Sein Bruder
OT: Son frère (2001)
Der Autor
Philippe Besson wurde 1967 im kleinen französischen Dorf Barbezieux geboren. Seit 1989 lebt er in Paris, wo er zunächst Jura studierte und anschließend als Jurist tätig war. 2001 erschien sein erster Roman Zeit der Abwesenheit, 2003 sein bisher größter Erfolg, Eine italienische Liebe.
Inhalt (amazon)
»Dieses wunderbare, ergreifende Buch spricht von der Erinnerung, ein Buch, das man tief bewegt beendet.« Magazine littéraire Zwei Brüder, beide unter dreißig, die sich ein wenig aus den Augen verloren haben, zumal sie sehr unterschiedliche Lebenswege beschritten, finden wieder zusammen, als einer der beiden mit einer tödlichen Krankheit ringt. Doch nicht der Außenseiter, der homosexuelle, ist bedroht, sondern der andere, heterosexuelle, erfolgreichere und beliebtere Bruder. Beide setzen sich intensiv mit dieser Unmittelbarkeit, aber auch mit ihrer Vergangenheit auseinander.
In der Begegnung mit dem unvermeidlichen Tod kommen sich die beiden Brüder wieder sehr nahe, bilden eine Symbiose im Leid. Schonungslos, beklemmend und ungeheuer intensiv werden die Grenzen eines technischen Verständnisses heutiger medizinischer Betreuung aufgezeigt. Und übrig bleibt nur die Flucht aus der verriegelten Welt der Gerätegläubigkeit in das Symbol glücklicher Kindertage, ein Haus am Atlantik auf der Île de Ré. Dort sitz auf einer Bank am Meer ein alter Mann, einem Orakel gleich, der beiden in der Erkenntnis ihrer eigenen Geheimnisse hilft. Er ist ein Beobachter und ein Erzähler. Er läßt sein eigenes Leben einfließen in die lakonischen Beschreibungen dieser reizvollen Insel, ihrer Geschichte, ihrer Salzgärten. Und er beobachtet aus der Distanz, deutet auf verschlüsselte Weise eine Schuld an, die den todgeweihten Bruder zu belasten scheint. Ein Buch fern von jedem Klischee, in der Sprache eines Meisters.
Meine Meinung
Der erste Satz: Thomas stirbt.
Von Anfang an weiß also der Leser was auf ihn zukommt. Von Anfang an diese Hoffnungslosigkeit. Trotzdem emfpand ich das Buch nicht als depremierend, einfach nur intensiv.
Besson verwendet eine wunderbare, bildhafte Sprache. Die Geschichte wird aus der Perspektive des gesunden Bruders Lucas erzählt. Nüchtern schildert er die Leiden des zum Tode verurteilten Bruder, aber auch die Nähe die sich zwischen ihnen entwickelt. Das instinktive Wissen beider Brüder um den bevorstehenden Tod, das Abblocken und die Ausreden der Mediziner.
Das Buch ist nicht chronologisch aufgebaut. Es wechselt ständig zwischen der Gegenwart und der Zeit von Thomas' Krankenhausaufenthalt ein paar Monate zuvor sowie Erinnerungen an ihre glückliche Kindheit. Die Geschichte ist unwahrscheinlich realistisch erzählt. Genauso kann es sich jetzt gerade irgendwo auf der Welt zutragen. Das Buch hat nur 155 Seiten, aber mehr waren auch nicht nötig.