Originaltitel: Some great thing
Anfang bis Ende des 20. Jahrhunderts: eine Stadt (Ottawa) und zwei Männer, die mit dem Aufbau der Hauptstadt Kanadas über Jahrzehnte indirekt verbunden sind.
Jerry McGuinty ist Bauarbeiter mit Leib und Seele. Schon durch seinen Vater, Großvater und Urgroßvater ist er von diesem Gewerbe geprägt. Als Junge beginnt er als Spund auf einer Baustelle und legt damit den Grundstein für eine Karriere als Baulöwe. Eines Tages hält die junge Kathleen Herlihy mit ihrem Sandwichwagen in der nähe seines Arbeitsplatzes an und lädt ihn ein, bei ihr zu essen. Ab dem Zeitpunkt ist es um ihn geschehen: er hat die Liebe seines Lebens gefunden. Wenige Zeit später werden die beiden mit der Geburt ihres Sohnes Jerrys eine Familie. Das Leben könnte so perfekt sein, doch schon auf den ersten Seiten ahnt der Leser, dass Jerrys Leben nicht so sein wird, wie er sich das denkt und wünscht.
Simon Struthers dagegen ist das Paradebeispiel eines Beamten. Er versammelt alle Klischees und Vorurteile, die einem zum Begriff „öffentlicher Dienst“ einfallen (sage ich als Teil des Systems): passiv, zögerlich, unscheinbar und wirklichkeitsfremd. Innerhalb kürzester Zeit steigt er zum Direktor für Planung und Landnutzung in der Abteilung Landeshauptstadt.
Trotz seiner Defizite gelingt es ihm, diverse Frauen zu bezaubern und für sich zu gewinnen. Bis er die rätselhafte Kwyet und ihre Mutter Matty kennen lernt, die sein so wohl geordnetes Leben durcheinander wirbeln und verändern.
Mehr möchte ich hier nicht zum Inhalt ezählen, weil ich Angst habe, jemandem zuviel zu verraten. Deshalb wird meine Beurteilung etwas länger werden.
Der Anfang des Romans hat es mir sehr schwer gemacht: sehr viel wörtliche Rede ohne eine Vorstellung der Figur, um die es geht. Und dazu die Verwirrung, dass der Roman mit einer Frau beginnt statt mit den Männern, von denen im Klappentext die Rede ist.
Ich muss gestehen, dass mich dieser Anfang so abgeschreckt habe, dass ich „Ein großes Ding“ nach gerade mal 20 Seiten zur Seite legte und auf einen besseren Moment wartete.
Der Sprach- und Schreibstil waren für mich sehr ungewöhnlich: mal liest man Kapitel, die nur eine Seite lang sind, dann wieder über 30 Seiten gehen. Im Wechsel kommen Jerry und Simon zu Wort. Jerrys Kapitel bestehen zum größten Teil aus wörtlicher Rede und überzeugen durch eine direkte Anrede des Lesers. Er spricht, wie er denkt (sehr derb, mitunter auch vulgär, aber sehr ehrlich).
Simon dagegen wird beschrieben. Dieses Mittel finde ich überaus passend für seinen Charakter. Nur zum Schluss hin darf er sich selbst äußern - bis dahin passiert ihm aber auch so einiges.
Jerry ist mir sehr ans Herz gewachsen. Meine Assoziation bei ihm: „ein roher Diamant“. Simon dagegen hat mich im Verlauf des Romans immer ärgerlicher gemacht. Es war nach seinen Kapiteln immer eine Wohltat, wieder etwas von Jerry zu hören.
Ich kann nicht genau bestimmen, was mir so ans Herz gegangen ist, aber dieser Erstlingsroman hat es mir ziemlich angetan! Insbesondere die letzten 140 Seiten waren fesselnd und emotional. Das Ende, über das ich nichts erzählen werde, ging mir echt ans Herz.