Kurzbeschreibung:
Aloys Winterling widerlegt den Mythos vom wahnsinnigen Kaiser
Der römische Kaiser Caligula gilt traditionell als grausamer und wahnsinniger Tyrann. In dieser glänzend geschriebenen Biographie lernen wir ihn jedoch als einen mit zynischem Witz agierenden Herrscher kennen, der den Opportunismus und die Skrupellosigkeit der römischen Aristokratie für seine Zwecke ausnutzte und von ihr später als Geisteskranker denunziert wurde.
Der Kaiser Caligula gilt als Musterfall des römischen Cäsarenwahnsinns. Er trieb angeblich Inzest mit seinen Schwestern, wollte sein Pferd zum Konsul machen und von den römischen Senatoren als Gott verehrt werden. So behaupten es zumindest die antiken Quellen. Aloys Winterling beschreibt das kurze, ereignisreiche Leben Caligulas (12- 41 n. Chr.) anders. Er weist überzeugend nach, dass seine Herrschaft durch dramatische Konflikte geprägt war, die sich immer mehr zuspitzten. Der junge Kaiser nutzte konsequent den Opportunismus und die Auflösungserscheinungen der alten Oberschicht zur Durchsetzung einer offenen Alleinherrschaft.
Über den Autor: (vom Klappentext übernommen)
Aloys Winterling, geboren 1956 in Leverkusen, lehrte an den Universitäten München und Bielefeld und ist seit 2002 Ordinarius für Alte Geschichte und Historische Anthropologie an der Universität Freiburg/Brsg. Er hat eine größere Zahl von Publikationen zur Gesellschafts- und Kulturgeschichte der Antike und Frühen Neuzeit vorgelegt, ist Herausgeber der „Enzyklopädie der griechisch-römischen Antike“ und Mitherausgeber der Zeitschrift „Historia“.
Eigene Meinung:
Wer sich von diesem Buch einen skandalumwitterten Lebensbericht über Caligula erhofft, sollte den Mauszeiger ruckartig in die rechte Ecke seines Bildschirmes zum Kreuz bewegen. Wer allerdings eine spannende, gut zu lesende und sachliche Biographie zugleich erwartet, ist hier genau richtig.
Aloys Winterling durchleuchtet die vorhandenen Quellen zur Regentschaft von Caligula genau und versucht so erfundene Denunziationen von den Fakten aus den Berichten von Seneca, Tacitus, Sueton, Cassius Dio und Co. über das kurze Leben des „Stiefelchens“ zu trennen. Ohne dabei die Lesbarkeit zu beeinträchtigen wird dieser Vorgang dem Leser an umstrittenen Stellen offen gelegt und die relevanten Stellen genannt und auch oft zitiert. Dabei kann man auch an manchen Stellen mittelbar etwas über die Kniffe der Geschichtsschreiber lernen, mit denen diese manchmal die Fakten in einem bestimmten Licht erscheinen lassen.
Als Ergebnis bleibt aber kein weichgespülter Caligula, dem nur alles angedichtet wurde, sondern eine interessante Herrschergestalt. Durch eine gute Aufbereitung der historischen Hintergründe – vor allem der Ausgestaltung der Monarchie unter Augustus und Tiberius – werden viele Ereignisse in der Zeit Caligulas verständlich. Manche Legenden, wie etwa die Ernennung seines Pferdes zum Konsul, bekommen im Kontext eingebettet ein logisches Gewand. Zudem erklärt Winterling den Grund für die spätere Titulierung Caligulas als Wahnsinnigen schlüssig und verständlich.
Eine hervorragende Biographie. 10 Punkte.