'Die Glocken von Vineta' - Seiten 417 - 554

  • Die Situation des Teils Die Liebende kam für mich vollkommen unerwartet.
    Darauf war ich in keiner Weise vorbereitet, deshalb hat es eine aufwühlende Wirkung.
    Diese Wende erfordert eine Neubewertung der Beziehungen unserer Protagonisten.


    Dass Natalia Warti verlässt ist konsequent, zudem sie auch noch Schwanger ist.
    Als Wirtin betreibt sie bald erfolgreich eine Gastwirtschaft und zieht ihren Sohn alleine auf.


    Ich bin gespannt, wie sie sich in Zukunft zueinander verhalten werden, wenn Warti die Identität des „Anderen“ erkennt.

  • Mir geht es genauso, es kam auch für mich vollkommen unerwartet und ich habe so meine Probleme mit dem Verhältnis von Anton und Natalia
    Anton ist doch locker 10 Jahre jünger als sie?
    Das gefällt mir ja gar nicht, ich hoffe es kommt noch eine gute Begründung dafür?


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich bin gespannt, wie sie sich in Zukunft zueinander verhalten werden, wenn Warti die Identität des „Anderen“ erkennt.


    :write

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

  • Ja, das hoffe ich natuerlich auch, bonomania - das heisst, dass Du vielleicht doch noch einen Zugang dazu findest.
    Natalia ist zweifellos so entsetzt ueber das, was sich in ihr abspielt, wie ihr.


    Es ist trotz allem sehr interessant fuer mich, zu lesen, wie ihr meine Figuren erlebt.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von bonomania
    [QUOTE]Mir geht es genauso, es kam auch für mich vollkommen unerwartet und ich habe so meine Probleme mit dem Verhältnis von Anton und Natalia
    Anton ist doch locker 10 Jahre jünger als sie?
    Das gefällt mir ja gar nicht, ich hoffe es kommt noch eine gute Begründung dafür?


    Ich hatte zwar auch einige Probleme mit dem Roman, aber das Verhältnis zwischen den beiden gehört für mich nicht dazu, denn dass es dazu kommen musste, war mir schon bei Antons Auftauchen klar. Die Begründung lag für mich in der Geschichte selbst:
    Natalia ist bis zu diesem Zeitpunkt nur eine Hülle oder eine Schlafwandlerin, die kurz bei Antons Bestrafung aufwacht, aber dabei den Grund zunächst nicht erkennt. Die beiden sind in ihrer Verlorenheit Seelenverwandte und finden aneinander, was sie woanders nicht finden können und das man durchaus als Liebe bezeichnen kann ;-)
    Dass Natalia Warti verlässt, ist nur konsequent, da sie 1. keine Heuchlerin ist (Anton ist einer, oder vielleicht versteht er auch einfach nicht) und 2. nicht mehr ins Schlafwandeln zurück fallen kann und auch nicht will.
    Ob die Autorin das alles so gemeint hat, weiß ich natürlich nicht, aber bei mir ist es jedenfalls so angekommen.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Ja, ist es. Danke.


    Erzaehlst Du mir bitte von Deinen Problemen, wenn Du Zeit hast?


    Alles Liebe von Charlie

  • Charlie, gerne:


    Zunächst ging mir dieses Weib von Bole ernsthaft auf die Nerven. Natürlich verstehe ich, dass sie sehr unglücklich ist und in begrenztem Maße kann ich sie auch bemitleiden. Nun habe ich aber ein Problem damit, wenn Leute dermaßen in Selbstmitleid zerfließen, darüber verbittern und nur noch aus Härte und Rachsucht bestehen. Ja, es gibt solche Menschen, ich mag sie aber trotzdem nicht.


    Dann verstehe ich zwar, warum Anton sich als Christ sieht (weil er m.E. darüber seine Leere füllen will und dort seine Identität glaubt), aber ich verstehe nicht, warum andere es tun. Ich verstehe auch nicht, warum Christen in diesem offenen Vineta so gehasst werden.


    Es liegt natürlich eine gewisse Ironie und Tragik darin, dass Anton ausgerechnet der Sohn jenen Mannes ist, dennoch wurde mir das (trotz Vermutung) am Ende alles ein wenig zu viel, zumal er ja auch noch eine gewisse Frau schwängert.


    Bitte, versteh das nicht falsch: Ich habe deinen Roman sehr gern gelesen, denn alleine sprachlich ist er schon ein kleines Meisterwerk. Die Geschichte an sich, der Aufbau und die zwar erwartete, aber dennoch sehr geglückte Erfüllung Natalias und vor allem das Ende dieser außergewöhnlichen Frau haben mich beeindruckt. Auch die Brüder und sonstige "Nebenfiguren" sind sehr gut gelungen und sowieso hebt sich dieses Buch aus der Masse der historischen Romane ab, aber zwischendurch hatte ich den Eindruck, dass es etwas reißerisch wird und das hat mich gestört, da diese Geschichte das nicht nötig gehabt hätte.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Ich verstehe Dich keineswegs falsch. Im Gegenteil, ich bin Dir sehr dankbar, denn dieser ist mein erster historischer Roman, die zwei folgenden sind noch "bemachbar" - der Augenblick, Entscheidendes, Neues zu lernen, ist also jetzt. Ich sitze weit ab vom Schuss, werde erst spaeter im naechsten Jahr Lesungen machen und diese Leserunde ist meine grosse Chance, zu erleben, wie das, was ich geschrieben habe, "landet".


    Vor allem der Punkt mit dem Christentum ist ja auch von beowulf genannt worden, da habe ich ganz offenbar nicht deutlich und praezise genug gearbeitet.


    Vom Vorwurf des Reisserischen fuehle ich mich des Weiteren sehr ertappt, denn einen bedauerlichen Hang dazu kann ich keineswegs leugnen - obwohl ich das als Leser ueberhaupt nicht mag.


    Ich freu mich, dass Dir anderes an dem Roman gefallen hat.
    Und daran, dass Du Deine Kritik auf den Punkt gebracht hast (eilt nicht - aber falls Du dazu kommst, waere ich hochinteressiert am Benennen der besonders reisserischen Stellen, wobei ich mir natuerlich auch die Muehe machen und selbst suchen kann ...)


    Alles Liebe von Charlie

  • Das ist nicht nur Fremdgehen, das ist Inzest. Sohn ist Sohn ob vom Blute oder adoptiert und er ist eingetragen als der Sohn von Warti und beschläft seine Mutter. Das ist nicht nur schlimm- es ist schlimmer.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Das ist nicht nur Fremdgehen, das ist Inzest. Sohn ist Sohn ob vom Blute oder adoptiert und er ist eingetragen als der Sohn von Warti und beschläft seine Mutter. Das ist nicht nur schlimm- es ist schlimmer.


    Beo, nach irgendeinem Paragraphen unserer Zeit mag man es als Blutschande bezeichnen, aber was für eine Rolle spielt das schon?


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Zunächst war ich verblüfft, später verärgert über die Wendung in der Beziehung von Natalia und Anton. Sie hat ihn als Sohn großgezogen, egal, was er in ihr sieht. Sie hat Muttergefühle für ihn, ein Kind hat sie sich doch so sehnlichst gewünscht. Und dann wird dieser Sohn zum Liebhaber? Ne, das finde ich unglaubwürdig.
    Mutter und Sohn geht nun wirklich gar nicht. Wir sind hier nicht in der griechischen Mythologie :-)
    Daß sie Warti verläßt, ist natürlich konsequent. Ich glaube allerdings, daß Sani der Sohn von Warti ist und nicht von Anton, bei dem Aussehen.

  • Ich glaube nicht, dass sie Muttergefuehle fuer ihn hat, denn dazu ist meines Erachtens der Altersunterschied zu klein. Sie moechte nur gern welche haben und redet sich ein, die Gefuehle die sie hat - und sie haengt unwahrscheinlich an ihm - seien muetterlich.
    Tatsaechlich hat ein Zwoelfjaehriger seiner Herkunft und Epoche in der Regel auch wenig Kindliches an sich.


