Milderes Urteil im "Autobahnraser"-Prozess

  • Das Landgericht Karlsruhe hat den Angeklagten im so genannten Autobahnraser-Prozess zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Damit wurde das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe gemildert. Trotzdem will die Verteidigung in Revision gehen.





    Der 35-jährige angeklagte ehemalige Testfahrer von DaimlerChrysler hat auch nach Meinung der Richter im Berufungsverfahren im Juli vergangenen Jahres auf der A 5 bei Bruchsal durch zu schnelles und dichtes Fahren einen Unfall verursacht, bei dem eine junge Frau und ihre Tochter starben. Der Versuchsingenieur war mit seinem fast 500 PS starken Mercedes so dicht auf den Kleinwagen einer 21-jährigen Frau aufgefahren, dass sie das Steuer verriss und gegen einen Baum prallte. Die Frau und ihre zweijährige Tochter waren sofort tot. Das Amtsgericht Karlsruhe hatte den Testfahrer in erster Instanz im Februar zu eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.


    "Die Kammer hat keinen Zweifel an der Schuld des Angeklagten", sagte der Vorsitzende Richter Harald Kiwull. Er wies zugleich die Kritik des Verteidigers an der Ermittlungsarbeit der Polizei zurück: Die Rasterfahndung der Polizei sei "akribisch und äußerst zuverlässig" gewesen. Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht laut Urteilsbegründung, dass der 35-Jährige seine Stelle verloren habe und durch das öffentliche Interesse an dem Fall stark belastet sei. "Er wird für längere Zeit gebrandmarkt sein. Ein normales Leben wird ihm lange nicht möglich sein", sagte Kiwull.

    Verteidiger will in Revision gehen


    Erneut verurteilt: Rolf F.



    Der Angeklagte hatte in dem Indizienprozess stets jede Schuld an dem Unfall von sich gewiesen. Sein Anwalt hatte Berechnungen angezweifelt, wonach der Angeklagte in 35 bis 40 Minuten die 83 Kilometer bis zum Unfallort habe zurücklegen können. "F. konnte zur fraglichen Zeit an der Unfallstelle sein", befand dagegen das Gericht. Er sei mit einer Geschwindigkeit von mindestens 220 Kilometern pro Stunde auf den Kleinwagen aufgefahren und habe nur einen Abstand von zehn bis 20 Metern gehalten. Eine Mitschuld der Frau sahen die Richter nicht.


    Mit Nachdruck trat der Vorsitzende Richter dem in der Öffentlichkeit gezeichneten Bild vom rücksichtslosen Raser entgegen - ein Boulevardblatt hatte den Angeklagten unter anderem als "Vollgaskiller" beschimpft. Er habe nur einen Eintrag im Verkehrszentralregister, und die Angaben von Kollegen über seinen angeblich aggressiven Fahrstil seien wenig glaubwürdig.


    Kurz nach dem Urteil kündigte der Verteidiger des 35-Jährigen an, gegen die Verurteilung Revision einzulegen. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, sie prüfe noch eine mögliche Revision vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe. Verurteilt wurde Rolf F. heute wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Tötung in zwei Fällen. Der 35-Jährige muss 12.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen und zudem für ein Jahr seinen Führerschein abgeben.


    Auf das Urteil des Landgerichts reagierte Rolf F. gefasst. Die Angehörigen der beiden Opfer waren dagegen schockiert. Die Mutter der getöteten Frau brach in Tränen aus. Da in den vergangenen sieben Verhandlungstagen sowohl belastendes als auch entlastendes Beweismaterial aufgetaucht war, galt es als völlig offen, ob der Angeklagte erneut schuldig gesprochen wird. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer gefordert, bei der bereits verhängten Strafe von eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung zu bleiben. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.


    Quelle

  • Hallo,


    Das darf doch einfach net wahr sein ! Der Kerl hat 2 menschenleben auf dem Gewissen und kommt so billig davon ???
    Wo bleibt da bitte die gerechtigkeit !
    Sowas finde ich echt zum K...en !!!

    liebe Grüsse melanie


    Wenn man Engeln die Flügel bricht, fliegen sie auf Besen weiter !
    :keks


    :lesend )

  • @ melanie


    ja, ich habe mich auch aufgeregt. V.a. als sie im Radio meinten, sein Verteidiger hätte auf unschuldig plädiert, da nicht erwiesen wäre, dass er wirklich gefahren sei.


