'Die Bibel (AT): Das Buch Amos' - Kapitel 9

  • 9,1-6


    Also das muss man erst mal verdauen.
    Das klingt alles wenig versöhnlich. Besonders geschockt hat mich 9,4ff
    "Ich habe meine Augen auf sie gerichtet zu ihrem Unheil, nicht zu ihrem Glück"
    Was ist das denn für eine Einstellung? Wie war das mit der Umkehr? Davon lese ich schon länger nichts mehr.

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • 9,7-10


    9,8 "...doch ich werde das Haus Jakob nicht völlig vernichten" Der erste Lichtblick. Allerdings ist mir zur Zeit schleierhaft, wen er auslassen wird. Das ist nicht genau definiert. Diejenigen, die umkehren? Das hat er im letzten Abschnitt doch eigentlich ausgeschlossen.


    Alles in allem ein verwirrender Text, in den man wenig Gutes interpretieren kann.

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Also… ich will jetzt nicht schon wieder Wasser in den Wein gießen – aber zu 9, 11 – 15 steht in meiner Textausgabe: „Den Abschluss bildet die Heilsverheißung, die die Wiederaufrichtung der ‚zerfallenen Hütte Davids‘ in Aussicht stellt; ob sie auf Amos zurückgeht, ist in der Forschung umstritten und wird häufig verneint.“ Meine Vermutung: Amos hat schon bei 9, 10 aufgehört. Der plötzliche „Sonnenaufgang“ von 9, 11 ff. passt m. E. nicht zu den düsteren Gerichtsvisionen im vorangegangenen Text, wo nur die Rede von einem kleinen Teil Überlebender etc. ist. Den Hinweis in 9, 12 finde ich ebenfalls bedenklich: Rettung für die „Hütte Davids“ durch Unterwerfung anderer Völker?

  • Zitat

    Original von John Dowland
    Den Hinweis in 9, 12 finde ich ebenfalls bedenklich: Rettung für die „Hütte Davids“ durch Unterwerfung anderer Völker?


    :write
    9,11-15 wirken jetzt schon fast wieder versöhnlich. Ganz seltsam dieser Umschwung.

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Nach Absprache mit MagnaMater kopiere ich mal ihre Zusammenfassung aus dem Anmeldethread hierher. Sehr gelungen, wie ich finde. Darüber kann man gut diskutieren.


    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Ebenfalls nach Absprache:


    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • ninnie , Magna Mater


    Die letzten Posts habe ich mit großem Interesse gelesen. Magna Mater hat das Unbehagen, das wir mit Blick auf Amos in den letzten Tagen empfunden haben, treffend beschrieben. Es tut der Diskussion, finde ich, auch gut, wenn Magna Mater jetzt mal zur Flüstertüte greift und ein paar deutliche Takte auf diesen hohen Balkon zurückruft…


    Trotzdem bin ich der Meinung dass wir Amos, bevor wir ihn jetzt gemeinsam endgültig teeren und federn werden, nochmal in einem anderen Licht betrachten sollten. Mir fallen dazu drei Gründe ein:


    Erstens: Amos übertreibt. Die Übertreibung ist sogar das charakteristische Merkmal seiner Überzeugungsarbeit schlechthin. Amos liebt es, seine Metaphern in den Bereich des Unwirklichen und Grotesken zu jagen. Am deutlichsten wird das für mich am Beispiel der „Seeschlange“ in 9, 3. Man wird hier nicht mehr behaupten können, dass dieses Bild irgendeinen konkreten Realitätsgehalt hat. Taucheranzüge gab´s damals noch nicht. Eher schon wird das hier im übertragenen Sinn gemeint sein. Auch heute noch werden wir noch gelegentlich von Gewissens“bissen“ geplagt; können diesen nicht entkommen…. Ich bin der Meinung, dass Amos die Übertreibung auch schon bei seinen „Zerschmetterungs- und Schwerttötungsversen“ einsetzt um einer möglicherweise traumatisierten, sicherlich aber lethargischen Bevölkerung mal einen Eimer Wasser ins Gesicht zu kippen.


