'Von Mäusen und Menschen' - Kapitel IV - VI

  • Zitat

    Original von Primavera
    Aber anscheinend hat nicht nur sie Lennie falsch eingeschätzt. Auch George hätte das nicht gedacht. Auch in Weed muss etwas ähnliches geschehen sein.


    Hm also ich glaube auch, befürchtet hat George es die ganze Zeit, sagt er glaub ich auch irgendwo ("ich hab's gewusst" oder so). Aber daran geglaubt hat er offenbar nicht, sonst hätte er Lennie wohl kaum aus den Augen gelassen - erst recht nicht auf dieser Farm :-(


    Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie das alles hätte verhindert werden können, aber ich bin auch zu keiner Lösung gekommen, das Ende fand ich einfach nur tragisch... Während er Lennie noch einmal von der eigenen Farm erzählt... :cry


    Ethisch-moralisch bin ich aber doch hin- und hergerissen muss ich gestehen, die Frage, ob George das "Recht" hatte, über Lennie zu entscheiden, halte ich zumindest für diskussionswürdig. Man mag mit dem historischen Hintergrund agrumentieren, dass es damals wohl kaum so etwas wie "nicht schuldfähig" oder "geistige Behinderung" gab und Lennies Ende in dieser Form vielleicht "menschlicher" sei, als wäre er im Gefängnis gekommen aber dennoch... so ganz 100%ig stehe ich nicht dahinter...


    Zitat

    Original von beowulf
    Aber der einzige mit Bildung - der belesene- ist der Nigger.


    Auch wenn sich Crook selbst so bezeichnet und das die damals übliche Bezeichnung war, zucke ich immer noch zusammen, es zu lesen.... Aber was ich eigentlich sagen wollte: Laut Crook kam seine Bildung aus der Not heraus, vielleicht hat er es nur so daher gesagt, aber ich habe den Eindruck, er hätte sofort sein gesamtes Wissen gegen menschliche Gesellschaft geschweige denn einen Freund getauscht. Kein Wunder, denn in seiner Welt zählt sein Wissen nichts, weil er nichts zählt. Ein weiterer tragischer Aspekt der Geschichte...


    Mir ist das Buch insgesamt sehr nahegegangen und auch für mich gilt
    1. ich vergebe 8 Punkte und
    2. das war nicht mein letzter Steinbeck

  • Ich verwende Steinbecks Sprache- nicht meine. Aber auc wenn ich dir rechtgebe, meine ich das die Einsamkeit von Crook über Bildung und Lesen kompensiert wird von Steinbeck durchaus beabsichtigt war- alle sind einsam auf jeweils andere Art. Crook flüchtet sich in Bücher und weiß daher am ehesten auch was ihm fehlt, da er sich Gedanken macht, während die anderen Pokern- abe er auch lieber ein Teil dieser zerlumpten Bande wäre als eben allein.

  • Zitat

    Original von milla
    Ethisch-moralisch bin ich aber doch hin- und hergerissen muss ich gestehen, die Frage, ob George das "Recht" hatte, über Lennie zu entscheiden, halte ich zumindest für diskussionswürdig. Man mag mit dem historischen Hintergrund agrumentieren, dass es damals wohl kaum so etwas wie "nicht schuldfähig" oder "geistige Behinderung" gab und Lennies Ende in dieser Form vielleicht "menschlicher" sei, als wäre er im Gefängnis gekommen aber dennoch... so ganz 100%ig stehe ich nicht dahinter...


    Da stimme ich Dir absolut zu. Die Entscheidung war menschlich, ob sie wirklich richtig war, das steht dann wohl auf einem anderen Blatt und ich glaube da könnte man endlos drüber diskutieren. George hat das getan, was er für richtig hielt und was er, seiner Meinung nach, seinem Freund Lennie schuldig war.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Ein Genickschuss unter Freunden ist ein wesentlich angenehmerer Tod als ein Bauchschuß - und das war die angedrohte Alternative. damals inoperabel und ein langsamer, sehr schmerzhafter Tod.

  • Crooks liest Bücher, aber dadurch erkennt er auch, dass sich die Menschen etwas vormachen. Er sagt: I read plenty of books out here. Nobody never gets to heaven, and nobody never gets no land. Und er sieht auch, dass ihm die Bücher nicht aus seiner Einsamkeit heraus helfen.
    Es ist eine unendlich traurige Geschichte. Man kann die Hoffnungslosigkeit, die Armut und die Einsamkeit spüren.
    Curley hat eine Frau geheiratet die er nicht liebt und die ihn nicht liebt. Er will sie besitzen und sie verachtet ihn.
    Candy hat immer noch die Hoffnung, dass er eines Tages auf einem Stück Land sterben wird, das ihm auch gehört hat. Diese Hoffnung stirbt aber mit dem Tod der Frau.
    Lennie ist ein lieber, einfacher Mensch, aber er kommt immer wieder in Schwierigkeiten. Die Stelle wo Lennie mit Tante Clara spricht draussen beim Wasserloch ist so traurig, dass ich jedes Mal weinen muss.
    George ist oft sehr verzweifelt, weil er nicht weiss was er mit Lennie machen soll. Vorallem sieht er, dass Lennie ohne ihn, ein wirklich hartes Leben haben würde. Er liebt Lennie, deshalb tötet er ihn, so wie vorher der Hund getötet wurde, damit er nicht mehr leiden muss. Das ist sehr hart und so traurig. George sieht keinen anderen Ausweg. Er macht es nicht damit er George besser im Leben zurecht kommt, sondern weil er sieht, dass Lennie zu sehr leiden müsste.

  • Was schreibt man zu so einem Buch, das einfach, aber Emotionen aufwühlend ist ?


    Zu allem was hier bereits gesagt wurde fällt mir ein Bildband aus den 60ern ein, der das andere Amerika zeigt, das Amerika, das nur vom „American Way of Life“ träumen kann, aber davon ausgeschlossen ist.


    Das ist für mich auch eine Grundaussage des Buches – der Ausschluss von Menschen weil sie


    Eine andere Hautfarbe haben
    Alt und versehrt sind
    Nicht den geistigen Anforderungen genügen


    Ohne die aber das Land nicht das wäre, was es ist, in dem sie die notwendigen Dinge und Arbeiten ausführen, für die sich die anderen „zu fein“ sind.


    Das macht für mich auch die Aktualität aus, denn was hat sich letztendlich wirklich geändert.


    Auch sehe ich einige Protagonisten etwas anders:


    George hat mehr als Gesellschaft von Lennie. Immer wieder bringt er nicht seine Leistung zur Sprache, sondern schiebt die außergewöhnlichen Kräfte Lennies in den Vordergrund. Er sonnt sich regelrecht in diesem Kräften. Warum hat er Slim Curley nicht zurückhalten lassen, stattdessen Lennie aufgepeitscht?


    Auch der Traum vom eigenen Stück Land war bisher nicht echt. Es war nicht die erste Arbeitsstelle der beiden und was wurde an Geld gespart?
    Da scheinbar Wanderarbeiter Kost und Logie frei hatten, wäre bei einem Monatslohn von 50 Dollar für jeden innerhalb eines halben bis dreiviertel Jahres die 600 Dollar zusammengekommen. Aber sie besitzen nur ein paar Dollar.


    Der Traum begann erst Realität anzunehmen, als Candy sein erspartes dazu geben will.
    Als Lennie nicht mehr ist, zeigt George kein Interesse mehr daran, obwohl er den Traum mit Candy und Crooks hätte verwirklichen können. Wollte er das jemals wirklich oder war es nur eine „Gute Nacht-Geschichte“ für Lennie?


    Ein Freundschaft sehe ich nicht wirklich zwischen den beiden, mehr eine Zweck-Gemeinschaft in der Art, wie es immer wieder einmal beschrieben wird: der eine war der Kopf, der andere die Muskeln


    Eigentlich ein Roman über einsame, hoffnungslose Menschen, die das Hamsterrad der Gesellschaft am Laufen halten ohne je Anerkennung dafür zu bekommen.


    Man merkt dem Roman an, das John Steinbeck weiß worüber er schreibt und dieses Wissen kommt nicht aus zweiter Hand.
    Und deswegen geht er so unter die Haut.


    Klingt alles vielleicht ein bisschen wirr, nur mir geht noch einiges dazu im Kopf herum, das noch unausgegoren ist.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von dyke
    Ein Freundschaft sehe ich nicht wirklich zwischen den beiden, mehr eine Zweck-Gemeinschaft in der Art, wie es immer wieder einmal beschrieben wird: der eine war der Kopf, der andere die Muskeln


    Ich weiß nicht, wenn es einfach nur eine Zweckgemeinschaft wäre, hätte George dann Lennie umgebracht um ihn vor Schlimmerem zu bewahren? Hätte ihm doch eigentlich egal sein können. Außerdem merkt man ihm an, wie bewegt er ist, bevor er den Schuß abgibt. Immer wieder wird beschrieben wie seine Stimme zittert. Ich bin schon der Überzeugung, dass George Lennie sehr gern hatte, wie eine Art "kleiner Bruder" um den er sich kümmern musste und konnte.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost


    Ich weiß nicht, wenn es einfach nur eine Zweckgemeinschaft wäre, hätte George dann Lennie umgebracht um ihn vor Schlimmerem zu bewahren? Hätte ihm doch eigentlich egal sein können. Außerdem merkt man ihm an, wie bewegt er ist, bevor er den Schuß abgibt. Immer wieder wird beschrieben wie seine Stimme zittert. Ich bin schon der Überzeugung, dass George Lennie sehr gern hatte, wie eine Art "kleiner Bruder" um den er sich kümmern musste und konnte.


    Ist jede Freundschaft so interpretiert nicht auch eine gegenseitige Zweckgemeinschaft zur Vermeidung von Einsamkeit? Um die ging es mir hier seitens George- die Verantwortung für Lennie zu übernehmen bedeutete für ihn auf der einen Seite nie alleine sein zu müssen und auf der andern Seite Selbstdisziplin üben zu müssen, eine Sympiose, eine Zweckgemeinschaft, allerdings eine mit Emotionen und nicht allen Zweckorientiert, deshalb eine Freundschaft. Ich teile die Meinung von des verlorenen Paradises, die Erschiessung von Lennie durch George ist für diesen kein Zweck- Mittelabwägung, was ist gut für mich und gut für Lennie, sondern nimmt direkt Bezug auf die Szene mit dem Hund- ich liebe ihn und doch muß ich in Verantwortung für ihn handeln.

  • Curleys Tussi kann einem echt auf den Wecker gehen. Ständig läuft sie in der Hütte bei den anderen Männern herum und ist auf der Suche nach Curley. Sie kann sich doch denken, dass dieses Handeln ihrem Liebsten gar nicht gefällt.


    Geschockt war ich schon, als Lennie den Hund tötet. Aber es kam ja noch schlimmer. Auch wenn es mir um Curleys Frau nicht leid tat, war ich trotzdem betroffen. Curleys Frau hat gar keinen eigenen Namen, oder? Sie wird immer als „Curleys wife“ bezeichnet. (Hatte Paradise Lost auch schon erwähnt)


    Nahezu am Ende kommt noch einmal eine wunderbare Landschaftsbeschreibung, identisch mit der am Anfang. Der Kreis schließt sich und dann kommt das tragische Ende. :cry
    Erst habe ich mich noch gefreut, dass sich Lennie an den für den Fall der Fälle ausgemachten Treffpunkt erinnert, aber sein brutaler Tod stimmt mich jetzt sehr traurig.


    Ein tolles Buch, traurig, spannend, wundervolle Beschreibung. Unbedingt lesenswert!!!


    Zitat

    Original von Paradise Lost
    Ich bin schon der Überzeugung, dass George Lennie sehr gern hatte, wie eine Art "kleiner Bruder" um den er sich kümmern musste und konnte.


    Wie weit waren die beiden eigentlich altersmäßig auseinander? Ich dachte immer wieder, so eine Fürsorge kann es doch fast nur zwischen Vater und Kind geben. :gruebel

  • Zitat

    Original von Patricia_k34
    Wie weit waren die beiden eigentlich altersmäßig auseinander? Ich dachte immer wieder, so eine Fürsorge kann es doch fast nur zwischen Vater und Kind geben. :gruebel


    Ich glaube, nicht so weit. Aber angesichts Lennies Geisteszustand kann man schon von Vater-Sohn-ähnlich sprechen finde ich.

  • Es ist viel von Freundschaft die Rede. Kein Zweifel, dass sich George und Lennie während ihrer Partnerschaft nahe gekommen ist. Aber ein Aspekt kommt mir doch zu kurz


    Aber als Lennie iein Verbrechen begeht, zwar aus Versehen, aber er tötet einen Menschen, kennt George nur einen Weg.


    Was macht George als erstes nach der Entdeckung der Tat?
    Er stiehlt die Pistole.
    Er versucht zwar die Meute auf eine falsche Fährte zu locken, aber es gibt für ihn nur eine Lösung.
    Kein Gedanke mit Lennie zu fliehen, wie sie es schon einmal, möglicherweise mehrmals getan haben. Kein Gedanke Lennie in die Berge zu schicken und sich zu verstecken, damit George erst einmal nicht unter Verdacht gerät.
    Nichts davon, was ich als Freundschaftsdienst bezeichnen würde.
    Er plant einen vorsätzlichen Mord. Auch wenn es ihm nahe geht, es ist das schwerwiegendere Verbrechen, denn Lennies Tat war ohne Absicht.


    Für mich sind, nach dem Wegwischen der ersten Tränen aus dem Augenwinkel. dafür noch andere, unausgesprochen Gründe maßgebend, als Lennie vor dem Lynchen zu bewahren.
    Hat er die Nase voll, hat er Angst davor, dass etwas davon an ihm hängen bleibt und er auch für Lennies Tat mitbüßen muss?
    Wächst ihm das Verhältnis zu Lennie einfach über den Kopf?


    Mir ist klar, dass ich bei einer Schularbeit zu diesem Roman mit meinen Interpretationen stark anecken würde, dass sie wahrscheinlich der landläufigen Deutung zuwiderlaufen.
    Aber in einer Gesellschaft, die bei schwerster Krankheit Töten auf Verlangen verurteilt, sollten diese Fragen erlaubt sein.


    [quote]Original von beowulf
    Aber der einzige mit Bildung - der belesene- ist der Nigger. [7Quote]


    Wie kommst Du darauf?
    Nur weil Crooks Bücher in seinem Refugium hat?


    Alle, außer Lennie wahrscheinlich, können Lesen und Schreiben. Allerdings werden Wanderarbeiter wohl kaum kleine Bibliotheken mit sich herumschleppen.


    Crooks ist ein Nigger, er ist ausgeschlossen, er darf nicht mit den anderen in einem Raum sein, er wird von den Weißen, außer beim Hufeisenwerfen, gemieden. Er ist letztendlich nur geduldet, so lange er durch seine Arbeit wertvoll ist. Aber er ist nichts wert. Sein Rückzug, als in Curleys Frau zurechtweist, beweist, dass er sich seiner „Wertlosigkeit“ bewusst ist. Einen Nigger hängen, war damals eine kleine Straftat, wenn überhaupt.
    Er arbeitet schon lange, also sammelt sich einiges bei ihm an. Auch Bücher, denn sie sind seine einzigen „Ansprechpartner“. Was das für Bücher sind, ob Unterhaltungsromane oder Literatur, bleibt offen.
    Vielleicht sind es auch nur von Wanderarbeiter zurückgelassene Exemplare, denn viel Lohn, wenn überhaupt, dürfte er als „Nigger“ nicht bekommen haben.



    Ich weiß nicht welche Intension John Steinbeck mit seinem Roman verfolgte. Aber er schildert in einer kleinen Episode eindrücklich ein Leben, eine Lebensweise, eine Realität, die das „reiche“ Amerika gern ausgeblendet hätte.
    Ich habe mir vorgenommen seinen Roman davor „Stürmische Ernte“ und danach „Früchte des Zorns“ zu lesen, die auch das Schicksal der Wanderarbeiter schildern.


    John Steinbeck erinnert mich stark an Jack London, besonders seine „Abenteuer des Schienenstrangs“. Durch einen Vergleich von Steinbeck mit Jack London bin ich vor jahren auf den Autor gekommen.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

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  • Es ist viel von Freundschaft die Rede. Kein Zweifel, dass sich George und Lennie während ihrer Partnerschaft nahe gekommen ist. Aber ein Aspekt kommt mir doch zu kurz


    Aber als Lennie iein Verbrechen begeht, zwar aus Versehen, aber er tötet einen Menschen, kennt George nur einen Weg.


    Was macht George als erstes nach der Entdeckung der Tat?
    Er stiehlt die Pistole.
    Er versucht zwar die Meute auf eine falsche Fährte zu locken, aber es gibt für ihn nur eine Lösung.
    Kein Gedanke mit Lennie zu fliehen, wie sie es schon einmal, möglicherweise mehrmals getan haben. Kein Gedanke Lennie in die Berge zu schicken und sich zu verstecken, damit George erst einmal nicht unter Verdacht gerät.
    Nichts davon, was ich als Freundschaftsdienst bezeichnen würde.
    Er plant einen vorsätzlichen Mord. Auch wenn es ihm nahe geht, es ist das schwerwiegendere Verbrechen, denn Lennies Tat war ohne Absicht.


    Für mich sind, nach dem Wegwischen der ersten Tränen aus dem Augenwinkel. dafür noch andere, unausgesprochen Gründe maßgebend, als Lennie vor dem Lynchen zu bewahren.
    Hat er die Nase voll, hat er Angst davor, dass etwas davon an ihm hängen bleibt und er auch für Lennies Tat mitbüßen muss?
    Wächst ihm das Verhältnis zu Lennie einfach über den Kopf?


    Mir ist klar, dass ich bei einer Schularbeit zu diesem Roman mit meinen Interpretationen stark anecken würde, dass sie wahrscheinlich der landläufigen Deutung zuwiderlaufen.
    Aber in einer Gesellschaft, die bei schwerster Krankheit Töten auf Verlangen verurteilt, sollten diese Fragen erlaubt sein.


    Zitat

    Original von beowulf
    Aber der einzige mit Bildung - der belesene- ist der Nigger.


    Wie kommst Du darauf?
    Nur weil Crooks Bücher in seinem Refugium hat?


    Alle, außer Lennie wahrscheinlich, können Lesen und Schreiben. Allerdings werden Wanderarbeiter wohl kaum kleine Bibliotheken mit sich herumschleppen.


    Crooks ist ein Nigger, er ist ausgeschlossen, er darf nicht mit den anderen in einem Raum sein, er wird von den Weißen, außer beim Hufeisenwerfen, gemieden. Er ist letztendlich nur geduldet, so lange er durch seine Arbeit wertvoll ist. Aber er ist nichts wert. Sein Rückzug, als in Curleys Frau zurechtweist, beweist, dass er sich seiner „Wertlosigkeit“ bewusst ist. Einen Nigger hängen, war damals eine kleine Straftat, wenn überhaupt.
    Er arbeitet schon lange, also sammelt sich einiges bei ihm an. Auch Bücher, denn sie sind seine einzigen „Ansprechpartner“. Was das für Bücher sind, ob Unterhaltungsromane oder Literatur, bleibt offen.
    Vielleicht sind es auch nur von Wanderarbeiter zurückgelassene Exemplare, denn viel Lohn, wenn überhaupt, dürfte er als „Nigger“ nicht bekommen haben.



    Ich weiß nicht welche Intension John Steinbeck mit seinem Roman verfolgte. Aber er schildert in einer kleinen Episode eindrücklich ein Leben, eine Lebensweise, eine Realität, die das „reiche“ Amerika gern ausgeblendet hätte.
    Ich habe mir vorgenommen seinen Roman davor „Stürmische Ernte“ und danach „Früchte des Zorns“ zu lesen, die auch das Schicksal der Wanderarbeiter schildern.


    John Steinbeck erinnert mich stark an Jack London, besonders seine „Abenteuer des Schienenstrangs“. Durch einen Vergleich von Steinbeck mit Jack London bin ich vor Jahren auf den Autor gekommen.


    EDIT: Formatierung war Mist

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von dyke
    Alle, außer Lennie wahrscheinlich, können Lesen und Schreiben. Allerdings werden Wanderarbeiter wohl kaum kleine Bibliotheken mit sich herumschleppen.


    Ja, sehe ich auch so. Es wurde ziemlich am Anfang erwähnt, dass sie sehr gerne die Cowboy-Hefte lesen (obwohl nur die wenigsten es zugeben), ein ehemaliger Farmarbeiter hat ja sogar einen Leserbrief an ein Magazin geschrieben. Lesen und schreiben können sie also offenbar. Ob sie weitergehend gebildet sind, das ist wieder eine andere Frage und lässt sich aus dem wenigen was man in dem Buch über die Personen erfährt gar nicht so sagen. Möglicherweise ist Slim gebildeter als die anderen Jungs.


    Und bei Crooks stand auch, dass er mittlerweile einfach zu viel Zeug hat um noch auf Tippeln gehen zu können. Er ist sozusagen durch seinen Besitz gebunden (wenn er durch die Verkrüpperlung nicht ohnehin gezwungen wäre zu bleiben).



    Edit
    dyke
    Ich finde Deine Argumentation gar nicht mal so abwegig. Du hast schon recht, George hätte vielleicht versuchen können, Lennie doch noch irgendwie zu retten. Auf der anderen Seite weiß er nun mit Sicherheit, dass Lennie nicht nur für Kleinvieh gefährlich ist. Er könnte ihn ja keine Sekunde mehr aus den Augen lassen und wie sollte er das erklären? Möglich wäre natürlich noch, dass er ihn irgendwo versteckt und mit Candy inzwischen die Farm anzahlt, damit Lennie dann dorthin kann. Aber dann spielt natürlich wieder der Verdachtsmoment mit und am Ende hätte Curley vielleicht sogar George umgebracht. :gruebel

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Mir schoß noch ein Gedanke durch den Kopf:


    Lennie wird verfolgt, weil er unabsichtlich getötet hat. Wenn George ihm hilft, wird er zum Mittäter und genauso verfolgt. Wird zum Paria.
    Aber da er Lennie tötet, einen absichtlichen Mord begeht, behält er seinen, wenn auch geringen, Status in der Gesellschaft.


    Was für eine Welt :uebel


    EDIT: Je länger mir dieses kleine Buch im Kopf herumspuckt, um so mehr verdrängt Wut die Betroffenheit und Trauer

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

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  • Zitat

    Original von dyke
    Aber da er Lennie tötet, einen absichtlichen Mord begeht, behält er seinen, wenn auch geringen, Status in der Gesellschaft.


    Was für eine Welt :uebel


    Ich frage mich, ob damals "Selbstjustiz" wirklich erlaubt war, oder ob es mehr nach dem Motto "Wo kein Kläger da kein Richter" ablief. :gruebel *versucht da mal was rauszufinden*


    Edit: Das ist bei Wikipedia unter "Vigilantismus" zu finden:
    "In den USA war der Vigilantismus während des Goldrauschs und besonders in Kalifornien während des Kampfes um die Beherrschung der Goldfelder nach dem Goldrausch von 1849 in Montana verbreitet, sowie während der Arbeitslosigkeit zwischen den Weltkriegen. Der Vigilantismus brach auch in anderen Landesteilen aus und endete häufig in der Lynchjustiz gegenüber verdächtigten Personen oder erkannten Verbrechern. Nicht alle Aktivitäten waren nur vorübergehend. Im 19. Jahrhundert gab es in Amerika zahlreiche gut organisierte Vigilanzkomitees."


    Scheint, als wären die zuständigen Behörden schlicht überfordert gewesen.

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    - Meister Yoda

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  • @ dyke: Stimme dir absolut zu! Ich könnte mir vorstellen, dass hier aus einem bestimmten Grund mit zweierlei Maß gemessen wird: Lennie hat eine "unschuldige" Frau (noch dazu die Schwiegertochter des Chefs) getötet und George "nur" einen "Mörder" (der noch dazu "minderbemittelt" ist, was keinen Einfluss auf die wahrgenommene Schuldfähigkeit, wohl aber auf die "Wertigkeit" des Menschen gehabt zu haben scheint)


    Oh, sorry, für den inflationären Gebrauch von "" :grin


    @ Para: Danke für die interessanten Infos!

  • Ich habe jetzt erst mal eure postings gelesen und ihr habt ja wieder mal schon alles gesagt.


    Lennie besucht Crooks, einen farbigen Stallknecht in seinem Zimmer, das er im Unterschied zu den "weißen Arbeitern" hat, weil ihn niemand im Schlafssal haben will. Hier finden sich also zwei Außenseiter. Crooks provoziert Lennie, indem er ihn fragt, was wäre, wenn George nicht mehr zurückkäme. Diese Frage beschäftigt den geistig zurückgebliebenen Lennie sehr. Dann kommt plötzlich den nächste Außenseiter, Candy und Lennie mitzuteilen, daß er alles durchgerechnet hat und der Kauf der Farm geht auf.


    Dann tötet Lennie einen Welpen, offensichtlich wieder einmal, weil er seine Kraft nicht richtig einschätzen kann. Curleys Frau kommt zu ihm in die Scheune und diese schüttelt er so lange bis ihr Genick bricht. Ich finde hier kann man so richtig mit ihm fühlen, er weiß einfach nicht wie weit er gehen kann. Er erinnert sich dann aber, daß George ihm immer gesagt hat, wenn ein schwierige Situation auftaucht, soll er "ins Gebüsch" quasi in ihr Versteck flüchen. Das macht er dann und hier kommt es dann zu diesem Ende, indem George Lennie mit einem Genickschuß tötet.


    Es ist wirklich ein schönes Buch, das die Welt der kleinen Leute zeigt, auch die Sprache sehr einfach gehalten und dadurch passend. Es verschafft und einen kleinen Einblick in die Welt des reichen Amerikas in der damaligen Zeit aus der Sicht unserer beiden Landarbeiter, die eine Zweckgemeinschaft gebildet haben. Das Ende ist tragisch, was muß es George für eine Kraft gekostet haben, dies zu tun.


    Von mir 9 Punkte. Dies war mein zweiter Steinbeck, nach Tortilla Flat und ich habe auf dem SUB noch Früchte des Zorns

  • Hier ein link zu einer Photodokumentation über in Lynchjustizbis in die 50er Jahre



    withoutsanctuary


    Gleich das erste Foto datiert aus dem Jahre 1935 in Kalifornien, also zur Zeit und Staat, in dem "Von Menschen und Mäusen" spielt.

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    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Noch ein Hinweis


    Kalifornien ist um einiges größer als die BRD (lt. wikipedia 423.970 qkm) hatte aber in den 30er Jahren nur 6 - 7 Millionen Einwohner.


    Es hatte also eine sehr geringe Einwohnerdichte. Wanderarbeiter, die wahrscheinlich auch heimatlos waren, konnten da einfach verschwinden und kein Mensch suichte nach ihnen. Wo auch ? Und wer sollte sie vermissen ?

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    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson