'Der Tribun' - Seiten 124 - 283

  • Hallo Hundefreund!
    Uuups! Hab ich bei der Sammelantwort doch irgendwie vergessen ... tut mir leid!


    Zitat

    Original von Hundefreund
    Ist die Absicht vielleicht die, Cinna in zunehmendem Maße mit den Gepflogenheiten der (in seinen Augen) "Barbaren" vertraut zu machen und glaubwürdig zu schildern, wie er nach und nach gezwungen ist, seine Vorbehalte und Vorurteile aufzugeben und sich der Familie annähert?


    Das erscheint dir ein bisschen wenig, gell? :-)


    Zugegeben, der Tribun lebt nicht von der "action", es wird nicht weit herumgereist, es ging mir mehr um ein detailliertes Bild der Situation, des damaligen Lebens, ein genauerer Einblick in Zusammenhänge. Mir erscheint es unglaubwürdig, wenn eine fiktive Figur schwuppdihui! sich durchsetzt - damit endet ja auch die eigentliche Entwicklung dieser Person irgendwie.


    Wohlgemerkt: Das ist meine Auffassung, die ich niemandem aufzwinge, aber eben für meine Arbeit in Anspruch nehme. :-)


    Liebe Grüße


    Iris :wave

  • So, jetzt bin ich mit diesem Teil durch und hab gleich noch eine Frage:


    Auf Seite 281, als Cinna zu Saldir geht um sich die Schriftrolle anzusehen fragt Saldir: "Wie kann man das lesen?" Und liest sich die Schriftrolle gleich selber mal durch. Wie hat sie die Frage gemeint? Lesen kann sie es ja, wenn auch langsam.


    Gut gefallen hat mir die Stelle, als Cinna Hraban angeboten hat ihm das Kämpfen richtig beizubringen. Hraban hat dann zuerst etwas patzig reagiert, als Cinna ihm erstmal gezeigt hat, wie überlegen er ihm ist. Fand ich interessant, dass er sich erstmal bewusst machen musste, dass sie sich in diesem Moment nicht wie Freunde, sondern wie Feinde benehmen müssen. Dass allerdings Cinna ihm nicht die Hand gab und ihm sagte, dass Hraban lernen müsse ihn zu hassen (auch wenn er das wohl nur auf das Kampftraining bezogen hat) fand ich wiederum etwas überzogen. Auch wenn Cinna trotz der Freundschaft zu Hraban und dem doch langsam recht angenehmen Leben wieder zu seinen Leuten will, könnte er die beiden Dinge doch trennen. Hraban wollte doch damit nur ausdrücken, dass er verstanden hat, dass sie zwar gegeneinander kämpfen, damit er etwas von Cinna lernen kann, aber dass sie trotzdem "Freunde" sind.


    Interessant war auch die Stelle, als das Fest gefeiert wurde und Cinna am Tisch der anderen Männer Platz nehmen durfte. Ich hab mich so mit ihm und den anderen gefreut, dass sie diesen leckeren Hirsch essen und Bier trinken durften. Vor allem, weil Cinna ja nicht damit gerechnet hatte etwas von dem gutem Fleisch zu bekommen.


    Warum ist eigentlich bei diesem Fest Hrabans jüngerer Bruder ein Stück von ihm weggerückt, als Cinna sich zu dem Männern gesetzt hat. "Der Junge rückte ein Stück ab und hieß ihn mit einem stolzen Blick den Kopf senken." Wollte er ihm damit zeigen, dass er trotzdem nur eine Geisel ist und dass er ihn als alles andere als Gleichwertig ansieht? Wie alte ist Inguiomer eigentlich? Ich schätze mal so um die 12. Kommt das hin?

  • Hallo Ronja!


    Zitat

    Original von Ronja
    Auf Seite 281, als Cinna zu Saldir geht um sich die Schriftrolle anzusehen fragt Saldir: "Wie kann man das lesen?" Und liest sich die Schriftrolle gleich selber mal durch. Wie hat sie die Frage gemeint? Lesen kann sie es ja, wenn auch langsam.


