Anton Cechov - Ein Leben/Natalia Ginzburg

  • ANTON CECHOV - EIN LEBEN
    Natalia Ginzburg
    (Aus dem Italienischen von Maja Pflug)


    Kurzbeschreibung
    Natalia Ginzburgs Buch ist einem der größten europäischen Schriftsteller gewidmet. Mit ihrer großen Kenntnis innerfamiliärer Konstellationen und stiller Leidenschaften erzählt sie das kurze Leben Anton Cechovs (1860-1904), von seiner Jugend im südrussischen Taganrog und den frühen Jahren in Moskau, den Anfängen als humoristischer Schriftsteller und der Arbeit als Landarzt, bis zur Reise in die Straflager auf der Insel Sachalin, den ersten Erfolgen als Theaterautor, der Erkrankung, den letzten Jahren in Yalta und dem Tod in Badenweiler.

    Autorenportrait

    Natalia Ginzburg wurde 1916 in Palermo geboren. Während des Zweiten Weltkriegs gehörte ihre Familie zu den aus rassistischen Gründen Verfolgten. Natalia Ginzburgs Mann, Leone Ginzburg, ein russischer Schriftsteller, hatte eine führende Rolle in der antifaschistischen Widerstandsbewegung: mit ihren Kindern teilte sie von 1940 bis 1943 seine Verbannung in den Abruzzen. Er starb 1944. Nach dem Krieg arbeitete Natalia Ginzburg als Lektorin, Übersetzerin (Proust) und Schriftstellerin.


    Eigene Meinung
    Dieses liebevoll gestaltete kleine Büchlein ist mir in der Buchhandlung sofort aufgefallen. Mit knallrotem Stoff gebunden, und mit einer aufgeklebten Fotografie von grossartig aussehenden Cechov.
    Das Vorsatzpapier vorne zeigt eine alte Aufnahme vom Kremel, das Vorsatzpapier hinten eine ebensolche vom Lubjanski-Platz in Moskau. Es gibt in diesem Büchlein sowieso erstaunlich viel Bildmaterial: von Wohnorten Cechovs, von seiner Familie, seinen Freunden und von Cechov selbst, in vielen verschiedenen Altersstufen.
    Zudem gibt es auch einige Aufnahmen vom Strafgefangenenlager Sachalin. Gefangene, deren Arme mit Ketten an Karren geschmiedet wurden. Cechov hat dieses Lager über mehrere Wochen lang besuchen können, er wollte über die unmenschlichen Zustände dort Eindrücke sammeln um darüber zu erzählen. Jedoch, unter dem Diktat der einschränkenden Zensur, welcher damals alle Schrifsteller Russlands unterworfen waren, konnte Cechov sein Entsetzen über das was er sah, nicht wirklich so niederschreiben, wie er es eigentlich wollte.


    Dieses Büchlein ist nur gerade 20 cm hoch, 10 cm breit und 95 Seiten dünn. ;-) Jedoch, diese wenigen Seiten sind dicht bepackt mit allen wichtigen Informationen über Cechovs Leben und Werk. Es ist sozusagen die Essenz des Wesentlichen, die uns Natalia Ginzburg hier zu lesen gibt.
    Sauber und klar ist ihr Schreibstil, die Sätze sind äusserst prägnant. In ein paar wenigen Sätzen umfasst und erklärt sie die Inhalte von Cechovs Erzählungen/Dramen.
    Eine kleine Kostprobe ihrer Eindrücke von Cechovs Schreibstil. Ich zitiere:
    Cechov besass schon damals eine aussergewöhnliche Art, sich in eine Geschichte hinein zu begeben. Eine unvermittelte und leichte Art, blitzschnell und gebieterisch, wie einer, der plötzlich ein Fenster oder eine Tür aufreisst: um so dem Leser die Züge einer menschlichen Gestalt oder einer Gruppe von menschlichen Gestalten zu zeigen, den Klang ihrer Stimme hörbar zu machen, ihre verschiedenen Stimmungen erahnen zu lassen, Kriechertum und steife Würde, Geduld oder Anmassung, und dann jene Tür oder jenes Fenster ebenso plötzlich vor dem versunkenen, amüsierten und verblüfften Leser wieder zu schliessen.



    Ich habe noch selten eine Biografie gelesen, die trotz ihrer Kürze so gehaltvoll, so reich an Informationen war. Wer also wenig Zeit investieren will, und trotzdem viel über Cechov erfahren möchte, dem kann ich diese Biografie wärmstens empfehlen.

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

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  • Vielen Dank für Deine tolle Rezension, der merkt man wirklich gleich an, wie sehr Dir die Lektüre des Buches gefallen hat.
    Das Buch scheint ja regulär nicht mehr lieferbar zu sein, ich schaue dann antiquarisch!


    dankbare Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Juhuuu Elbereth :wave


    Jetzt habe ich grad mal unter den Angeboten von Amazon geguckt....und beinahe hat mich der Schlag gettroffen. Die beiden Angebote dort bewegen sich ja in schwindelerregenden Preis-Höhen.
    Jedoch gibt es einige gute Angebote bei eurobuch.com von EUR. 10.--aufwärts.


    Ja, das hast Du richtig erkannt, dass ich diese Rezension unter dem noch frischen, begeisterten Eindruck des Gelesenen geschrieben habe. Ich las das Büchlein gestern nachmittag. Als ich es dann zuklappte, drehte und wendete ich es noch ein paarmal in den Händen. Ich konnte ich es einfach kaum fassen, dass ich aus dieser "Winzigkeit" so viel erfahren konnte über Cechovs Leben und Schaffen.
    Es ist auch alles andere als eine staubtrockene Biografie, wo nur Fakten an Fakten sich aneinanderreihen....(was mir doch schon hie und da bei diesen kleinen rororo-Biografien vorgekommen ist)


    Eine herrliche kleine Wundertüte ist dieses Büchlein....mit erfreulichem überrraschendem, bereicherndem Inhalt.

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