    Zweitens: Unser Bild von Jesus – ist es richtig, dass wir mit Jesus und dem Christentum ausschließlich Eigenschaften wie Friedfertigkeit, Barmherzigkeit, Gnade, Liebe etc. in Verbindung bringen? Da ringe ich noch sehr mit mir selbst. Und will jetzt nicht die „Kirchengeschichte“ mit all ihren Auswüchsen für den Beweis des Gegenteils anbringen. Ich stoße einfach auch im neuen Testament auf Textpassagen, die mich in dieser Hinsicht irritieren, weil sie m. E. auch als Ausdruck einer kompromisslosen, rigiden und unversöhnlichen Haltung verstanden werden können. Lk 16, 19, das Gleichnis vom armen Lazarus, hatte ich schon erwähnt. In der Apostelgeschichte, mit der ich mich kurz vor unserer LR ein wenig befasst habe, ist 5, 1 ff. so ein Text.


    Schließlich: Vieles von dem, was Amos auf seinen kleinen Pranger stellt, geht uns in der heutigen Zeit noch unmittelbar an. Die Beschreibung der Verhältnisse von Oberschicht und Unterschicht kann man problemlos auf unser Gebaren gegenüber der sogenannten „Dritten Welt“ übertragen. Statt „Elfenbein- und Sommerhäuser“ haben wir heute Fünf-Sterne-Hotels am Roten Meer und wohnen in gemieteten Reihenhäusern oder Eigentumswohnungen, die´s damals zum Glück noch nicht gab, sonst hätte Amos sie nämlich erwähnt. Die Orientierungslosigkeit von Menschen, die bloß noch an den Börsenkurs und den Dax glauben oder sich auf kollektive Dauersuche nach dem nächsten „Superstar“ begeben, kann ebenfalls kaum besser beschrieben werden, als Amos das in 8, 11 ff. getan hat.


    Das Erschreckende ist nur: wenn Amos heute nochmals zu Besuch käme, könnte er dort weitermachen, wo er vor 2.700 Jahren aufgehört hat. Und müsste wahrscheinlich noch nicht einmal seine kriegerische Rhetorik verändern, um überhaupt eine Chance zu haben, gehört zu werden.

  • Zitat

    Original von John Dowland
    Das Erschreckende ist nur: wenn Amos heute nochmals zu Besuch käme, könnte er dort weitermachen, wo er vor 2.700 Jahren aufgehört hat. Und müsste wahrscheinlich noch nicht einmal seine kriegerische Rhetorik verändern, um überhaupt eine Chance zu haben, gehört zu werden.


    Er würde aber nicht gehört werden. Für alles, was passiert, haben wir wissenschaftliche Erklärungen. Und haben wir keine, so werden schnell welche entdeckt. Ich habe jetzt lange überlegt, aber mir fällt spontan nichts (keine Katastrophe) aus der "neueren Zeit" ein, die man mit viel gutem Willen auch Gott zuordnen könnte.
    Welche Chance hätte Amos dann noch?


    Ist laut Amos überhaupt eine Begnadigung durch Umkehr möglich? Meiner Meinung nach widerspricht er sich da selbst. Anfangs spricht er noch davon, wer zu Gott zurückkehrt wird verschont, in 8,12 sieht es wieder ganz anders aus. Dort schließt er das wieder aus. :gruebel

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • @ Ninnie


    Ich gebe Dir vollkommen recht: er würde nicht gehört werden. Nicht von denen jedenfalls, die es angeht.


