Die Kosakenbraut, Katerina Timm, Marion von Schröder Verlag, Berlin, 2008, ISBN 978-3-547-71136-3, 16,90 €
Zur Autorin: (lt. Klappentext)
Katerina Timm, Jahrgang 1952, studierte in Marburg Psychologie. Seit dreißig Jahren ist sie als Psychotherapeutin tätig und beschäftigt sich in ihrer Arbeit viel mit den Träumen ihrer Patienten. Sie lebt mir ihrem Mann im Südwesten Deutschlands.
Meine Meinung:
Fremd, faszinierend, farbenprächtig und schön, aber auch grausam und hart ist die Welt, in die uns Katerina Timm mit ihrem Debütroman „Die Kosakenbraut“ entführt.
1620, Schwarzmeerküste und Siljongorod am Don: die junge Elja, Tochter des Atamans, der über die Jarostnye, ein Kosakenvolk, herrscht, ist von ihrem Vater zu seiner Nachfolgerin bestimmt worden. Doch Elja verfolgen immer mehr Zweifel an der Richtigkeit seines Handelns. Als Folge der Grausamkeit ihres Vaters, bricht sie mit ihm und flieht an die Schwarzmeerküste, wo sie ein neues Zuhause, eine Liebe und Frieden findet. Doch die Ruhe währt nur kurze Zeit: der junge Kosak Andrej überbringt ihr die Nachricht, dass ihr Vater im Sterben liegt, und begleitet sie auf dem Weg zurück. Elja kehrt mit einem anderen Bewusstsein zurück und nimmt Kontakt zu ihrer Großmutter auf, zu der sie vorher keine Beziehung hatte. Langsam wird ihr klar, dass sie eine besondere Gabe geerbt hat: Die Fähigkeit Träume zu lesen uns zu beeinflussen. Leider muss sie aber auch erfahren, dass ihr Vater und Andrej, den sie zu lieben gelernt hat, sie getäuscht haben. Im Machtkampf mit ihrem Vater findet Elja zu einem anderen, unabhängigen und selbstbestimmten Leben, die Vergangenheit holt sie aber immer wieder ein...
Wenn Sie von starken Frauen in historischen Romanen ermüdet sind, werden Sie nach dieser Inhaltsangabe sagen: schon wieder eine „starke Frau setzt sich durch“ - Geschichte. Richtig ist, dass Elja eine starke Frau ist, die sich selbst finden muss und sich durchsetzen muss. Allerdings ist Elja in einer Welt aufgewachsen, in der Frauen eine andere Rolle einnehmen, als in anderen Ländern zu dieser Zeit. Die Kosakinnen kämpfen ebenso wie die Männer und ihre Stimme zählt ebenso, d.h. Elja muss keinen Weg aus kultur- und geschlechterbestimmter Unterdrückung finden. Sie muss sich vielmehr mit ihrer Herkunft, ihren Vorfahren, insbesondere dem despotischen Charakter ihres Vaters auseinandersetzen, um herauszufinden, wie sie ihr Leben führen und gestalten will. Das klingt nun so, als ob Eljas Geschichte zu jeder Zeit spielen könnte. Dem ist aber nicht so, denn die Ausgestaltung der Charaktere und ihre Handlungsweisen sind eng mit dem historischen und regionalen Umfeld der Handlung verbunden. Gleichzeitig erzählt Katerina Timm einfühlsam die Geschichte einer tiefen Liebe mit ihren Tiefen und Höhepunkten.
Abgesehen vom ungewöhnlichen Handlungsumfeld von Katerina Timms Erstlingswerk besticht „Die Kosakenbraut“ vor allem durch eine hervorragende Ausgestaltung der Charaktere und der Realitätsnähe derer Reaktionen und Handlungsweisen. Die Protagonisten leben, lieben und leiden, sie gaukeln sich selbst etwas vor, sie urteilen in verschiedenen Situationen mit unterschiedlichen Maßstäben, wie es Menschen nun mal tun, kurz gesagt: sie sind absolut authentisch.
Eljas Gabe der Traumdeutung und des Traumwandelns sind für den Roman zwar von tragender Bedeutung, dominieren aber das Geschehen und die Geschichte nicht, so dass auch getrost Leser und Leserinnen zugreifen können, die dem eher misstrauisch und zweifelnd gegenüberstehen.
Katerina Timm erzählt Eljas Geschichte überaus spannend in einer angenehmen, flüssigen, klaren und eindringlichen Sprache, die den Leser förmlich ins Geschehen hinein zieht und ihn die Welt der Kosaken erleben lässt.
Katerina Timm ist mit ihrem historischen Roman „Die Kosakenbraut“ ein eindrucksvoller, farbenprächtiger Roman gelungen, der seine Leser mit authentischen Protagonisten, psychologischem Tiefgang, einer spannenden Handlung und einer einfühlsamen Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des russischen Reiches des 17. Jahrhunderts fesselt. Für mich war es ein Roman, den ich am liebsten in einem Zuge durchgelesen hätte und ich bin jetzt schon gespannt, mit was uns Katerina Timm als nächstes überraschen wird
9 von 10 Punkten