"Oscar Wilde im Wilden Westen" von Walter Satterthwait

  • Er hat Rosenwasser, Seidenwäsche und die abendländische Kultur im Gepäck: Er lebt, um an immer neuen Bonmots zu feilen. Seine Waffe ist die Sprache. Er ist ein Dichter und ein Dandy. Er ist Oscar Wilde. 1882 ist er auf einer Lesereise unterwegs zwischen San Francisco und Chicago, um dem geneigten Publikum eine Ahnung von Kultur und Stil zu vermitteln. Begleitet von seinem Manager, einem pensionierten preußischen Offizier, einer französischen Comtesse, einem Reporter und einem amerikanischen Dichter sowie von seinem schwarzen Butler, schlägt er hart auf in der Wildwest-Realität. Nur die in unzähligen (Wort-)Gefechten erworbene Souveränität verhindert, dass er zur Lachnummer wird. Es gibt da freilich ein Problem: In den Tourneestädten werden rothaarige Prostituierte ermordet und ganz fürchterlich zugerichtet. Marshal Bob Grigsby - Raubein der alten Schule - vermutet den Mörder in Wildes Gesellschaft. Die beiden werden, unfreiwillig natürlich, zum Detektivteam; jeder nähert sich dem Mörder auf seine Weise.


    Bevor er Schriftsteller wurde hat Satterthwait, 1946 in Philadelphia geboren, als Barkeeper, Lexikonvertreter, Restaurantmanager und Korrektor gearbeitet. Einige Zeit hat er in Kenia gelebt, ist aber auch sonst viel herumgekommen in der Welt. Heute lebt er meist in Santa Fe. Ihm ist Mizz Lizzy und Mizz Lizzy kehrt zurück zu verdanken, die Phil Beaumont und Jane Turner-Reihe sowie eine Serie mit den Detektiven Joshua Croft und Rita Mondragon.


    Einer der besten Satterthwaits. Vielleicht ein bisschen blutig, und auch die Sex-Szenen lassen an Deutlichkeit aber auch gar nichts zu wünschen übrig – doch der Wortwitz und die Dialoge sind vom Allerfeinsten. Wer warum mordet tritt in den Hintergrund, wie so oft bei Satterthwait. Wenn Wilde aber zum ersten Mal auf Doc Holliday trifft, ist das eine Sternstunde für alle, die gute Bücher mögen, ganz gleich was sie lesen. Der Revolverheld versetzt seine Umgebung in Todesangst, und da geht es Oscar Wilde nicht anders. Aber wie gesagt, der Mann kennt sich aus mit Duellen, auch wenn seine Opfer für gewöhnlich nicht blutend im Straßenstaub liegen. Und so behauptet er sich mit den Waffen, die ihm zur Verfügung stehen ("kaum sichtbar und nur für einen Augenblick zog sich die rechte Ecke seines Munds hinter dem Schnäuzer nach oben. Es könnte ein Lächeln gewesen sein – unwahrscheinlich, dass Holliday nervöse Zuckungen hatte. Für nervöse Zuckungen muss man erst einmal Nerven haben"). Ich würde jetzt gern diese ganze Begegnung wiedergeben. Einfach zu gut. Wär' nur nicht fair, falls sich jemand doch fürs Buch entscheidet. Unbedingt zu empfehlen.