Auch ich kann mich der Meinung nicht anschließen, dass die Beiträge in diesem Monat schlecht waren. Da ich aber erst seit Anfang dieses Jahres bei den Büchereulen bin und den Wettbewerb nicht rückwärts verfolgt habe (abgesehen von der Jahresabstimmung 2007), kann ich es natürlich nur im Vergleich zum Januar einschätzen. Im Januar gab es zwar mehr Masse, aber abgesehen von den drei Spitzenplatzierungen war da auch nicht mehr Klasse. Darüber hinaus fand ich im Unterschied zum Januar in diesem Monat keinen einzigen Text so richtig grottig.
Im Vergleich zum Vormonat musste ich festsellen, dass mit der Themenvorgabe doch ziemlich flexibel umgegangen wurde. Das Thema "Grenzen" lädt allerdings auch dazu ein. Als Grenzüberschreitung lässt sich offenbar jede Handlung verkaufen. Aber nun im einzelnen:
Der Bann
Warum nicht ein Märchen? Eine schöne Guten-Abend-Geschichte für meine Tochter vielleicht? Eigentlich schon. Eine phantasievoller Text mit allen Zutaten, die ein Märchen braucht. Leider aber sprachlich ein wenig zu nüchtern. Gut, das sind die Grimmschen Märchen auch - allerdings sind die ja gesammelte Volkserzählungen. Von der Erzählkunst eines Andersen oder Hauff ist der Text dann doch ein ganzes Stück entfernt. Woher die Ansicht kommt, dass ein Mächen mit dem klischeehaften Satz enden muss: "... und wenn sie nicht gestorben sind ..." ist mir schleierhaft. Mir fällt jedenfalls kein Märchen ein, das wirklich mit diesem Satz endet. Und ich kenne sie alle
Erregungsniveau
1000 Mal gelesen? Na und? Schließlich konnte bisher keiner der Vorgänger wirklich plausibel machen, warum es Frauen gibt, die sich aus Liebe prügeln lassen. Alle anderen Erklärungen: Der Kinder zuliebe, der Gesellschaft zuliebe ja auch der finanziellen Sicherheit wegen so etwas zu dulden kann ich irgendwo nachvollziehen. Aber aus Liebe? Kann man jemanden lieben der einen körperlich züchtigt? Dieser Text unternimmt zumindest den Versuch es zu erklären. Er schafft es in ziemlich emotionsloser Erzählweise Emotionen zu transportieren. Die Antwort auf meine Frage bleibt er dann allerdings doch schuldig.
Countdown
Mein Lieblingstext in diesem Monat. Die Idee fand ich großartig. Die sprachliche Umsetzung tadellos. Wenn mich etwas stört - nun ja - auch die Namen der Akteure. Aber das ist wohl Geschmackssache.
Verliebt in den Chef
Dazu fällt mir jetzt wirklich nichts ein. Genauso kontrovers wie die bisherigen Bewertungen ist auch meine eigene Haltung zu diesem Werk
Über den Zaun
Hier geh ich mit Voltaire. Hab es nicht verstanden. Ich weiß nicht, wo dieser Text aneckt. Wenn er etwas bei mir provoziert dann hilfloses Schulterzucken. Da ist die Geschichte von dem heldenhaft verräterischen General. Okay kenne ich. Dann die Geschichte von dieser Terroristin, die zu Hausfrau wird. Gut, kenne ich auch aus der Zeitung. Und dann ist da noch dieses ich, dieser schreibende Strauch mit Dornen und Blüten, der die Frechheit besitzt über den Zaun hinaus zu wachsen. Wie? Was? Vor allem Warum? Tut mir leid diese Metapher bleibt für mich unerschlossen.
Über Reklame, Vertreter und die Anwälte Miriams
Nachdem ich mich an die Namensgebung "Frau K." gewöhnt hatte (hat offenbar nichts mit Kafkas Herrn K. zu tun ...) funktionierte der Text ganz gut. Herrlich witzig, die Schilderung dieser nervenden Klingelterroristen. Die Pointe dann aber ziemlich mau. Deshalb knapp keinen Punkt.
Bösartigkeiten
Ja was ist denn daran bösartig wenn man sich besäuft und im Suff irgendeiner Schabracke an die Wäsche geht? Soll er doch seinen Spaß haben. Vielleicht hört er ja dann mit dieser grässlichen Jammerei auf. Nicht komisch, nicht nachdenklich machend, phrasenhaft geschrieben. Konnte bei mir nich punkten.
Erdbeerzeit
Die 2 Punkte gibts für die geniale Idee. Ich gehe davon aus, dass es sich um eine jüngere Autorin handelt. Sprachlich ist die Geschichte sicher ausbaufähig ... die Frau Merkel hätte ich als Schlusspointe dann auch weggelassen. Aber auf diesen Einfall, muss man erstmal kommen, dass sich die Jeckin unter Drogeneinfluss derart mit ihrem Kostüm identifiziert, dass sie nicht mehr den Unterschied zwischen Realität und Einbildung erkennt? Herrlich schräg.
Der neue Kollege
Lässt sich ja gut an als kleine nette Liebesgeschichte. Aber dann: Sie will nicht weil sie Angst hat dass er untreu ist? Und das bevor überhaupt irgendwas gelaufen ist? Ohjemine ich fürchte sie wird noch ziemlich lange Single bleiben. Aber das hat sie auch verdient. Die Geschichte berührt mich nicht im mindesten.
Rund ist gesund
Wenn die dicke Gaby diese Meinung vertritt, dann bitteschön etwas offensiver von Anfang an und nicht erst nachdem sie gemerkt hat, dass Abnehmen anstrengend ist. Aber nein zuerst muss ich als armer Leser mitleiden wie die arme Gaby von ihrer "Freundin" schikanieren lässt und in die Pedalen treten und Gras fressen muss. Na Gottseidank findet sie das rettende Nusstörtchen, das sie trotzig in sich hineinstopfen kann. Vielleicht klappts jetzt auch mit dem Traummann. Ich werd's wahrscheinlich nicht sein.
Meer
Sollte vielleicht lieber "Mehr" heißen. Das hätte ja eine ganz interessante Geschichte werden können. Leider zu wenig ausgeführt. Da bleibt zuviel im vagen. Ein Fragment.
Mein freier Tag
Zum Abschluss dann nach einigen schwächelnden Texten wieder eine sehr nette Idee. Dass die Engel hier schon öfters aufgetreten sind. muss mich ja nicht stören. Ich fand die Geschichte clever aufgebaut und überraschend aufgelöst. Sympathisch erzählt. Am besten gefiel mir dann beim zweiten Mal lesen dass man das "Gott einen guten Man sein lassen" hier sogar wörtlich nehmen kann. Einen Punkt von mir.