Denn alle tragen Schuld - Louise Penny

  • Originaltitel: Still Life (2005)
    Blanvalet 2008, 382 S.


    Inhalt:
    Ein abgelegenes Künstlerdorf irgendwo in Québec, Kanada. Chief Inspector Armand Gamache soll hier den Tod einer liebenswerten 76-jährigen Dame klären, die durch einen gezielten Jagdpfeil, der sie mitten ins Herz traf, ums Leben kam. Abgeschossen von einem Bogenschützen, von denen es viele gibt in dem kleinen, idyllischen Ort Three Pines. Die Dorfbewohner sind schockiert, war Jane Neal, pensionierte Lehrerin und Malerin, doch von allen hoch geschätzt und sehr beliebt.
    Gerade erst hatte Jane mit ihrer Ankündigung überrascht, zum ersten Mal ein selbst gemaltes Bild der Öffentlichkeit zu präsentieren und zu einer in wenigen Tagen stattfindenden Kunstausstellung einreichen zu wollen. Und hatte nach der Vernissage alle Freunde in ihr Haus eingeladen, in dem selbst ihre besten Freunde bisher keinen anderen Raum betreten hatten als die Küche.
    Chief Inspector Gamache beginnt auf seine ganz eigene Art zu ermitteln.


    Über die Autorin:
    Louise Penny ist in Toronto geboren und aufgewachsen. Als Rundfunkjournalistin hat sie in verschiedenen kanadischen Regionen gearbeitet und wurde für ihre investigative journalistische Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Denn alle tragen Schuld ist ihr erster Roman, der vom britischen Dagger Award bis zum amerikanischen Edgar international mit Preisen überschüttet wurde.


    Meine Meinung:
    Am Anfang geschieht ein Mord. Das erschreckt alle Einwohner gleichermaßen in dem kleinen Dorf, in dem die Welt bislang in Ordnung schien, in dem niemand seine Haustür oder sein Auto abschloss und jeder jeden kannte und jedem vertraute.
    Da ist das nette, dreißig Jahre jüngere Malerehepaar Clara und Peter, das neben Jane wohnt und mit dem sie eine tiefe Freundschaft verband. Da ist das schwule, allseits beliebte, leicht exzentrische Paar Olivier und Gabri, das das Bistro führt und die verschrobene Ruth, die nie mit ihrer Meinung hinter dem Berg hält. Myrna, die früher in Montreal eine psychotherapeutische Praxis geführt hat und nun eine kleine Buchhandlung besitzt und Ben, Peters Freund seit Schulzeiten und der Sohn einer guten Freundin Janes, die erst vor kurzem ihrem Krebsleiden erlag. Aber auch Janes einzige Verwandte, die nur auf ihren Vorteil bedachte Nichte Yolande, die es kaum erwarten kann, das Erbe in die Finger zu bekommen.


    Zum Glück für die Dorfbewohner und auch für den Leser wird Chief Inspector Gamache von der Sûreté Québec beauftragt, die Ermittlungen zu übernehmen. Denn mit diesem Kommissar, Mitte fünfzig, glücklich verheiratet, mit keinerlei traumatischen Kindheitserinnerungen behaftet, ist der Autorin ein echter Glücksgriff gelungen.
    Seine Methoden sind leise, behutsam und einfühlsam. Gamache ist ein aufmerksamer Zuhörer und guter Beobachter, der sein eingespieltes Team mit ruhiger, aber entschlossener Hand führt, dabei viel Wert auf gute Teamarbeit legt, mit der in der Vergangenheit immer gute Ergebnisse eingefahren hat. Sorgen bereitet ihm nur die Neue in seinem Team, die junge, ehrgeizige und übereifrige Yvette Nichol, die sich so gar nicht dem Stil ihres Chefs anpassen will.


