ANGÉLIQUE, DIE REBELLIN von Anne Golon

  • Kurzbeschreibung:

    1961 wurde der vierte Teil des Romanzyklus um die schöne Heldin im Frankreich des 17. Jahrhunderts veröffentlicht.

    "Angélique, die Rebellin" knüpft direkt dort an, wo Band Nummer drei endet. Angélique wurde von einem Gesandten des Königs von Frankreich verhaftet und steht unter Arrest auf ihrem Landschloss im Poitou. Dort soll sie sich bis zum Herbst entschließen, ob die dem König künftig zu Willen ist und in Glanz und Glorie nach Versailles zurückkehren darf oder von nun an in der Bastille wohnt. Während Angélique, noch geschwächt von den Strapazen ihrer Flucht aus dem Harem, sich erholt und sich endlich einmal ihren drei Söhnen widmen kann, gärt es in der Provinz. Die hugenottische Bevölkerung wird von den Soldaten des Königs maltretiert. Der Konflikt weitete sich dermaßen aus, dass die zu Angéliques Bewachung postierten Soldaten Amok laufen und ihr Schloss überfallen. Angélique wird vergewaltigt, ihr Zuhause niedergebrannt, ihre Freunde umgebracht und ihr jüngster Sohn getötet. Von nun an stellt sich Angélique auf die Seite der hugenottischen Rebellen, um aktiv gegen den König, der ihre Existenz zum zweiten Mal zerstört hat, zu kämpfen. Sie wird zur Führerin des Aufstandes des Poitou und zieht mit ihren Verbündeten durch die Wäler, die sie noch gut aus ihrer Kindheit kennt. Die Vergewaltigung zeitigt jedoch Folgen und Angélique gebiert eine Tochter, die sie zunächst ablehnt. Als die Rebellen schließlich in eine Falle geraten, entkommt sie als einzige. Sie schlägt sich bis nach La Rochelle durch, wo sie der protestantische Kaufmann Maître Berne als Magd einstellt. Sie wird zum unverzichtbaren Mitglied seiner Familie. Doch auch in La Rochelle werden die Hugenotten verfolgt. Angélique verhilft Berne und seiner Familie sowie anderen Hugenotten zu einer dramatischen Flucht.
    Das Schiff, das sie fort von La Rochelle und in die Neue Welt bringen soll, gehört jedoch niemand anderem als dem Rescator, einem berüchtigten Piraten, der Angélique einst auf dem Sklavenmarkt von Kandia kaufte. Der Beginn einer Reise ins Unbekannte.


    Die Autorin:

    Anne Golon (geboren 1921 als Anne Changeux) entdeckte schon früh ihre Leidenschaft für Schriftstellerei und Malerei. Sie arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg als Journalistin und erhielt einen Literaturpreis für eine ihrer Veröffentlichungen. Um Stoff für einen Roman zu sammeln, reiste sie in den Kongo, wo sie ihren späteren Ehemann Serge Golobinow kennen lernte. Gemeinsam verfassten sie mehrer Romane, denen jedoch kein Erfolg beschieden war. Ein Verleger empfahl ihnen, historische Frauenromane zu schreiben. Unter tatkräftiger Unterstützung ihres Mannes begann Anne Golon mit dem ersten Buch der Angélique-Reihe. Dem Buch gingen aufwendige Recherchen und umfangreiche Milieustudien voraus, die sich aber in jeder Hinsicht auszahlten. 1957 erschien "Angélique - Band 1" - zunächst in der deutschen Übersetzung - um bald seinen Siegeszug um die ganze Welt anzutreten. Es folgten elf weitere Romane. Anne Golon hat auch nach dem Tod von Serge Golon im Jahr 1972 die Arbeit an ihrem Lebenswerk "Angélique" fortgesetzt. Der letzte Band erschien 1985. In der Folge war die Autorin in jahrelange Prozesse um die Urheber- und Nutzungsrechte an ihren Romanen verstrickt, die jedoch zu ihren Gunsten entschieden wurden.
    Nach eigener Aussage schreibt Anne Golon an dem allerletzten Band ihrer Romanreihe, wann und ob dieses Buch jedoch seinen Weg an die Öffentlichkeit findet, steht jedoch bis dato in den Sternen.