    Ich habe es auch nicht so gesehen, dass sie sich von sich aus sehnlichst ein Kind gewuenscht hat, sondern dass sie sich sehnlichst gewuenscht hat, den Wunsch ihres Mannes nach einem Kind zu erfuellen, damit "ihre Pflicht" zu tun und ihm etwas zurueckzugeben.
    Als Anton auftaucht, will sie ihn bei sich behalten - er ist ihr nahe, sofort, weil ihre Erfahrungen und das Gefuehl, nichts zu sein, aus dem Nichts zu komen, uebereinstimmt. Die unbesetzte Stelle Kind bietet sich an, und sie beginnt auch gleich, sich in uebertriebener Weise muetterlich zu verhalten. Je aelter Anton wird, desto groesser wird dabei der Selbstbetrug.


    Als falsch und nahezu inzestuoes erlebt es Natalia.
    Anton nicht. Er hat sie nie als seine Mutter betrachtet. Er hat auch beiden davon abgeraten, das Sohnesverhaeltnis zu manifestieren. Es war nicht seine Idee, er fuehlt sich nicht so - jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Warti erscheint ihm viel zu meilenweit ueberlegen.


    Ich moechte mich natuerlich nicht herausreden. Wenn es mir nicht gelungen ist, es glaubwuerdig herauszustellen, dann ist das eben nicht gelungen, das muss ich hinnehmen.
    Dies also nur als Erklaerung des Plans, nicht als Rechtfertigung.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Mutter und Sohn geht nun wirklich gar nicht. Wir sind hier nicht in der griechischen Mythologie


    Hmm, es ist immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich Leser eine Geschichte wahrnehmen, denn ich habe Anton nie als Natalias Sohn betrachtet, deshalb ist es müßig darüber zu diskutieren, ob irgendeine Regel ein Verhältnis zwischen "Verwandten" als Blutschande ansieht, obwohl sie nicht blutsverwandt sind.


    Das wirklich Schlimme an dieser Sache ist, dass die beiden Warti in übelster Weise hintergehen, betrügen, verraten. Natalia und Anton wissen das ganz genau und doch können sie nicht voneinander lassen. Man mag darüber urteilen, aber man kann auch versuchen zu verstehen. Natalia hat bis dahin nie wirklich geliebt und niemals begehrt.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • (Ich werd' mir mal Muehe geben und meinem Drang, hier staendig was Erklaerendes zu sabbeln, feste Zuegel anlegen. Leser koennen das offenbar praeziser, knapper, klarer.
    Ich bin uebrigens auch der Welt schlechtester Exposeschreiber.)


    Aber das hier kann ich jetzt nicht fuer mich behalten:
    Der Satz "Wir sind hier nicht in der griechischen Mythologie" laesst mich nicht mehr los.
    Richtig ist der natuerlich. (Wobei ja in zahlreichen Mythologien, nicht nur in der griechischen, interessanterweise Inzest thematisiert wird, aber das nur nebenbei.)
    Die Vineta-Sage ist eine Sage, kein Mythos, und meine Intention war die Thematisierung von Inzest nicht.
    Aber trotzdem ruehrt diese Kritik an etwas, das mir selbst im Kopf herumgeht (auch wenn's womoeglich nicht uebermaessig clever ist, so etwas zuzugeben)? Waehrend meine zwei folgenden Romane eindeutig historische Romane sind, habe ich diesen als solchen eigentlich in der Planungsphase gar nicht betrachtet. Sondern als meine interpretierende Version einer Sage. Vielleicht haette ich darin wesentlich konsequenter sein muessen? Die tragische Unausweichlichkeit, die ich vermitteln wollte, ist vielleicht viel zu sehr verwaessert?


    Da ich mich gerade darauf vorbereite, mich an einer aehnlichen Mischform noch einmal zu versuchen, werde ich darueber noch viel nachdenken und Eure Einwaende haeufig lesen.


    Herzlichen Dank fuer Eure Muehe und schoenen Adventssonntag,
    Charlie

  • Sorry, aber bei mir ist das von wegen Berufskrankeit- ich habe hier nicht auf die "betroffenen Personen" - sondern auf die Regeln- soll heißen die Gesellschaft der Vineter- und damit doch rückbezogen auf die Reaktion nach der Gefahr einer Entdeckung meine Bemerkungen gemünzt. Aus den Personen und ihrer Entwicklung heraus ist die Situation stimmig.