Die bezaubernde Arabella - von Georgette Heyer

  • Kurzbeschreibung


    Arabella, Tochter eines Vikars aus der nordenglischen Provinz, ist nicht mit Reichtümern gesegnet, als sie sich nach London aufmacht, um dort ihr Glück zu suchen. Bereits am ersten Abend lernt sie den begehrtesten Junggesellen der Stadt kennen, der von ihrem Charme, ihrer Unverblümtheit und ihrem Gerechtigkeitssinn fasziniert ist. Aber es stellen sich den beiden zahlreiche Hindernisse in den Weg:
    Da ist zum Beispiel Lord Fleetwood, der überall herumposaunt, Arabella sei eine reiche Erbin. Oder Lord Bridlington, den es ärgert, daß seine Mutter sich so sehr des Mädchens annimmt. Und nicht zuletzt sind da zahlreiche Verehrer, die eine gute Partie zu machen hoffen ...




    kamelin meint


    Arabella, die überaus hübsche Tochter aus dem Pfarrhaus, soll eine gute Partie machen, und wird zu diesem Zweck von der Mama zu der reichen Tante nach London geschickt. Kurz vor der Stadt lernt sie Mr. Beaumaris kennen, den heiss begehrtesten Junggesellen von ganz England. Zufällig hört sie eine äusserst abfällige Bemerkung seinerseits und beschliesst ihm eine Lektion zu erteilen, indem sie sich als reiche Erbin ausgibt. Dass dies ein Fehler war soll sie rasch feststellen, denn der wohlhabende Beaumaris gehört nicht nur zu den ersten Familien Englands, nein, ein Hochziehen seiner Braue genügt, und eine Karriere ist zerstört - sein Lächeln reicht aus, und der Begünstigte ist ein gemachter Mann. Er durchschaut Arabellas Streich, und beschliesst sich auf ihre Kosten zu amüsieren. So lässt er in London das Gerücht streuen, Arabella sei tatsächlich eine reiche Erbin aus bester Familie, und macht aus der Vikarstochter in Windeseile eine der begehrtesten Partien der Saison. Und so stömen die Mitgiftjäger aller Art in die Tanzsäle Londons, um den dicken Fisch an Land zu ziehen.
    Arabella ist bestürzt, und muss schon bald auch die respektabelsten Anträge ablehnen, weil diese unter falschen Voraussetzungen gemacht wurden. Doch auch der eitle Mr. Beaumaris ist bestürzt, denn er muss feststellen, dass er Arabellas Charme erliegt. Nur will die nichts von ihm wissen, denn schliesslich ist er mit an ihrer aktuellen Misere schuld - und das lässt sie ihn fühlen. Der strengt sich nun doppelt an, schliesslich steht auch sein Ruf als Herzensbrecher auf dem Spiel, und Arabella zeigt sich seinen Bemühungen ihr gegenüber recht unbeteiligt, ist sie doch davon überzeugt, dass er sie für eine Landpomeranze hält, die er ordentlich auf die Schippe nehmen kann.


    Das ist einer meiner Lieblinge von Georgette Heyer, den ich gar nicht mehr aus der Hand legen konnte. Für ihre kleine Lüge muss Arabella schwer büssen, doch sie hatte auch etwas Gutes, denn ohne diesen Schwindel hätte es nur halb so viele Verwechslungen und Missverständnisse gegeben, und am Ende ist der gute Beaumaris schwer in sie verliebt, und gibt sich alle Mühe das Kuddelmuddel zu entwirren und Arabellas Herz zu erobern. Ein herrlicher Roman, in dem nicht nur Arabella bezaubert, sondern auch die vielen anderen Charaktere und Persönlichkeiten, die Mitgiftjäger und Neider, die Lords und Ladies und natürlich die aufgeregte Tante und ihr kleinlicher Sohn. Die Autorin kennt ihre Mitmenschen und beschreibt deren Schrullen, die Irrungen und Wirrungen mit einem sympathischen Blinzeln, dem man sich kaum verschiessen kann. Einer der liebenswertesten Heyer-Romane, von " Der Page und die Herzogin" einmal abgesehen ,o)



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  • Wieso meinst du, dass dieser dafür besonders geeignet wäre? :gruebel


    Heyer schreibt kein ganz leichtes Englisch, und wer wenig Erfahrung mit Englischlesen hat, den wird ihr Stil vermutlich zunächst frustrieren. Aber ich finde, es lohnt sich wirklich. Und bei einem Buch, das man schon kennt, dürfte es ohnehin etwas leichter sein.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • :anbet


    :lache


    Damit ist eigentlich schon alles gesagt. :-]


    "Arabella" ist bei mir geradewegs auf Platz 2 meiner Heyer-Bestenliste geklettert, hinter "The Grand Sophy" und gleichauf mit "Venetia". Dieses Buch ist eins von denen, bei denen auf dem Klappentext gerne "a delightful romp" steht. Will sagen: Wer es nicht zu ernst nimmt, wird sich köstlich unterhalten. Es ist der lustigste Heyer-Roman, den ich bisher gelesen habe.


    Im Mittelteil hatte ich mit den Perspektiven ein bisschen Probleme; der Perspektivenwechsel zu Arabellas Bruder Bertram kam mir zu abrupt, zumal Bertram zu Anfang des Buches eher eine Nebenfigur gewesen war. Da brauchte ich eine Weile, bis ich Bertrams Erlebnisse genauso interessant fand wie die von Arabella - ich wäre lieber weiterhin bei Arabella geblieben, und mir fehlte der Kommentar zu einigen Ereignissen aus ihrer Sicht. Darum nur Platz 2... Aber das gab sich recht schnell, und schließlich wurde ja auch alles wieder zusammengeführt.


    Dieser Mr Beaumaris ist natürlich viel zu toll, um wahr zu sein - ein scheinbarer arroganter Kotzbrocken, der sich in Windeseile als Mann mit Kopf, Herz, Witz, Geld entpuppt... :lache Besonders die Szenen mit

    fand ich wundervoll.


    Die Auflösung ist reichlich dick aufgetragen, aber wenn man bedenkt, wie rosig-familienidyllisch das Buch schon anfängt, dann kann man sich denken, was einen erwartet. ;-)


    Ich habe mich wunderbar unterhalten, und wenn kamelin meint, dass "Der Page und die Herzogin" ("These old shades") womöglich NOCH liebenswerter sei, dann wird der gleich mal auf die Wunschliste gepackt.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Heyer hat Arabellas Charakter frech & zugleich schüchtern, intelligent & ebenso naiv konzipiert.
    Jedoch besticht das junge Mädchen hauptsächlich durch ihr Vermögen Mitgefühl, in einer lediglich auf sich selbst und Oberflächlichkeiten, bedachten Gesellschaft, empfinden zu können. Daraus ergeben sich selbstverständlich oftmals bezaubernde Situationen, wenn Belle nämlich das Elend auf den Straßen Londons mitansehen muss und dies nicht ertragen kann. Sie, die ganz im Sinne des Humanismus erzogen worden ist, begibt sich dadurch nicht lediglich einmalig in scheinbar ungehörige Situationen, aus denen ihr der Protagonist wieder heraushelfen muss.


    Robert Beaumaris, der ihr anfangs noch List, daraufhin Narrheit unterstellt, wird durch erwähnte Einfühlungsgabe und Temperament der Pfarrerstochter in seinen Bann gezogen.
    Interessant schien mir seine Person, beim Lesen, durchaus, da er trotz seiner hoffnungsvoll verwöhnten Umgebung, immer noch im Stande ist, das Wesentliche zu erkennen. Er beobachtet mit erstaunlicher Scharfsichtigkeit die hochnäsige Öffentlichkeit und durchschaut die Menschen recht schnell.
    So macht er sich, entgegen seiner bisherigen Erfahrung, dass ihm tatsächlich keine Frau widerstehen kann, oder hinter seinem Geld her ist, bezüglich Belle nicht besonders lange etwas vor und entschlüsselt die Situation in Windeseile.


    Heyer lässt die Protagonisten übrigens weder vulgär noch zickig werden, und das ist das Herrliche, denn dieser Liebesroman kommt gänzlich ohne Sex, Vulgaritäten, oder zickige, geschweige denn schwülstige, Reden aus und punktet trotzdem.
    Selbstverständlich ist die Geschichte summa summarum voraussehbar geschrieben und auch wenn Heyers Stil, Sätze über ganze Seiten nicht zu beenden, zuerst leicht gewöhnungsbedürftig ist, wird man mit dieser Methode recht schnell vertraut.


    Trotz Heyers sehr gewählter Ausdrucksform, amüsiert sie den Leser mit oftmals spritzigen Dialogen, die einen krassen Kontrast zu manchen monotonen Beschreibungen darstellten.


    Damit komme ich zu dem einzigen Makel von diesem Buch: Mammutsätze stören mich nicht, allerdings übertreibt es die Autorin manches Mal mit Aufzählungen von irgendwelchen Textilien und damals gängigen Accessoires. Klar, ein paar dürfen schon erwähnt werden, damit ein Hineindenken in die Epoche und Romanwelt möglich ist, nur sollte dabei, wie es für Vieles im Leben gilt, nicht übertrieben werden.


    Als ich jedoch eine Bilanz zog, kam ich auf 8 [von 10] Punkte und hatte übrigens gleich darauf die Vernunft – Ehe von Heyer angefangen. :)


    Fazit: Ein gänzlich liebenswerter, amüsanter Roman, mit entzückenden, intelligenten Protagonisten, der für jedes Alter geeignet ist, und mir, bei Beenden der Geschichte, ein Lächeln auf die Lippen gezaubert hat.

    Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war, stets kannst du im Heute von Neuem beginnen - Buddha