Papst lädt Dalai Lama aus

  • Einem Bericht der Netzzeitung nach, hat der Papst den Dalai Lama, der im Dezember Termine in Italien wahrnimmt, wieder ausgeladen.


    Vermutet wird, dass der Vatikan dies wegen den lautstarken Protesten der chinesischen Regierung getan hat. Bereits bei dem Empfang des Dalai Lamas durch die Bundesregierung hat China heftig protestiert.
    Nun frage ich mich, warum gerade der Papst bzw. der Vatikan auf die Proteste der chinesichen Regierung so reagiert? Hängt das mit der ständig wachsenden Zahl der zum Christentum konvertierenden Chinesen zusammen?


    Vor gar nicht all zu langer Zeit haben sich die beiden doch schon mal getroffen und das aus diplomatischen Gründen als privates Date deklariert. Warum geht das dieses Mal nicht auch? So ein Austausch wäre doch insgesamt ein wichtiges Signal zur Verständigung der Religionen.


    Gruss,


    Doc

  • Das finde ich sehr ... irritierend. :-( Ich hoffe, daß das so nicht stimmt.



    Zitat

    Waldlaeufer
    Weiß jemand mehr, würde mich brennend interessieren!


    Mich auch.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Es wäre mir das plausibelste, was sein kann, wenn der Vatican tatsächlich den Dalai Lama nie eingeladen hätte.


    Offenbar steckt der Papst ja in einem diplomatischen Dilemma: Er sucht guten Kontakt nach China und er sucht den Dialog der Religionen. Eine offizielle Einladung würde die Beziehungen zu China unnötig stören.
    Aber sollte der Dalai Lama in Italien weilen, besteht sicher dennoch die Möglichkeit eines privaten Treffens zweier Herren - wogegen Peking sicher auch protestieren wird - was aber diplomatisch deutlich einfacher wäre.


    edit: auf den mir bekannten verschiedenen Infoportalen der katholischen Kirche habe ich nicht einen entsprechenden Hinweis gefunden. Auf den Seiten des Vatikans sind die Presseinfos, die zugänglich sind, leider auf italienisch verfasst, dessen ich aber nicht mächtig bin.

  • Hmm, warum wartet dann der Vatikan mit dem Dementi bis zum chinesischen Protest? Wenn der Papst den Dalai Lama tatsächlich nicht zum 13. Dezember eingeladen hat, hätte man doch schon bei der ersten entsprechenden Ankündigung reagieren können. Oder?

  • Idgie


    Das nennt sich Politik. ;-)


    Der Vatikan und China haben seit den frühen 1950ern keine diplomatischen Beziehungen mehr, Chnia hat sie abgebrochen. (1952?)


    Nun gibt es inzwischen offenbar wirklich eine wachsende katholische Gemeinde in China.
    Erst im vergangenen September wurde ein Erzbischof geweiht, China hat das akzeptiert.
    Hier bahnen sich also neue Beziehungen an.


    Mein Interpretation wäre, daß die Behauptung, der Dalai Lama würde offiziell im Vatikan empfangen, ein Test war, um herauszufinden, wie weit man gehen kann in den neuen Beziehungen mit China.


    So was sind Spielchen, wichtige Spielchen, mit dem Ziel, auf dem eigentlichen Weg - hier vor allem Förderung des Katholizismus - Schritt für Schritt vorwärtszukommen.


    Jetzt den Besuch des Dalai Lama durchzuboxen, kann nur den eigenen Leuten in China schaden, daher der Rückzieher. Finde ich ganz normal, internationale Diplomatie resp. Politik.
    Ich nehme auch gar nicht an, daß eine klare Parteinahme für den Dalai Lama beabsichtigt war.
    Dessen Vorteil wiederum ist es, daß er eine Menge Presse und Mitgefühl für seine Sache bekommt, also ist auch seinen Zielen gedient.


    Der Papst selbst hat den Dalai Lama ja schon im letzten Jahr getroffen, privat, und wird das wahrscheinlich auch dieses Jahr tun.
    Er steht de fcato hübsch auf beiden Seiten, China hat den Schwarzen Peter. Daß die böse sind, ist international Konsens.


    Schicke Sache.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Bin ja kein Religionen-Fachmann, kann aber ein paar Gedanken zu deiner Frage beitragen.
    Ich habe doch gerade "Der Peis der Leichtigkeit" von Andreas Altmann gelesen. Und dort wurde dieses Thema immer mal wieder angesprochen. Die Budhismus ist von seiner Lehre her eher eine "alles kann, nichts muss"-Gesinnung. Also doch ziemlich gegenteilig zum Christentum, wo es feste Regeln und Gesetze gibt. Sowas passt doch viel eher zur Politik Chinas als das budhistische. ;-)

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

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  • @Doc


    Du stellst Fragen! :lache
    Wahrscheinlich gibt es soviele Gründe, wie es Gläubige gibt.


    Ein paar Tendenzen:


    überraschenderweise ;-) herrscht in China seit der Verfassungsreform 1982 'Religionsfreiheit'.
    Diese gilt allerdings nur für bestimmte offiziell anerkannte Richtungen, darunter sind Protestanten, Katholiken, Buddhisten, Moslems und Daoisten (?), wenn ich es recht weiß.


    Diese Gruppen sind allerdings streng durchorganisiert, müssen auf Parteilinie sein und 'patriotisch'. Es gibt tatsächlich bis in hohe Parteiämter Angehörige dieser Religionen.
    Ich kann mir vorstelllen, daß die Einstellung, an eine höhere Macht zu glauben, unter den speziellen Bedingungen Chinas durchaus eine Art persönlicher Freiheit darstellen kann.


    Dazu kommen Faktoren, wie der, daß man auf westliche Investitionen setzt, möglicherweise auch auf welche aus Saudi-Arabien (man vergißt zuweilen, daß es verflixt finanzstarke islamische Länder gibt).
    Da sieht es doch gut aus, wenn man sich 'öffnet'.


    Religion in den vorgegebenen Schattierungen ist also toleriert, wenn auch kontrolliert. Bis vor kurzem war es z.B. nicht erlaubt, daß sich die offiziellen chinesischen Katholiken dem Vatikan unterstellten. Unter anderem wegen der Taiwan-Frage.
    Daher war die Weihe des Erzbischof im September ein Sieg des Vatikans.


    Offenbar hat die offizielle Religionsausübung aber nicht gereicht. Es gibt tatsächlich eine Art 'Untergrund-Bewegung', also nicht regierungstreue Gläubige, und die wächst schneller als die offizielle.


    In dem Fall gehört nun das Bekenntnis zu einer Religion zum Widerstand gegen den Staat. In dem Bereicht scheinen aber nach allem, was man im Netz so findet, die Protestanten stärker zu wachsen als die Katholiken. :grin


    Informationen über Moslems habe ich leider nicht gefunden, ebensowenig wie über Buddhisten.


    Hin und wieder gibt es Hinweise, daß 'ethische Vorstellungen ' in China fehlten, Werte.
    Da käme wahrscheinlich Heavens Argument zum Tragen.
    Aber das kann ich nicht beurteilen, meiner Ansicht nach muß man sich für solche Urteile wirklich sehr, sehr gut im betreffenden Land auskennen.
    China ist überdies nicht gerade klein. Was in einer Provinz als 'wert' gilt, muß es nicht in einer anderen. Dazu kommen lokale Traditionen etc. pp.


    Dem Vatikan entgegenzukommen, hieße wohl inzwischen , ein Auge auf die nicht-offiziellen Katholiken zu halten. Angeblich beträgt deren Zahl über 5 Mio.
    Die kann man nicht alle einsperren oder abknallen, auch nicht in China. Damit muß man umgehen. das eben scheint die chinesische Regierung zu tun.
    Und da ist ja noch die Olympiade und die Expo (2010?), recht schwerwiegende Argumente international gesehen.


    Mein Fazit zur Frage nach dem Anwachsen der Zahl derer, die sich in China zu einem 'Glauben' bekennen:


    Mischung aus Widerstand, persönlicher Glaubensüberzeugung, Suche nach 'Werten' (?), West-Orientierung aus ökonomischen Gründen.


    Bitte nur als Tendenz lesen.


    Und nein, es ist nicht nur Säbelrasseln, dieses Hick-hack um den Dalai Lama. Es passiert ja etwas. Es ist Aktion, politisches Handeln mit einem Ziel.


    Politik ist einfach schrecklich zäh und nervig. :lache



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    @Doc


    Du stellst Fragen! :lache


    Ich bin eben vielseitig interessiert. :-)


    Danke für Deinen sehr ausführlichen Versuch mir da ein paar Sachverhalte deutlicher zu machen. Für mich ist China ein ziemlich weißer Fleck auf meiner persönlichen Wissenslandkarte, zugegeben. Außer der großen Mauer und Mulan kenne ich da nicht so wahnsinnig viel.


    Es dürfte also noch recht spannend werden, so wie ich das verstanden habe. Langwierig, aber irgendwie spannend.


    Gruss,


    Doc

  • [URL=http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,519703,00.html]Papst versetzt Dalai Lama[/URL]


    Benedikt XVI. wird den Dalai Lama bei dessen Italien-Besuch nicht im Vatikan empfangen. Ein inoffiziell für Mitte Dezember geplantes Treffen wurde abgesagt. Der Papst müht sich derzeit um die Verbesserung der Beziehungen zu China.


    hm, ich kann mir dazu kein urteil erlauben, weil ich mich in dem thema nun wirklich nicht auskenne. aber eins muss ich sagen: wenn ich sonst nicht viel von unserer kanzlerin halte, aber sie lässt sich nicht von china diktieren, wen sie empfängt. aber da sie von unserer wirtschaft schon mächtig druck bekommt, kann sich das ja noch ändern...


    bo


    PS: was ist mulan?

  • Zitat

    Original von magali
    China hat den Schwarzen Peter. Daß die böse sind, ist international Konsens.
    Schicke Sache.


    Versuch mal von einem Rechner in China aus nach dem "Tian'anmen-Massaker" oder "Demokratie" zu googeln bzw. bei Wikipedia nachzublättern. Wie, Zensur? Ach quatsch, nur permanente Fehlermeldung. Was, Mao klappt? Muss wohl Zufall sein.
    Schicke Sache.
    Ehrlich.

  • Nachdem die Christen in China immer noch als verfolgt gelten dürfen,


    Razzien sind üblich, die Religionsausübung findet teilweise durchaus in nicht öffentlichen Räumen statt,


    finde ich das Vorgehen von Papst Benedikt durchaus akzeptabel,


    seine Heiligkeit der Dalai Lama wird sicher damit umzugehen wissen, wenn dadurch Menschen geschützt werden geht das sicher in Ordnung,


    der Vergleich mit Fr. Merkel hinkt etwas, schließlich geht es hierbei nur um Wirtschaftskontakte Handel und Industrie die sicher vernachlässigbar sind, den die Chinesen als Prakmatiker, nur nach Außen hin als Problem darstellen, denn Geld verdienen ist denen sicher wesentlich wichtiger, als seine Heiligkeit.

    Ich interessiere mich deshalb so sehr für dir Zukunft,weil ich den Rest meines Lebens in ihr verbringe. (Lansky ist ein Fan von Wikileaks)

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  • Eigentlich ist die Antwort auf die Frage ganz einfach.


    Die offizielle katholische Kirche in China darf laut Staatsdoktrin nicht dem Papst oder Rom nachfolgen und der Papst hat offiziell keinen Einfluss auf sie.
    Romtreue Christen flüchten in die Untergrundkirchen. Dem Papst kann das alles natürlich nicht gefallen, erstens dass er keinen Einfluss haben darf auf die offizielle katholische Kirche dort, und zweitens dass die romtreuen Christen verfolgt werden. Wenn er also irgendwann in näherer Zukunft wieder Einfluss auf die Kirche in China bekommen will, ist es nur logisch dass er den Dalai Lama nicht empfängt, denn das ist ja bekanntermaßen mit das roteste Tuch für China, (wie man auch am Empfang durch Frau Merkel sieht -- Hut ab, hätte ich ihr nicht zugetraut).


    Zudem hat der Vatikan bislang diplomatische Beziehungen zu Taiwan, was der VR China natürlich ein Dorn im Auge ist, und unlängst war bereits zu lesen, dass der Vatikan offenbar erwägt, die Beziehungen zu Taiwan abzubrechen.


    Wenn der Papst also den Dalai Lama nicht empfängt, gleichzeitig seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan irgendwann in der Zukunft abbricht, dann kann er sich der VR China diplomatisch annähern, und darauf hoffen, dass er dann auch auf die offiziellen Schäfchen ein bisschen Einfluss nehmen darf.