    Sie sieht zum ersten Mal ein richtiges Buch - und das ist für ein Kind dieser Zeit sicherlich nicht anders gewesen als für ein heutiges: Man hat ein völlig anderes Schriftbild vor sich; bisher kannte sie ja nur die Wachstafeln. Beschrieben wird eigentlich nur, dass sie versucht, sich dieses andere Schriftbild beizubringen; ob sie es sofort richtig lesen kann und alles versteht -- wissen wir 's? ;-)


    Was Cinnas Fechtunterricht: Können er und Hraban sich zu diesem Zeitpunkt wirklich als Freunde betrachten? Das Verhältnis ist schließlich keineswegs gleichberechtigt, und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie sich eines Tages als Feinde wieder gegenüberstehen (natürlich vorausgesetzt Cinna kommt frei). Das mag der um einige Jahre jüngeren Hraban, der sich in der überlegenen Position befindet, leichter ignorieren können als Cinna, der obendrein die finstere Absicht hegt, sich an Hrabans Bruder zu rächen.
    Abgesehen davon ist das, was Cinna Hraban beibringen soll, wirklich kein Spiel -- es geht immerhin darum einen Gegner unschädlich zu machen, d.h. ihn ggf. auch zu töten.


    Die Sache mit dem Festmahl war mir auch ein besonderes Vergnügen -- grad schmollt Cinna noch herum, da laden sie ihn ein. :lache


    Zitat

    Wie alte ist Inguiomer eigentlich? Ich schätze mal so um die 12. Kommt das hin?


    Kommt eigentlich sehr gut hin. :grin
    12/13jährige können verdammt borniert sein, finde ich. Aber insgesamt ist er eigentlich ein guter Kerl -- für einen Jungen, meine ich natürlich nur. :grin :grin :grin


    Liebe Grüße,


    Iris :wave

  • Zitat

    Original von Iris
    Hallo Ronja!


    Sie sieht zum ersten Mal ein richtiges Buch - und das ist für ein Kind dieser Zeit sicherlich nicht anders gewesen als für ein heutiges: Man hat ein völlig anderes Schriftbild vor sich; bisher kannte sie ja nur die Wachstafeln. Beschrieben wird eigentlich nur, dass sie versucht, sich dieses andere Schriftbild beizubringen; ob sie es sofort richtig lesen kann und alles versteht -- wissen wir 's? ;-)


    Hm, sie hat doch die Schriftrolle die ganz Zeit auf der Bank bei sich liegen gehabt. Ich hab mir nur schwer vorstellen können, dass sie selber noch nicht eine Blick darauf geworfen hat.
    Könntest du dir vorstellen, dass sie nur so tut, als könnte sie die Schrift wirklich lesen? Sowas. *kopfschüttel* Wenn das so wäre, dann will sie sich wohl vor ihrem Lehrer in diesem Moment nicht die Blöße geben, oder so tun, als wäre sie schlauer, als sie in Wirklichkeit ist. Was irgendwie trotzdem zu ihr passen würde und ich es ihr nicht mal übel nehmen könnte. :lache




    Zitat

    Original von Iris
    Was Cinnas Fechtunterricht: Können er und Hraban sich zu diesem Zeitpunkt wirklich als Freunde betrachten? Das Verhältnis ist schließlich keineswegs gleichberechtigt, und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie sich eines Tages als Feinde wieder gegenüberstehen (natürlich vorausgesetzt Cinna kommt frei). Das mag der um einige Jahre jüngeren Hraban, der sich in der überlegenen Position befindet, leichter ignorieren können als Cinna, der obendrein die finstere Absicht hegt, sich an Hrabans Bruder zu rächen.
    Abgesehen davon ist das, was Cinna Hraban beibringen soll, wirklich kein Spiel -- es geht immerhin darum einen Gegner unschädlich zu machen, d.h. ihn ggf. auch zu töten.


    Nein, Freunde sind sie nicht wirklich. Aber sie verstehen sich doch trotz aller Unterschiede recht gut. Vielleicht unterschätze ich manchmal noch den Stolz und die Probleme von Cinna.

  • Hallo Ronja!


    Zitat

    Original von Ronja
    Hm, sie hat doch die Schriftrolle die ganz Zeit auf der Bank bei sich liegen gehabt. Ich hab mir nur schwer vorstellen können, dass sie selber noch nicht eine Blick darauf geworfen hat.


