Originaltitel: La première empreinte (2002)
Aus dem Französischen von Tobias Scheffel
Zsolnay Verlag, 2008, 460 S.
Klappentext:
An einem Dienstag im November verlässt Christine Autran, Dozentin für Ur- und Frühgeschichte in Marseille, abends ihre Wohnung, um ans Meer zu fahren. Einen Monat später findet man die Leiche einer Frau im kalten Wasser der Calanques, unter einem Felsen eingeklemmt. Commandant Michel De Palma vom Morddezernat soll den Fall aufklären, dabei ist er bereits mit einem weiteren komplizierten Fall betraut: Ein Serienmörder hat wieder zwischen Marseille und Aix-en-Provence zugeschlagen. Neben den Leichen der getöteten Frauen pflegt er den Abdruck einer Hand zu hinterlassen, der an prähistorische Malereien in einer Unterwasserhöhle in den Calanques erinnert. Haben all diese merkwürdigen Todesfälle etwas miteinander zu tun? Ein spannender Kriminalroman an einem faszinierenden Schauplatz.
Über den Autor:
Xavier-Marie Bonnot wurde 1962 in Marseille geboren und lebt in Paris. Er studierte Literatur und Geschichte und arbeitet seit 1994 als Dokumentarfilmer und Kameramann, u.a. für arte. Der große Jäger ist sein erster Kriminalroman, für den er 2002 mit dem französischen RomPol-Preis der Leser ausgezeichnet wurde.
Meine Meinung:
Im Vorwort äußert sich der deutsche Krimiautor Friedrich Ani begeistert über den Roman, seine Protagonisten und den Autor. Ich kann ihm in vollem Umfang zustimmen. Die exzellente Übersetzung von Tobias Scheffel macht das Buch darüber hinaus zu einem echten Lesegenuss.
Commandant Michel De Palma, 47, Opernliebhaber, mit Spitznamen Baron, ist ein höchst erfolgreicher, wenn auch unbequemer Kommissar, der so seine eigenen Moralvorstellungen hat. Zudem ist er einsam, denn vor kurzem hat ihn seine Frau verlassen. Bei seinen Ermittlungen wird er unterstützt von seinem Team, der einzigen Frau in der Mordkommission Anna Moracchini und dem jungen Maxime Vidal. Er macht ihnen die Zusammenarbeit nicht immer leicht, da er gerne seine Gedanken und die Details seiner Ermittlungen für sich behält. Unermüdlich trägt er Steinchen für Steinchen zusammen, bis das Ganze schließlich ein Bild und somit einen Sinn ergibt. Denn dieser Krimi ist faszinierend aufgebaut und schlüssig bis zum hier mal nicht hollywoodreifen, aber stimmigen Ende.
Der Autor verwendet unterschiedliche Stilmittel, um dem Leser die Geschichte nahe zu bringen. Den Kommissar lässt er Opernarien hören, die zu seiner jeweiligen Stimmung passen, den Täter lässt er brutal agieren und beschreibt das auch mit drastischen Worten. In seine sonst so geschliffen schöne Sprache hämmern gelegentlich recht kräftige Ausdrücke herein, bezeichnend dafür, dass der kultivierte De Palma auch ganz anders kann, wenn es erforderlich ist.
Das für dieses Genre recht ungewöhnliche Thema der Ur- und Frühgeschichte macht aus diesem Buch einen ganz ungewöhnlichen Krimi. Die fiktiven Schauplätze in Marseille und die Felsgebilde der Calanques bilden den perfekten Rahmen für einen intelligenten, anspruchsvollen, sorgfältig recherchierten Krimi, auf den man sich einlassen muß, will man ihn richtig genießen. Mal so eben nebenbei gelesen, wird man ihm nicht gerecht.
Ich freue mich schon sehr auf weitere Fälle von Commandant De Palma. Im Original sind bereits zwei weitere Bände erschienen: „La bête du marais“ (2004) und „La voix du loup“ (2006)
Ach ja: Amüsant ist der running gag, der sich durch das Buch zieht: Vor allem die älteren Leute sprechen De Palma noch mit seinem alten Dienstgrad an und der Autor lässt ihn dann jedes Mal sagen: „Das heißt jetzt Commandant.“ Zur Erklärung: Bereits im Jahr 1966 wurde die französische „Sûreté Nationale“ in „Police Nationale“ umbenannt und auch umstrukturiert. Aus dieser Zeit dürfte auch die Neubezeichnung der Dienstgrade stammen.