'Professor Unrat' - Kapitel 04

  • Unrat und die Künstlerin Rosa Fröhlich treffen endlich aufeinander.
    2 urige Typen, die sich anfangs etwas streiten, dann aber sich schon rasch in ihrer Volksverachtung einig sind, als die Gesellschaft im blauen Engel aufgrund der kriegerischen Liedtexte so ergriffen werden.

  • Welch unterschiedliche Welten hier zusammentreffen. Unrat versucht wie in der Schule nach bewährter Manier Rosa, der "bunten Frauensperson" zu drohen, dass er ihr Laufbahn erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen wird. Rosa macht ihm deutlich, wie lächerlich sein Verhalten in diesem Kontext ist. Und sie macht Unrat Angst, ist ihm unheimlich.


    Lustig fand ich den Satz des Artisten, dass die Wissenschaft und die Kunst allemal aus demnselben Käsegeschäft kommen.


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  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    In diesem Kapitel habe ich mich bei Unrats Gespräch mit dem Wirt, spätestens bei "Oll Dösbattel" vor Lachen weggeschmissen. :rofl


    :chen


    Aber Rosa und die Artisten sprechen nicht Plattdeutsch. Sie sprechen Umgangssprache, die aber weder dem Hochdeutschen von Unrat noch dem Plattdeutschen der Arbeiter ähnelt.

  • Ich finde ja den Unrat in diesem Kapitel unerhoert anruehrend.
    Sein einziges Mittel, mit der Welt in Relation zu treten - das Gedruckte - versagt. Er sieht sich von Artgenossen eingekeilt, die er in ihrer voelligen Fremdheit buchstaeblich als Artgenossen nicht wahrnehmen kann - in der Szene springt Panik nachfuehlbar aus den Zeilen. Als er dann endlich zumindest dazu kommt, diesen Fremdwesen, die sich seiner Ordnung nicht nur widersetzen, sondern sich weigern, von ihr zu wissen, SEIN Gesetz der Welt entgegenzustossen: "Ich bin der Lehrer", ist er mir nah.


    Natuerlich ist das ein Fruehwerk, ein bisschen krude, stark ueberzeichnet und ueberbetont, aber ich finde diese Szene trotzdem gut angelegt und noch immer wirksam.


    Ebenso die Szene mit der Herrnhuter Familie, die wie die im Blauen Engel zeigt, wie fremd und hilflos Unrat in seiner Welt agiert.


    Und besonders interessant, dazu schoen dezent abgehandelt: Das scheue Kuschen des Tyrannen vor der jungen Wirtschafterin.


    Ueber Doesbaddel und Kaesgeschaeft habe ich auch lachen muessen.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie
    Natuerlich ist das ein Fruehwerk, ein bisschen krude, stark ueberzeichnet und ueberbetont, aber ich finde diese Szene trotzdem gut angelegt und noch immer wirksam.


    Seine Wildheit und seine Fehler wie Überzeichnungen geben dem Roman zum Teil auch seinen Charme.
    Perfektion kann langweilig sein! Ich bin überzeugt, wenn Heinrich Mann seinen Roman ohne Emotionen, weniger überfrachtet und geradliniger geschrieben hätte, würde er heute kaum noch gelesen.
    Die Verfilmung Der blaue Engel hat seinen Anteil am Erfolg des Romans geleistet, aber ich glaube heutzutage ist der Roman beliebter als der Film. Durch den Fernseh-Dreiteiler „Die Manns“ von Heinrich Breloer ist das immer schon große Interesse an der Mann-Familie einer noch größeren Schicht zugänglich gemacht worden, die vermutlich erst seitdem auch die Romane liest.


    Interessieren würde mich ja, wie Professor Unrats heutige Bedeutung von der Literaturkritik eingeschätzt wird und ob die Verkaufszahlen denen der verwandten Gattung der Internatsromane dieser Zeit z.B. von Hermann Hesse (Unterm Rad) oder Robert Musils Zögling Törless entsprechen.

  • Ich moechte noch rasch - das hatte ich vergessen - zu diesem Kapitel anfuegen, wie sehr mir die Stelle gefaellt, als das dicke Artistenpaar die Garderobe verlaesst und Unrat sich mit Rosa Froehlich allein findet. Dem voran geht ja die kleine Szene, in der er sich etwas entspannt, sich auf seine Weise sogar auf die Leute, denen "jeder Massstab fehlt" einlaesst, und dann ist auf einen Schlag der ganze Mensch vor Beklommenheit erstarrt und der ganze Raum wird feindselig personalisiert: "Beschmutzte Handtuecher trieben sich am Boden umher."
    Das ist sprachlich schoen gemacht, finde ich.


    "Krude und ueberzeichnet" habe ich auch nicht abfaellig gemeint, sondern eher zum Ausdruck bringen wollen, dass ich mich darueber freue, hier im Groben, Rohen schon zu finden, was ich in spaeteren, reiferen Werken auf die Hoehe gebracht und verfeinert wiederfinde.


    Ich lese sehr gern Fruehwerke geliebter Schriftsteller, um mir eben dies anzusehen, und ich denke, dass "Professor Unrat" als solches - das ja auch erhebliche biographische Schluesse zulaesst - fuer die Heinrich-Mann-Forschung von bleibender Bedeutung ist.
    Ueber Verkaufszahlen kann ich leider ueberhaupt nichts sagen, da bin ich ein Ahnungsloser!


    Alles Liebe von Charlie