absurde Märchen

  • Also alle Eure Argumente für oder gegen Märchen in Ehren.....


    ....ich habe sie als Kind jedenfalls heiss geliebt, sie entführten mich in fantastische fremde Welten. Und noch einen obendrauf.....die absurdesten davon habe ich wohl am allermeisten geliebt, so zB. DER MEISTERDIEB v. den Gebr. Grimm.


    Ob ich deswegen einen Schaden davontrug? Ja gut, das könnte schon sein dass alle meine psych. Schwierigkeiten mit denen ich schon seit Jahrzehnten zu kämpfen habe vom exzessiven Märchenlesen herrühren.... das kann ich jetzt leider auch nicht mehr mit Sicherheit nachvollziehen.....aber ich werde nächstens mal meine Psycho-Therapeutin darauf ansprechen.... :grin


    Najaaaaaaaaaa.....

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Ich muß gestehen, dass es mich jedes mal schüttelt, wenn mein 6jähriger
    mit seinem Märchenbuch ankommt.


    Was wir aber momentan beide gerne lesen, sind " Sprachspiele für Kinder"
    von Waltraut Singer & Cornelia Funke.
    Die sinnlosesten Verse sind natürlich die besten! ;-)
    Aber immerhin sind die kurz...

    "Das Schicksal macht Fehler. Eigentlich sogar ziemlich oft. Es kommt nur selten vor, dass jemand in der Lage ist, es auch zu bemerken."
    aus Eine Hexe mit Geschmack von A. Lee Martinez

  • @ Alexx: irgendwie habe ich geahnt, dass ich von Dir kein Mitleid erwarten kann :grin


    was den Struwelpeter betrifft: ich denke nicht, dass Hoffmann den geschrieben hat, um gezielt Kinder zu disziplinieren, wie er selbst zur Entstehungsgeschichte meinte. Zitat:
    Aber was fand ich? Lange Erzählungen oder alberne Bildersammlungen, moralische Geschichten, die mit ermahnenden Vorschriften begannen und schlossen, wie: 'Das brave Kind muss wahrhaft sein‘; oder: 'Brave Kinder müssen sich reinlich halten‘ usw.“
    Quelle


    Er wollte also offensichtlich gerade keine Erziehungsgeschichte schreiben! Da Hoffmann Satiriker war denke ich eher, dass er "kindgerechte" Gruselgeschichten schreiben wollte, was ihm ja auch gelungen ist, weil eigentlich sind diese Geschichten doch wunderbar böse und satirisch und so drastisch, dass sie auch für Kinder schon wieder nicht mehr beängstigend sind. Wilhelm Busch hat ja Max und Moritz auch nicht geschrieben, um Kinder davon abzuhalten, alte Witwen zu ärgern.
    Ein andere Sache ist die Rezeptionsgeschichte: die ist sicherlich so, dass es als Disziplinierungsgeschichte aufgefasst wurde. Aber anders als die unsägliche Struwelliese, eine wunderbar unangepasste Göre, die am Ende (durch zahlreiche Verfehlungen) im Krankenhaus landet und dort (Moral!) zu einem stinklangweiligen Mädchen mit Zöpfchen und Kleidchen bekehrt wird (aber die ist schließlich ein wilhelminisches Kind), wird im Struwelpeter keiner bekehrt und die Geschichten enden auch nicht mit einer Moral. Die wurde von den Lesern hineininterpretiert.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    @ Alexx: irgendwie habe ich geahnt, dass ich von Dir kein Mitleid erwarten kann :grin


    Nee, denn wirklich schlimm für Mutti sind die Barbiegeschichten :wow


    Ansonsten zu Struwelpeter und Co, einfach gruselige Geschichten, die den Kindern Spaß und Angst machen, wie uns eben auch wenn wir was lesen


    Schön bei Märchen und Co ABSEHBARE Enden für die Kinder, sie wissen schon irgendwie dass es gerade mal gut geht, aber sicher sind sie sich nicht, auch nicht wenn sie die Geschichte das hundertste Mal hören, ist das nicht toll!! :grin ausser bei Strwwelpeter, da geht alles böse aus, tja
    Und W. Busch ist und war nie für Kinder gedacht, oder?

  • Ich habe als Kind auch Märchen verschlungen und es hat mir nicht geschadet. :lache


    Meinem Kind auch nicht, obwohl der die weniger als ich gelesen hat. :wow


    Lass ihn lesen das gibt sich wieder, denn dann steht dein Kind an deinem Bücherschrank und kommt ins Grübeln was Mama doch schon alles gelesen hat. Und hält das ein oder andere Buch auch für absurd oder so. :wave

  • Märchen sind doch nur aufgeschriebene und nett zusammengebrezelte geschichten, die man sich des Abends oder im Winter am Feuer erzählte. Wir sagten früher Gruselgeschichten dazu. :grin
    Die Grimms, Hauff, Anderson haben sich die nur auf den Weg gemacht und dem Volk aufs Maul gewchaut und notiert.


    Wichtig ist do, dass in allen Märchen immer das Gute über das Böse siegt. und DAS ist es, was den Kindern Freude macht und sie sich nicht so sehr am Grausamen stören. ;-)


    Mönsch, schade, dass ich meine alten Unterlagen entsorgt habe. :-( Musst damals im Studium eine große Arbeit über Märchen schreiben. :-)

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • DraperDoyle


    ist es Satire, wenn Kinderfiguren die Daumen abgeschnitten werden?
    Inwieweit verstehen Kinder - das angezielte Alter war ja ab drei - Satire verstehen?
    Paulinchens Geschichte warnt vor einer realen Gefahr, das ist schon richtig und es gibt auch die Geschichten mit den Jungen, die ins Tintenfaß getaucht werden.


    Insofern hast Du recht und ich nehme das 'disziplinieren' ein wenig zurück.
    Für Hoffmanns Zeit war es eher fortschrittlich.


    Als alte Sammlung von phantastichen Geschichten kann man sicher bestehen lassen. Die Reime sind auch sehr eingängig.
    Mir persönlich ist dem Fall allerdings Wilhelm Busch lieber.
    :grin


    @all


    wie DraperDoyle eingangs schrieb, geht es nicht darum, ob Märchen Kindern schaden.
    Eher, ob manche davon den Vorlesenden schaden.
    :lache




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus


  • Weit weniger als dieser Barbiekram. Aber das sagte ja Alex schon. :grin

    _______________________
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    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • klar.


    ich möchte einen Punkt noch mal betonen, weil der wichtig ist bei Märchen:


    Märchen sind NICHT für Kinder gedacht.
    Eigentlich.


    Sie sind mehr so 'all-generations'-Stories.
    Eigentlich.


    Früher mal. Vor Walt Disney und so.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Es war einmal... ein Märchen.


    Und das wird es bleiben bis man alt und grau geworden ist. Soll heißen, wenn man mit Märchen aufgewachsen ist und eine nette Omi hatte, die sie einem an gemütlichen Wochenenden vorgelesen hat, dann kann man diese Geschichten nicht mehr objektiv wahrnehmen. Sie sind untrennbar verbunden mit einem Stück Kindheit, ähnlich wie ein Song der Lieblingsband, den - würde man ihn heute zum ersten Mal hören - man vielleicht als grauenvoll empfinden würde. Dies verleiht ihnen eine ganz eigene Magie, unabhängig von ihrer jeweiligen Qualität.


    Abgesehen davon sind Märchen eine Kunstform für sich. Man darf, denke ich, nicht den Fehler machen und sie aus ihrem historischen Zusammenhang herausreißen und sie an modernen Geschichten messen. Erzählstil und Themen stammen aus einer Zeit, als es weder Computer noch Fernsehen noch Kino noch Radio noch Mobiltelefone (die glücklichen Menschen! ;-)) gab. Sie sind also genauso ein Spiegel ihrer Zeit wie jedes andere Zeitdokument. Wenn sie es schaffen, auch heute noch zu erfreuen und zu unterhalten - umso besser. Das zeugt dann doch von einer gewissen Zeitlosigkeit.


    Und das muß man ihnen lassen, selbst wenn man sie nicht mag.


    Und wenn man nicht gestorben ist, dann liest man sie noch heute.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Was wohl das Ausschlaggebende ist bei Märchen, dass man die Kinder mit dem Gelesenen nicht alleine lässt.....
    ....dass eben jemand von den Erwachsenen sie zumindest anfangs durch diese grauslichen Geschichten begleitet, man ihnen klarmacht, dass das erfundene Geschichten sind....eben "MÄRCHEN".


    Man kann sogar mit den Kindern zusammen "Märchen" erfinden....und man wird sich nicht wenig wundern, was für fantasievolle Skurilitäten uns da die Kinder zum Besten geben.


    Joans "Moral von der Geschicht'....." :grin



    Edit sagt: Mensch Joan....wie oft muss ich doch für Dich Fehler ausbügeln :rolleyes

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  • Zitat

    Original von Joan
    Man kann sogar mit den Kindern zusammen "Märchen" erfinden....und man wird sich nicht wenig wundern, was für fantasievolle Skurilitäten uns da die Kinder zum Besten geben.


    Ja, genau das ist für mich die Hauptfaszination von Märchen und Mythen: dass sie nach so langer Zeit immer noch so ein riesiges kreatives Potential hervorlocken können.

  • Zitat

    Original von flashfrog
    Ja, genau das ist für mich die Hauptfaszination von Märchen und Mythen: dass sie nach so langer Zeit immer noch so ein riesiges kreatives Potential hervorlocken können.


    So ist es doch flashfrog....wenn ich zurückdenke, dann hatten fast alle meine Kinderzeichnungen etwas mit diesen Märchen zu tun.


    Ich habe Dutzende von Waldhäuschen gezeichnet, mit grossen Verriegelungen an den Türen, damit auch ja keine Räuber eindringen konnten....da standen Dutzende von Tannen darum herum und Fliegenpilze mit Gesichtern, und immer guckte ein Zwerglein hinter einer dieser Tannen hervor....bekleidet mit gelben Hosen, roter Veste, und blauer Zipfelmütze, (oder auch umgekehrt)......verwinkelte Wege führten durch das "Dickicht", die nur ich ganz alleine kannte, oder höchstens noch der Hänsel und das Gretel.... :lache

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  • Mir fallen zu diesem Thema zu viele Aspekte ein, als dass ich sie auch nur annähernd in einen einigermaßen lesbaren Text bringen könnte, aber ich versuchs mal tabellarisch:


    - wie Magali sagte, ich fürchte keinerlei psychologische Spätfolgen bei meinen Kindern. Aber es langweilt mich, solche Geschichten vorzulesen.


    - der Nostalgieeffekt, den Alice Thierry anmerkte, ist sicherlich von Bedeutung. Allerdings kenne ich aus meiner Kindheit nur die Standardmärchen (Rotkäppchen etc.), und die haben mich nie sonderlich beeindruckt.


    - sicherlich sollte man die Märchen im kulturhistorischen Zusammenhang sehen. Dafür interessiert mich das Thema aber zu wenig; ich bin mit ihm lediglich konfrontiert, wenn ich die Geschichten im kuscheligen Bettchen vorlesen muss.


    - in z.B. isländischen Märchen geht's richtig zur Sache, da wird z.B. explizit vergewaltigt. Die Grimms haben für ihre Märchensammlung also offensichtlich solche Märchen gewählt, die weitestgehend jugendfrei sind (als frühe Walt Disneys, sozusagen), wobei bezeichnenderweise Sex zwar verbannt wurde, aber immer noch eifrig gemordet werden darf.


    - ein tieferer Sinn der Märchen offenbart sich mir nicht. Bisher, und ich habe einige dieser Märchen durch, ist die verbreitetste Moral "der dümmste Bauer erntet die größten Kartoffeln" (z.B. die drei Federn). Das kann man auch positiv interpretieren, bringt mich aber selbst nicht weiter.


    -früher mag diese Form der Kommunikation, also umherziehende Märchenerzähler, die abends am Feuer von der Oma bis zum Säugling erbauliche Geschichten erzählt haben, kulturerelle Bedeutung gehabt haben. Aber gerade weil diese Geschichten vielleicht in diesem kulturellen Zusammenhang durchaus wichtig gewesen sein mögen, verstehe ich die Überhöhung der Märchen nicht, da wir ja heutzutage nicht mehr im feinstaubgesättigten Stübchen im Lichte eines Kienspans sitzen, und die einzige Form der Fiktion eben diese Märchen sind.


    - ich kann Feen nicht leiden

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Also.


    Als Kind hab ich die Klassikermärchen sehr gern gehabt. Ich hab heute noch einen russischen Märchenbuchwälzer, in dem ich gern mal (auch heute noch) eine Geschichte lese. Irgendwie geht es mir aber bei Märchen nicht um die Logik oder so etwas in der Art. Sondern einfach um meine Träume, die ich Kind hatte.
    Ein Märchen ist für mich irgendwo immer etwas Fantastisches, mit einem Happy End. Alles wird gut und alle leben glücklich bis an ihr Lebensende. Klar weiß ich, dass es im richtigen Leben durchaus nicht so läuft. Allerdings wollte ich als Kind vielleicht gar nicht die "Wahrheit" erfahren. Märchen haben mein Leseleben durchaus geprägt. Ohne sie wäre ich sicherlich nicht so schnell zum Lesen gekommen.
    Ich persönlich finde, dass Märchen einfach zum Kindsein dazugehören. Mit all den Drachen, Prinzessinnen und bösen Hexen.
    Über den Barbiekram müssen wir ja nicht weiter reden. *hüstelmüllhüstel* ;-)
    Als Kind mochte ich die Märchen von H. C. Andersen nicht so gern. Vor allem bei "Die kleine Meerjungfrau" hab ich Rotz und Wasser geheult. Je älter ich wurde, desto mehr konnte ich mich Andersens Märchen anfreuden.
    Ich habe mir zwei Märchenbücher geleistet, die ich auch als Erwachsener durchaus prima finde.


    Die Mondsteinmärchen von Roland Kübler


    und


    Märchen für kluge Kinder von Stefan Heym


    Irgendwie entführt ein Märchen eben in eine heile Welt. Weit weg von der Wirklichkeit. Moral hin oder her.


    :wave

  • Ich gebe allen, die sagen, dass Märchen wichtig sind absolut recht.
    Die Märchen sind sehr eng mit unserer Kultur verwoben.
    Märchenfiguren tauchen oft auch außerhalb von Märchen auf,
    so dass man ohne diesen Hintergrund so manche "moderne" Geschichte nicht verstehen kann.
    Aber deswegen muß man Märchen doch nicht mögen? ?(


    Wir haben ein Kinder-Märchenbuch, mit vielen bunten Bildern und sehr gekürzten Geschichten - absolut jugendfrei. ;-)
    Vielleicht wäre das auch was für dich?
    Mein Kleiner liebt es und ich finde es erträglich...

    "Das Schicksal macht Fehler. Eigentlich sogar ziemlich oft. Es kommt nur selten vor, dass jemand in der Lage ist, es auch zu bemerken."
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