Der Untergeher - Thomas Bernhard

  • Kurzbeschreibung:


    Drei Pianisten, eine Leidenschaft. Alle wollen sie „nur das Höchste als wahre Kunst gelten lassen, alle stellen sie größte Ansprüche an sich selbst. Doch nur einem ist der Durchbruch vergönnt. Als der Pianist Wertheim den hinter geschlossenen Türen probenden Rivalen Glenn Gould hört, ist er als Künstler „tödlich getroffen, weiß er doch, dass er dessen Genialität nie wird erreichen können. Doch auch der Erzähler kapituliert, verschenkt seinen Steinway-Flügel und entschließt sich, „Weltanschauungskünstler zu werden. Beide, der Erzähler wie sein Gegenspieler Wertheim, sind sich einig, dass Goulds Genialität einzigartig ist. Der perfektioniert sein Spiel Tag für Tag, doch zieht er sich dabei immer weiter in die Einsamkeit zurück, bis er mit 51 Jahren –- so der Erzähler -– plötzlich „tot umfällt am Klavier. Der Tod des Pianisten lässt die beiden Rivalen von einst nicht unberührt. Es kommt zu drastischen Reaktionen, nach denen nichts mehr so ist, wie es vorher war. Bernhards Roman vom Klavierspieler Glenn Gould ist ein faszinierendes literarisches Spiel, in dem die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen. Es ist eine virtuos erzählte Geschichte vom Virtuosen, der sich immer tiefer in die Einsamkeit spielt.


    Über den Autor:


    Thomas Bernhard (1931-1989) war einer der bekanntesten österreichischen Erzähler des zwanzigsten Jahrhunderts. Er wuchs in Wien und in Seekirchen am Wallersee auf, wurde für kurze Zeit in ein Heim für schwer Erziehbare geschickt, brach seine Schulausbildung ab und wurde Kaufmannsgehilfe. Von 1947 bis 1948 arbeitete er als Lehrling bei einem Lebensmittelhändler. Dabei zog er sich eine Lungenentzündung zu, die sich zur Tuberkulose ausweitete. Er verbrachte die nächsten beiden Jahre in verschiedenen Krankenhäusern, wo ihn die Ärzte schon aufgegeben hatten und er bereits mit den Sterbesakramenten versehen wurde. Nach seiner überraschenden Genesung wurde er durch die Hilfe des Schriftstellers Carl Zuckmayer Gerichtsreporter. Er studierte Gesang und veröffentlichte erste Texte. Der Durchbruch als Romanautor gelang ihm 1963 mit „Frost, dem weitere Romane wie „Verstörung (1967), „Korrektur (1975), „Der Untergeher (1983) und „Auslöschung (1986) folgten. Auch als Dramenautor machte sich Bernhard einen Namen. Ab 1965 lebte er in Wien und auf einem oberösterreichischen Gutshof. 1984 kam es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung wegen seines Romans „Holzfällen, in dem sich ein Komponist beleidigt sah. Bernhard reagierte mit einem zeitweiligen Vertriebsverbot seiner Bücher für Österreich.


    [Kurzbeschreibung und Information über den Autor finden sich bei der mittlerweile vergriffenen Ausgabe der SZ Bibliothek]


    Eigene Meinung:


    Zu den Büchern von Thomas Bernhard eine Meinung auf den Bildschirm zu bringen fällt mir immer schwerer. Einerseits bin ich immer wieder von der Sprachgewalt Bernhards und auch von seinen drastischen Formulierungen in Bann gezogen, andererseits bleibt aber auch oft eine undefinierbare Verwirrung über das Gelesene zurück.


    Sprachlich wieder ganz klar ein typischer Bernhard. Lange verschachtelte Sätze. Kein Absatz. Keine Kapitel. Diesmal – ironischerweise in einem Roman über Klaviervirtuosen – kam bei mir aber leider nicht diese gewaltige Sprachmelodie auf. Oft wurde diese durch eine eigenwillige „,sagte er, dachte ich,“ Satzkonstruktion unterbrochen. Dennoch lesen sich diese sich teilweise über mehrere Zeilen erstreckenden Sätze flüssig und leicht.