    Jetzt soll das Ganze nochmal aufgerollt werden, ein drittes Verfahren ... Mal sehen, was dann rauskommt....

  • Hallo Tanzmaus,


    Ich find mit am Schlimmsten, dass da immer die Täter zum Opfer gemacht werden. Ich mein, er hat ja net "nur" die beiden Leben auf dem Gewissen, sondern es müssen die Angehörigen damit leben. An die denkt niemand !

    liebe Grüsse melanie


    Wenn man Engeln die Flügel bricht, fliegen sie auf Besen weiter !
    :keks


    :lesend )

  • Ob dieser Herr schuldig ist oder nicht weiß ich nicht.
    Aber mir macht das Fahren über länger Strecken bald keine Spaß mehr.
    Ich bin wirklich kein ängstlicher Auto- oder Beifahrer. Ich fahre sehr gerne Auto und wir machen die Reise eigentlich auch schon immer zum Ziel.


    Nur läuft auf unseren Autobahnen meiner Meinung nach Einiges schief.
    Ich wäre gar nicht so gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Das Problem ist, dass einfach der Unterschied der Geschwindigkeiten. Auf der rechten Spur fahren die LKWs, die ein erhebliches Unfallrisiko darstellen. Und wenn ich dann auf der rechten Spur hinter einem LKW mit
    ca. 80-90 kmh fahre und dann auf die linke Spur wechseln will (vor allem auf zweispurigen Autobahen) dann wirds mir schon manchmal ganz komisch, wenn ich eben nicht so schnell beschleunigen kann und von hinten kommt einer mit 200, der mich vielleicht nicht sehr bald sieht, weil es eine kurvige oder hügelige Strecke ist.


    Ich finde in Frankreich lässt es sich sehr angenehm fahren. Da sind die Autobahnen war auch leere, da die Mautgebühren schon recht hoch sind und es einfach nicht so viel Ein- und Ausfahrten wie in Deutschland gibt. Aber da fahren alle so um die 150 kmh und kommen mir auch immer recht rücksichtsvoll vor.


    Es wäre schon schön, wenn weniger LKWs auf den Straßen unterwegs währen. Für die Umwelt und die Sicherheit. Und das Problem mit den langen Fahrzeiten und dem Zeitdruck der LKW-Fahrer ist auch eines, das behoben werden müsste.

  • Hm, ist ja eigentlich genau mein Thema, aber ganz ehrlich, mit dem Mist muß ich mich jeden Tag beschäftigen. Und mein Frust steigt jedes Mal ins unermessliche.


    Wer nun Schuld an diesem Unfall hatte, lasse ich mal dahingestellt. Ich war nicht dabei, ich habe nur die Presseberichte gelesen (und da stimmt eh die Hälfte nicht) ich kann nicht entscheiden, wer Schuld hatte.


    Aber ganz klar ist, ob es nun die Mutti ist, die mit ihrem Kleinwagen und 80 km/h, mal schnell nach links rauszieht und dabei die Geschwindigkeit des von hinten kommenden unterschätzt, ob es Opi mit dem dicken Benz ist, der gemächlich mit 100 km/ h auf der Überholstpur dahin zockelt und keinen vorbei läßt, oder ob es Mister Raser und Lichthupe persönlich ist. Meiner Meinung nach, nehmen in Deutschland alle viel zu wenig Rücksicht aufeinander. Jeder regt sich gleich auf, jeder erstattet sofort Anzeige, Mittelfinger werden gezeigt, anstatt locker lässig weiter zufahren nimmt manch einer sogar einen Umweg in Kauf um uns, den Standort des vermeintlichen Übeltäters durchzugeben und hinterher zu fahren. Im Gespräch stellt sich dann raus, das der den anderen ausgebremst hat, dann hat der andere gehupt, woraufhin der andere die Lichthupe betätigte.


    Wie Sisia zu meiner Mittwochsgeschichte schon schrieb, KINDERKACKE!!


    Wenn diese Kinderkacke, wie in dem o.g. Fall Menschenleben kostet, dann ist das natürlich tragisch und unentschuldbar, viel schlimmer empfinde ich es jedoch, daß das die Menschen, anstatt ihre Fehler an einem solchen Fall zu erkennen, nur verbohrter und störrischer werden.


    Wie hab ich letztens zu zwei Lkw-Fahrern gesagt, die die Autobahn zu ihrem Kriegsschauplatz erklärten:


    NUN GEBEN WIR UNS FEIN DAS PATSCHEHÄNDCHEN UND HABEN UNS WIEDER LIEB!


    Was soll ich sagen, sie haben sich die Hände gereicht herzlich gelacht und alles war wieder gut.


    Wieder gut wird auch im o.g. Fall nie wieder alles sein. Aber nun seid doch mal ehrlich. Wollt ihr wirklich, das ein ansonsten unbescholtener Bürger im Knast versauert, weil er zu schnell gefahren ist und zu wenig Abstand hatte?
    Meine Güte in Deutschland laufen Menschen rum, die haben massig mehr kriminelle Energie und da wird vom Richter dann nach einem Raub (mit Schußwaffe) eine positive Sozialprognose erstellt, weil der gute, ja seine Waffe verkauft hat und sich nach einem Job umsieht (umsieht nicht bewirbt) und was ist das Ergebnis für dieses Verbrechen? 400 € Geldstrafe. Das sind Dinge, die zwar nicht so einen tragischen Hintergrund haben wie der oben geschilderte Fall, die Deutschland aber ein Armutszeugnis ausstellen.


    Leute faßt euch mal an die eigene Nase, seid ihr noch nie zu schnell auf ein langsameres Auto aufgefahren? Ist es nicht Glückssache, daß dieses Fahrzeug keinen Unfall hatte?
    Ich persönlich finde hier wird das Ergebnis viel höher als die Ursache bewertet.


    Ich will nichts schön reden und natürlich hat er Strafe verdient, dafür daß er zu schnell fuhr, dafür das er zu wenig Abstand hielt, nach dem unfall nicht anhielt und half und sich bei der Fahndung nicht meldet.
    Aber fordert ihr allen Ernstes dafür eine mehrjährige Haftstrafe?

  • Ich will keinem Auf die Füße treten und ich weiß, die Angehörigen leiden unter diesem Unfall, aber leiden sie weniger, wenn der Täter stärker bestraft wird?


    Ich habe mit Absicht meine Meinung ein wenig provozierend geschrieben, bin mal gespannt, was ihr euch so zu dem Thema denkt.

  • Mal angenommen, und diese Annahme entbehrt, wenn ich das richtig sehe, einer schlüssigen Beweiskette, dieser Herr ist wirklich mit 220 Stundenkilometern auf der Überholspur angekommen, auf der die Frau mit weit geringerer Geschwindigkeit fuhr, er ist ihr wirklich auf zehn bis zwanzig Meter nahe gekommen und sie hat wirklich in einer Schreckreaktion ins Lenkrad gegriffen - das tragische Ende ist bekannt. Wäre es wirklich so gewesen, was sich schlicht überhaupt nicht (mehr) feststellen läßt, weil die anderen Unfallbeteiligten, die Frau und ihr Kind, umgekommen sind, dann stellen sich mir einige Fragen. Eine lautet zum Beispiel: Was hat die Frau im Kleinwagen in dem Moment getan, als sich das andere Fahrzeug von hinten näherte? Gut 220 km/h, das ist ziemlich fix, bei angenommenen 100 km/h im Kleinwagen bleibt eine Annäherungsgeschwindigkeit von 120 km/h, und damit taucht so ein Auto schon nicht mehr von einer Sekunde auf die andere im Rückspiegel auf, sondern mit besagten 120 km/h, also ungefähr 35 Metern pro Sekunde. Ich verstehe nicht ganz, wie man sowas auf der Autobahn bei, wie wir alle gelernt haben, gelegentlichen Blicken in den Rückspiegel (insbesondere, wenn man auf der Überholspur fährt), übersehen kann. Aber das ist jetzt eher eine technische Frage. Eine, die mich weit mehr umtreibt, ist die nach der Reaktion. Wir lernen ebenfalls alle, daß panische Reaktionen (z.B. auf Wildwechsel) die falschen sind. Ganz sicher ist es völlig verkehrt, das Lenkrad zu verreißen, weil sich von hinten jemand nähert. Wenn man gerade überholt, ist keine Reaktion die angemessene. Wenn der Überholvorgang abgeschlossen ist, wechselt man kontrolliert die Spur. Was also kann einen Menschen dazu bringen, eine völlig verkehrte Antwort auf eine - ich will es wirklich nicht kleinreden - "Herausforderung", auf eine Situation zu finden? Zumal ja genaugenommen nichts passiert war - ein Fahrzeug näherte sich schnell von hinten. Keine Kollision, kein Kontakt, das Auto war nur plötzlich da, und sehr nahe. Ich muß deshalb annehmen, daß die Frau abgelenkt war und einen Schreck bekommen hat, als sie plötzlich im Rückspiegel jemanden sah, der dicht hinter ihr fuhr. Ich muß das zu Gunsten des Hintermannes annehmen. Und dann spielt es tatsächlich keine Rolle, wie schnell er (vorher) gefahren ist. Zumindest eine Teilschuld der Frau ist deshalb m.E. gegeben.


    Auf Autobahnen darf beliebig schnell gefahren werden, aber natürlich muß jeder Autofahrer dafür sorgen, daß er jederzeit die Kontrolle behält - man muß den Verkehrsverhältnissen angemessen fahren. Das bedeutet, daß man bei hoher Geschwindigkeit mit viel Voraussicht fahren muß, weil damit zu rechnen ist, daß andere Verkehrsteilnehmer, die weit weniger schnell fahren, auch jemanden überholen. Man gefährdet ja nicht nur die, die anderen, sondern sich selbst. LKWs überholen mit 90 km/h. Wenn man da mit 220 angebügelt kommt, riskiert man sein eigenes Leben. Und es macht einem LKW-Fahrer herzlich wenig aus, wenn man auf 20 Meter heranfährt, die Lichthupe betätigt oder wie ein Irrer nach links blinkt. All das unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Angeklagte Testfahrer war, also seinen Lebensunterhalt mit autofahren verdient hat.


    All das ist aber nebensächlich. Was mich an diesem Prozeß und seinem "Beiwerk" ganz massiv stört, das ist erstens die Vorverurteilung des Angeklagten durch die Öffentlichkeit. Zweitens die Verurteilung auf Basis einer sehr wackeligen Indizienkette. Drittens die Nichtberücksichtigung eines möglichen Mitverschuldens der anderen Verkehrsteilnehmerin (abgelenkt?). Viertens die Annahme des Straftatbestandes der fahrlässigen Tötung. Eine Nötigung lag vor, sofern die angenommene Beweiskette tatsächlich zutrifft, aber eine fahrlässige Tötung? Der ankommende Autofahrer hatte - und das steht ja zweifelsfrei fest - keinen Kontakt mit dem anderen Fahrzeug. Deshalb geht es nicht in mein Hirn, daß er für eine offensichtliche Panik- oder Schreckreaktion der Fahrerin verantwortlich gemacht werden soll. Mag aber sein, daß ich hier völlig auf dem verkehrten Dampfer bin.


    Um nicht falsch verstanden zu werden. Raserei und Drängelei sind widerlich. Es ist schlimm, was manche Leute im Straßenverkehr anstellen. Es ist überaus tragisch, daß eine Frau und ihr Kind sterben mußten, weil sie wahrscheinlich bedrängt wurden. Aber es ist m.E. falsch, einer sehr vagen Indizienkette zu folgen, die mehr Fragen offenläßt, als sie beantwortet, und es ist noch falscher, einen Präzedenzfall schaffen zu wollen, weil die Medienöffentlichkeit darauf drängt.

  • Leute, ihr überseht ein wichtiges Element menschlichen Zusammenlebens, das in der StVO deutlich zum Ausdruck kommt: Jeder hat sich Straßenverkehr so zu verhalten, daß er andere so wenig wie möglich gefährdet! Zu deutsch: laß den andern auch noch Luft zum Leben. Ich bin gewiss keiner, der im Schneckentempo kriecht. Aber was ich in einem langen Autofahrerleben (ca. 20000-40000 km/jährlich) erlebt habe mit Rasern, ist schon krass. Am schlimmsten fand ich damals auf der A1 die Situation, als die dritte Spur in die zweite mündete - auf einer Kuppe und in einer sanften Rechtskurve - und mich bei Tempo 160 ein BMW von hinten auf der dritten Spur überholte, obwohl die zu Ende war und nur noch der Grasstreifen vorhanden war. Mir flogen die Wasenstücke auf die Scheibe, rechts neben mir Lastzüge Stoßstange an Stoßstange mit etwa 120 Sachen und dann fast blind erstmal weiterfahren.
    Deshalb hab ich keinerlei Verständnis für die milde Strafe. Damals wären wir (die ganze Familie) drauf gegangen, wenn ich schreckhafter reagiert hätte. Ich finde solche Leute sollte man den Rest ihres Lebens zu Fuß laufen lassen. Denn die benutzen ihr Auto als Waffe und nicht als Fortbewegungsmittel.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Hallo,


    Zitat

    Denn die benutzen ihr Auto als Waffe und nicht als Fortbewegungsmittel


    Danke !!! Du sprichst mir aus der Seele ! genau so ist es !

    liebe Grüsse melanie


    Wenn man Engeln die Flügel bricht, fliegen sie auf Besen weiter !
    :keks


    :lesend )

  • Das aber ist nicht die Frage. Moralische oder soziologische Imperative stehen nicht zur Debatte, jedenfalls nicht im Rahmen des Gerichtsverfahrens. Da stellt sich die Frage: War ein Straftatbestand erfüllt und wenn ja, welcher? Sowie: Läßt sich das schlüssig beweisen? Das Gericht hat nicht über die - beklagenswerte - Gesamtsituation im deutschen Straßenverkehr zu befinden.

  • Zitat

    Original von tomliehr
    War ein Straftatbestand erfüllt und wenn ja, welcher? Sowie: Läßt sich das schlüssig beweisen? Das Gericht hat nicht über die - beklagenswerte - Gesamtsituation im deutschen Straßenverkehr zu befinden.


    Und damit hat der Tom recht.
    Ein Gericht kann diesen einen Autofahrer (nach mehr als unsicherer Beweislage) nun mal nicht stellvertretend für alle anderen Deppen aburteilen. So etwas widerspricht nun mal rechtstaatlichen Prinzipien. So schwer das in diesem Fall auch fallen mag.


    Gruss,


    Doc

  • Hallo, Doc.


    Zitat

    Ein Gericht kann diesen einen Autofahrer (nach mehr als unsicherer Beweislage) nun mal nicht stellvertretend für alle anderen Deppen aburteilen.


    Genau. Das, was die Stammtisch-Lynchjustizler verlangen (und was menschlich, moralisch, emotional ja durchaus, in gewissen Grenzen, nachvollziehbar ist), geht aber genau in diese Richtung. "Diese Raser, das sind doch alles Tiere, da muß mal was passieren!" Verallgemeinerung, Pauschalisierung, kollektiver Ruf nach einem harten Vorgehen - umso mehr, da hier Exponenten aufeinandertreffen (und nur das hat ja die Vorfälle so populär gemacht): Der coole Daimler-Testfahrer im schweineteuren Boliden, verantwortungslos und geschwindigkeitsgeil (Bild in der Öffentlichkeit), die junge Frau im Kleinwagen, das Kind auf dem Rücksitz, Schutzlosigkeit in seiner reinsten Form. Klar, daß da die Gefühle hochkochen (oder hochgekocht werden).


    Erinnert sich jemand an die tragischen Vorfälle rund um Kampfhunde - vor drei Jahren, als es sogar stantepede zur Gesetzesänderung kam? Das war Populismus pur, das war letztlich Lynchjustiz. Inzwischen hat man bemerkt, daß man nicht alle über einen Kamm scheren darf und jeder Fall einzeln und für sich betrachtet werden muß. Auch hier will ich nichts kleinreden, jedes Schicksal ist tragisch und sehr, sehr traurig. Aber man muß einfach differenzieren, auch - gleiches Recht für alle - u.U. zugunsten der vermeintlichen Täter. Davon abgesehen: Moralische Vergehen sind in Deutschland nicht justitiabel.

  • Falsches Argument, Tomliehr. Moral ist durchaus auch in unserem Land justitiabel. Ich darf dich daran erinnern, daß einem Verbrecher, wenn er ein Fahrzeug zur Begehung seiner Tat benutzt hat, durchaus der Führerschein für eine lange Zeit, evtl. sogar lebenslänglich entzogen werden kann. Begründung: fehlende moralische Reife!
    Genau diese Jurisdiktion vermisse ich aber bei Verkehrsdelikten. Solch üblen Raser, die andere in Gefahr bringen, sollte ebenfalls die Fahrerlaubnis entzogen werden. Zuerst für einen längeren Zeitraum, bei Wiederholungen für immer. Diese Forderung hat weder was mit Populismus noch mit Lynchjustiz zu tun. Sie ist lediglich ein Tribut an eine Sicherheitsvorsorge, die sogar im Grundgesetz verankert ist.
    Ich habe nichts gegen schnelles Fahren, tue ich ja selbst auch und habe schon so manches freundliches Foto berappt. Aber ich tue es nur da, wo ich niemanden gefährde, höchsten mich selbst.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Zitat

    Original von Demosthenes
    Falsches Argument, Tomliehr. Moral ist durchaus auch in unserem Land justitiabel. Ich darf dich daran erinnern, daß einem Verbrecher, wenn er ein Fahrzeug zur Begehung seiner Tat benutzt hat, durchaus der Führerschein für eine lange Zeit, evtl. sogar lebenslänglich entzogen werden kann. Begründung: fehlende moralische Reife!


    Hmm...:gruebel...Moral ist justitiabel? Meinst Du das wirklich Demosthenes ? Ich habe Moral immer als eine Strömung angesehen, die die breite Masse als Moral ansieht. Dadurch wird es aber kein absoluter Begriff...ist wandelbar, meistens leider.


    Ansonsten und etwas Off-topic: ich habe meine Führerschein...und ich war eine gute, vorsichtige Fahrerin laut Aussagen von Freunden....vor 23 Jahren freiwillig abgegeben, weil ich mich selbst als nicht geeignet für den europäischen Straßenverkehr halte. Und ich muß sagen, daß ich meinen Entschluß noch nie bereut habe.


    Ansonsten muß ich schon wieder Tom in Allem recht geben...so sehr mir das mißfällt. Meiner Ansicht nach gibt es da kaum noch etwas hinzuzufügen. Recht ist nicht mehr automatisch Recht in Deutschland und war es wohl noch nie.


    Gruß
    Baumbart

  • Keine noch so harte Strafe macht die Opfer wieder lebendig und hält den Verurteilten oder andere dauerhaft vom Rasen ab. Von so einem Abschreckungseffekt kann man sich getrost verabschieden. Helfen würden vielleicht eine vernünftige Geschwindigkeitsbegrenzung und die konsequente Verfolgung und Bestrafung bei Überschreitungen. Das setzt aber einen personell viel höher ausgestatteten Polizeiapparat voraus, als in diesem Land auf Dauer zu finanzieren ist.


    Ansonsten gebe ich euch recht. Dieser Prozess ist aufgrund des Medieninteresses und der emotionalen Stimmung nicht objektiv führbar. Auch Richter sind menschliche Wesen, die sich ihre Unabhängigkeit nicht immer so einfach bewahren können, wie es für eine gerechte Rechsprechung möglich wäre. Bei reinen Indizienprozessen eh nur reine Glücksache.