    Eigene Meinung:


    "Angélique, die Rebellin" ist meiner Meinung nach eines der düstersten Bücher der Reihe. Der Heldin widerfährt unsagbares Leid. Ihre Persönlichkeit ändert sich dadurch zeitweise vollkommen, sie verliert ihre Identität und muss erst wieder zu sich selbst finden. Ihre Schwächen werden sehr deutlich dargestellt. So zum Beispiel, dass sie nicht gerade eine beispielhafte Mutter ist, weder ihren Söhnen noch ihrer Bastard-Tochter, der sie sich zunächst entledigen möchte. Nach der Vergewaltigung kann sie es nicht mehr ertragen, dass Männer sie berühren (soviel zum Thema "Liebesromane", "Romance"). Eine ständige Bedrohung schwebt über Angélique und verstärkt damit die Spannung der Geschichte.
    Der zeitgenössische Konflikt zwischen den Katholiken und Protestanten dominiert die Handlung, die puritanische Lebensweise der verfolgten Hugenotten, die aber in ihren Ansichten nicht weniger verbissen und engstirnig sind als die Katholiken, wird dargestellt und thematisiert damit ein weiteres interessantes Kapitel französischer Geschichte.
    Dazu gibt es wunderbare Beschreibungen des Poitou, seiner Flora und Fauna. Das Buch kann als der Abschluss des bisherigen Lebens von Angélique betrachtet werden. Denn mit ihrem Aufbruch in die neue Welt bricht sie sämtliche Brücken hinter sich ab.
    Spätestens beim Lesen dieses Buches wird deutlich, dass es sich hier nicht um kitschige Liebesgeschichten im historischen Gewand handelt, sondern handwerklich perfekte und erzählerisch als auch emotional mitreißende Romane, die heutige historische Romane im Vergleich alt aussehen lassen.

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  • "Angélique" habe ich als Teenager verschlungen, mit etwa 14. (Im Bücherregal meiner Mutter war nichts vor mir sicher, teilweise hatte ich Angélique auch aus der Stadtbibliothek, aber nie eigene Exemplare).


    Angélique fand ich damals sooo toll! Als ich hier gesehen habe, dass die Bücher neu verlegt werden, habe ich spontan auch überlegt, ob ich die Reihe um der Nostalgie willen kaufen und noch mal lesen sollte, bin mir aber nicht wirklich sicher, ob sie noch den gleichen Zauber haben würden wie damals, und ich es lieber bei den schönen Erinnerungen belassen sollte. Ich werde mal die Reaktionen hier weiter verfolgen.


    Im Nachhinein hätte ich gedacht, dass es mehr Angélique Bücher gewesen sind als nur vier, die ich gelesen habe (allerdings hat die gute Angélique ja auch in jedem Buch sehr viel erlebt :grin). Bis an diesen vierten Band, als sie sich von La Rochelle auf den Weg in Neue Welt macht, kann ich mich zwar ausschnitthaft, aber gut erinnern, dunkle Erinnerungen an die Seereise kommen jetzt auch auf, dann waren es mindestens fünf Bücher. An Angélique in Amerika kann ich mich nicht erinnern, aber die weiteren Titel kommen mir doch bekannt vor. :gruebel


    Ähnlich aufgebaut war die Reihe um "Cathérine" von Juliette Benzoni, die mir damals genauso gut gefallen hatte. Auch eine starke Frau, die mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen hat, bis sie endlich ihre große Liebe wiederfindet, die Handlung spielt um 1400. Da die Bücher die gleiche Zielgruppe und Entstehungszeit haben, kennt vielleicht auch jemand noch Cathérine?


    Ach ja, und "Amber" von Kathleen Winsor. :-)


    "Wie in einem dunklen Spiegel" von Karleen Koen fand ich vor zwanzig Jahren auch toll.

  • Hallo Uta,


    ja, "Cathérine" ist mir auch ein Begriff. Vor allem wohl, weil in den alten rororo-Ausgaben von "Angélique" hinten eifrig dafür geworben wurde. Ich habe die beiden ersten Bände zu Hause stehen, aber noch nicht gelesen. Die Zeit, in der die Geschichte spielt, lockt mich nicht so sehr.


    Zu dieser Reihe gibt es übrigens auch einen Film. Leider nicht gerade ein Meisterwerk. Deshalb kommt er wohl auch nur sehr selten im Fernsehen.


    Wenn Du "Cathérine" gelesen hast, schreib' doch eine Rezension darüber. Ich würde mich freuen - und sicher auch ein paar andere Miteulen. :-)

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  • ich dachte zuerst auch, dass ich über dieses genre hinweg wäre, aber bei der lr hat es mich wieder geackt, das angéliquefieber. wobei ich noch nicht weiß, ob ich mir die bücher wirklich kaufe oder eher in der bücherei danach schaue.

  • Zitat

    Original von Uta
    Ähnlich aufgebaut war die Reihe um "Cathérine" von Juliette Benzoni, die mir damals genauso gut gefallen hatte. Auch eine starke Frau, die mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen hat, bis sie endlich ihre große Liebe wiederfindet, die Handlung spielt um 1400. Da die Bücher die gleiche Zielgruppe und Entstehungszeit haben, kennt vielleicht auch jemand noch Cathérine?


    Um diese Reihe schleiche ich schon seit Jahren herum. Ich kenne von Juliette Benzoni nur "Marianne" und die ist fast noch besser als "Angélique" (vor allem nicht so lang ;-) ).


    ***
    Aeria

  • Ich glaube, in keinem anderen Band wird die Entwicklung Angéliques so deutlich, wie in diesem. Wenn man mal von dem Erwachsenwerden von Band 1 auf Band 2 absieht.
    Wie oben erwähnt, ist er düster und fast schrecklich beschrieben in einigen Momenten, nicht nur wegen der Greultaten der Soldaten und Rebellen, sondern auch durch die Beschreibung der Gefühle Angéliques. Auch wenn es hier nicht sehr farbenfroh zugeht, mag ich diesen Band sehr.
    Das menschliche Auf und Ab hier ist fast genial erzählt.
    Angélique wird auf ihrem Schloss *eingesperrt* und bewacht auf Befehl des Königs. Angélique greift langsam aber noch unerkannt in die Unruhen in ihrer Provinz ein.
    Als dann die Tragödie geschieht, deren Opfer sie wird durch die Vergewaltigung der Dragoner und der Mord an ihrem jüngsten Sohn, kann man den Hass in ihrem Herzen förmlich spüren. Man ballt beim Lesen die Fäuste.
    Vollkommen in ihre Rache an dem König gezogen, merkt sie sogar erst mal gar nicht, das sie schwanger ist durch die Notzüchtigung. Was dann wieder ein zusätzlicher Schock für sie wird.
    Man kann in die Abgründe ihrer Seele blicken, als sie eine Abtreibung vornehmen lassen will, als sie das Kind verlässt und dann, als sie es wiederbekommt.
    Für mich die absolute Schlüsselsceene in diesem Buch, ist der Moment, als die Rebellion so gut wie niedergeschlagen ist und Angélique sich in der Abteil von Nieul versteckt um wieder zu sich zu finden. Die langen Gespräche mit dem Abt dort, der Angélique den Hass aus dem Herzen nimmt und sie erkennt, das sie wieder leben will.
    Und dann schließlich auch noch, als ihr Maitre Berne vor hällt, für alle Kinder Liebe zu empfinden, nur für das eigene nicht. Als Angélique erkennt, wie sehr sie ihre kleine Bastardtochter trotz allem, an das sie sie erinnert, liebt.

  • Ich kann trotzdem für Honorine nicht so große Sympathien entwickeln wie für Florimond, Cantor, Charles Henri oder Raimond Roger /Gloriande.
    Ist halt einfach nicht das Kind von Joffrey. Es ist ja eigentlich eh verwunderlich, dass Angelique nicht vorher ihren anderen Abenteuern schwanger geworden ist. Obwohl in diesem Moment fällt mir das Kind von Colin ein das hat sie ja verloren.

  • Geht mir ähnlich, aber nicht weil Honorine nicht Joffreys Abkömmling ist, sondern weil sie so oft nervt.


    Ergänzung: Charles-Henri stammt im Übrigen von Philippe. Und dass Anne Golon den Kleinen auch noch umbringen musste, nachdem schon der Vater dran glauben musste, nehme ich ihr immer wieder übel. Cantor oder Florimond wären mir lieber gewesen.
    Aber ich nehme an, Madame Golon wollte Angélique oder die Beziehung zu Joffrey nicht auch noch mit "Altlasten" in Form von lebendigen Beweisen für ihre "Untreue" belasten. Und natürlich musste es auch einen Grund geben, der schlimm genug ist, um Angélique zum Aufstand zu verleiten.

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    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Alice Thierry ()

  • Ich weiß das Charles Henri von Philippe war aber er war trotzdem ein süßer Fratz.

    Zitat


    Geht mir ähnlich, aber nicht weil Honorine nicht Joffreys Abkömmling ist, sondern weil sie so oft nervt.


    Das kommt noch erschwerend hinzu.
    Wie kannst du sagen Florimond oder Cantor wäre dir lieber gewesen! Dafür mag ich sie zu sehr.

  • Ich mag Florimond und Cantor auch; meine Aussage basiert auf rein pragmatischen Erwägungen ;-): Von Joffrey sind zwei Söhne vorhanden (später sogar noch zwei weitere Kinder). Wenn einer wegfällt, ist immer noch einer da. Dagegen gibt es überhaupt keinen Erben der Linie mehr nach Charles-Henris Tod.


    Überdies war Philippe du Plessis-Bellière ein sehr interessanter Charakter und seine Beziehung zu Angélique hätte sicher noch einiges Potential gehabt. Umso trauriger, wenn überhaupt nichts von ihm bleibt.


    Als Cantor in "Angélique & der König" vermeintlich starb, fand ich das sehr traurig, wann auch einen sehr mutigen und ungewöhnlichen Schritt von der Autorin, denn Kinder der Protagonisten segnen in Büchern sehr selten das Zeitliche, allenfalls im Krimi oder um Spannungssituationen noch zusätzlich zu verschärfen. Wahrscheinlich haben die Autoren Angst vor den empörten Leserreaktionen.


    Im Übrigen wird den Kindern in den ersten Bänden ja keine allzu große Rolle eingeräumt, was absolut mit der Haltung gegenüber Kindern zu dieser Zeit konform geht: Sie waren unbedeutend, Anhängsel, denen erst als Erwachsene eine Stellung im Leben zukam. Das Ideal der Mutterliebe wie sie Rousseau (war es, glaube ich) erstmals predigte, war damals völlig unbekannt.

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  • Das Angélique nicht mehr Kinder von *anderen* Männern hat, wird glaube ich erst mit der Neuveröffentlichung logisch dargestellt, als ihr die Hexe Melusine erkärt, was sie tun muss, damit *ihr die Liebe nicht zum Verhängnis wird*. Das kommt in den alten Bändern ja nicht vor.


    Ich denke mir auch, Florimond und Cantor durften nicht wirklich sterben, weil Joffrey ihr schon genug vorwirft. Ein wirklicher Tot eines seiner Söhne wär evtl zu heftig gewesen... Aber leid tat es mir auch um den kleine Charles-Henri.
    Aber mir geht es mit Honorine auch so. Ich kann in allen Büchern nicht wirklich Sympathie für sie entwickeln.