    Auch die angesprochenen Themen sind für Bernhard typisch. Seine Aussagen klingen teilweise hart. Der Text ist aber mit zahlreichen Überlegungen angereichert und man wird oft zu einer Nachdenkpause genötigt.


    Eine empfehlenswerte Lektüre, wenn auch nicht der beste Bernhard.


    Zu diesem Buch gab es auch eine sehr interessante Leserunde.

  • Hm....ich bin mir eigentlich sicher, daß ich dazu eine Rezi geschrieben habe.....
    finde sie nirgendwo.....also muß ich wohl neu machen, aber lieber morgen! :chen

  • Interessant ist es schon, alles im Nachhinein zu durchdenken aber die Erzählweise und die Schachtelsätze werden mit der Zeit immer schwieriger, immer verschachtelter und brauchen Konzentration.
    Aber der Typ schafft es doch während 157 Seiten wirklich vom Hoteleingang bis zu seinem Zimmer. :lache

  • Worum es geht
    Drei hochbegabte Pianisten lernen sich während ihres Studiums in Salzburg kennen und beziehen eine gemeinsame Wohnung. Zufällig hört Wertheimer eines Tages, wie sein Mitbewohner Glenn Gould die Goldenbergvariationen interpretiert und erkennt schlagartig, dass er dessen Genialität nie erreichen wird. Da sich Wertheimer aber mit Mittelmäßigkeit nicht zufriedengeben will, verzichtet er auf eine Laufbahn als Virtuose und wendet sich den Geisteswissenschaften zu. Der Ich-Erzähler und Dritte im Bunde kapituliert ebenfalls und verschenkt sogar seinen kostbaren Steinway.
    Fast 30 Jahre später bricht der erst 51-jährige Glenn Gould am Klavier tot zusammen, und bald darauf begeht Wertheimer, den Gould stets den Untergeher nannte, Selbstmord.
    Auf der Heimreise vom Begräbnis sucht der Freund noch einmal Wertheimers Jagdhaus auf, um seinen schriftlichen Nachlass zu sichten.


    Wie es mir gefallen hat
    Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Stil konnte ich mich schließlich sowohl mit Bernhards Art der Formulierung als auch mit dem Inhalt anfreunden. Ungewohnt hingegen blieb für mich das Fehlen von Absätzen bzw. eine Unterteilung in Kapitel.
    Beim Eintreten ins Gasthaus, beim Gespräch mit der Wirtin, auf dem Weg ins Jagdhaus erinnert sich der Erzähler an seine einstigen Studienkollegen und deren Werdegang, hält aber auch mit der eigenen Meinung nicht hinterm Berg. Die Salzburger deklariert er als stumpfsinnig, wie ihm überhaupt die Heimat verleidet zu sein scheint, und so lässt er weder an der sozialistischen Partei, noch an der katholischen Kirche oder der österreichischen Gerichtsbarkeit ein gutes Haar. Gestaunt habe ich auch immer wieder über recht eigenwillige Wortfindungen, wie "Existenzdepression", "Justizwrack" oder "Sackgassenmenschen".
    Was dem Autor ganz vortrefflich gelingt, ist die Beschreibung einer kleinen und engstirnigen Welt, wie er sie selber erlebt und empfunden haben dürfte. Meinte ich doch das schmutzige Dorfgasthaus bildlich vor mir zu sehen, die schmuddelige Wirtin, den im wochenlangen Nieselregen schlammig gewordenen Weg zum Jagdhaus, oder Wertheims Schwester, die sich erst im reifen Alter von 46 Jahren durch Heirat in die Schweiz retten konnte. Jedenfalls ist es eine beklemmende Welt, die Thomas Bernhard vor den Augen seiner Leser sehr gekonnt erstehen lässt.
    Den meisten seiner Aussagen und Ansichten möchte ich einen wahren Kerngehalt nicht absprechen, als Nestbeschmutzer gefällt mir der Autor allerdings weniger gut. An der Heimat nur die negativen Seiten zu sehen, während das Leben in der Fremde viel besser und erträglicher zu sein scheint, halte ich doch für einseitige Schönfärberei.