    Ob man nun Katastrophen Gott zurechnen soll – die meisten Katastrophen, die Amos beschreibt, werden von Menschen gemacht. Und zwar solchen, die sich seiner Auffassung nach von Gott ziemlich weit entfernt haben. Kriege, Ungerechtigkeit und Ausbeutung haben allesamt Ursachen, die letztlich im Handeln oder Nichthandeln von Menschen begründet sind. Bleiben Heuschrecken, Dürrekatastrophen und Erdbeben… Ich glaube, hier will Amos seinen Zeitgenossen, die sich in Palästen und Burgen verschanzen, einen Fingerzeig geben, dass es mit ihrer vermeintlichen Allmacht, Unverwundbarkeit und Überlegenheit nicht allzuweit her ist.


    Wenn Amos nicht an eine Rettung der Israeliten glauben würde (und hier setze ich jetzt mal in einer wohlmeinenden Auslegung die "Menschheit" ein), bräuchte er gar nicht erst anfangen zu reden. Er könnte sich das sparen und weiter Maulbeeren pflanzen. An einer Stelle sagt er das, wie ich meine, ganz deutlich: „Sucht den Herrn, dann werdet ihr leben“ (5, 4 und 5, 6). (Bemerkenswert finde ich, dass es ihm hier noch nicht einmal ums Finden geht).

  • Das ist ja das Verwirrende, denn in 8,12 sagt er: "...sie ziehen von Norden nach Osten, um das Wort des Herrn zu suchen; doch sie finden es nicht."


    edit: Schreibfehler :-(

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

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  • Zitat

    Original von John Dowland
    ... bis einer wie Amos auftaucht, und sagt, wo´s langgeht...


    Das müsste dann aber in Kap. 8 und 9 irgendwo stehen und dort finde ich nichts.
    Für mich springt Amos zu sehr zwischen Rettung und komplettem Untergang. Die Logik des gesamten Amos-Buches entgeht mir ein bisschen.
    Geht es mir da alleine so?


    Und wie Magna bereits schrieb, kein Wort der Barmherzigkeit. Das Buch ist für mich reine Erpressung ohne wirkliche Hoffnung auf Rettung.
    Ich bin mir nicht sicher, ob diese Angstmache der richtige Weg ist, Menschen zur Umkehr zu bewegen.

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Zitat

    Original von John Dowland
    Ich fürchte, Ninnie, man kann Amos in beide Richtungen interpretieren. Entscheidend ist wahrscheinlich die eigene Haltung zum Text.


    Ich fürchte auch. Obwohl ich ja eher ein Freund von klaren Aussagen bin. :-]

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Zitat

    Original von John Dowland


    Zweitens: Unser Bild von Jesus – ist es richtig, dass wir mit Jesus und dem Christentum ausschließlich Eigenschaften wie Friedfertigkeit, Barmherzigkeit, Gnade, Liebe etc. in Verbindung bringen? Da ringe ich noch sehr mit mir selbst. Und will jetzt nicht die „Kirchengeschichte“ mit all ihren Auswüchsen für den Beweis des Gegenteils anbringen. Ich stoße einfach auch im neuen Testament auf Textpassagen, die mich in dieser Hinsicht irritieren, weil sie m. E. auch als Ausdruck einer kompromisslosen, rigiden und unversöhnlichen Haltung verstanden werden können.


    :gruebelWas mich seltsamerweise an Jesus immer am meissten gestört hat, war nicht sein wüten gegen menschen, denn menschen können sich immer noch wehren, wenn es hart auf hart geht; sondern sein ökologischer vandalismus. Nicht nur gegenüber den armen schweinen sondern vor allem dem armen feigenbaum...


    Ich meine, ich HABE drei feigenbäume, die ich vor 15 jahren aus dem kern einer schimmligen feige gezogen habe... die hatten auch noch nie eine einzige frucht, ich hab sogar eine leichte allergie gegen den feigensaft, aber ich giess sie trotzdem...
    Säße Jesus unter einem meiner feigenbäume und liesse ihn verdorren, nur weil er keine frucht für ihn hat... wart, du mistkerl du... :fetch


    Ich weiss natürlich, es ist ein gleichnis: er erwartet gute früchte, es ist keine da, un/gläubiger verdorrt...


    Ja, na und? Jemand, der als wundertäter wirklich etwas taugt, bringt auch einen dürren baum zum blühen und früchte tragen... wenn nicht, dann ist es mit den wundern nicht weit her...


    Eine der vielen klitzekleinen gründe, warum ich den Jesus ausserhalb der bergpredigt nicht mag, und er mich auch nicht sonderlich interessiert.


    Was Amos heute betrifft, ich würde ihm den Gotteswahn schenken, ist schön für ihn, dass er einen imaginären freund und gott hat, und auch seine stimme hört, aber er soll anderen leuten nicht damit auf die nerven gehen.
    Was die leute betrifft, die seine prophezeihung wegen dem erdbeben in die schriften aufnahmen: die bekämen von mir ein buch über die lokale geologie und plattentektonik... Auch wenn die leute dort tatsächlich lämmer wären: das nächste grosse erdbeben mit vielen toten und kaputten häusern wie auch die nächsten flutwellen kommen bestimmt.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • :write Mich würde er so nicht zur Umkehr bewegen

  • Zitat

    Original von Magna Mater


    Was Amos heute betrifft, ich würde ihm den Gotteswahn schenken, ist schön für ihn, dass er einen imaginären freund und gott hat, und auch seine stimme hört, aber er soll anderen leuten nicht damit auf die nerven gehen.


    Wenn ich mir so ansehe, wer zu Amos´ Zeiten anderen Leuten „auf die Nerven“ gegangen ist - ich meine jetzt die Hälseabschneider und Schwangerenaufschlitzer, von denen in den ersten beiden Kapiteln die Rede ist. Und dann die Beschreibung der weitsichtig handelnden und sozial eingestellten Führungseliten hinzunehme… Wir müssen doch mal in Rechnung stellen, zu welchem Publikum Amos hier spricht. Da sitzen Leute dabei, die kennen die Welt bloß aus der Sehschlitzperspektive ihrer Kampfausrüstungen. Typen, die erst draufschlagen und erst im Anschluss fragen, ob sie möglicherweise den Richtigen erwischt haben. Und andere, die den Laden am Laufen halten, indem sie die Draufschläger bezahlen. Wenn ich das sehe, finde ich es eigentlich ganz wunderbar, dass Amos denen ein bisschen auf den Wecker geht. Mit großer Sicherheit waren Amos´ Kommentare zum Zeitgeschehen überaus riskant. Er hätte die Klappe halten und dem Stress mit Amazja & Co. aus dem Weg gehen können. So wie alle das tun. Dass er es nicht getan hat verdient in meinen Augen nicht wenig Respekt.

  • Einderseit vollkommen richtig. Aber wenn die Rede von der kompletten Auslöschung eines Volkes ist, sind für mich dort unweigerlich auch unschuldige kleine Kinder mit einbegriffen. Da hätte er seine Rede eindeutig etwas ausführlicher gestalten müssen.
    Für mich ist Amos zu einseitig.

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Ninnie, Die ausrottung unschuldiger war damals leider gang und gäbe, die leute konnten sich keine anderen methoden des miteinanders gegenstreitender interessen als restlose vernichtung oder versklavung vorstellen.


    John, ich hab eher das gefühl, dass Amos genau diesen primitiven feindvernichtern auf seiner eigenen seite nach dem mund redet, und behauptet, sein gott würde die restlose vernichtung seiner feinde für gut heissen.
    Er giesst mit seinem redestil nur noch mehr öl ins feuer, wenn deeskalation angebracht wäre. Der aufhetzerische ton des textes lässt auch erahnen, dass er sich denen, die er kritisiert gegenüber ohnmächtig fühlt, und weil er keine anderen argumentationsmittel hat, muss er seinen gott und gerichtsversionen bemühen.


    Das ist genau so, wie die religiösen führer, die dann den Tsunami als Allahs gericht über die sündhaften menschen verstehen wollen.
    Amos gehört definitiv nicht mehr in unsere zeit.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )