Milderes Urteil im "Autobahnraser"-Prozess

  • Zitat

    Original von Babyjane
    By the way.... wie oft schaut ihr eigentlich in den Rückspiegel, wenn ihr Autobahn fahrt?
    Ist ein bißchen off topic, aber das würde mich mal ehrlich interessieren.


    Extrem oft, gerade weil ich als aktiver Motorradfahrer weiss, wie schnell mal eben einer mit hoher Geschwindigkeit da sein kann, wo er noch vor Sekunden nicht war.
    In den seltenen Fällen, in denen ich nämlich mal mit dem Mopped auf die Bahn "muss", bin ich auch froh, wenn die Autofahrer so umsichtig sind und auf die wesentlich schwächeren Verkehrsteilnehmer (sprich u. a. die Moppedfahrer) Rüksicht nehmen und a) sich erst mal umgucken, bevor sie auf die Überholspur ziehen und b) nicht mit 200 Sachen an meinem Auspuff kleben und es gar nicht erwarten können endlich mal so einem bescheuerten Moppedfahrer zeigen zu können, wie schnell IHRE Kiste ist.


    Gruss,


    Doc

  • Den Rückspiegel habe ich eigentlich immer im Blick. Wie Doc schon sagte, werden Motorradfahrer und auch manch andere Autofahrer oft in der Geschwindigkeit unterschätzt. Das Risiko einer solchen Fehleinschätzung ist einfach zu hoch.


    Aus Erfahrung weiß ich, wie leicht man abgelenkt werden kann. Nicht nur durchs Radio, Suchen nach Hinweistafeln oder die quengelnden kids auf dem Rücksitz. Grade hier in Deutschland sollte man nicht mit allzuviel Rücksicht unter den Verkehrsteilnehmern rechnen. Da ist dann erhöhte Aufmerksamkeit mitunter lebenswichtig.


    Nachdem ich einmal völlig übermüdet auf der Autobahn unterwegs war und dachte, ach, dieses kurze Stück schaffst du schon noch und beinahe einen Unfall hatte, habe ich mir fest vorgenommen, rechtzeitig anzuhalten und bei abgeschaltetem Motor statt auf der Bahn einzuschlafen.


    Allseits gute unfallfreie Fahrt. :wave

  • @ Morgana


    Da sprichst du ein wichtiges Thema an, mir passiert das recht oft. Ich hab ja nun zu meinem Freund immer eine ganz gute Strecke zu fahren (130 km). Da kommt es oft vor, daß ich dir nicht mal genau sagen kann auf welcher Autobahn ich gerade bin, weil ich die Strecke so intuitiv fahre und kaum noch auf den Weg achte.
    Wenn mein Freund dann anruft, und fragt wo ich stecke, weil ich mal wieder im Stau stehe, muß ich dann erst auf das nächste Km-Schildchen warte und grübeln zu welcher Autobahn es wohl gehören mag.



    Die Frage mit dem Rückspiegel hat einen etwas anderen Hintergrund. Ich bin gestern mit Blaulicht, blinkendem Fernlicht und Martinshorn (und zugegeben einem immer kleiner werdenden Abstand) hinter einer Verkehrsteilnehmerin hergefahren, die mich zunächst mal satte 5 Minuten nicht bemerkte (ich konnte auch nicht rechts vorbei, weil LKWs dort fuhren), um dann erstmal volles Rohr auf die Bremse zu treten und danach das Lenkradso zu verreißen, daß es fast zum Unfall kam. Konnte mir über Lautsprecher den Spruch: "Na, Spiegel auf Schminken eingestellt?" Nicht verkneifen und habe mich dann mal selbst beobachtet.
    Ich habe den Spiegel tatsächlich immer irgendwie im Blick. Mag sein, daß mich das, von der Fahrbahn vorne irgendwie ablenkt, aber ich find es auch wichtig, zu wissen, was von hinten auf mich zu kommt. Zumal mein Smart mit seiner 140 km/h Begrenzung ja nun hin und wieder wem im Weg ist. :grin

  • Zitat

    Original von Gheron
    Hallo allerseits,


    Das Leben eines Menschen ist in diesem unserem Lande nun einmal weniger Wert als das Geld der Bonzen und Barone. Mehr sage ich nicht dazu, denn jedes weitere Wort könnte gegen mich verwendet werden.


    diesmal ohne liebe Grüße
    Gheron


    Gheron????????


    Was ist los?


    Gruß


    Baumbart

  • Gheron


    Ich weiß nicht, ob ich deine Aussagen richtig interpretiere, aber wir reden hier lediglich von der Strafe des *Rasers*.


    Ob und in welcher Höhe Schmerzensgeldforderungen, Wiedergutmachungszahlungen (was für ein unmögliches Wort) auf den Fahrer zu kommen, steht noch gar nicht fest. Und glaub mir, sollte das passieren, wird man mit dem Geld, das er zahlen muß vermutlich einen Gartenzaun um ganz Deutschland bauen können. (Leider bin ich auf dem Gebiet nicht wirklich fit und hab auch zu viel zu tun, um mich rasch ein bißerl schlau zu machen)

  • Ich glaube, dass es nicht einfach ist, einzuschätzen, ob der Mercedesfahrer allein schuld an dem Unfall war oder nicht.
    Diese Lynchkommentare, die ich so in den Foren mitbekomme, halte ich für unangebracht.


    Man muss einfach konzentriert und aufmerksam fahren und auch auf die anderen Verkehrsteilnehmer achten und nicht denken, dass jeder auf jeden Rücksicht nimmt oder gar alle Regeln beherrscht oder befolgt.


    Erst gestern bin ich auf einer 6-spurigen Strasse gefahren und plötzlich fuhr ein Auto ohne funktionierende Rücklichter rückwärts auf meiner (linksaussen) Spur auf mich zu und ich war bestimmt mit 80km/h unterwegs. Natürlich habe ich visuell und akustisch gehupt, bin langsamer geworden und trotzdem fuhr der Typ weiter rückwärts, also musste ich auf die nächste rechte Spur ausweichen, als die Möglichkeit bestand.
    Ich hätte natürlich aussteigen können und den Fahrer verprügeln, aber was soll das bringen? Ich bin weitergefahren, habe "such is life in the tropics" gemurmelt und nicht mehr weiter darüber nachgedacht.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Da sprichst du ein wichtiges Thema an, mir passiert das recht oft. Ich hab ja nun zu meinem Freund immer eine ganz gute Strecke zu fahren (130 km). Da kommt es oft vor, daß ich dir nicht mal genau sagen kann auf welcher Autobahn ich gerade bin, weil ich die Strecke so intuitiv fahre und kaum noch auf den Weg achte.
    Wenn mein Freund dann anruft, und fragt wo ich stecke, weil ich mal wieder im Stau stehe, muß ich dann erst auf das nächste Km-Schildchen warte und grübeln zu welcher Autobahn es wohl gehören mag.


    Ich glaube schon, dass dies auch vielen so geht. Schlimm, aber leider wahr. Und wie schnell könnte man so selber mal in die Lage kommen einen Unfall zu verschulden?


    Und was, wenn bei diesem selbst verschuldeten Unfall jemand ums Leben käme? Eine wirklich schlimme Vorstellung. Ich persönlich glaube, dass ich des Lebens nicht mehr froh würde... Einem Menschen das Leben durch Unachtsamkeit genommen zu haben, dass wäre für mich persönlich schon die schlimmste Strafe und könnte durch nichts getoppt werden... :-(

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Zitat

    Original von Morgana
    Und was, wenn bei diesem selbst verschuldeten Unfall jemand ums Leben käme? Eine wirklich schlimme Vorstellung. Ich persönlich glaube, dass ich des Lebens nicht mehr froh würde... Einem Menschen das Leben durch Unachtsamkeit genommen zu haben, dass wäre für mich persönlich schon die schlimmste Strafe und könnte durch nichts getoppt werden...


    Leider denken nicht alle so. Gerade diese Raser, die in ihrem Geschwindigkeitsrausch alle anderen gefährden, machen sich über solch grundlegenden Dinge keine Gedanken. Ich habe den Eindruck, daß die meisten ihr Gaspedal als Droge benutzen, so wie Junkies ihre Spritze. Allerdings gibt es da noch eine andere Kategorie von Rasern, die mir erst in den letzten Jahren auffiel: die Möchtegernmanager. Jene Vielfahrer mit permanent eingeschaltetem Licht und nur auf der Überholspur zu finden, das Handy lässig am Ohr und mit Tempo 200 (mindestens) im BMW oder Mercedes alle anderen zur Seite drängelnd. :fetch Diese Typen benötigen ihr Fahrzeug zum Aufbau ihres Egos und das ist genau so gefährlich.
    Ich schätze, der Mann, um den es hier geht, gehört zu dieser letzten Sorte.
    Da ich den Fall weitgehend mitverfolgt habe, denke ich auch, daß er schuldig ist. Wenn das Gericht wirklich Zweifel gehabt hätte, dann wäre ja der alte Grundsatz "in dubio pro reo" zur Geltung gekommen. Ist aber nicht, also steht für das Gericht die Schuld fest. In diesem Fall aber hätte ihm die Fahrerlaubnis auf Lebenszeit aberkannt werden müssen. Solche Leute gehören einfach nicht mehr in den Straßenverkehr.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Für mein Gefühl wird hier ein wichtiger und vielleicht sogar entscheidender Punkt übersehen, nämlich die Firmen, die solche Leute einstellen. Damit ihre Fahrzeuge bis zum äußersten ausgetestet werden, suchen sie Männer, für die ein Auto ein Geschoss unter dem Hintern darstellt, aber kein Fortbewegungsmittel.


    Mit dieser Haltung riskieren die großen Konzerne auf unseren Straßen Tag für Tag das Leben Unschuldiger, ohne sich im Geringsten darum zu scheren. Wenn etwas passiert, war es immer ein "bedauerlicher" Einzelfall. Der Fahrer hatte dann eben einen Schwächeanfall, Streit mit seiner Freundin oder Frau oder wurde von der Sonne geblendet usw., alles Gründe für eine saftige Strafminderung, zumal er ja auch nichts dafür konnte, dass jemand so dumm war, auf der selben Strecke zu fahren wie er.


    Ich kann hier aus eigener Erfahrung sprechen. Vor einigen Monaten habe ich mit etwa 160 Kmh einen anderen Wagen überholt. Dabei ist links von mir eines dieser Geschosse mit weit über 2000 Kmh an mir vorbeigedonnert, und das mit einem Abstand von höchstens zehn Zentimeter zu mir und zur Mittelleitplanke. Zum Glück habe ich den Impuls, nach rechts zu ziehen, wiederstehen können. Ich wäre sonst voll in das Auto gerast, das ich überholen wollte. Es kann sich jeder vorstellen, was geschehen wäre, wenn ...


    Viele Grüße


    Eric :write

  • Mmh.


    Ich finde diese Diskussion überaus interessant, auch in der Hinsicht, was an (nachvollziehbarem und weniger nachvollziehbarem) Zorn so ans Tageslicht kommt. Längst unterhalten wir uns ja nicht mehr über den konkreten Einzelfall, sondern über "diese Typen". Gheron geht sogar so weit, klassenkämpferisch zu werden.


    Und diesen Ansatz halte ich für so falsch nicht. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Wer besser ist - im weitesten Sinne -, der verdient mehr, bekommt mehr Anerkennung, Macht und Möglichkeiten. Das ist eines der Urprinzipien einer marktwirtschaftlichen, um nicht zu sagen: kapitalistischen Gesellschaft (ohne das Adjektiv wertend nutzen zu wollen). In vielen Lebensbereichen geht es darum, daß der vermeintlich stärkere, bessere, "geeignetere" das Rennen macht. Und dieses Substantiv benutze ich absichtlich. Denn der Straßenverkehr ist in vielerlei Hinsicht nur eine Fortsetzung dieses Machtkampfes mit anderen Mitteln. Wie aber soll man Menschen begreiflich machen, daß einerseits Leistung, Geschwindigkeit, auch Ellenbogen zählen, in anderen aber nicht? Das ist außerordentlich schwer, denn insbesondere mental weniger kompetentere Menschen neigen zu sehr linearen Verhaltensweisen und Vereinheitlichtungen/Verallgemeinerungen.


    Unabhängig von Rolf F., seiner möglichen Schuld und dem dann angemessenen Strafmaß (was ist das angemessene Strafmaß dafür, u.U. den Tod zweier Menschen verursacht zu haben? Kann es sowas überhaupt geben?) - das, was diesen Fall so "interessant" macht, ist doch der Umstand, daß es letztlich um die Kritik an diesen gesamtgesellschaftlichen Zuständen geht - der Aufschrei betrifft nicht Rolf F., sondern alle Raser, Drängler, Schubser, Notorischlingsfahrer, Rechtsüberholer usf - aber eben nicht nur die. Daß Achtsamkeit, Achtung, Nächstenliebe (in all ihren Abstufungen) usw. längst keine primären Prinzipien unserer Struktur mehr sind, sondern im Höchstfall nachrangige, solche, die für überschaubare soziale Zellen (Familie, Freundeskreis, aber da auch nicht immer) gelten. Der stärkere setzt sich durch, als Fortsetzung des obersten evolutionären Prinzips. Und die Notwendigkeit der Fähigkeit, sich von diesem immanenten Prinzip zu lösen, wenn es eben gerade nicht darum geht, der Stärkere zu sein (was § 1 der Straßenverkehrsordnung zu sagen versucht), diese Botschaft kommt nicht bei allen an. Kann sie auch nicht. Weil die Werbung das Gegenteil zu vermitteln versucht, weil Kraftfahrzeuge auch und insbesondere solchen Menschen, die andernorts am Prinzip scheitern, die Möglichkeit verschafft, sich mit Hilfe ihres Boliden durchzusetzen. Deshalb regt uns dieser "Fall" so auf. Wir wollen eigentlich nicht in einer Gesellschaft leben, in der es um Stärke, Durchsetzung und Druck geht, aber wir haben längst aufgegeben, diesen Traum zu leben, weshalb wir jetzt (und in anderen Fällen) Stellvertreter"kriege" führen.


    Das alles unabhängig von der Frage der Schuld und Verantwortung im konkreten Fall, dem Gegenstand dieser Diskussion. Ich verneine nach wie vor das Recht der Judikative, Exempel zu statuieren, denn das ist nicht ihre Aufgabe. Es wäre eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, aber eine, zu der niemand in der Lage, willens und bereit ist. Denn ein so komplexes System zu ändern, das würde Opfer in allen Linien fordern, und dazu wiederum ist ja auch keiner bereit.

  • Zitat

    Original von Eric
    Vor einigen Monaten habe ich mit etwa 160 Kmh einen anderen Wagen überholt. Dabei ist links von mir eines dieser Geschosse mit weit über 2000 Kmh an mir vorbeigedonnert...


    Eric,


    2000 kmh? :wow


    a) wo warst Du da unterwegs?
    b) was zum Henker hat Dich da nur überholt?


    ;-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • ... und nun wieder zum ernsten Teil des Themas...


    Ich persönlich bin ja auch der Meinung, sie haben schon den Richtigen erwischt. Aber keiner hat ihn wirklich gesehen. Und meines Wissens weißt auch die Beweiskette die eine oder andere Lücke auf. Man kann es also nicht mit 100%iger Sicherheit sagen.


    In diesem Hinblick ist ein mildes Urteil also juristisch gerechtfertigt.


    Der moralische Standpunkt ist aber ein anderer. Ich frage mich auch, wie der Todesfahrer mit seiner Schuld und dem Wissen, sich vor der gerechten Bestrafung "gedrückt" zu haben, weiterlebt. Nun, auch er wird es nicht einfach haben, mit dem Mal, das er zukünftig mit sich tragen wird. Die Mutter und das Kind bringt es aber leider auch nicht zurück.


    @ Gheron


    Die Sache mit der Wiedergutmachung ist ein anderes Thema. Mir kommt auch die Galle hoch, wenn bei uns z.B. ein verlorenes Bein mit ein paar Tausend Kröten abgespeist wird. Andererseits bin ich auch froh, nicht in den USA zu sein. Denn ein paar Hunderttausend Dollar oder noch mehr Schadensersatz dafür, daß ich mir an einem heißen Kaffee (ach!) den Schnabel verbrannt habe, halte ich auch nicht für korrekt.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hallo, Batcat.


    Zitat

    Man kann es also nicht mit 100%iger Sicherheit sagen. In diesem Hinblick ist ein mildes Urteil also juristisch gerechtfertigt.


    Ein mildes Urteil, weil man nicht sicher sein kann, den richtigen erwischt zu haben? Mit Verlaub, das stellt alle Prinzipien der Rechtsprechung auf den Kopf. Wir halten Sie für den Mörder, aber weil wir nicht sicher sind, kommen Sie mit einer Geldbuße davon. Wer schuldig ist, verdient eine angemessene Strafe, und wer nicht schuldig ist oder wessen Schuld nicht nachgewiesen werden kann, der bekommt eben keine, so "ärgerlich" (euphemistisch gesagt) das ist. In dubio pro reo. Die Annahme einer Schuld kann m.E. keinen Schuldspruch nach sich ziehen. Aber, wie andernorts/-tags schon gesagt, um das beurteilen zu können, müßte man alle Gerichtsakten, Gutachten und Urteilsbegründungen genau(er) kennen. Jedenfalls ist es Unsinn, im Fall der Unsicherheit eine mildere Strafe auszusprechen. Strafmilderung kann durch alles mögliche gegeben sein, mitnichten jedoch aufgrund einer Unsicherheit der Richter. Es ist ihre Aufgabe, ja oder nein zu sagen; "jein" ist ausgeschlossen.

  • Tom,


    das habe ich wohl mißverständlich ausgedrückt. Natürlich gilt vor dem Gesetz "in dubio pro reo".


    Das Geschriebene galt für mich, nicht für das Gericht. Ich halte ihn für schuldig aus all den Fakten etc., die ich über ihn gelesen habe. Andererseits gibt es doch gewisse Zweifel.


    Da ich ihn ja für schuldig halte, wäre ich mit einem Freispruch nicht zufrieden gewesen. Andererseits, wenn er Höchststrafe bekommen hätte, hätte der Zweifler in mir gefagt, ob man nicht doch einen Unschuldigen zu jahrelanger Haft etc. verknackt hätte.


    So ist das Urteil eines, das beide Seiten in mir ruhig stellt. Hmmm, ich hoffe, ich konnte diesen Gedanken jetzt richtig rüberbringen?

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hallo Tomlier,


    ich stimme deiner Analyse voll zu. Der Mensch verlernt immer mehr, was das Wort Eigenverantwortung bedeutet und kehrt, wie es ihm durch Umwelt und Werbung weis gemacht wird, den ellbogensüchtigen Egomanen hervor, der notfalls über Leichen geht.


    Der Unfallfahrer war nach Ansicht des Gerichts nach der vorliegenden Beweislage schuldig, also musste er verurteilt werden. Ein Mann aber, der auf der Autobahn so fährt, dass er unbedenklich das Leben anderer riskiert, verdient keine Bewährungsstrafe. Dies ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich an die Regeln halten und suggeriert fenen, die einen dieser RoPis unter dem Arsch haben, dass es nicht so schlimm ist, wenn man jemand über den Haufen fährt.


    Ich gebe aber nicht diesem Rolf F. die alleinige Schuld, sondern beziehe auch jene mit ein, die ihm die Gelegenheit zu dieser Todesfahrt gegeben haben, sprich seinem Arbeitgeber und, da andere Konzerne es ebenso halten, auch diese. Nur weil man ihn mit einem schweren Kreuzer auf die übrige Menschheit losgelassen haben, konnte es zu diesem Unfall kommen. Er war im Betrieb als Raser bekannt, und wurde gerade aus diesem Grund ausgewählt, Rekordfahrten zu machen. Es war auch der Konzern, der die Kumpanei der Abteilung, die ihren Kollegen schützen wollte, durchbrach, weil er ein Opfer brauchte, das statt seiner auf die Anklagepunkt kam. Es macht sich halt besser, wenn es heißt, der Todesfahrer Rolf F. habe zwei Menschenleben auf dem Gewissen, als wenn man die Testfahrern des Konzerns und damit auch diesen pauschal beschuldigen würde.


    Sorry, für mich ist so ein Verhalten zynisch und Menschen verachtend.


    viele Grüße


    Eric :write

  • Hallo Tomlier,


    eigentlich gehöre ich nicht unbedingt in die Riege der Klassenkämpfer, hasse aber Ungerechtigkeiten, denen sich der Mensch hilflos ausgeliefert sieht. Wenn ich sehe, mit welcher Arroganz und Leichtigkeit in diesem Land oft über die Opfer zugunsten der ach so bedauernswerten Täter mit ihrer schlimmen Kindheit hinweg gegangen wir, kocht bei mir die Galle auf. Dies betrifft nicht nur diesen einen speziellen Fall, sondern auch alle anderen Raser, die Schaden an Leib und Leben anderer verursachen, sowie Kindesmissbrauch etc.. Man ist in diesem Land zu leicht bereit, den Wert des Lebens gering einzuschätzen. Das ist das eigentlich Bedauernswerte, nicht der halbe Freispruch für einen, für dessen Intelligenz ich mich nicht verbürgen würde.



    Hallo Batcat,


    ich verstehe deine Argumentation, bezweifle aber, dass die Angehörigen der Opfer mehr als einen Bettel als Entschädigung bekommen werden. Wie ich schon oben erwähnte, sind Leben und Gesundheit eines Geschädigten in Deutschland billig. Im frühen Mittelalter musste der Täter wenigstens noch so viel Wergeld aufbringen, um den "Schaden" auszugleichen. Heute zahlt er dafür ein paar Groschen, wenn er nicht gleich den Offenbarungseid leistet.


    Ich halte allerdings auch nichts von amerikanischen Verhältnissen, wo einer, der sich in der Kneipe einen Spreißel in den Hintern zieht, für den Rest seines Lebens ausgesorgt hat. Trotzdem würde ich mir bei uns etwas mehr Gerechtigkeit wünschen.


    Liebe Grüße
    Gheron :wave

  • Wenn ich Tom richtig verstanden habe, dann befinden wir uns mal wieder in einer Phase, die dem Neandertaler Zeitalter gleicht. Also Darwin pur. Nur der Stärkste überlebt. Wenn ich diesen Gedanken weiterführe, dann streifen wir gerade mal wieder das bißchen Zivilisationstünche ab und packen die Keule aus. Und die Justiz schaut machtlos zu.
    Sicher, unsere Wirtschaft bewegt sich derzeit wieder in die Aera des frühen Kapitalismus zurück, in dem Menschen nur Wegwerfware resp. "Hands" waren. Wenn aber die Bevölkerung diesen Unfug mitträgt, teils unter dem Einfluß ihrer Parteien, dann hat die Sozialpolitik der letzten 55 Jahre aber wirklich versagt. Sie hat eben nur Tünche vermittelt, die jetzt abbröckelt.
    Insofern ist es richtig, daß Rolf F. eine Stellvertreterfunktion inne hat. Und gerade deshalb ist das Urteil für mich völlig unverständlich.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.