Arbeitsplatz - Du oder Sie?

  • Und wieder mal eine Frage aus dem Arbeitsleben ;-)


    Ich habe zur Zeit folgendes Problem:


    Vor ca. einem Jahr habe ich eine neue Arbeitsstelle in einer Arztpraxis angetreten. Mein Arbeitgeber sagte mir damals, daß es in seiner Praxis üblich sei, daß er die Angestellten mit Vornamen anredet.
    Das passte mir zwar so ganz und gar nicht, aber da ich neu war und meine Arbeitskolleginnen ebenfalls von ihm mit Vornamen angeredet wurden, wollte ich mich den gegebenen Umständen anpassen und nicht gleich "querschießen".
    Leider ein großer Fehler, wie ich heute weiß.


    Anfangs wurde das alles noch mit einem gewissen Respekt gehandhabt. Ich wurde von meinem Chef zwar mit Vornamen angesprochen, aber er blieb beim "Sie" (und das hatte ich eigentlich auch bei meiner Einwilligung vorausgesetzt).


    Mittlerweile rutscht ihm aber auch immer öfter das "Du" heraus. Und nicht nur das, sondern auch oft in einem sehr unhöflichen und herablassenden Ton.
    Wenn er z. B.meint mit meiner Arbeitsweise unzufrieden zu sein, schnauzt er mich sehr unhöflich und mit der "Du-Anrede" an.


    Ich möchte nun eigentlich gern wieder, daß er mich mit meinem Nachnamen und "Sie" anredet, so wie ich es auch bisher in meinen Arbeitsverhältnissen gewohnt war.


    Nur weiß ich nicht so recht, wie ich ihm das einigermaßen nett beibringen soll.


    Wie würdet ihr euch in dieser Situation verhalten?


    Ich würde mich über Antworten von euch freuen :wave


    Charlotte

  • Hallo Charlotte :wave
    Ohje, das ist ja ne blöde Situation. Ich finde es auch etwas komisch, dass dein Chef "Du" sagt, das aber nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Mit dem Vornamen und "Sie" ist ja noch ok.
    Wenn er das nächste mal mit deiner Arbeitsweise nicht zufrieden ist und dich mit dem "Du" anmotzt, würde ich ihn um ein Gespräch bitten und ihm die Situation erklären.
    Du kannst ihm ja einfach sagen, dass es dir unangenehm ist, vor den Patienten geduzt zu werden. Ich denke mal, dass er dich ja nicht im Stillen anmotzt, sondern das auch schön zu jeder unpassenden Gelegenheit an Ort und Stelle macht, oder? Dann würde ich eine Überleitung zum Allgemeinen suchen und gleich erklären, dass dir das insgesamt nicht so recht ist.
    :knuddel1

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Zitat

    Original von Lesebiene
    Vorname und Sie ist in vielen Betrieben üblich - gerade die großen amerikanischen Unternehmen.


    Gegen Vorname und "Sie" hatte ich bisher auch nichts einzuwenden. Das war schon ein Entgegenkommen von mir - wie ich das bisher empfunden habe.


    Denn schließlich rede ich meinen Arbeitgeber auch mit seinem (Titel und) Nachnamen an. Sollte doch andersherum auch möglich sein, oder sehe ich das so vollkommen falsch?


    Abgesehen davon sind wir kein amerikanisches Unternehmen.

  • Zitat

    Original von ninnie
    Hallo Charlotte :wave
    Ohje, das ist ja ne blöde Situation. Ich finde es auch etwas komisch, dass dein Chef "Du" sagt, das aber nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Mit dem Vornamen und "Sie" ist ja noch ok.
    Wenn er das nächste mal mit deiner Arbeitsweise nicht zufrieden ist und dich mit dem "Du" anmotzt, würde ich ihn um ein Gespräch bitten und ihm die Situation erklären.
    Du kannst ihm ja einfach sagen, dass es dir unangenehm ist, vor den Patienten geduzt zu werden. Ich denke mal, dass er dich ja nicht im Stillen anmotzt, sondern das auch schön zu jeder unpassenden Gelegenheit an Ort und Stelle macht, oder? Dann würde ich eine Überleitung zum Allgemeinen suchen und gleich erklären, dass dir das insgesamt nicht so recht ist.
    :knuddel1


    Ich werde das Thema auf jeden Fall nächste Woche mal vorbringen. Danke für deine Anregungen. :wave

  • Gerne.
    Ich drück dir auf jeden Fall die Daumen. Solche Situationen am Arbeitsplatz sind nicht schön.
    Sag mal, wie es lief, ok?

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Klar werde ich von dem Ausgang des Gespächs berichten.


    Es läuft bei uns auf der Arbeit zur Zeit leider einiges schief :-(. Der Chef spart Personal ein, möchte aber trotzdem das alles reibungslos läuft.
    Wir reißen uns für ein Mini-Gehalt den Arsch auf und jeder kleinste Fehler wird mit einem Anschiß belohnt. Dagegen kann ich leider im Moment nicht viel tun, außer mich gleichzeitig bei anderen Firmen zu bewerben.


    Der Typ hat einfach keinen Anstand. Selbst Patienten sind schockiert darüber, wie er mit seinem Personal umgeht.
    Dagegen kann ich in meiner jetzigen Situation leider wenig ändern, außer solche Formfehler wie die Anrede anzuprangern. Ein "Du Arschloch" kommt einem eben eher über die Lippen als "Sie Arschloch" ;-).


    Wenn er so total unzufrieden mit mir ist, wäre es ein leichtes für ihn, mich zu kündigen.
    Anders herum ist es für mich - ohne einen neuen Job in Aussicht zu haben - leider nicht so einfach möglich.

  • Du sagst also zu ihm "Herr Dr. xy" und er "Charlotte, du..."? Das geht meiner Meinung nach gar nicht.


    Und wenn das ein Choleriker ist, dann zeigt das, dass er wohl Probleme mit sich selbst hat. Auch wenn er nicht direkt Schimpfwörter gebraucht, auch Anschisse wie "Du bist zu nichts zu gebrauchen; du bist unfähig" oder ähnliches können ganz schön zermürben. Da sind mit einer Rückkehr zum "Sie" wahrscheinlich auch nicht alle Probleme gelöst.

  • Zitat

    Original von taki32
    Anschisse wie "Du bist zu nichts zu gebrauchen; du bist unfähig" oder ähnliches können ganz schön zermürben. Da sind mit einer Rückkehr zum "Sie" wahrscheinlich auch nicht alle Probleme gelöst.


    Aber ein "SIE sind zu nichts zu gebauchen; SIE sind unfähig" hört sich doch schon netter an :lache


    Nee, mal im Ernst, ich wäre auch für einen Jobwechsel. Hoffentlich findest du bald was.

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965

  • Genau so ist es: Ich sage "Herr Dr. xy" zu ihm und er spricht mit "Charlotte, Sie..." oder "Charlotte, Du...." an, je nach Lust oder (schlechter) Laune.


    Ist mir auch klar, daß ich mit der Forderung nach dem "Sie" nicht alle Probleme aus der Welt schaffe. Aber so lang ich keinen anderen Job in Aussicht habe, muß ich wohl mit diesem Choleriker (gut getroffen, taki :-) ) auskommen und ihm klar machen, daß er mit mir (und meinen anderen Kolleginnen) nicht so umspringen kann.

  • :gruebel
    Hm...meinst du wirklich der Umgangston ändert sich, wenn er dich siezt?


    Ganz ehrlich ein einmal gewährtes DU rückgängig zu machen, erachte ich für albern und führt in diesem Fall wohl auch nicht zum Ziel.


    Ich duze mich mit meinen Kollegen und meinem direkten Vorgesetzten, würde er mich mit SIE anreden, würde ich das doch sehr befremdlich finden, da wir jeden Tag miteinander arbeiten.....
    Daß Sie ist bei uns für die hochrangigen Vorgesetzten vorbehalten, wobei ich da auch Ausnahmen mache, meine letzten höheren Vorgesetzten habe ich alle gedutzt und dadurch haben weder sie an Respekt einbüßen müssen, noch ich.


    Ich erachte das SIE und DU für total überholt und veraltet und als alberne Spielerei, die man nur dann heranzieht, wenn man nicht in der Lage ist seinen Respekt und Abstand auf andere (rhetorische) Art und Weise durchzusetzen und einzufordern....


    Natürlich geht einem ein "SIE ARSCH!" schwerer von der Hand als ein "DU ARSCH!" Aber generell sagt man wohl auch einfach nur "ARSCH" ohne Anrede, oder? :grin


    Vielleicht bietest du deinem Chef einfach das gegenseitige DU an und schaust wie er reagiert?


    Aber ganz ehrlich auf einer Arbeitsstelle auf der sich alle gegenseitig siezen würde ich persönlich mich doch sehr unwohl fühlen.... :gruebel

  • Wenn ich so überlege, finde ich selbst Charlotte und Sie grenzwertig, wenn er sich mit Titel und Nachnamen ansprechen lässt. Du bist kein Teenager und ich finde solche sprachlichen Unterschiede schon etwas respektlos.


    Ja, mach ihm klar, dass er mit dir und deinen Kolleginnen nicht so umspringen kann. Du musst wohl versuchen, Grenzen zu setzen. Keine leichte Aufgabe!

  • Mein Arbeitgeber beherbergt etwa 3.500 Menschen hier in der Region.
    Bei uns ist auch werksübergreifend bis in die höchste (!) Hierarchiebene das Du üblich. Finde ich gut so. Erspart Reibereien wie gelesen.

  • Ich finde das "Du" auch angenehmer, allerdings nur wenn es auf Gegenseitigkeit beruht.
    Alles andere wirkt herablassend.

    Liebe Grüße,
    Ninnie



    Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.
    Sir Winston Churchill 1874-1965


  • Natürlich habe ich auch schon daran gedacht, ihm das konsequente "Du" anzubieten. Aber ich will es eben auf die etwas seichtere Tour versuchen ;-)



    Das Problem ist: Ich habe ihm ja niemals das "Du" angeboten. Er hat das mit der Zeit einfach selbstverständlich benutzt, ohne daß ich mir jemals anmaßen dürfte ihn auch zu duzen. Und ich denke, da ist ein erheblicher Unterschied!!


    Und ich duze mich natürlich auch mit meinen Kolleginnen. Etwas anderes könnte ich mir da auch gar nicht vorstellen. Und trotzdem respektieren wir uns.


    Ich muß dazu sagen: Das Problem des "duzen" hatte ich auch eher bei einer Kollegin mitbekommen, die mir lieb und teuer ist, und die mit einer sehr unhöflichen Art und Weise während des Praxisbetriebes in der Art "Du bist ja total unfähig" angefahren wurden. Mir selbst ist das bisher - obwohl er mich auch hin und wieder schon geduzt hat, noch nicht wiederfahren.
    Aber vielleicht ist das alles nur eine Frage der Zeit. Und dem möchte ich mit der "Sie-Anrede" etwas vorbeugen.


    Ich denke, so unterbemittelt wie ich meinen Chef derzeit empfinde, ist es zumindest ein kleine Zurechtweisung seiner Höflichkeitsformen.
    Sicher weiß ich auch, daß ich diesen Choleriker niemals ändern kann, aber für mich ist das eben auch so ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl für ihn.


    Und deshalb habe ich ja hier nach Tips oder Erfahrungen gefragt.

  • Also ich finde, das geht ja gar nicht, dass er sich mit Herr Dr. X und Sie anreden läßt und Dich duzt.


    Wir am Krankenhaus duzen uns alle von der Schwesternhelferin bis zum Oberarzt. Und nennen uns auch alle nur beim Vonamen.


    Nur der Chef wird Herr Prof. anredet und natürlich gesiezt. Dies tut er allerdings ebenfalls, nicht nur bei uns Ärzten, sondern selbstverständlich auch gegenüber dem Pflegepersonal.


    Die Idee von ninnie ist sicher gut.

    Liebe Grüße, Sigrid

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    Dass Zeit sich lohnt

  • Ich finde, auf ein konsequentes "Sie" zurückzukehren, wenn man schon beim "Du" war - auch wenn er sich das mehr oder weniger erschlichen hat, ist nicht der richtige Weg.


    Viel besser wäre es, den Umgangston an sich anzusprechen.


    Denn einen miesen Umgangston kann ich auch per Sie miteinander pflegen, das ist vollkommen unabhängig. Und ich bin mir sicher, es geht Dir auch nicht besser, wenn er Dir statt eines "Was hast Du denn da wieder gemacht?" ein "Was haben Sie denn da wieder gemacht?" entgegenwirft.


    Denn wenn Du ehrlich bist, wurmt Dich das "Du" doch auch hauptsächlich deswegen, weil es in Verbindung mit einem unsäglichen Umgangston einherkommt?

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)