Chez Max - Jakob Arjouni

  • "Chez Max" von Jakob Arjouni


    Klappentext
    "Wir befinden uns im Jahr 2064. Die Welt ist duch einen Zaun geteilt: hier Fortschritt und Demokratie, dort Rückschritt, Diktatur und religiöser Fanatismus. -Doch das Wohlstandsreich will verteidigt sein, Prävention ist angesagt wie noch nie. Dies ist die Aufgabe der beiden Ashcroft-Männer Max Schwarzwald und Chen Wu, Partner - aber alles andere als Freunde."


    Autor
    Jakob Arjouni heißt eigentlich Jakob Bothe, geb. Michelsen. Er ist 1964 in Frankfurt geboren und lebt jetzt überwiegend in Frankreich. Neben den Kayankaya-Krimis (z.B."Happy Birthday, Türke") hat er Bände mit Kurzgeschichten ("Freunde", "Idioten") und Romane ("Magic Hoffmann", "Hausaufgaben") herausgebracht.


    Mein Fazit
    Bei diesem Roman handelt es sich um einen Science-Fiction Roman, der satirisch weiterspinnt, wie die Ereignisse des 11. Septembers 2001 zu einer neuen Weltordnung geführt haben. Europa, Teile von Asien sowie Nordameika sind vom Rest der Welt abgetrennt durch einen weltumrundenden Zaun. Die USA sind als Folge ihrer vergeblichen Bemühungen, Irak und den Nahen Osten zu befrieden, verarmt und haben sich zur Umwandlung des Industriestaats in einen Agrarstaat entschieden. Über die Gebiete hinter dem Zaun darf nicht gesprochen werden. Nur geographische Erläuterungen sind erlaubt; alles andere wird als Angriff auf die euroasiatische Wertegemeinschaft gewertet.


    Die Ashcroft-Behörde ist nach dem US-ameikanischen Justizminister John Ashcroft (2001-2005) benannt und die Mitarbeiter sollen Verbrechen voraussehen und verhindern. Max Schwarzwald, in seinem Tarnberuf Chef des deutschen Restaurants "Chez Max" teilt sich die Überwachung des dritten Quadrats des elften Arrondissements mit dem Chinesen Chen Wu. Bald fängt Max jedoch an, diesen zu bespitzeln.


    Die utopischen Szenarien haben mich ein bisschen an "1984" erinnert (dort gibt es, wenn ich mich richtig erinnere, Eurasien), allerdings sind sie dort viel stärker ausgearbeitet. Max Schwarzwald weist einige Charakterzüge von Joachim Linde aus dem vorigen Roman von Arjouni "Hausaufgaben" auf.


    Ich mag die Romane von Jakob Arjouni und finde, dass sie gut geschrieben sind. Auch diesen hier habe ich gerne gelesen. Einige Details seiner Utopie fand ich sehr witzig, manche auch bedenkenswert. Der "kriminalistische" Teil, d.h. als Max anfängt, Chen zu beschatten, ist recht spannend zu verfolgen, und zwar hauptsächlich aufgrund der Persönlichkeitsstruktur von Max.


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  • Als Fan von Jakob Arjouni hatte ich mich schon gefreut als ich "Chez Max" in unserer Buecherei entdeckte und gleich bestellte. Und wie auch in seinen anderen Buechern gefaellt mir auch hier sein Schreibstil: treffsicher, kurzweilig, mit einem guten Sinn fuer Humor. Die Hauptperson Max ist ganz sicherlich kein Held und wirkt wenig sympatisch. Er zeigt aber typische menschliche Schwaechen auf, die ganz gewollt recht beaengstigend sind. Und wie Taki schon sagte, erinnert Max mich dabei auch an Linde aus dem Roman "Hausaufgaben".


    Meine Lieblingsfigur war dagegen Chen, den ich sehr schoen beschrieben fand. Er ist fuer mich der Held der Erzaehlung, weil er trotz seiner Schwaechen sehr ehrlich ist - sich selber und seiner Umgebung gegenueber. Und sich dadurch als wirklicher Menschenkenner auszeichnet. Ganz im Gegensatz zu Max.


    Doch von Anfang an konnte ich mit der Science Fiction Version nicht wirklich was anfangen. Wieso musste Arjouni diese Erzaehlung unbedingt in der Zukunft ansiedeln, wenn doch eigentlich unser Alltag doch genauso aussieht?!? Die Ashcroft Spitzel erinnern mich schlicht an den Stasi und der Zaun ist nun auch wirklich nicht zukunftsweisend .... Das ganze drumherum um die eigentliche Persoenlichkeitsentwicklung von Max sieht fuer mich nach Fuellstoff aus. Ok, ein paar nette witzige Saetze entstanden dadurch, aber so ganz konnte mich diese futuristische Kulisse nicht ueberzeugen. Was vielleicht im Ansatz originell aussah, enttaeuscht letztlich.


    Fazit: Arjouni schafft wieder einmal Charaktere, die die menschlichen Schwaechen klar aufzeigen und das in seinem gewohnt fluessigen und humorvollen Schreibstil. Doch der Schauplatz wirkt letztlich nicht sonderlich originell und hebt die Erzaehlung nicht ueber Mittelmass hinaus.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Beatrix
    Ich gebe Dir recht, dass man an dem Buch einiges aussetzen kann, gehe aber so weit, zu vermuten, dass hier vom Autor einiges sehr bewusst gemacht wurde. Einfache Struktur usw.


    Meine bescheidene Meinung:
    Eine eigentlich in keiner Weise absurde Zukunftsvision beschreibt Jakob Arjouni. Die scheinbare Freiheit der Menschen in der 1.Welt (Europa und Asien) wird gesichert durch Mauern und Denunziation. Ein wirtschaftlich nicht mehr lebensfähiges Amerika wird mit Subventionen unterstützt, der Rest der Welt ignoriert und ausgebeutet.


    Na, und in dieser schönen, neuen Welt arbeiten Max und Chen als gut getarnte Agenten für die Ashcroft-Vereinigung. Ashcroft-Männer haben nicht wirklich viel zu tun, sie müssen einzig Erfolge vorweisen. Verhaftungen nämlich. Und so wird schnell jeder verdächtigt und kleine Delikte zur Anzeige gebracht.
    Das System kritisieren! Ganz schlecht!
    Drogen! Geh bitte!
    Rauchen sowieso verboten!
    Da kann man schon eine “gerechte“ Strafe ausfassen.
    Und immer schön seine Pflicht tun!


    Das auffällige an Arjounis Zukunftsvision ist, dass sie ganz und gar unspektakulär geschildert wird, im Alltag von Max, der “hauptberuflich“ erfolgreich sein Restaurant “Chez Max“ führt, nebenbei beobachtet und denunziert, ausliefert, anzeigt und auch vor seinen Stammgästen und Freunden nicht halt machen kann. Denn: Pflichterfüllung ist alles!


    Und so kann sich Max am Ende ohne Zweifel vor sich selbst rechtfertigen: “Gegen alle Widerstände und Zweifel bist du deinen Weg gegangen und hast deine Pflicht erfüllt. Du bist trotz des Verrats an deinem besten Freund nicht schwach geworden, hast im Gegenteil die nötige Energie daraus gezogen. (…) Gut gemacht, Max, meine Hochachtung, du bist ein bemerkenswerter Kerl.“


    Ein System der Überwachung … meiner Meinung hat sich der Autor dazu mehr Gedanken gemacht als an der Oberfläche dieses Buches sichtbar wird, also geschrieben steht. Und zwischen den Zeilen zu lesen ist ja nicht sooooo schlecht.