    Reingeshaut mag ja sein ... vielleicht auch ganz schnell am Schriftbild und an der Sprache (Vergil -- das ist schon ein Brocken!) verzagt.


    Zitat

    Könntest du dir vorstellen, dass sie nur so tut, als könnte sie die Schrift wirklich lesen? Sowas. *kopfschüttel* Wenn das so wäre, dann will sie sich wohl vor ihrem Lehrer in diesem Moment nicht die Blöße geben, oder so tun, als wäre sie schlauer, als sie in Wirklichkeit ist. Was irgendwie trotzdem zu ihr passen würde und ich es ihr nicht mal übel nehmen könnte. :lache


    Sie ist immerhin ein Kind. :grin


    (Also ... ich hab schon ähnliche Sachen angestellt, wenn ich den entsprechenden Lehrer oder das Vorbild toll fand ... :lache)


    Zitat

    Vielleicht unterschätze ich manchmal noch den Stolz und die Probleme von Cinna.


    Wer würde das nicht! :grin


    Liebe Grüße,


    Iris

  • Schmutzige Fenster und Bügelwäscheberg ignorierend habe ich den Tribun vorgezogen :]


    So langsam begreift Cinna, dass es außer Römern auch andere gibt, die menschlichen Status haben. Mir scheint, er beginnt ein wenig aufgeschlossener zu werden und sein Selbstmitleid zu vergessen.


    Die Folterszene war recht heftig, aber ich denke, dass unter umgekehrten Vorzeichen der Römer den Germanen um kein bisschen besser behandelt hätte.


    Highlights waren für mich die Sonnwendfeier und die Jagdszene: sehr schön und stimmungsvoll erzählt. Trotz der Hitze hier konnte ich spüren, wie kalt Schnee ist.
    Das Gespräch beim Festmahl mit Hrabans Schwiegervater war sehr aufschlussreich und gab wertvolle Hintergrundinformationen.


    Endlich haben wir auch erfahren, woher der unbändige Hass Liubas auf die Römer rührt. Ich kann ihn verstehen und sehe ihn nun in einem anderen Licht.


    Sunjas abrupter Aufbruch hat mich überrascht. Aber noch mehr eigentlich, dass Cinna ihre Abwesenheit eher gleichmütig hinnimmt. Ich hatte doch gedacht, dass er sie mehr vermissen würde.


    Klein-Saldir ist ja ein recht altkluges Kind. Oder ist sie gar kein Kind mehr?

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Hallo Alice!


    Zitat

    Original von Alice
    Die Folterszene war recht heftig, aber ich denke, dass unter umgekehrten Vorzeichen der Römer den Germanen um kein bisschen besser behandelt hätte.


    Was Cinna auch klar ist ...


    Zitat

    Endlich haben wir auch erfahren, woher der unbändige Hass Liubas auf die Römer rührt. Ich kann ihn verstehen und sehe ihn nun in einem anderen Licht.


    Fein. Daß Cinna es dennoch anders sieht, kann man hoffentlich nachvollziehen ...


    Zitat

    Sunjas abrupter Aufbruch hat mich überrascht. Aber noch mehr eigentlich, dass Cinna ihre Abwesenheit eher gleichmütig hinnimmt. Ich hatte doch gedacht, dass er sie mehr vermissen würde.


    Aus der sicheren Warte des Lesesessels gebe ich dir unumwunden recht.
    Cinna allerdings kann in seiner Situation nicht damit rechnen, Chancen zu haben. Also hofft er auch nicht wirklich darauf, es ist eher ein süßlich-melancholisches Spiel; etwas, das ihn ein bisschen an bessere Zeiten erinnert. Andere meinen, es sei eine Schule durch die er gehen müsse, Lektionen in Demut würde ich das nennen.


    Zitat

    Klein-Saldir ist ja ein recht altkluges Kind. Oder ist sie gar kein Kind mehr?


    Natürlich ist sie ein Kind. Aber eines, das vorwiegend von Erwachsenen umgeben ist, obendrein ein helles Köpfchen ist und sich für ziemlich abwegige Sachen interessiert.


    Liebe Grüße,


    Iris :wave

  • An dieser Stelle möchte ich dir, Iris, herzlich danken. Es macht richtig Freude, mit dir über dein Buch zu reden. Ich finde es schön und bemerkenswert, dass du - wie Gheron übrigens auch :wave - auf jede Bemerkung, jeden Kommentar zu deinem Buch eingehst und so viele hilfreiche Erläuterungen gibst.
    Das ist nicht selbstverständlich. Umso mehr ein herzliches Dankeschön :-)

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • So, auch ich habe heute morgen - vor meinem Aufbruch zum samstäglichen Einkaufen - noch ein paar Seiten weiterlesen können und war wirklich beeindruckt von der Folterszene, wo Cinna ausgepeitscht wird. Das war ja wirklich so drastisch beschrieben, dass ich vor lauter Spannung die Augen nicht von den Seiten nehmen konnte und unbedingt wissen wollte, wie es weiter geht. Ich habe richtig mit Cinna mitgelitten. Ich habe selten etwas gelesen, was so gut beschrieben war, bis ins kleinste Detail...


    Außerdem merkt man langsam, dass Cinna und Sunja sich bemerken und sich da langsam aber sicher etwas anbahnt. Dieses ganz vorsichtige herantasten von Iris an diese Liebessache finde ich wunderbar. Man rutscht mit Cinna so langsam in diese Situation herein... Einfach genial gemacht...


    Beim Lesen der letzten Seiten ist mir auch klarer geworden, was mich persönlich an diesem Buch so fasziniert. Und zwar, dass das Buch zumindest bis hierin komplett aus Cinnas Sicht geschrieben wurde. Was Cinna sieht, sehen auch wir, was er fühlt, fühlen auch wir, usw. Das ist wirklich beeindruckend und fesselt mich persönlich sehr...

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Hallo Morgana und Pelican!


    Zitat

    Original von Morgana
    Beim Lesen der letzten Seiten ist mir auch klarer geworden, was mich persönlich an diesem Buch so fasziniert. Und zwar, dass das Buch zumindest bis hierin komplett aus Cinnas Sicht geschrieben wurde. Was Cinna sieht, sehen auch wir, was er fühlt, fühlen auch wir, usw. Das ist wirklich beeindruckend und fesselt mich persönlich sehr...


    Es war eine grundsätzliche Entscheidung von mir, als Perspektive meine Protagonisten zu wählen, ihm sozusagen ständig auf der Schulter zu hocken wie eine Kamera, mit sporadischen Einblicken in Cinnas Gedanken. Da es sich vom Genre her um einen Abenteuerromen handelt und nicht um ein Psychogramm, habe ich Innere Monologe gemieden, sie treten nur gelegentlich in Gestalt rhetorischer Fragen auf, ansonsten sollen sich die Leser Cinnas Gedanken schon selbst machen. :grin


    Die bevorzugte Perspektive für Historische Romane ist die auktoriale, d.h. ein (allwissender) Erzähler berichtet von höherer Warte, was passiert.
    Ich persönlich mag diese Perspektive nicht sonderlich. Das liegt nicht zuletzt daran, daß dies ohnehin die schwierigste Technik ist, da man als Autor, um Spannung aufzubauen, Informationen dosiert an den Leser weitergeben sollte. Viele Autoren geben ständig viel zuviele Informationen preis, öffenen dem Leser die Köpfe aller handelnden Figuren etc. Ich persönlich finde das langweilig, und es verhindert, dass ich als Leser in die Geschichte eintauche, indem ich "Partei" für eine bestimmte Figur nehme ("Identifikation").


    Es war eine grundsätzliche Entscheidung von mir: Ich erzähle Cinnas Geschichte, und deshalb möchte ich, dass die sie aus seiner Warte nachvollziehen können.


    Zitat

    Außerdem merkt man langsam, dass Cinna und Sunja sich bemerken und sich da langsam aber sicher etwas anbahnt. Dieses ganz vorsichtige herantasten von Iris an diese Liebessache finde ich wunderbar. Man rutscht mit Cinna so langsam in diese Situation herein... Einfach genial gemacht...


    Dazu:

    Zitat

    <...> ich finde, daß Du schon sehr früh und sehr deutlich Hinweise auf Cinnas und Sunjas spätere Beziehung gibst (mir war es eigentlich ein bißchen zu früh). Was hat Dich dazu bewogen, dies so zu gestalten?


    Eure beiden unterschiedlichen Anmerkungen widerspiegeln natürlich zwei unterschiedliche Meinungen. :-)
    Da ich jetzt massiv "spoilern" muß, verstecke ich die Erläuterungen im Folgenden:
    Verlagsseitig wird bei "Genreromanen" erwartet, dass die Lovestory von vornherein das Übergewicht in der Geschichte hat - mit dem Argument, die Leser erwarten das eben -- Punkt. Es hat einiges an Sturheit gekostet zu verhindern, daß gerade dieser Teil der Geschichte nicht völlig umgedreht wurde (weil das nun einmal so erwartet werde). Aber damit wäre die eigentlich Kernhandlung zerstört worden und der Plot in sich kollabiert.
    Äußerlich ein Historischer Abenteuerroman ist Der Tribun im Kern ein "klassischer" Entwicklungsroman - zumindest ist er so konzipiert: Es geht um die Persönlichkeitsentwicklung des Protagonisten im Rahmen einer besonderen Lebenssituation. Ein junger Mann, dem eigentlich alles in die Wiege gelegt worden ist, gerät in eine Situation, in der die gelernten Regeln nicht gelten. (Das ist schon ähnlich mit Törless' Wechsel vom behüteten Elternhaus in die doppelbödige Welt eines Internats für zukünftige Offiziere)


    Die Liebesgeschichte ist Bestandteil dieser Entwicklung, deshalb ist sie von Anfang an angedeutet: Zu Anfang ist das tatsächliche Gefälle zwischen Cinna und Sunja im Widerspruch zu dem, was er sich selbst vormacht - in seiner Vorstellung ist er der "Obere", Mächtigere, derjenige, der das Sagen hat, tatsächlich gehört Sunja zu denen, die über ihn nahezu frei verfügen können. Cinna projiziert, will das Mädchen als "Entschädigung" für das, was ihm wiederfahren ist.
    Ich kann die Verschiebungen in seinem Selbstbild, in dem Bild, das er sich von Sunja macht un im Verhältnis der beiden zueinander nur zeigen, wenn Sunjas (mögliche) Rolle als zukünftige Partnerin von vornherein vorbereitet wird. Die Beziehung zwischen den beiden ist nicht nur ein Zuckerl für den Leser, sondern Bestandteil der "Schule des Lebens" die Cinna in diesem Jahr Gefangenschaft durchläuft.


    Liebe Grüße,


    Iris :wave

  • Hallo Pelican,


    Zitat

    Original von Pelican
    ich finde, daß Du schon sehr früh und sehr deutlich Hinweise auf Cinnas und Sunjas spätere Beziehung gibst (mir war es eigentlich ein bißchen zu früh). Was hat Dich dazu bewogen, dies so zu gestalten?


    Wow, da haben wir zwei wohl vollkommen unterschiedliche Wahrnehmungen... :grin


    Darf ich fragen, wo Du diese Hinweise auf die spätere Beziehung der beiden zu sehen meinst?


    Da ja anhand des Klappentextes im Vorfeld schon klar war, dass aus den beiden mal was wird, hatte ich eigentlich damit gerechnet, dass direkt am Anfang, als Sunja und Cinna sich kennenlernen schon irgendeine Andeutung gemacht wird in die Richtung der beiden. Ich war sehr überrascht, dass Sunja danach erst mal längere Zeit überhaupt nicht mehr erwähnt wurde. Lediglich wo Cinna im ersten Teil fliehen wollte wurde kurz erwähnt, dass er ihre Nähe genoss. Aber das war es ja auch schon wieder...



    Zitat

    Original von Iris:
    Es war eine grundsätzliche Entscheidung von mir, als Perspektive meine Protagonisten zu wählen, ihm sozusagen ständig auf der Schulter zu hocken wie eine Kamera, mit sporadischen Einblicken in Cinnas Gedanken. Da es sich vom Genre her um einen Abenteuerromen handelt und nicht um ein Psychogramm, habe ich Innere Monologe gemieden, sie treten nur gelegentlich in Gestalt rhetorischer Fragen auf, ansonsten sollen sich die Leser Cinnas Gedanken schon selbst machen.


    Genau das kommt sehr gut rüber und macht mir persönlich eine Menge Spaß. Es ist wirklich selten so in der Art zu finden... :-)

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Hallo Morgana!


    Zitat

    Original von Morgana
    Ich war sehr überrascht, dass Sunja danach erst mal längere Zeit überhaupt nicht mehr erwähnt wurde.


    Ich hätte es im Klappentext auch gar nicht so stark betont. Aber Klappentexte werden vom Verlag gestaltet, ein Autor hat wenig bis gar keinen Einfluss darauf; sie gehorchen eigenen Gesetzen und haben mit dem Inhalt eines Buches nur sekundär zu tun. Sie sollen bloß neugierig auf den Inhalt machen und zum Kauf anregen.
    Ob ich persönlich das nun richtig oder falsch finde, sei jetzt mal dahingestellt. :grin


    Liebe Grüße,


    Iris :wave

  • Hallo Iris,


    das mit dem Klappentext hatte ich ja schon vermutet... und irgendwo habe ich auch schon mal geschrieben, daß der Klappentext für mich glatt ein Grund war, das Buch in der Buchhandlung in der Eile erst mal wegzulegen (zum Reinlesen war kurz vor Ladenschluß keine Zeit mehr).


    Deine Antwort bezüglich meiner Frage zur Beziehung von Cinna und Sunja leuchtet mir ein. Der Teil der Entwicklung war mir zwar klar, aber den logischen Schluß, daß Du damit auch eine Vorbereitung machen mußtest, hatte ich leider nicht gezogen.


    Und um das mal vorweg zu nehmen: damit ist der einzige Kritikpunkt, den ich an Deinem Roman hatte, weggefallen...


    Liebe Grüße
    Pelican :wave

  • Hallo Morgana,


    konkrete Stellen müßte ich offen gestanden erst nachschlagen, da ich den Roman bereits im Juni gelesen habe. (Eigentlich bin ich noch nicht mal für die Leserunde gemeldet, aber ich denke, man kann sich da auch einfach einklinken, oder?)


    Ich kann mich aber erinnern, daß ich schon bei Ihrer ersten Begegnung "Signale" aus den Zeilen entnommen hatte.


    Ich schau einfach nochmal nach, wo das war.


    Bye
    Pelican :wave

  • Hallo Pelican!


    Zitat

    Original von Pelican
    das mit dem Klappentext hatte ich ja schon vermutet... und irgendwo habe ich auch schon mal geschrieben, daß der Klappentext für mich glatt ein Grund war, das Buch in der Buchhandlung in der Eile erst mal wegzulegen (zum Reinlesen war kurz vor Ladenschluß keine Zeit mehr).


    Das alte Problem. :grin


    Klappentexte haben als Zielgruppe "Jedermann" (bzw "Jedefrau") - und wie man aus dem angewandten Marketing weiß, funktioniert das nicht, denn "Jedermann" ist eigentlich nur eine andere Umschreibung für "Niemand Bestimmter" - und damit "Niemand". :grin


    Der abgedruckte Klappentext gibt wenigstens den Inhalt des Buches an und sagt, worum es geht. In der TB-Vorschau, die an die Buchhändler geht, stand noch eine andere Version:
    Ein episches Historiendrama um die Herrmannsschlacht
    Germanien kurz vor der Zeitenwende. Der römische Tribun Gaius Cinna wird auf eine gefährliche Mission geschickt. Er soll den Feldherrn Varus vor einem drohenden Barbarenaufstand warnen. Doch Cinna wird verraten, überfallen und schwer verletzt. Als er sich in Gefangenschaft eines Germanenfürsten wiederfindet, ist das römische Herr in der berühmten Schlacht am Teutoburger Wald bereits vernichtend geschlagen.
    Verzeifelt wird dem jungen Krieger klar, daß er Rom vielleicht nie wiedersehen wird. Und so richtet sich seine Aufmerksamkeit auf die schöne Fürstentochter Sunja.
    (zitiert nach Heyne TB-Vorschau Winter 03/04)


    Bedauerlicherweise enthielt dieser Text einige Fehler, und die starke Betonung der im Roman längst nicht so dominanten Liebesgeschichte erschien mir persönlich ziemlich riskant; man rechnet bei diesem Vorschautext nun mal mit einer historic romance, und wenn Der Tribun eins nicht ist, dann historic romance. Mag ja sein, dass sich viele Liebhaberinnen dieses Genres davon angesprochen fühlen, aber die wären mit a. 400 S. "Hirsebrei" enttäuscht worden, bevor es zwischen Cinna und Sunja "zur Sache geht", während mehrere Männer mir verdeutlichten, dass so ein Klappentext ernsthaft abschreckend auf sie wirke, weil sie sich eben nicht für "love affairs" interessierten, sondern für das Umfeld und die Erlebnisse der Hauptfigur.


    Insofern sind Vorschau- und Klappentexte immer Gratwanderungen. :grin


    Zitat

    Und um das mal vorweg zu nehmen: damit ist der einzige Kritikpunkt, den ich an Deinem Roman hatte, weggefallen...



    (weißgarnichtwasichsagensoll...)


    Liebe Grüße,


    Iris :wave

  • Mensch, Iris, du bist klasse! :knuddel1


    Was ich jetzt alles gelernt hab über Römer, "Barbaren", Religion, Lebensweise -- kann mir das jetzt richtig gut vorstellen, und VIEL besser als im Lateinunterricht..


    Bin jetzt endlich auch mit dem 2. Teil fertig:
    Ich muss sagen, manchmal gab es einige Längen - wobei das nicht unbedingt langweilig im Sinne davon war "Hatten wir das nicht schon?" - sondern einfach das alltägliche Leben - kann sein, dass auch ich davon manchmal einfach genug hab..


    Arminius scheint mir in seinem recht passenden Licht zu stehen -mal ehrlich, ich konnte den noch nie leiden. Und jetzt hat er's *endgültig* bei mir versaut - auch wenn ich Cinna nicht mag, so knechten braucht er ihn auch nicht. Wobei ich verstehe - damals (wie auch heute noch, *leider!*) war und ist es so.. mmh, mir war richtig schlecht, als ich das gelesen hab. Wollte es mir eigentlich mit einem Rosinenbrötchen gemütlich machen, aber das war dann nichts.. ich hab echt gebangt um Cinna. Richtig gut fand ich, als er die Verse gesagt hat - symbolisches Schutzschild der Seele.. sehr schön.


    Was mir aufgefallen ist, Inguiomer noch kein rechtes Bild.. der ist nicht plastisch genug. *seufz* - aber nicht so schlimm.


    Die Kampfübungen Hrabans und Cinnas - sind ganz gut - Freunde werde ich sie wohl nicht bezeichnen, aber eine Übereinkunft?


    Liuba verstehe ich nun auch etwas näher - kann ihn nachvollziehen, aber respektieren kann ich seine Gesten nicht. Dafür ist er mir einfach zu wirsch und hart.. aber gut, jetzt ist er erstmal weg. *aufatme*


    Wann kommt denn nun Sunja wieder? Ihre wortkarge Art fehlt mir richtig.. stimmt schon, wie Hraban (:gruebel das war doch der?) festgestellt hatte - es fehlt etwas im Haus.


    Saldir kommt mir vor wie ich - auch immer auf Neues und Wissen aus - immer unter weitaus älteren Leuten - keinen Bock auf die nötige "Hausarbeit" *lol*


    Auf zum nächsten Teil!


    lg, Kathrin

  • hallo,


    So nun bin ich auch endlich mit dem zweiten teil durch.


    Mir hat der teil auch wieder sehr gut gefallen.
    Besonders interessant fand ich die Übungsszenen zwischen Cinna und Hraban.
    Saldir ist immer noch eine meiner Lieblingsfiguren, sie ist einfach sympatisch und irgendwie wirkt sie viel älter als sie wohl ist.
    Sunja fehlt nach ihrem Aufbruch auch total. Ich finde man merkt auch Cinna an, dass er sie vermisst. Und ich denke schon dass seine Gefühle irgendwie tiefer gehen, als nur "Die will ich besitzen".


