Eigene Meinung:
Gestern kam "Das Jungfrauenspiel" als Wanderbuch mit der Post... und heute um 16:30 Uhr habe ich diesen historischen Roman wieder zugeschlagen. Einigermaßen unterhalten. Und doch lässt mich einiges aufstoßen, vor allem der große Kitschfaktor und damit zusammenhängend, der Realismus in der Geschichte.
Marianna (Bei der Suche nach der Herkunft ihres Namens, bin ich auf einen nordisch - keltischen Ursprung gestoßen, aber auch auf einen hebräischen. Und trotzdem: Der Name erscheint mir unpassend für die Zeit um 1580/1590.) ist Gemahlin eines Mannes, der auf der Folterbank sein Leben lassen muss, weil er im Verdacht stand wieder einmal die englische Krone betrogen zu haben. Er wird nach einem Spion befragt, dem "Greif", worauf er keine Antwort geben kann. Marianna, zusammen mit ihrem Gemahl nach Calais geflüchtet, versucht währenddessen ihren Sohn Nathaniel zu befreien, der bei einem grausamen und unbarmherzigen Vormund sein Leben fristen muss. Dies schlägt fehl; sie wird verhaftet und wird auch noch Zeuge, wie der sie festgenommene "Polizist" hingemetzelt wird. Von da an mimt sie die Spionin im Hause ihres Onkels, immer gefährdet entdeckt zu werden, auf der Suche nach dem "Greifen". Dabei verliebt sie sich in den Höfling James Danvers und muss bald erkennen, dass dieser ein doppeltes Gesicht hat...
Die Geschichte bleibt spannend; man hat immer wieder den Spannungsbogen vor Augen, wie er sich hebt, während man damit beschäftigt ist mitzurätseln, wer nun der "Greif" ist. Die dabei immer wieder etwas "heftigen" Szenen, wie die Folterungen ihres Mannes Roger oder aber auch die Schändung Judiths und ihrem traurigen Ende passen in diese doch sehr traurige Geschichte, die eine düstere Atmosphäre umgibt.
Spannend ist die Geschichte, aber auch kitschig und unrealistisch, wenn es um das logische Handeln von Figuren geht. Ein Beispiel:
Auch sind die Charaktere teilweise etwas blass. Nathaniels Alter bleibt unbekannt; über Marianna weiß man nichts mehr, als dass sie kupferrotes Haar hat und Verwandte in Beverly hat bzw. eine Liebschaft, bei der Nat entstanden ist. Man weiß ansonsten nichts - über ihre Statur, ihre Kleidung, ihren Stand, ihre Vergangenheit. Die Figur bleibt ständig blass und auch relativ wahllos in ihren Handlungen. Sie verurteilt das Eine, kommt aber nicht umhin selbst dieses "Eine" zu tun. Eine sehr seltsame Figur.
Wie Gepflogenheiten, z.B. die Folterungen, oder aber auch Merkmale dieser Zeit in die Handlung eingewoben werden, ist geradezu schön. Man erfährt viel, auch z.B. etwas über den Degen, über die Folter, über das höfische Leben, über die Erziehungsmethoden. Die Erklärungen der Autorin wirken dahingehend auch nicht aufdringlich, wie ihr Schreibstil insgesamt auch nicht aufdringlich ist. Der Schreibstil bleibt immer flüssig, immer konstant gut und die Geschichte verliert nie an Fahrt.
Insgesamt: Ein kurzweiliger, schön geschriebener Roman mit Schwächen in den Charakteren und deren Lösungen.
6 / 10