2001, Berlin Verlag
Gebunden, 280 Seiten
Über die Autorin
Die Kulturhistorikerin Caroline Hanken beschäftigt sich seit Jahren mit der Stellung der königlichen Mätressen am französischen Hof des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts.
Klappentext
Als das ziehende Heereslager des französischen Königs sich im fünfzehnten Jahrhundert durch die Einführung der Steuer zum Hof entwickelte, hatten die Mätressen noch keine exklusive Stellung inne. Unter Ludwig XIV. begann sich das zu ändern.
Der Hof war zu einem Verwaltungszentrum gereift, Versailles und Louvre faßten die zehntausenden Menschen nicht, die den Sonnenkönig ständig umgaben. Jeder seiner Schritte geschah unter den Augen unzähliger Höflichte, nichts blieb geheim. Darum mußte gerade der absolutistische Herrscher seinen Liebschaften eine Funktion zuweisen - damit sie ihm nicht schadeten. 1661 präsentierte er öffentlich Louise de la Vallière und läutete damit die Hochzeit der Mätressen ein.
Von der maîtresse du roi über die maîtresse déclarée zur maîtresse en titre, von der la Vallière über Madame de Montespan und de Maintenon und Pompadour bis zur du Barry dehnten die Frauen, dehnte aber vor allem auch der sich verändernde Machtapparat selbst ihre Aufgaben aus. Zunehmend lag besonders die feinabgestimmte Verwaltung der königlichen Gunst in der Hand der Mätresse, die dadurch zur wichtigen, mächtigen Institution wurde; von den Nachfolgern des Sonnenkönigs wurde darum bereits erwartet, daß sie eine Mätresse hielten. Und doch blieb diese große und institutionalisierte Macht der Mätresse immer unausgewiesen.
In der doppelten Abhängigkeit von der flexiblen Struktur des Machtapparates und den wechselhaften Launen des Königs beschreibt Hanken kenntnisreich und detailscharf - >>in Gerüchen und Farben<< (de Volkskrant) - das Leben der Mätressen: ihre Macht, die bis zur Französischen Revolution wächst und die sich dennoch jeden Augenblick neu erfinden und inszenieren muß.
Bis in die Gegenwart des englischen Königshauses verfolgt Hanken die Geschichte dieses gefährlichen weiblichen Berufs.
Meinung
Das einzig bemängelnswerte an diesem Buch über Mätressentum ist die gelegentlich als völlig unsystemtisch empfunde Struktur. Hier wird von Ludwig XIV. zu Ludwig XV. gesprungen und wieder zurück - und als man dachte Louise de la Vallière wäre thematisch schon längst abgeschlossen taucht sie wieder auf. Das macht es doch etwas schwer sich zeitlich zurecht zu finden.
Nachdem ich verstanden hatte, dass es der Autorin bei ihrem Buch nicht darum ging die einzelnen Mätressen biografieartig zu beschreiben, sondern das Mätressentum als Gesamtes, ja sogar als wichtige Institution zu beschreiben, fiel es mir wesentlich leichter die Struktur der Kapitel zu verstehen.
Caroline Hanken fängt wirklich von vorne an: die ersten Mätressen (als heimliche Geliebte) unter Ludwig XIV.,, deren Weiterentwicklung bis hin zum eigenen Zimmer, die Einstellung der einzelnen Königinnen gegenüber den Mätressen ihrer Ehemänner und die damit einhergende Problematik, die schleichende Institutionalisierung der Mätressenposition am Hof und der immer größer werdene Einflussbereich dieser Frauen bis hin zum "gestrigen" Mätressentum im englischen Köngishaus oder auch Francois Mitterands - im Epilog aufgeführt.
Ebenfalls im Epilog zu finden sind sämtliche Kurzbiografien königlicher Mätressen und anderer wichtiger Personen.
Ausführliche Anmerkungen im Anhang sowie Hinweise auf weiterführende Literatur runden dieses tolle Buch ab.
Innerhalb kürzester Zeit habe ich sehr viel Wissen über das französische Hofleben und natürlich insbesondere über die Geschichte des Mätressentums erlangt. Das Buch ist äußerst flüssig zu lesen - besser als ein Roman, wie ich finde - und mit zahlreichen Originalzitaten wichtiger Zeitzeugen ausgestattet. An keiner Stelle wurde es zäh oder gar langweilig. Die Geschichte der Mätressen ist eine sehr spannende, und auch die Darstellung derselben als Persönlichkeit kommt in diesem Buch nicht zu kurz, wenngleich die Autorin zu keinem Zeitpunkt wertend wirkt. Sicherlich gibt es auch noch das ein oder andere, das man sich aus anderen Titeln zu diesem Thema noch tiefer aneignen kann, aber wahrscheinlich selten wird es an Lesespaß und zugleich hoher informativer Qualität zu überbieten sein.
Leider ist das Buch nur noch antiquarisch erhältlich und nochmals leider hat es nur knapp 250 Seiten, aber m.E. lohnt sich die Anschaffung definitiv. Ich jedenfalls habe einen tollen Gesamtüberblick erhalten und mich gleich auf die Suche nach den im Anhang genannten weiterführenden Büchern gemacht.