Das Landgericht Karlsruhe hat den Angeklagten im so genannten Autobahnraser-Prozess zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Damit wurde das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe gemildert. Trotzdem will die Verteidigung in Revision gehen.
Der 35-jährige angeklagte ehemalige Testfahrer von DaimlerChrysler hat auch nach Meinung der Richter im Berufungsverfahren im Juli vergangenen Jahres auf der A 5 bei Bruchsal durch zu schnelles und dichtes Fahren einen Unfall verursacht, bei dem eine junge Frau und ihre Tochter starben. Der Versuchsingenieur war mit seinem fast 500 PS starken Mercedes so dicht auf den Kleinwagen einer 21-jährigen Frau aufgefahren, dass sie das Steuer verriss und gegen einen Baum prallte. Die Frau und ihre zweijährige Tochter waren sofort tot. Das Amtsgericht Karlsruhe hatte den Testfahrer in erster Instanz im Februar zu eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.
"Die Kammer hat keinen Zweifel an der Schuld des Angeklagten", sagte der Vorsitzende Richter Harald Kiwull. Er wies zugleich die Kritik des Verteidigers an der Ermittlungsarbeit der Polizei zurück: Die Rasterfahndung der Polizei sei "akribisch und äußerst zuverlässig" gewesen. Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht laut Urteilsbegründung, dass der 35-Jährige seine Stelle verloren habe und durch das öffentliche Interesse an dem Fall stark belastet sei. "Er wird für längere Zeit gebrandmarkt sein. Ein normales Leben wird ihm lange nicht möglich sein", sagte Kiwull.
Verteidiger will in Revision gehen
Erneut verurteilt: Rolf F.
Der Angeklagte hatte in dem Indizienprozess stets jede Schuld an dem Unfall von sich gewiesen. Sein Anwalt hatte Berechnungen angezweifelt, wonach der Angeklagte in 35 bis 40 Minuten die 83 Kilometer bis zum Unfallort habe zurücklegen können. "F. konnte zur fraglichen Zeit an der Unfallstelle sein", befand dagegen das Gericht. Er sei mit einer Geschwindigkeit von mindestens 220 Kilometern pro Stunde auf den Kleinwagen aufgefahren und habe nur einen Abstand von zehn bis 20 Metern gehalten. Eine Mitschuld der Frau sahen die Richter nicht.
Mit Nachdruck trat der Vorsitzende Richter dem in der Öffentlichkeit gezeichneten Bild vom rücksichtslosen Raser entgegen - ein Boulevardblatt hatte den Angeklagten unter anderem als "Vollgaskiller" beschimpft. Er habe nur einen Eintrag im Verkehrszentralregister, und die Angaben von Kollegen über seinen angeblich aggressiven Fahrstil seien wenig glaubwürdig.
Kurz nach dem Urteil kündigte der Verteidiger des 35-Jährigen an, gegen die Verurteilung Revision einzulegen. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, sie prüfe noch eine mögliche Revision vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe. Verurteilt wurde Rolf F. heute wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Tötung in zwei Fällen. Der 35-Jährige muss 12.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen und zudem für ein Jahr seinen Führerschein abgeben.
Auf das Urteil des Landgerichts reagierte Rolf F. gefasst. Die Angehörigen der beiden Opfer waren dagegen schockiert. Die Mutter der getöteten Frau brach in Tränen aus. Da in den vergangenen sieben Verhandlungstagen sowohl belastendes als auch entlastendes Beweismaterial aufgetaucht war, galt es als völlig offen, ob der Angeklagte erneut schuldig gesprochen wird. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer gefordert, bei der bereits verhängten Strafe von eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung zu bleiben. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.