    Bin schon gespannt, was noch alles kommt. Habs mir bis jetzt verkniffen, in den weiteren Threads zu lesen.

    liebe Grüsse melanie


    Wenn man Engeln die Flügel bricht, fliegen sie auf Besen weiter !
    :keks


    :lesend )

  • Hallo Kathrin!


    Zitat

    Original von Kathrin
    Was ich jetzt alles gelernt hab über Römer, "Barbaren", Religion, Lebensweise -- kann mir das jetzt richtig gut vorstellen, und VIEL besser als im Lateinunterricht..


    Naja, Lateinlehrer können nicht alles wissen - aber sie könnten Bücher empfehlen! :grin
    Freut mich jedenfalls, daß du das genießen kannst.
    Der Preis sind natürlich die "Längen" -- denn das Einbinden vieler für den Leser zunächst mal fremder Informationen "kostet" Zeit.


    Zitat

    Arminius scheint mir in seinem recht passenden Licht zu stehen -mal ehrlich, ich konnte den noch nie leiden. Und jetzt hat er's *endgültig* bei mir versaut - auch wenn ich Cinna nicht mag, so knechten braucht er ihn auch nicht. Wobei ich verstehe - damals (wie auch heute noch, *leider!*) war und ist es so.. mmh, mir war richtig schlecht, als ich das gelesen hab.


    Bingo! Du bist nicht die einzige -- und du ahnst nicht, wie es mir ging, während ich diese Szene erarbeitete.


    Zitat

    Was mir aufgefallen ist, Inguiomer noch kein rechtes Bild.. der ist nicht plastisch genug. *seufz* - aber nicht so schlimm.


    Der wird schon noch -- wart 's ab!


    Zitat

    Die Kampfübungen Hrabans und Cinnas - sind ganz gut - Freunde werde ich sie wohl nicht bezeichnen, aber eine Übereinkunft?


    Das trifft es!


    Zitat

    Wann kommt denn nun Sunja wieder? Ihre wortkarge Art fehlt mir richtig..


    Da muß ich dich noch ein kleines bißchen vertrösten -- aber wahrscheinlich entschädigt dich ihr Wiederauftauchen auch ...


    Zitat

    Saldir kommt mir vor wie ich - auch immer auf Neues und Wissen aus - immer unter weitaus älteren Leuten - keinen Bock auf die nötige "Hausarbeit" *lol*


    Das finde ich jetzt wirklich spannend, daß du dich in ihr wiederfinden kannst ... Würde mich interessieren, wie sich das ausdrückt und ob das so bleibt.


    Weiterhin viel Vergnügen und liebe Grüße,


    Iris :wave

  • Hallo Melanie!


    Zitat

    Original von melanie
    Sunja fehlt nach ihrem Aufbruch auch total. Ich finde man merkt auch Cinna an, dass er sie vermisst. Und ich denke schon dass seine Gefühle irgendwie tiefer gehen, als nur "Die will ich besitzen".


    Ich mußte ja bedenken, daß ein Mann mit seiner Prägung sich wirklich nicht leicht damit tut, den Machismo über Bord zu werfen. Da hat er schon ein Weilchen mit zu tun ...


    Als ich gestern abend im Zug nach Hause fuhr, saß mir gegenüber ein Endteenagerpärchen, sehr, sehr verliebt, und turtelte, daß es eine Freude war. Dann ist sie ausgestiegen, und er blieb sitzen und versuchte, einen auf cool zu machen -- du weißt schon, diese Masche, bei der sie mit ausgestreckten Beinen, verschränkten Armen und leicht blasierter Miene vor sich hin schauen. Aber das Ganze wirkte sehr krampfhaft; dieses Gefühlswirrwarr - "himmelhochjauchzend zu Tode betrübt" (glücklich verliebt und doch getrennt von der Liebsten) - das stand ihm überdeutlich ins Gesicht geschrieben ...
    Erzähl mir nochmal einer, Männer hätte keine Gefühle!


    Weiterhin viel Vergnügen und liebe Grüße,


    Iris :wave