    In ihrem geistreichen Krimidebüt erzählt die Autorin in heiterem, humorvollem und manchmal leicht bissigen Stil die Geschichte einer kleinen Dorfgemeinschaft, in der jeder jeden kennt und niemand sich den anderen als Mörder vorstellen kann. Auch mir als Leser hat die Vorstellung nicht gefallen, dass es am Ende einer von ihnen gewesen sein muss. Doch nach und nach erfährt man mehr über die Personen, ihre Vergangenheit und ihre Beziehungen zueinander. Natürlich gibt es unter der glatten Oberfläche auch menschliche Schwächen wie Neid, Missgunst und Habgier zu entdecken. Zum Ende hin ergibt sich ein schlüssiges Bild. Mir hat die Auflösung gut gefallen, am Schluss haben alle Puzzleteilchen ihren richtigen Platz eingenommen. Ich habe mich großartig unterhalten bei diesem schön geschriebenen, spannenden Krimi mit seinen köstlichen Dialogen, der mühelos ohne viel Blut und Gewaltanwendung auskommt. Von mir gibt es 9 Punkte.


    Ich freue mich schon sehr auf ein Wiedersehen mit dem wunderbaren Armand Gamache und bin gespannt, wie es mit Yvette Nichol weitergeht. Hier geht es zur Serie und hier zur homepage der Autorin.


    Ach ja: So würde Agatha Christie vielleicht heute schreiben, habe ich beim Lesen gedacht und Inspector Gamache erinnert mich an Kommissar Jean-Baptiste Adamsberg von Fred Vargas.

  • bei mir ist es auch auf der Wunschliste gelandet, danke für die Rezi! :-)


    edit: Ich habe gerade mal nach der englischen Ausgabe geschaut, aber was ist das denn für ein Cover? :wow

  • das ist viel schöner, aber leider auch recht teuer.


    Dabei kaufe ich mir gerade bei Serien lieber das Original, weil ich, wenn die Serie toll ist, irgendwann sowieso aufs Original umspringe, da es eher zu bekommen ist...

  • Haaach war das schön! Ein Krimi, ganz nach meinem Geschmack! :-]


    Meine Meinung:


    Three Pines ist ein idyllisches kanadisches Dorf, in dem jeder jeden kennt und niemand nachts seine Tür abschließt. Ich persönlich würde sofort und ohne zu zögern hierhin ziehen und das vor allem wegen der urigen aber liebenswerten Einwohner, die von Autorin Louise Penny ins Leben gerufen wurden. Sie sind so wunderbar authentisch gezeichnet, dass man meint, sie schon seit Ewigkeiten zu kennen. Jede Figur hat ihre Eigenheiten und ihre ganz persönliche Geschichte, von der mal mehr, mal weniger offengelegt und einiges angedeutet wird.


    Als die pensionierte Lehrerin Jane Neal tot im Wald aufgefunden wird, rückt noch Inspector Armand Gamache mit seinem Team von der Polizei aus Quebec ein und auch hier sind es die Charaktere, die fesseln. Gamache ist ein ruhiger Ermittler, Zuhören und Beobachten sind seine wichtigsten Ermittlungsmethoden und damit ist er schon einige Male erfolgreich gewesen. Der Fall selbst ist rätselhaft und spannend, allerdings wird ziemlich schnell klar, dass der Täter/die Täterin aus der Dorfgemeinschaft kommen muss, was den Spaß am Miträtseln erhöht. Die Auflösung ist zwar nicht unbedingt spektakulär, aber in sich rund und schlüssig, was für die Authentizität des Krimis spricht.


    Ich habe mich mit Gamache und den Leuten aus Three Pines hervorragend unterhalten und bin jetzt schon gespannt auf den zweiten Band. Fans des gemächlichen Landhauskrimis, bei dem die Charaktere wichtiger sind als blutiges Gemetzel, sollten sich diesen Serienerstling nicht entgehen lassen!


    Auch von mir 9 Punkte :-)

  • Vielen Dank für Eure Meinungen, für mich klingt das ein wenig nach der Inspektor Jury Reihe von Grimes, gibt es da Parallelen, oder ist das nur ein äußerer Eindruck?


    gespannte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Zitat

    Original von Elbereth
    Vielen Dank für Eure Meinungen, für mich klingt das ein wenig nach der Inspektor Jury Reihe von Grimes, gibt es da Parallelen, oder ist das nur ein äußerer Eindruck?


    Oh da kann ich dir leider nicht helfen, ich habe vor etlichen Jahren mal zwei Grimes gelesen, die ich als ganz nett aber nichts Besonderes in Erinnerung habe, mehr weiß ich leider nicht mehr. Aber so gut gefallen wie dieses hier haben sie mir ganz sicher nicht, sonst ständen sie noch im Regal. :grin

  • Bin im Forum "was lesen die Büchereulen" über diesen Titel gestolpert, wollte mehr wissen, habe aber meine Frage an janedoe völlig versaut und dann den Original-Eintrag nicht mehr gefunden. Jetzt weiß ich endlich wieder, was ich unbedingt lesen will. Danke und Gruß


    :flowers :flowers

  • Ich habe grad millas Rezension zu Band zwei gelesen und musste hier jetzt nochmal stöbern.
    Das Buch wandert sofort auf meine WL!! :-]


    wünschende Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Es ist schon einige Zeit her das ich es gelesen habe. Ein wirklich gutes Buch. Gut gezeichnete Charaktere. Ich konnte mir das Dorf und seine Bewohner lebhaft vorstellen, irgendwie war man mittendrin.

    Manchmal ist es besser durch Schweigen den Eindruck von Inkompetenz zu erwecken, als durch Reden letzte Zweifel daran auszuräumen.


  • Zitat

    Original von chiclana
    Ich bin mit dem Buch irgendwie nicht richtig warm geworden und habe ich nicht zuende gelesen...


    Mir ging es ähnlich, es liegt halb gelesen oben am Bett, und nur wenn ich einen endgültigen Absacker brauche, lese ich abends noch ein paar Seiten weiter.
    Problem: ich finde den Roman sehr "unpräzise", will sagen, ich verstehe die Story nicht genau, muss ständig zurückblättern, weil ich glaube, was überlesen zu haben, find's dann nicht, und bleibe mit dem Gefühl zurück, einfach nicht verstanden zu haben, was da denn eigentlich genau passiert ist. :gruebel


    Dabei find ich die Charaktere eigentlich ganz witzig, ich mag Quebec und eigentlich auch ruhige Krimis. Schade.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle

    Problem: ich finde den Roman sehr "unpräzise", will sagen, ich verstehe die Story nicht genau, muss ständig zurückblättern, weil ich glaube, was überlesen zu haben, find's dann nicht, und bleibe mit dem Gefühl zurück, einfach nicht verstanden zu haben, was da denn eigentlich genau passiert ist. :gruebel


    Das Gefühl kenne ich auch. Liegt aber oft daran, daß ich beim Lesen im Bett schon zu müde war, um der Story noch wirklich folgen zu können :grin

  • Ich habe es auch abgebrochen, irgendwie war es sehr langweilig geschrieben. Meine Gedanken sind ständig abgeschweift, so dass ich am Ende eines Abschnittes schon nicht mehr wußte, was ich da eigentlich gelesen hatte. Nach ca. 80 Seiten ist mir das Buch aus Versehen zugefallen, das habe ich mal als Zeichen genommen und nur noch den Schluß gelesen. Dabei hatte ich auch nicht das Gefühl, viel verpaßt zu haben *gg*.


    Das nächste Buch liegt noch im SUB, mal schauen, anlesen werde ich es auf jeden Fall. Ich mag eigentlich auch cozy Krimis, ich liebe Agatha Christie und die Tea Murder Reihe von Laura Childs - aber hiermit konnte ich mich so gar nicht anfreunden.


    LG
    Patty