teil erreichen wir das Heute mit einem Katzenjammer über die verloren geglaubte Zeit und einem Privatleben im Scherbenhaufen. Als Tim etwas über Melanie und Kuhle hört, macht er sich auf die Suche nach seinen Freunden. Die Handlungsfülle nimmt noch einmal richtig zu, als er viele alte Bekannte wieder trifft.
    Der Leser erlebt Tims Gefühlsschwankungen hautnah und realitätsnah mit und kann sich dem intensiven Erleben von Tims Emotionen kaum entziehen.


    Wenn schon Vergleiche zu Autoren gerade bei Tom Liehr beliebt sind, dann möchte ich aufgrund des Lesegefühls und der Songtitel, die eine große Rolle für den Protagonisten spielen, gerne den amerikanischen Autoren Jonathan Lethem und seinen Roman „Die Festung der Einsamkeit“ nennen. Neben einem musikalischen Bezug und einer inhaltlichen Vergleichbarkeit des frühen elterlichen Verlusts ihres Protagonisten teilen sich die Autoren auch eine stilistische Komik mit melancholischen, aber unpathetischen Unterton.


    Geisterfahrer besitzt eine hohe Emotionalität, Witz und Dramatik. Sehr zu empfehlen

  • Da ich schon Idiotentest klasse fand wollte ich Geisterfahrer auch haben. Doch leider gibt es das im Moment nicht.... so neu und schon nicht lieferbar.... :fetch

    Manchmal ist es besser durch Schweigen den Eindruck von Inkompetenz zu erwecken, als durch Reden letzte Zweifel daran auszuräumen.


  • Hallo, Earthling.


    Amazon hinkt offenbar allen anderen Online-Versendern hinterher, jedenfalls sind sie die einzigen, bei denen das Buch nicht aus dem Sortiment lieferbar ist - weiß der Geier, warum. Es gibt zwar fast 60 Marketplace-Anbieter, die "Geisterfahrer" über Amazon liefern können, aber bei Amazon selbst kann man derzeit nicht einmal vorbestellen. Bei bol, booxtra, libri, Thalia, Hugendubel usw. ist es längst lieferbar. Ich habe deswegen schon beim Verlag nachgefragt. Wird sich aber sicher dieser Tage ergeben. Ansonsten dürfte es inzwischen auch in so gut wie jeder Buchhandlung vorzufinden sein.

  • Danke für die Info. Wieder mal zu früh getobt. Man sollte erst mal alle Möglichkeiten ausschöpfen. In meiner Buchhandlung angerufen, haben es da und ich habe es grade abgeholt. :grin

    Manchmal ist es besser durch Schweigen den Eindruck von Inkompetenz zu erwecken, als durch Reden letzte Zweifel daran auszuräumen.


  • Habe es heute auch problemlos in meiner Buchhandlung erstanden.


    Ich hatte es bei amazon vorbestellt und als sich da nichts tat, habe ich die Bestellung storniert. Jetzt liegt es auf dem Leserunden-SUB :-).

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • @Sigrid: Amazon ist der einzige Onliner, der noch nicht direkt liefern kann. Dabei haben die, sagt mir der Verlag, schon in der vergangenen Woche mehrere hundert Exemplare bekommen. Vermutlich ein Fehler bei der Datenpflege. Der Verlag hat schon Kontakt aufgenommen. Sehr ärgerlich für die Leute, die schon vor Ewigkeiten vorbestellt haben und das Buch jetzt als letzte kriegen. Hoffentlich noch rechtzeitig zur Leserunde.


    Groupie : Ich freue mich auch sehr auf die Leserunde. :wave

  • Zitat

    Original von Tom
    @Sigrid: Amazon ist der einzige Onliner, der noch nicht direkt liefern kann. Dabei haben die, sagt mir der Verlag, schon in der vergangenen Woche mehrere hundert Exemplare bekommen. Vermutlich ein Fehler bei der Datenpflege. Der Verlag hat schon Kontakt aufgenommen. Sehr ärgerlich für die Leute, die schon vor Ewigkeiten vorbestellt haben und das Buch jetzt als letzte kriegen. Hoffentlich noch rechtzeitig zur Leserunde.


    Groupie : Ich freue mich auch sehr auf die Leserunde. :wave


    Ich habe mein Exemplar heute käuflich bei Thalia erstanden. Der freundlichen Mitarbeiterin von Thalia habe geraten, den Stapel "Geisterfahrer" noch ein wenig besser zu plazieren; an der Stirnseite des Tisches mit den Neuerscheinungen. Da schaut man nämlich in diesem Buchladen zuerst hin. :-) :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Wie, ihr lest das schon? Ich hatte das Buch bei Amazon vorbestellt und habe Anfang Februar die Nachricht erhalten, dass das Buch leider doch erst im April lieferbar sein wird... ?(

  • Als ich das Buch nach 330 gelesenen Seiten aus der Hand legte, gingen mir zwei Gedanken durch den Kopf, obwohl es eigentlich sogar zwei Gewissheiten waren. Der erste Gedanke, die erste Gewissheit war, dass ich dieses Buch unter Garantie irgendwann noch einmal lesen werden. Dieses „Irgendwann“ wird sicher nicht in weiter Ferne liegen. Der zweite Gedanken, die zweite Gewissheit war, dass diese Buch zu den Büchern gehören wird, die bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben.


    Erzählt wird die Geschichte des Tim Köhrey, der im Alter von sechs Jahren seine Eltern bei einem Autounfall verliert. Aufgewachsen in einer Pflegefamilie für die der Begriff „gefühlvolle Beziehung“ nur ein Fremdwort zu sein scheint, findet Tim in „Kuhle“ einen echten Freund. Die beiden verbindet eine tiefe Freundschaft. In der hübschen Melanie findet Tim seine erste große Liebe. Freundschaft und Liebe scheinen dann aber zu scheitern, als sie sich wirklich bewähren müssen. Tim wird dann in einem Kaff in Niedersachsen sesshaft, nachdem er als DJ durch die verschiedensten Clubs getingelt ist. Doch irgendwann kehrt er nach Berlin zurück, die Stadt seiner Jugend. Mehr sei hier über den Inhalt aber nicht verraten.


    In seiner Anmerkungen am Ende dieses Buches bittet der Autor darum, ihm die Frage nach einem eventuellen autobiographischen Hintergrund zu ersparen. Ich muss zugeben, dass gerade diese Frage einem nach der Lektüre des Buches durch den Kopf geht; aber natürlich werde ich der Bitte des Autors nachkommen und ganz einfach nicht fragen, obwohl........


    Vielleicht aber findet man in dieser Geschichte sogar etwas von der eigenen Biographie wieder. Es ist eine Kunst, das Leben so zu beschreiben wie es wirklich ist. Tom Liehr hat mit diesem Buch den Beweis dafür geliefert, dass er eben diese Kunst beherrscht. Er beschreibt ein Leben, wie es wirklich hätte gelebt werden können. Da wirkt nichts konstruiert, da werden die Dinge sehr authentisch beschrieben.


    Beeindruckt hat mich vor allen Dingen die sehr intensive Sensibilität mit der dieses Buch offenbar geschrieben wurde. Gefühlvolle Passagen sind wirklich gefühlvoll und nicht peinlich oder gefühlsduselig. Banalitäten haben in diesem Buch keinen Platz und ehrlich gesagt, war ich etwas enttäuscht, als ich an dem Punkt angekommen war, wo es keine weiteren Seiten zum Lesen gab. Zu vertraut waren einem die handelnden Person in der Zwischenzeit geworden; man hätte sie gern noch wenig weiter begleitet.


    „Geisterfahrer“ für mich die Nummer Eins unter den bisherigen Büchern von Tom Liehr und solange noch solche Bücher geschrieben werden, solange wird man, solange werde ich, die Freude am Lesen sicher nicht verlieren.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Wow, das klingt, als würde Tom immer besser werden. Meine Amazon-Bestellung ist übrigens gestern geliefert worden. Ich bin schon sehr gespannt, werde aber erst mein angefangenes Buch zuende lesen.

  • WOW was für 2 geniale Rezis, ich freue mich auf die Leserunde :-].

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski