Adam Davies - Froschkönig

  • Inhalt:
    Harry wäre eigentlich ein gutes Leben in die Wiege gelegt: aus wohlhabenden Haus, Abschluß an einer Elite-Universität.
    Doch Harry hasst Klischees. Und er will sein Leben in die Hand nehmen.
    Als geht er als Lektor-Assistent zu einem großen Verlagshaus nach New York City. Und bekämpft dort, was er hasst: Klischees. Er eliminiert sie aus Manuskripten und versucht sie aus seinem Leben zu halten: keine schicke Wohnung, keine traute Zweisamkeit, keine Karriere, kein Geld.
    Mehr schlecht als recht hält er sich über Wasser. Und ist vor allem damit beschäftigt, das Wort Liebe zu meiden und Kollegin Evie trotzdem zu lieben.
    Harry schlängelt sich durch seinen Berufsalltag, versucht dem Chef aus dem Weg zu gehen, verlorene Manuskripte zu finden. Und er sucht die Nähe zu Evie. Er liebt sie. Aber da Liebe das schlimmste Klischee ist, spricht er es nicht aus. Und kann auch die Dates nebenher nicht lassen.
    Und so kommt es, wie es kommen muß: für Evie und Harry gibt es kein Happy End und Harry muß feststellen: er ist selbst ein Klischee!


    Meine Meinung:
    Ich bin bei dem Buch hin und hergerissen.
    Was mir gefällt: die lockere Sprache, der flotte Schreibstil und die Kurzweiligkeit der Geschichte.
    Was mir nicht gefällt:
    Harry ist eine fürchterlich unsympathische und nervige Person für mich. Ich kann den Charme, den diese Hauptfigur haben soll, nicht so recht sehen und erliege ihm nicht.
    Auch andere Figuren bleiben oberflächlich und uninteressant, obwohl sie Potential hätten.
    Und mir gefällt die Übersetzung nicht. Soll die Übersetzung eines Bagelladens Eat-A-Bagel als "Ess-A-Bagel" originell sein, witzig oder ist es einfach nur so dumm übersetzt, wie es aussieht?
    Ich finde manche dieser Übersetzungskreationen eher weniger witzig und einfach nur nervig.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Danke Janda, für diese Rezension, das klingt, als wäre es eher nichts für mich.
    Wortkreationen liebe ich eigentlich sehr, aber Du beschreibst sie ja hier als so nervig, dass man das Buch am liebsten loswerden will, noch bevor man es hatte... :lache


    grinsegrüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

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  • Die Wortkreationen fand ich nicht so dramatisch. Mir ist zwar ebenfalls unverständlich, wieso das so übersetzt wurde, aber da es sich ja in Grenzen hält, hat mich das nicht so gestört. Dagegen war es wesentlich quälender, dass mir Harry als Hauptdarsteller so unsympathisch ist... hat wirklich was nerviges an sich. Kommt sicher auch daher, dass seine Lebenseinstellung so überhaupt nicht mit meiner übereinstimmt. Und ein bisschen Realismus fehlt irgendwie auch.


    Naja, für mich war das Buch jedenfalls ein ziemlicher Tiefschlager, erst recht bei dem HC-Preis.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Gefällig, aber mit kleinen Schwächen


    Harald "Harry" Driscoll, 26, ist Lektoratsassistent beim New Yorker Verlag "Prestige", lebt gemeinsam mit Myriarden Fruchtfliegen in einer höhlenähnlichen Miniwohnung als Untermieter eines gewalttätigen Irren - und träumt davon, die Traditionen bei "Prestige" zu durchbrechen, indem er als erster bekannter Fall im Haus befördert wird. Das allerdings wird dadurch behindert, dass er bei der Manuskript-Vorauswahl vor allem seinen persönlichen Krieg gegen das Klischee führt, und außerdem hat er den bislang einzigen Text verschlampt, den er eigenverantwortlich lektorieren sollte. Harry hat Hautausschlag, nie Geld und oft Hunger. Aber er hat außerdem Evie, die hinreißende Kollegin, die ihr Leben mit ihm teilt, sogar eine gefährliche Operation in Kauf genommen hat, um ihm näher sein zu können, und die er rührend umsorgt, vor allem, wenn sich ihre Endometriose mit drastischen Krankheitsschüben meldet: Dann bemuttert er Evie, umschließt sie stundenlang zur "Kanonenkugel", lenkt sie mit "Rapunzel-Geschenken" ab oder leiht Videos mit menschenfressenden Tieren aus, die Evie so liebt. Nur dass er sie liebt, das vermag er nicht zu sagen, weil das ein Klischee wäre. Zudem hat er nach wie vor "Dates", nicht zuletzt mit der deutlich älteren Judith, einer Herausgeberin, die seine Karriere voranbringen könnte.


    Das Kernpersonal wird um einige Nebenfiguren ergänzt - eine junge Obdachlose, ein deutscher Kollege, Evies beste Freundin -, aber im Prinzip geht es nur um den chaotischen und eigenwilligen Harry, der mit seiner originellen, jedoch kontraproduktiven Weltsicht aktiv daran arbeitet, keinen Schritt voranzukommen, eher im Gegenteil. Folgerichtig stehen gleich mehrere Katastrophen ins Haus.


    Davies erzählt launig, mit einem guten Gefühl für lebensechte Dialoge, viel Witz und Situationskomik, allerdings auch relativ vorhersehbar und unter Verwendung bekannter, deshalb wenig origineller Versatzstücke. Zuweilen gibt sich der Roman anstrengend, weil er überbemüht anstehenden Entwicklungen ausweicht, und nicht alle Ereignisse empfand ich als nachvollziehbar. Dem flockigen Stil gelingt es auch nicht ganz, die Unnahbarkeit der Hauptfigur auszugleichen, die mir ohnehin im Verlauf der Lektüre immer unglaubwürdiger erschien. Der Blick auf die Eigenarten der Verlagsbranche jedoch ist exzellent gelungen.


    "Froschkönig" ist das literarische Debüt von Adam Davies und wurde 2002 publiziert, derzeit läuft die Verfilmung nach einem Drehbuch, das kein geringerer als "American Psycho" Bret Easton Ellis verfasst hat. Was übrigens nur konsequent ist, denn die Dramaturgie des Romans zielt hierauf direkt ab. Das Buch hat Elemente von "Bridget Jones", erinnert aber auch an die Romane von Jonathan Tropper. Eine amüsante und gelegentlich sehr interessante, gefällig aufgebaute Geschichte mit kleinen Schwächen bei Plot und Figurenzeichnung - jedoch durchaus unterhaltsam, wenn man hiervon absieht.