  • Ich arbeite mich mal langsam durch


    Demostehnes:
    Der Führerschein wird nicht aufgrund fehlender moralischer Reife nach einer Straftat bei der ein Fahrzeug benutzt wurde entzogen, sondern auf grund einer durch die Benutzung des Fahrzeugs zu einer Straftat begründeten generellen Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen.
    Wobei das Fahrzeug hierbei nicht tatnotwendiges Mittel sein darf. (eine Straftat im Straßenverkehr ist somit ausgeschlossen, denn dazu braucht man gewöhnlich sein Auto)
    Allerdings bei Unfällen mit alkohol oder Drogen, wird der Führerschein selbst dann sofort von der Polizei eingezogen, wenn der Fahrer nicht der Unfallverursacher war.
    Genauso bei einem Unfall, bei dem derjenige *geflüchtet* ist und der Schadenswert über 1000€ Euro liegt. Auch hierbei ist nicht von belang, ob der Fahrer den Unfall tatsächlich verursacht hat.
    Auch bei einer Fahrt unter alkoholeinfluß (ohne Unfall) mit einem Promillewert von mehr als 1,1 wird der Führerschein sofort von der Polizei beschlagnahmt und ein Fahrverbot tritt in Kraft.


    Weiterhin wüßte ich gerne, auf welchen Autobahnen du unterwegs bist, wenn du schnell fährst. Du wirst niemals ausschließen können, ob du durch deine hohe Geschwindigkeit niemanden gefährdest. Oder fährst du nur schnell wenn vor und hinter dir KEINERLEI Fahrzeuge zu sehen sind?



    @ Baumbart


    Verstehe ich dich Recht, du hast keinen Führerschein mehr? Was hat dich dazu bewegt? *neugierig*
    Wenn du das nicht öffentlich schreiben magst, dann schreib mir doch bitte ein PN.



    @ Tomliehr


    ich stimme dir zu


    allerdings:


    Tatbestand der fahrlässigen Tötung:


    Wer durch Fahrlässigkeit den Tot eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe verurteilt.


    Fahrlässigkeit bedeutet:
    Man begeht eine Verletzung der Sorgfaltspflicht bei einer Voraussehbarkeit des Erfolges.


    Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet das:
    Der Fahrer muß seine Sorgfaltspflicht verletzt haben und gewußt haben, daß dies eventuell den Tod der jungen Mutter und ihrer Tochter zur folge haben könnte.


    Die Sorgfaltspflichtverletzung begeht er indem er, wie Demosthenes schrieb, sich eben nicht rücksichtsvoll und umsichtig im Straßenverkehr verhalten hat. Indem er also sehr schnell und sehr dicht auf den Pkw der jungen Dame auffuhr.
    Vorraussehbar ist es gerade für einen Testfahrer, der ja vermutlich viel fährt, daß die junge Dame eben nicht besonnen reagiert, sondern sich erschreckt und das Lenkrad verreißen könnte. Bei einer angenommen Geschwindigkeit von 100 km/h auf einer stark befahrenen Autobahn, muß man auch davon aussgehen, daß ein so eventuell herbeigeführter Unfall, nicht mit einem kleinen Sachschaden davon kommt, sondern eventuell Menschenleben gefährdet werden. Damit ist die Vorraussehbarkeit gegeben. Und der Tatbestand erfüllt.


    Ein Beispiel dazu:


    A fährt mit seinem Beifahrer mit hoher Geschwindigkeit bei Nacht in eine Baustelle. Die Baustelle ist schlecht beleuchtet bzw. gar nicht und A verursacht aus diesem Grund einen Unfall, bei dem sein Beifahrer getötet wird. Nicht nur A kann der fahrlässigen Tötung angeklagt werden, aufgrund der für den Unfall ursächlichen zu hohen Geschwindigkeit. Auch der Verantwortliche für die Einrichtung der Baustelle kann durchaus eine fahrlässige Tötung begangen haben. Da er sich nicht um ausreichende Beleuchtung gekümmert hat (Sorgfaltspflichtverletzung) und davon aussgehen muß, daß Pkwfahrer zur Nachtzeit die Baustelle übersehen und verunfallen. Auf einer Autobahn ist es vorraussehbar, daß ein solcher Unfall unter Umständen tödlich enden kann.


    Eine Nötigung, liegt hier jedoch (nach meinem Kenntnisstand) nicht vor. Da der Fahrer lediglich zu nah auffuhr, jedoch (soweit ich weiß) weder hupte noch die Lichthupe betätigte oder den Blinker links setzte. Das dichte Auffahren auf ein vorrausfahrendes Fahrzeug erfüllt jedoch keineswegs den Tatbestand der Nötigung.


    (Wollte nicht Besserwisserisch klingen, aber das wollte ich klar stellen. Hab sogar extra noch mal in meinem schlauen Buch nachgeschlagen und das sieht das genauso, wie ich es geschrieben habe)

  • @ Idgie


    Oh so groß muß der Polizeiapperat gar nicht sein, um solche Strafen besser durchsetzen zu können.
    In Deutschland kann man sich jedoch leider viel zu gut aus solchen Dingen rausreden.
    In den Niederlanden gibt es eine sogenannte Halterverantwortlichkeit. Das bedeutet. Nach einem Foto durch die Polizei, muß der Halter des Fahrzeugs den Fahrer zum Zeitpunkt des Fotos benennen. Tut er das nicht, fällt die Strafe auf ihn zurück. Ich habe mich vor kurzem mit einem Niederländischen Kollegen unterhalten und dieser gab an, daß man in den Niederlanden eine Aufklärungsrate von solchen Verkehrsdelikten von mehr als 95% hat.
    Dazu die wirklich empfindlichen Geldstrafen, die dort schon bei kleinen Geschwindigkeitsverstößen vorliegen, haben die Niederlande zu einem Land der langsamen und umsichtigen Fahrzeugführer gemacht.


    Allerdings scheinen unsere gesetzgebenden Damen und Herren viel zu gerne schnell zu fahren und zu oft geblitzt zu werden, um ein solches System einführen zu wollen. :lache

  • Zitat

    Original von Babyjane


    @ Baumbart


    Verstehe ich dich Recht, du hast keinen Führerschein mehr? Was hat dich dazu bewegt? *neugierig*
    Wenn du das nicht öffentlich schreiben magst, dann schreib mir doch bitte ein PN.


    Hi Babyjane,


    ist nichts Geheimnisvolles dabei. Wir hatten aus beruflichen Gründen ein Jahr in den USA gelebt, wo ich auch den Führerschein gemacht hab und gerne gefahren bin.


    Breite Straßen, so gut wie nie Gegenverkehr...gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr kenne ich persönlich nur aus den USA. Beispiele sind die Vorschriften in bezug auf Schulbusse und das Fehlen jeglicher Vorfahrtsschilder an Kreuzungen...und es klappte trotzdem hervorragend!


    Jedenfalls in dem Staaten, wo wir uns damals aufgehalten haben.


    Zurückgekehrt aus den USA würgte ich an einer großen beampelten Kreuzung den Motor ab...mit dem Ergebnis, daß ich beinahe von den anderen Verkehrsteilnehmern gelyncht worden wäre...Hupkonzert, Beschimpfungen etc.
    Vor meinem geistigen Auge zog eine fiktive Situation wie die, in der ich mich gerade befand vorbei...inklusive der Kleinkinder, die wir demnächst haben wollten...die Frage: "Was mache ich, wenn...?"


    Und ich habe als Resumee meinen Mann gebeten, mit mir die Plätze zu tauschen und bin nie mehr gefahren seither.


    Bevor ich mich und alle anderen in unnötige Gefahr bringe, wollte ich dann lieber nur Beifahrer und Kartenleser sein....und meine Kinder trösten können, wenn sie weinen würden...und halt lieber auf diese Weise den Fahrer entlasten.


    Wie gesagt: ich hab`s nie bereut...und ich glaub, der Rest der Menschheit ebensowenig... :grin


    Gruß
    Baumbart


  • Dieser Argumentation schließe ich mich an.


    Anscheinend glaubt der Richter, 12.000€ seien ein angemessener Wert für zwei Menschenleben. Sind ja nur eine Frau und ein Kind :-(


    Der Mann war doch Testfahrer einer renommierten Autofirma. Da sollte er eigentlich schon wissen, dass so ein rasantes Fahrzeug einer Waffe gleichkommen kann.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde