Mayer, Gina: Das Medaillon

  • Geschichte
    1856 werden im Neandertal Knochen gefunden und sorgen für Aufsehen, beginnend in einem kleinen Kreis wissenschaftlich interessierter Männer in Elberfeld, heute ein Ortsteil von Wuppertal. Einer davon ist Rosalies Vater, dessen Freund Fullrott sich die Knochen schicken lässt und ihnen zu größter Bekanntheit verhilft.


    Die Geschichte geht vor allem um die Schicksale von Rosalie, die Apothekerin werden möchte und ihrer Freundin Dorothee, deren Interesse an Büchern und Bibliotheken im Gegensatz zu der streng christlichen Ausrichtung ihrer Eltern steht. Als die Liebe ins Spiel kommt stimmen die Lebensentwürfe der zwei Frauen entgültig nicht mehr mit den gesellschaftlich vorgegebenen Erwartungen der Zeit überein und sie drohen daran zu scheitern.


    150 Jahre später werden im Neandertal erneut Knochen gefunden, zusammen mit einem Medaillon. Hier kommt Nora ins Spiel, eine der Ausgrabungsteilnehmerinnen. Während sich ihre Ehe in Nichts auflöst macht sie sich an die Lösung des Rätsels, wer der oder die Tote ist und vor allem, welche Geschichte steckt hinter dem Fund?


    Fazit
    Die Autorin schafft es auf überzeugende Art, zwei Zeitebenen miteinander zu verbinden. Zudem webt sie die zeitgenössischen Denkweisen raffiniert in die jeweiligen Geschichten ein, ohne aufgesetzt modern entrüstet zu wirken. Interessant fand ich die den Kapiteln vorangestellten Auszüge zeitgenössischer Werke in Bezug auf die Rolle der Frau und die Entwicklung des Menschen im 19. Jahrhundert. Ich denke, das ein oder andere Werk davon werde ich wohl noch lesen.


    Auf jeden Fall ist dies ein sehr gutes historisches Buch, das es schafft, den interessierten Leser oder die Leserin auf spannende Weise mit der Materie der möglichen Entwicklung der Menschen bzw. des Lebens vertraut zu machen. Und wer starke Frauen schätzt kommt hier auf seine Kosten. Ich halte es für sehr empfehlenswert.

  • Das Medaillon erzählt die Geschichte von den Freundinnen Rosalie und Dorothea, die Mitte des 19. Jahrhunderts in Eberfeld bei Wuppertal leben.


    Rosalie lebt bei ihrem Vater, einem Arzt, und würde gern Apothkerin werden, doch als Frau ist ihr der Zugang zu einem entsprechenden Studium verwehrt. Dennoch lernt sie, so viel sie kann und nimmt regelmäßig an den naturwissenschaftlichen Gesprächsrunden ihres Vaters mit Freunden teil. Diese werden besonders interessant als im nahen Neandertal alte Knochen gefunden werden.


    Ihre Freundin Dorothea kann der Naturwissenschaft wenig abgewinnen - stellen die Erkenntnisse doch die kirchliche Schöpfungslehre auf den Kopf. Dorothea wächst bei einer streng gläubigen Familie auf und ist hin und her gerissen zwischen dem behütet sein in dieser Familie und ihrer Freiheit - denn von ihrer Liebe zu Büchern und von ihre Arbeit in einer Bücherei darf die Familie nichts wissen.


    Beide Freundinnen versuchen ihren Weg trotz aller Widerstände zu gehen und obwohl sie so verschieden sind, geben sie sich gegenseitig Halt. Besonders als beide die Liebe entdecken und dabei doch so wenig Zukunft für ihre Beziehungen besteht.


    Gleichzeitig erzählt das Buch die Geschichte von Nora, die in der Gegenwart an einer Ausgrabung teilnimmt, bei der im Neandertal Knochen und ein Medaillon gefunden werden. Sie macht sich auf die Suche nach der Identität der Toten und begibt sich gleichzeitig auf die Suche nach sich selbst.


    Die einzelnen Abschnitte in der Vergangenheit und in der Gegenwart sind recht lang, jeweils gut 100 Seiten und in der ersten Hälfte des Buches waren es für mich zwei völlig separate Geschichten. Zwar beide sehr interessant und spannend, aber sie hätten in zwei getrennten Büchern stehen können...
    Mit der Zeit werden die Abschnitte etwas kürzer und die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart wird deutlicher - und die Spannung steigt, weil die Handlung in der Gegenwart immer schon ein bißchen darüber verrät, was in der Vergangenheit bevorsteht.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, besonders die Kapitel in der Vergangenheit. Es erzählt die Geschichte von jungen Frauen, die in ihrer Zeit ihren Weg gehen und sich mit Schicksalsschlägen auseinander setzen müssen. Interessant fand ich dabei auch die Auseinandersetzung von Rosalie und Dorothea mit Naturwissenschaft und Religion.


    Was mir an dem Buch so gut gefallen hat, dass es keins dieser "Die ...-in"-Bücher ist, in denen der bildschönen Überfrau alles gelingt und immer rechtzeitig der gutaussehende Ritter zur Hilfe eilt. :grin


    Zitat

    Original von Liesbett
    Interessant fand ich die den Kapiteln vorangestellten Auszüge zeitgenössischer Werke in Bezug auf die Rolle der Frau und die Entwicklung des Menschen im 19. Jahrhundert. Ich denke, das ein oder andere Werk davon werde ich wohl noch lesen.


    Diese Auszüge fand ich zwar passend, aber irgendwann habe ich sie nur noch überflogen, weil ich es zu eilig hatte, zu erfahren wie es mit der eigentlichen Geschichte weitergeht...


    Hier noch ein Link zur Leseprobe

  • Ich mag Romane, die auf zwei Zeitebenen spielen und somit hat mich der Klappentext dieses Romans direkt angesprochen. Allerdings bin ich im Allgemeinen kein Fan von historischen Romanen, daher stand das Buch einige Wochen im Regal, bevor ich anfing zu lesen. Und dann konnte ich nicht mehr aufhören - beide Erzählstränge sind interessant, aber erst die Kombination von beiden macht den Roman so richtig "rund".
    Auf der einen Seite lernen wir Rosalie und Dorothea kennen, die Mitte des 19. Jahrhunderts von Freiheit und Gleichberechtigung träumen, aber auf Ablehnung und Widerstand stossen. Sie kämpfen um ihre Träume und ihre Liebe, aber sie haben einen steinigen Weg gewählt.
    Auf der anderen Seite gibt es Nora, die mit ihrer Vergangenheit kämpft und nicht wirklich glücklich ist mit und in ihrem Leben... Sie nimmt an einer Ausgrabung teil, bei der ein Skelett freigelegt wird, das Nora einige Rätsel aufgibt. Hier liegt die Verknüpfung zu Dorothea und Rosalie, doch wie genau wird erst am Schluss des Romans verraten.
    Eine gelungene Mischung aus Historie, Liebe und Gesellschaftsstudie und in einem Rutsch zu lesen!!! Sehr zu empfehlen :-)


    Ein Optimist steht nicht im Regen,
    er duscht unter einer Wolke.
    (Thomas Romanus)

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